Gericht | OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 08.10.2013 | |
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Aktenzeichen | 3 WF 105/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 767 ZPO, § 796c ZPO |
1. Da für die Vollstreckbarerklärung durch den Notar gemäß § 796 c Abs. 1 Satz 2 ZPO insbesondere die Vorschrift des § 796 a ZPO entsprechend gilt, müssen alle Voraussetzungen eines Anwaltsvergleichs erfüllt sein. Mithin kann nur ein Anwaltsvergleich für vollstreckbar erklärt werden, in dem sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat.
2. Der Einwand, der Unterhaltstitel sei von vornherein befristet gewesen, kann ebenso wie derjenige der auflösenden Bedingung mit dem Vollstreckungsabwehrantrag geltend gemacht werden.
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Amtsgericht der Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 ZPO, versagt.
1.
Es kann dahinstehen, ob die Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin gegen den Vollstreckungsabwehrantrag des Antragstellers gemäß § 767 ZPO, wie dieser meint, schon deshalb ohne Erfolgsaussicht war, weil es an der Vollstreckungsfähigkeit des Titels gefehlt hat.
Die Beteiligten haben unter dem 22.6./6.7.2011 einen Anwaltsvergleich geschlossen. Die Notarin … in B… hat durch Beschluss vom 4.6.2012 diesen Anwaltsvergleich gemäß § 796 c ZPO für vollstreckbar erklärt. Ob die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung vorlagen und ob der etwaige Mangel fehlender Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung durch Vollstreckungsabwehrantrag entsprechend § 767 ZPO geltend gemacht werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
a)
Gemäß § 796 a Abs. 1 ZPO wird ein von Rechtsanwälten im Namen und mit Vollmacht der von ihnen vertretenen Parteien abgeschlossener Vergleich auf Antrag einer Partei für vollstreckbar erklärt, wenn sich der Schuldner darin der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat und der Vergleich unter Angabe des Tages seines Zustandekommens bei einem Amtsgericht niedergelegt ist, bei dem eine der Parteien zur Zeit des Vergleichsabschlusses ihren allgemeinen Gerichtsstand hat. Die Vollstreckbarerklärung erfolgt in diesen Fällen durch das Gericht (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 796 a Rn. 2, 10). Gemäß § 796 c Abs. 1 Satz 1 ZPO kann mit Zustimmung der Parteien ein Vergleich ferner von einem Notar, der seinen Amtssitz im Bezirk eines nach § 796 a Abs. 1 ZPO zuständigen Gerichts hat, in Verwahrung genommen und für vollstreckbar erklärt werden. Die §§ 796 a und 796 b ZPO gelten entsprechend, § 796 c Abs. 1 Satz 2 ZPO. Damit ermöglicht das Gesetz, dass statt der in § 796 a Abs. 1 ZPO als Regelfall vorgesehenen Niederlegung des Anwaltsvergleichs beim Gericht nebst seiner gerichtlichen Vollstreckbarerklärung die Parteien auch eine notarielle Verwahrung und Vollstreckbarerklärung vereinbaren können (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, a.a.O., § 796 c Rn. 3; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 34. Aufl., § 796 c Rn. 1; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 796 c Rn. 1).
Da für die Vollstreckbarerklärung durch den Notar gemäß § 796 c Abs. 1 Satz 2 ZPO insbesondere die Vorschrift des § 796 a ZPO entsprechend gilt, müssen alle Voraussetzungen eines Anwaltsvergleichs erfüllt sein (Thomas/Putzo/Seiler, a.a.O., § 796 c Rn. 1 a). Mithin kann nur ein Anwaltsvergleich für vollstreckbar erklärt werden, in dem sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Daran fehlt es vorliegend bei dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Anwaltsvergleich. Hierin haben sich die Beteiligten lediglich darüber geeinigt, dass der Antragsteller „ab dem 15.3.2011 befristet bis zur rechtskräftigen Ehescheidung einen monatlichen Getrenntlebensunterhalt“ in Höhe von 500 € an die Antragsgegnerin zahlt, die Zahlungsmodalitäten geregelt und ferner vereinbart, dass, sollte die Ehe der Parteien bis dahin noch nicht geschieden sein, mit Eintritt ins Rentenalter und Beendigung der Vorruhestandsbezüge zum 1.9.2012 eine Neuberechnung des Unterhalts erfolgen solle. Der Antragsteller hat sich in dem Vergleich einer sofortigen Zwangsvollstreckung gerade nicht unterworfen.
Mithin haben die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung nach § 976 c ZPO nicht vorgelegen.
b)
Hier kann offen bleiben, ob die Fehlerhaftigkeit des Unterhaltstitels, die darin besteht, dass die Notarin den Anwaltsvergleich für vollstreckbar erklärt hat, obwohl die Voraussetzungen insoweit nicht vorgelegen haben, mittels des Vollstreckungsabwehrantrags nach § 767 ZPO geltend gemacht werden kann.
Gemäß § 767 Abs. 1 ZPO sind Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen. Diese Vorschrift ist, soweit es um die Vollstreckung in Familienstreitsachen geht, gemäß § 120 Abs. 1 FamFG entsprechend anzuwenden (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen – FamVerf-/Schael, 2. Aufl., § 1 Rn. 341).
Allerdings hat die Vollstreckungsabwehrklage zum Ziel, die Vollstreckbarkeit eines titulierten Anspruchs zu beseitigen. Mit ihr können nur Einwendungen gegen den titulierten Anspruch vorgebracht werden. Sie ist eine prozessrechtliche Klage auf ein rechtsgestaltendes Urteil dahin, dass die einem sachlichrechtlichen Anspruch gewährte Vollstreckbarkeit nach Wegfall ihrer Voraussetzung entfällt. Einwendungen, mit denen die Unwirksamkeit des Titels geltend gemacht wird, gehören nicht in das Verfahren nach § 767 ZPO (BGH, NJW 1992, 2160, 2162). Vor diesem Hintergrund hat der BGH entschieden, dass beim Fehlen einer Unterwerfungserklärung des Schuldners zwar ausnahmsweise ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm erhobene Vollstreckungsabwehrklage vorliegen könne, die Klage aber unbegründet sei, weil die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung nicht Gegenstand der Vollstreckungsabwehrklage sein könne (BGH, NJW-RR 1999, 1080). Andererseits hat der BGH die Möglichkeit aufgezeigt, die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels mittels einer prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 ZPO geltend zu machen (vgl. BGH, NJW 2005, 1576, 1577), wobei deren Reichweite nicht eindeutig ist (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 767 Rn. 7).
Angesichts dessen bestehen zumindest Zweifel, dass der Antragsteller mit seinem Begehren allein unter Hinweis auf die fehlende Erklärung, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen, durchdringen kann. Die Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin insoweit ist daher nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Dies kann aber auf sich beruhen.
2.
Jedenfalls bietet die Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der bestehende Titel eine Vollstreckung ab 1.9.2012, wie der Antragsteller zu Recht geltend macht, nicht ermöglicht.
Der Antragsteller beruft sich darauf, dass der Unterhaltstitel von vornherein auf die Zeit bis zum 1.9.2012 befristet gewesen sei. Dieser Einwand kann ebenso wie derjenige der auflösenden Bedingung (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 767 Rn. 12 „auflösende Bedingung“; Baumbach/ Lauterbach/Hartmann, a.a.O., § 767 Rn. 20) mit dem Vollstreckungsabwehrantrag geltend gemacht werden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 20.07.2012 - 27 UF 47/12, BeckRS 2013, 05775; OLG Nürnberg, Urteil vom 10.1.1994 – 10 UF 3145/93, BeckRS 2011, 05873; OLG Zweibrücken, NJWE-FER 2000, 19; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 238 Rn. 43; abweichend in Bezug auf § 767 Abs. 2 ZPO OLG Celle, NJW-RR 2011, 1114, 1115). Denn es geht, wie es dem Wesen der Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 BGB entspricht (vgl. Graba, FPR 2008, 100, 101), darum, die Vollstreckbarkeit des Titels ohne Eingriff in dessen Inhalt zu beseitigen. Darin liegt der Unterschied zu den Fällen, in denen sich der Unterhaltsschuldner nachträglich darauf beruft, der zunächst unbefristete Titel sei nun wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 1573 Abs. 5 BGB a.F. bzw. § 1578b Abs. 2 BGB zu befristen (vgl. dazu OLG Schleswig, Beschluss vom 3.6.2005 – 13 UF 243/04, BeckRS 2008, 26056).
Die gebotene Auslegung ergibt, dass der durch den Anwaltsvergleich geregelte Trennungsunterhalt für die Zeit bis vor dem 1.9.2012 befristet ist. Eine ausdrückliche Befristung enthält der Vergleich, bezogen auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Ehescheidung. In Ziffer 3. des Vergleichs ist aber darüber hinaus geregelt, dass, sofern die Ehe der Parteien bis dahin noch nicht geschieden sein sollte, mit Eintritt ins Rentenalter und Beendigung der Vorruhestandsbezüge zum 1.9.2012 eine Neuberechnung des Unterhalts erfolgen soll. Damit haben die Beteiligten hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Zahlbetrag von 500 € monatlich nur für die Zeit bis zum 31.8.2012 gelten soll. Gestützt wird dieses Ergebnis dadurch, dass dem Anwaltsvergleich ein Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 18.5.2011 vorausgegangen ist, in dem diese ausgeführt haben, der Antragsteller erkläre sich bereit, befristet bis zur rechtskräftigen Ehescheidung, spätestens jedoch bis zum 31.8.2012 (Eintritt ins Rentenalter und Beendigung seiner Vorruhestandsbezüge) einen monatlichen Getrenntlebensunterhalt von 500 € zu zahlen und die seinerzeit von der Antragsgegnerin beauftragte Rechtsanwältin mit Schreiben vom 23.5.2011 unter der Bedingung der Zahlung von Rückständen das „Einigungsangebot vom 18.5.2011 angenommen“ hat.
Eine abweichende Auslegung ist nicht im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin angeführte Entscheidung des BGH vom 26.5.2010 – XII ZR 143/08 (NJW 2010, 2349) geboten. Denn diese Entscheidung ist hier nicht einschlägig. Sie betrifft einen anderen Fall, nämlich einen von den Ehegatten geschlossenen Vergleich über nachehelichen Unterhalt ohne ausdrückliche Regelungen zur Befristung. Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob diesem Vergleich im Hinblick auf eine spätere Befristung eine Bindung zu entnehmen ist. In diesem Zusammenhang hat der BGH ausgeführt, mangels einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Regelung sei im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien die spätere Befristung des Unterhalts offen halten wollten (BGH, a.a.O. Rn. 23). Diese Aussage hat aber keine Auswirkungen für den vorliegenden Fall, in dem die Parteien eine Befristung bereits ausdrücklich geregelt haben.
3.
Soweit die Antragsgegnerin in der Beschwerdeschrift die Auffassung vertritt, ihre Rechtsverteidigung habe im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe am 14.2.2013 hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten, ist dem nicht beizutreten.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung, ob die Bewilligungsvoraussetzungen vorliegen, ist grundsätzlich derjenige der Entscheidung. Hat sich die Erfolgsaussicht aber im Laufe des Verfahrens verschlechtert, kann, wenn das Gericht seiner Entscheidung den aktuellen Erkenntnisstand, etwa nach Anhörung oder Beweisaufnahme oder gar nach Entscheidung in der Hauptsache, zugrunde legt, eine verfassungsrechtlich unzulässige Betrachtung im Nachhinein vorliegen (BVerfG, FamRZ 2009, 399, 401; FamVerf/Gutjahr, § 1 Rn. 55). So liegt der Fall hier aber nicht.
Die Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin bot von vornherein keine Aussicht auf Erfolg. Denn die Befristung des Unterhalts ergab sich bereits bei Antragstellung aus dem Anwaltsvergleich.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.