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Naturschutzrecht, Landschaftsschutzrecht einschl. Artenschutzrecht


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 29.11.2013
Aktenzeichen 5 L 229/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,-- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist u.a. Eigentümer des Grundstücks ..., eingetragen im Grundbuch von ... als Flurstück ... der Flur ... Es ist mit einem kleinen Wohnhaus (Ferienhaus) bebaut und liegt am Scharmützelsee. Auf der dem Grundstück vorgelagerten Uferfläche (Flurstück ..., Flur ...) des Scharmützelsees befindet sich eine Steganlage mit den Abmessungen 30,85m X 0,50m. Nach den Feststellungen des Antragsgegners wurde diese Steganlage vom Antragsteller neu errichtet. Auf dem Grundstück fällte der Antragsteller eine angeblich durch Blitzschlag und Windbruch geschädigte Erle.

Mit Ordnungsverfügung vom 24. Juni 2013 gab der Antragsgegner dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 3) auf, die Steganlage vor seinem Grundstück bis zum 25. Juli 2013 vollständig zurückzubauen (Nr. 1 a). Des Weiteren wurde dem Antragsteller die Nutzung der Steganlage durch den Antragsteller oder durch Dritte untersagt (Nr. 1 b) und ihm aufgegeben, den Rückbau bis zum 28. Juli 2013 schriftlich anzuzeigen (Nr. 1 c). Des Weiteren ordnete der Antragsgegner wegen der auf dem Flurstück ... gefällten Erle eine Ersatzpflanzung von 3 Erlen in näher bestimmter Pflanzqualität nebst Entwicklungspflege und Anzeige der Pflanzarbeiten an (Nr. 1 d-f). Schließlich untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller außerdem die Nutzung der Steganlage sowie die weitere Beschädigung oder sonstige Beeinträchtigung des Röhrichts (Nr. 2 a-b). Weiterhin drohte der Antragsgegner dem Antragsteller Zwangsgelder in unterschiedlicher Höhe an (Nr. 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Steganlage gegen § 4 Abs. 1 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Scharmützelseegebiet“ vom 11. Juni 2002 (GVBl. II, 454, zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 30. September 2006, LSG-VO) verstoße, wonach es verboten sei, Ufervegetation oder Schwimmblattgesellschaften zu beschädigen oder zu beseitigen sowie in Röhrichte einzudringen oder sich diesen wasserseitig dichter als fünf Meter zu nähern. Die Bootssteganlage liege im Landschaftsschutzgebiet Scharmützelsee und sei von Röhrichten umschlossen. Bei dem vorhandenen dichten Röhrichtbestand handele es sich um ein bundesgesetzlich geschütztes Biotop. Durch die Neuerrichtung der Steganlage und deren Nutzung seien schädliche Auswirkungen auf das Biotop zu erwarten. Aufgrund der zu erwartenden, nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes komme eine Ausnahme vom Biotopschutz, aber auch eine Befreiung von den Ge- und Verboten der LSG-VO nicht in Betracht. Mit Blick auf die Eingriffsqualität der vom Antragsteller vorgenommenen oder veranlassten Maßnahmen sei die Rückbau- und Untersagungsverfügung geeignet und verhältnismäßig. Der Antragsteller könne sich nicht auf Bestandsschutz gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 LSG-VO berufen. Es könne dahin stehen, dass vormals vom Reichswasserstraßenamt eine Genehmigung für einen ... erteilt worden sei; ein evtl. Bestandsschutz sei nämlich durch Austausch aller tragenden Bauteile erloschen. Die mittlerweile vorhandene Steganlage sei mit der ursprünglichen, in Holzbauweise errichteten Anlage nicht mehr baulich identisch.

Auch die vom Antragsteller durchgeführte bzw. veranlasste Fällung der Erle stelle einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 4 LSG-VO dar. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Befreiung würden nicht vorliegen. Zudem habe die Baumfällung nach § 6 Abs. 1 BaumSchV-LOS der Genehmigung durch die untere Naturschutzbehörde bedurft. Die angeordnete Ersatzpflanzung von drei Erlen trage dem ökologischen Verlust Rechnung.

Mit gesondertem Gebührenbescheid vom 24. Juni 2013 legte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Ordnungsverfügung eine Gebühr in Höhe von 200 Euro auf.

Gegen beide Bescheide hat der Antragsteller Widerspruch (vom 26. Juli 2013) erhoben.

Mit seinem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 29. Juli 2013 macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend, dass er sich im Hinblick auf den Umstand, dass sich der Steg seit mehreren Jahrzehnten an derselben Stelle im Scharmützelsee befinde, durchaus auf Bestandsschutz berufen könne. Er habe im Hinblick auf die ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten lediglich Reparaturen vorgenommen. Die von ihm gefällte Erle sei durch Blitzeinschlag und Windbruch erheblich geschädigt worden und habe die auf seinem Grundstück vorhandenen Baulichkeiten bedroht. Der von ihm zu Rate gezogene Förster habe die Beseitigung des beschädigten Baumes empfohlen. Die in der Ordnungsverfügung angeordnete Ersatzpflanzung von drei Erlen stelle sich daher als willkürlich dar; über dies würden dadurch neue Gefahrenquellen geschaffen.

II.

Der wörtliche Antrag,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 26. Juli 2013 gegen die Ordnungsverfügung vom 24. Juni 2013 wiederherzustellen,

war gemäß §§ 88, 122 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO - dahingehend auszulegen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 26. Juli 2013 gegen die Ordnungsverfügung vom 24. Juni 2013 hinsichtlich der Ziffern 1. und 2. wiederhergestellt und hinsichtlich Ziffer 4. (Zwangsgeldandrohungen, vgl. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. §§ 20, 23, 39 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg – VwVG BB -) angeordnet werden soll.

Der so auszulegende Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.

A.)

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht den formellen Begründungsanforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, soweit ausgeführt wird, dass der Antragsteller – einerseits - mit seinem Verhalten gezeigt habe, dass er nicht gewillt sei, einen rechtmäßigen Zustand herzustellen und - andererseits.- es bei Nutzung der Steganlage zu weiteren Schädigungen des Biotops sowie zu Störungen der im Röhricht vorkommenden Tierarten komme. Gleiches gilt für den vom Antragsgegner angeordneten Sofortvollzug der nach der Ordnungsverfügung vorzunehmenden Ersatzpflanzung, die damit begründet wurde, durch eine Ersatzpflanzung zum genannten Zeitpunkt bestehe die Möglichkeit, dass sich Pflanzungen bereits in der nächsten Vegetationsperiode deutlich entwickeln könnten und somit die natürliche Uferansicht wieder hergestellt werde. Zu befürchten sei schließlich bei „nicht konsequenter Vorgehensweise“ gegen die illegale Anlage und unrechtmäßige Handlungen die Vorbildwirkung. Diese auf den konkreten Einzelfall abstellenden Darlegungen tragen dem Ausnahmecharakter des Sofortvollzugs hinreichend Rechnung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage, § 80 Rdnr. 84f.).

B.)

Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung und nach Abwägung der privaten und öffentlichen Interessen überwiegt hier das öffentliche Vollzugsinteresse das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers.

1.)

Rechtsgrundlage für den angeordneten Rückbau der Steganlage und die Nutzungsuntersagung ist § 17 Abs. 8 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Danach soll die untere Naturschutzbehörde die weitere Durchführung eines ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommenen Eingriffs in Natur und Landschaft untersagen. Dabei soll sie entweder Maßnahmen nach § 15 oder die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen, soweit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Antragsgegner hat in der Begründung der Ordnungsverfügung nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei der vorhandenen Steganlage um einen Eingriff in Natur- und Landschaft handelt. Die Beibehaltung der Steganlage steht im Widerspruch zu den Festsetzungen der im örtlichen Bereich einschlägigen LSG-VO. Dass das von dem Antragsteller genutzte Grundstück ... in den Schutzbereich der LSG-VO einbezogen ist, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LSG-VO). Der Beibehaltung der Steganlage steht ein zwingendes Verbot gemäß § 4 Abs. 1 LSG-VO entgegen. Nach dieser Vorschrift ist es vorbehaltlich der nach § 5 zulässigen Handlungen in den Landschaftsschutzgebieten gemäß § 26 BNatSchG insbesondere verboten, die Ufervegetation oder Schwimmblattgesellschaften zu beschädigen oder zu beseitigen (Nr. 4) oder in Röhrichte einzudringen oder sich diesen wasserseitig dichter als fünf Metern zu nähern (Nr. 5). Diesem Verbot widerspricht die vorhandene Steganlage. Die Anlage durchschneidet einen ausgedehnten Röhrichtgürtel, der sich wegen der Errichtung und Nutzung der ca. 30m in den Scharmützelsee hinein ragenden Anlage hier nicht schließen kann.

2.)

Die Steganlage selbst und die damit verbundene Nutzung könnten deshalb nur „beibehalten“ werden, wenn die Voraussetzungen des von dem Antragsteller für sich in Anspruch genommenen „Bestandsschutzes“ vorliegen würden, wie sie in § 5 Abs. 1 Nr. 11 LSG-VO niedergelegt sind. Nach dieser Vorschrift bleiben entgegen § 4 LSG-VO zulässig: „... die sonstigen bei In-Kraft- Treten dieser Verordnung auf Grund behördlicher Einzelfallentscheidung rechtmäßig ausgeübten Nutzungen und Befugnisse in der bisherigen Art und dem bisherigen Umfang“.

Hier liegen schon bei summarischer Prüfung die Voraussetzungen dieser Norm nicht vor. Die ursprüngliche Steganlage ist zwar offensichtlich vor dem Wirksamwerden der LSG-VO errichtet und genutzt worden. Es liegt wohl auch eine behördliche wasserrechtliche Einzelfallentscheidung des Reichswasserstraßenamtes für einen Walter Paech vor (lfd. Nr. 135), auf deren Grundlage die Errichtung und Nutzung der Steganlage als „rechtmäßig“ zu beurteilen sein könnte. Die sich gegebenenfalls anschließende Frage, ob es sich hierbei um eine personenbezogene oder anlagenbezogene Genehmigung handelte, was nicht mit hinreichender Sicherheit belegt sein dürfte, muss indes nicht abschließend beantwortet werden.

Denn hier spricht alles dafür, dass ein eventueller passiver Bestandsschutz erloschen ist. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar ausgeführt, dass der vorhandene Holzsteg durch einen Neubau ersetzt worden ist. Für die Frage, ob eine Neuerrichtung oder eine Instandsetzung der Steganlage vorliegt, kommt es maßgeblich darauf an, ob trotz der Instandsetzung die Identität des Bauwerks gewahrt bleibt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Juni 2006 – 2 S 27.06 -, juris, Beschlüsse vom 10. April 2008 – OVG 11 S 5.08 und OVG 11 S 9.08 – und vom 16. Februar 2009 – OVG 11 S 6.09 -). Kennzeichen einer (bestandsschutzrechtlichen) Identität eines Bauwerks ist, dass das ursprüngliche Bauwerk nach wie vor als Hauptsache erscheint. Hieran fehlt es u. a., wenn die für die Instandsetzung notwendigen Arbeiten den Aufwand für einen Neubau erreichen oder gar übersteigen, wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen erheblich erweitert wird, oder wenn der mit der Instandsetzung verbundene Eingriff in den vorhandenen Bestand so intensiv ist, dass er die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berührt (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juli 2010 – OVG 11 N 39.10 -). Vorliegend hat der Antragsteller ausgeführt, der ursprüngliche Steg habe „Alters- und Verschleißerscheinungen“ aufgewiesen, weswegen dringend erforderliche Reparaturarbeiten ausgeführt worden seien. Dafür, dass tatsächlich ein Neubau und nicht nur eine „Rekonstruktion“ bzw. „Reparatur“ der Anlage vorgenommen wurde, spricht der bei einer Befahrung durch Mitarbeiter des Antragsgegners am 22. April 2013 sowie einer Ortsbesichtigung am 24. April 2013 gewonnene Eindruck, wonach ein Ersatz bzw. Neubau der Anlage vorgenommen wurde, da die ursprüngliche, zu einem unbekannten Zeitpunkt in der Vergangenheit errichtete Anlage vollständig aus Holz bestanden habe und diese alte Steganlage offensichtlich abgerissen worden sei. Deren Bestandteile seien auf dem Flurstück ... abgelagert worden und eine neue Steganlage, bestehend aus einer Metallkonstruktion auf 12 Metallböcken und einem Holzbelag errichtet worden. Dass es sich hierbei nicht um - wie der Antragsteller meint - bloße „Reparaturarbeiten“ gehandelt haben kann, liegt auf der Hand. Vielmehr hat ein Austausch der gesamten Konstruktion - verbunden mit einer Verlängerung des Stegs von ca. 23m auf 30m - stattgefunden, wofür eine wasserrechtliche Genehmigung - unstreitig - nicht erteilt worden ist.

3.)

Mit Blick auf den im vorläufigen Rechtsschutz maßgeblichen summarischen Prüfungsmaßstab kann sich der Antragsteller nach alledem nicht auf Bestandsschutz gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 LSG-VO berufen. Eine umfassende Abwägung der beteiligten öffentlichen und privaten Interessen muss daher zu Lasten des Antragstellers ausfallen. Denn das öffentliche Interesse am Schutz und an der Erhaltung des vorhandenen Röhrichtbestandes als Lebensraum einer Lebensgemeinschaft wild lebender Tiere und Pflanzen (§ 7 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG) überwiegt das private Interesse des Antragstellers an dem Erhalt und der Nutzung seiner Steganlage. Diese Nutzung ist zudem ausschließlich freizeitbezogen. Die Belange des Biotopschutzes sind demgegenüber im Hinblick auf die gesetzlichen Verbote in § 30 BNatSchG als höherrangig anzusehen.

4.)

Im Hinblick auf den beabsichtigten Schutz des Röhrichtbestandes im Zusammenhang mit den aufgrund der Nutzung der Steganlage zu befürchtenden Schäden, die zu erwarten sind, falls erst der Eintritt der Bestandskraft des Bescheides abgewartet wird, ist ein sofortiges Einschreiten erforderlich, sodass auch ein besonderes Vollzugsinteresse besteht. Ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht außerdem wegen der von der Anlage ausgehenden negativen Vorbildwirkung, die eine Ausweitung und Verfestigung der durch sie bewirkten Störung während der Dauer des Hauptsachverfahrens befürchten lässt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juli 2012, OVG 2 S 26.12, juris).

5.)

Nach alledem bestehen auch gegen die die Anordnung des Rückbaus und der Nutzungsuntersagung begleitenden Zwangsgeldandrohungen, die auf §§ 15, 20 Abs. 1, 23 Abs. 2 VwVG BB beruhen und weder nach Grund oder Höhe zu beanstanden sind, keine Bedenken.

C.)

Rechtsgrundlage für die angeordneten Ersatzpflanzungen ist ebenfalls § 17 Abs. 8 BNatSchG i.V. mit § 6 Abs. 7 der Verordnung über den Schutz von Bäumen im Landkreis Oder-Spree vom 30. November 2011 – BaumSchV-LOS (veröffentl. im Amtsblatt für den Landkreis Oder-Spree vom 16. Dezember 2011 Nr. 16, S. 12-15). Die Beseitigung der Erle stellt hier einen Eingriff i. S. des § 14 BNatSchG dar, da die Gestalt der Grundfläche verändert wurde und diese Veränderung das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen kann. Denn zum Landschaftsbild gehören auch bedeutsame Einzelpflanzen jedenfalls dann, wenn – so wie hier – nach den Feststellungen des Antragsgegners und den im Verwaltungsvorgang enthaltenen Lichtbildern eine (vorher nicht vorhandene) Sichtschneise zum Scharmützelsee hergestellt wurde.

1.)

Zwar enthält die LSG-VO selbst keine Regelung einer Verpflichtung zu einer angemessenen und zumutbaren Ersatzpflanzung i. S. von § 29 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG. Eine solche Verpflichtung kann auch nicht in die Verordnung hineingelesen werden, sondern die Schutzerklärung muss selbst eine derartige Regelung enthalten (so P. Fischer-Hüftle/J. Schumacher/A. Schumacher in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 29 Rdnr. 30). Soweit danach - dem folgend - § 6 Abs. 7 BaumSchV-LOS heranzuziehen ist, sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass sich ergänzende oder überlappende Ermächtigungsnormen im Naturschutzrecht nicht zu rechtlich beachtlichen Kollisionen führen. Denn die naturschutzrechtlich orientierten Vorschriften der BaumSchV-LOS (vgl. z. B. § 1 BaumSchVO-LOS) wollen erkennbar - zusammen mit dem staatlich-hoheitlichen Naturschutz – z. B. nach dem BNatSchG, aber nebeneinander und gegebenenfalls auch unabhängig davon den Baumbestand als Teil einer notwendigen Grünordnung selbst wirkungsvoll schützen lassen (vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 06. Dezember 1988 – 3 TH 4358/88 –, juris).

2.)

Insbesondere ist § 6 Abs. 7 BaumSchV-LOS auch eine taugliche Rechtsgrundlage für die Anordnung von Ersatzpflanzungen nach ungenehmigten Baumfällungen. Der vom Antragsgegner angezogene § 6 Abs. 12 BaumSchV-LOS verweist zwar auf § 6 Abs. 6 BaumSchV-LOS in entsprechender Anwendung, wenn Maßnahmen i.S. des § 4 Abs. 1 ohne die nach Absatz 1 erforderliche Genehmigung durchgeführt worden sind. § 6 Abs. 6 BaumSchV-LOS bestimmt allerdings lediglich, dass die Genehmigung schriftlich zu erteilen ist und mit Nebenbestimmungen versehen werden kann. Überwiegendes spricht hier für ein redaktionelles Versehen des Verordnungsgebers, der wohl § 6 Abs. 7 BaumSchV-LOS im Blick hatte, wonach dem jeweiligen Antragsteller mit der Genehmigung auferlegt werden soll, als Ersatz Bäume in bestimmter Anzahl, Art und Größe zu pflanzen und zu erhalten, sofern die Pflanzung standörtlich möglich und zumutbar ist.

3.)

Jedenfalls rechtfertigen die in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen die streitbefangene, für sofort vollziehbar erklärte Ersatzpflanzung, zumal auch ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 4 LSG-VO gegeben ist. Danach ist es verboten, Bäume außerhalb des Waldes zu beschädigen oder zu beseitigen.

Dieser Baumschutz ist anders als bei geschützten Naturdenkmälern nach seinem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass er nicht wegen eines konkreten Baumes, sondern um einer bestimmten Funktion Willen erfolgt, deren Wahrnehmung grundsätzlich nicht von einem individuellen Baum, sondern von Bäumen als Gattung abhängt. Dass das Schutzgut der LSG-VO, aber auch der BaumSchV-LOS, nicht (nur) einzelne Bäume sind, deren Schutz etwa nach einer illegalen Beseitigung nicht mehr möglich wäre, sondern den gesamten Baumbestand im betroffenen Gebiet umfasst, ergibt sich einerseits hinsichtlich der LSG-VO schon aus ihrer Bezeichnung als „Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Scharmützelseegebiet“ und andererseits aus dem Namen „Verordnung über den Schutz von Bäumen im Landkreis Oder-Spree“.

Der Schutz des Baumbestandes wird zwar über den Schutz einzelner Bäume angestrebt, erschöpft sich darin aber nicht und entfällt nicht an der Stelle, an der ein Baum beseitigt worden ist.

Da die Funktion des Baumschutzes insbesondere durch Ersatzpflanzungen im räumlichen Zusammenhang mit dem Eingriff in den Baumbestand gewahrt werden kann, handelt es sich um eine nach §§ 17 Abs. 8, 15 Abs. 2 BNatSchG i. V. mit § 6 Abs. 7 BaumSchV-LOS zulässige Maßnahme.

4.)

Inhalt und Umfang der Anordnungen im Bescheid vom 24. Juni 2013 sind nicht zu beanstanden. Die Behörde verlangt ohne Ermessensfehler (§ 6 Abs. 7 BaumSchV-LOS: „soll“) die hier ohne weiteres mögliche Wiederherstellung des früheren Zustands sowie einen Ausgleich für die zeitliche Lücke bis zum Heranwachsen der zu pflanzenden Erlen in Form eines Zuschlags von insgesamt drei Bäumen. Denn die neu zu pflanzenden Erlen werden die Funktion des beseitigten Baums im Naturhaushalt erst nach einigen Jahren erreichen; insoweit kann als Ausgleich für diese zeitliche Lücke eine Pflanzung größeren Umfangs als der beseitigte Baum rechtlich bedenkenfrei gefordert werden. § 6 Abs. 8 BaumSchV-LOS trifft in diesem Zusammenhang hinreichend konkrete Regelungen zum Umfang der Ersatzpflanzung, die bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden sind. Das Gebot, Ersatzbäume zu pflanzen, ist hier inhaltlich auch nicht zu unbestimmt Der Antragsteller kann der streitbefangenen Verfügung hinreichend genau entnehmen, welche Pflanzqualität gefordert wird, und wie die Pflanzung zu erfolgen hat.

Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass ohne Ersatzpflanzung bei illegalem Eingriff ein rechtswidrig Handelnder einen ungerechtfertigten und für die Rechtsordnung nicht hinnehmbaren Vorteil gegenüber dem rechtstreuen Eingriffsverursacher erlangen könnte, der ordnungsgemäß zunächst eine Fällgenehmigung einholt und wegen der anschließenden Beseitigung eines Baumes mit einer Ersatzpflanzung belegt werden kann. Der BaumSchutzV-LOS liegt in ihrem § 6 Abs. 7 der Gedanke zugrunde, dass in allen ordnungsgemäß ablaufenden Genehmigungsverfahren das Verursacherprinzip zu beachten ist und ein Recht des Antragsgegners besteht, Eingriffsverursacher nach pflichtgemäßem Ermessen mit einer Ersatzpflanzung zu belegen. Wer sich in einer angemaßten Rechtsposition so stellt, als hätte er sich selbst eine Fällgenehmigung erteilt, womit er die formellen Verfahrens-, Bewertungs- und Kontrollbefugnisse der zuständigen Behörde unterläuft, kann im Ergebnis nicht so gestellt werden, dass er deren materiell-rechtlichen Befugnisse auch noch beiseiteschieben kann. Vielmehr muss dem rechtsuntreuen Eingriffsverursacher, soll die Baumschutzverordnung in ihrer Anwendung und Schutzwirkung nicht leerlaufen, außerhalb eines ordnungsgemäßen Genehmigungsverfahrens erst recht eine Ersatzpflanzung auferlegt werden können. Wer ein vorlaufendes Genehmigungsverfahren rechtswidrig vereitelt, darf nicht auch noch von seinen möglichen Folgen befreit werden (so Hessischer Verwaltungsgerichtshof a.a.O.).

5.)

Der gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnete Sofortvollzug ist nicht zu beanstanden.

Für die Eilbedürftigkeit der Maßnahme ist vor allem auch darauf hinzuweisen, dass der Sofortvollzug einer Folgenbeseitigungsanordnung gegenüber einem illegalen Natureingriff jedenfalls dann regelmäßig gerechtfertigt ist, wenn der Eingriff zum Nachteil der Natur weiterwirkt. Im vorliegenden Fall würde der illegale Natureingriff ohne umgehende Ersatzpflanzung nicht nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens dauerhaft weiterwirken, sondern es wäre hier eine weitergehende Vorbildwirkung zu besorgen, wenn erst der Verfahrensausgang im behördlichen und gerichtlichen Verfahren abgewartet werden müsste. Ein postwendender behördlicher „Gegenschlag“ im Naturschutzrecht rechtfertigt sich daraus, dass bei einer grundsätzlich gebotenen Ersatzmaßnahme, die sich oft erst nach langer Zeit zu einem qualitativen Ausgleich auswächst, nicht noch durch das Abwarten der rechtskräftigen Hauptsachenentscheidung ein zusätzlicher Zeitverlust auftritt.

Der Einwand des Antragstellers, der gefällte Baum sei infolge von Blitzeinschlag und Windbruch erheblich geschädigt gewesen, mag allenfalls im Ordnungswidrigkeitsverfahren für die Höhe der Geldbuße eine Rolle spielen können. Für das in der LSG-VO enthaltene Verbot von Baumfällungen ist es grundsätzlich unbeachtlich, in welchem Gesundheitszustand sich ein gefällter oder zur Fällung vorgesehener Baum befindet. Selbst wenn der Zustand des Baumes eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt und seine Erhaltung mit zumutbaren Mitteln nicht möglich ist, ist unter Umständen die Gewährung einer Befreiung gemäß § 7 LSG-VO nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde in Betracht zu ziehen, die nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG i. V. mit der BaumSchV-LOS immer noch zu einer Ersatzpflanzung führen kann. Diesbezügliche Einwendungen des Antragstellers können bestenfalls eine Berechtigung zum Beseitigen des Baumes nach einem ordnungsgemäßen Genehmigungs- oder Befreiungsverfahren begründen; gegen die verlangte Ersatzpflanzung gehen sie ins Leere.

6.

Nach alledem bestehen auch gegen die die Anordnung der Ersatzpflanzungen, der Entwicklungspflege und der Anzeigeverpflichtung begleitenden Zwangsgeldandrohungen, die ihrerseits auf §§ 15, 20 Abs. 1, 23 Abs. 2 VwVG BB beruhen und weder nach Grund oder Höhe zu beanstanden sind, keine Bedenken.

D.)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2 und 3, 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz. Für den angeordneten Rückbau der Steganlage sowie die Verpflichtung zu Ersatzpflanzungen hält die Kammer in Ermangelung genügender Anhaltspunkte jeweils den Auffangstreitwert für angemessen, der wegen der Vorläufigkeit des Antragstellerbegehrens nur hälftig anzusetzen war. Die Zwangsgeldandrohungen bleiben für die Streitwertfestsetzung außer Betracht (Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/01. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen).