Gericht | VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 13.03.2014 | |
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Aktenzeichen | VG 3 K 993/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 4 Abs 6 S 2 RdFunkBeitrStVtr BB, § 6 Abs 3 RdFunkGeb1991Vtr BB |
Die Befreiung von der Rundfunkgebühren oder Rundfunkbeitragspflicht setzt voraus, dass der Betroffene die nach den gesetzlichen Vorschriften gegebenen Möglichkeiten der Beantragung von Sozialleistungen nutzt.
Nur wenn die Gewährung von Sozialleistungen ausscheidet, weil das Einkommen des Betroffenen geringfügig über den maßgeblichen Einkommensgrenzen liegt, kommt eine Befreiung nach der Härtefallregelung des § 6 Abs. 3 RGebStV bzw. § 4 Abs. 6 S. 2 RBeitrStV in Betracht.
Unterschreitet das Einkommen hingegen die maßgeblichen Einkommensgrenzen kommt eine Befreiung nur in Betracht, wenn (nach rechtzeitiger Stellung eines Befreiungsantrags gegebenenfalls auch nachträglich) Bescheide über die Bewilligung von Sozialleistungen vorgelegt werden.
Ob gegenüber der Sozialleistungsbehörde ein Anspruch auf eine nachträgliche Bewilligung besteht (vgl. insb. § 28 SGB X), ist eine sozialrechtliche Frage, die im Klageverfahren von den Verwaltungsgerichten nicht geklärt werden kann.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Forderung abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die 1956 geborene Klägerin ist Erwerbsunfähigkeitsrentnerin und begehrt die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.
Sie erklärte unter dem 30. März 2004, ein Radio und einen Fernseher zum Empfang bereit zu halten und beantragte zugleich die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht als Empfänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt. Mit Bescheid vom 30. März 2004 wurde sie für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis zum 31. März 2005 von der Rundfunkgebührenpflicht befreit. Weitere Befreiungen erhielt sie mit Bescheiden vom 1. März 2005, vom 7. November 2006, 8. Februar 2007, 30. August 2007, 7. Februar 2008, 21. August 2008, 11. Februar 2009, 12. August 2009, 22.Februar 2010, 12. August 2010, 25. Februar 2011 bis zum 31. August 2011.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie seit dem 1. Juli 2011 „EU-Rente“ beziehe.
Mit Bescheid vom 3. August 2011 lehnte der Beklagte daraufhin eine weitere Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Bezieher von EU-Renten nicht zum Kreis der Befreiungsberechtigten nach dem RGebStV gehörten. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Unter dem 16. Januar 2012 beantragte die Klägerin erneut die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht und verwies zur Begründung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 665/10). Ihre EU-Rente falle geringer aus „als Arbeitslosengeld II, sogar mit Wohngeld!“. Die Klägerin legte einen Rentenbescheid der Knappschaft Bahn See vom 09. Juni 2011 vor, demzufolge sie ab dem 01. Februar 2011 eine Rente in Höhe von 597,44 Euro (536,81 Euro nach Abzug Anteil Kranken- und Pflegeversicherung) monatlich bezog. Ferner legte sie einen Wohngeldbescheid vor, ausweislich dessen sie ab 01. Oktober 2011 Wohngeld in Höhe von 81 Euro monatlich bezog.
Mit Bescheid vom 12. März 2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vom 16. Januar 2012 und vom 29. Februar 2012 wegen fehlender Nachweise für das Vorliegen eines Befreiungstatbestandes ab.
Im Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2012, mit dem der Beklagte einen Widerspruch der Klägerin vom 03. April 2012 zurückwies, vertrat der Beklagte die Auffassung, dass eine Befreiung solange nicht in Betracht komme, wie die Klägerin nicht eine der in § 6 Abs. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) genannten Leistungen empfange oder im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit RF-Merkzeichen sei. Sei eine Rente besonders niedrig, so dass sie zur Sicherstellung eines ausreichenden Lebensunterhaltes nicht ausreiche, so könne der Antragsteller die Gebührenbefreiung erst nach der ihm zuzumutenden Beantragung und Gewährung ergänzender Grundsicherung erhalten. Ein besonderer Härtefall im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV sei nicht erkennbar. Insbesondere habe die Klägerin nicht dargelegt, weshalb sie keine Sozialleistung nach § 6 Abs. 1 RGebStV erhalte, obwohl ihr Einkommen aus Renten und Wohngeld gering sei. Eine pauschale Befreiung für Rentner und Wohngeldempfänger sehe auch das Bundesverfassungsgericht nicht vor. Aus den vorgelegten Renten- und Wohngeldbescheiden ergebe sich nicht, dass und um welchen genauen Betrag das Einkommen der Klägerin den für sie maßgeblichen Sozialbedarf überschreite.
Die Klägerin hat am 01. September 2012 Klage erhoben und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Zur Begründung beruft sie sich u.a. auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit einer Versagung der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht bei Einkommen, die geringfügig über dem Sozialhilfebedarf liegen. Die Klägerin erklärte ergänzend, sie könne nicht gezwungen werden, jährlich Anträge zu stellen, die ohnehin aussichtslos seien.
Mit Beschluss vom 29. Januar 2014 lehnte die Kammer den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Nach Erlass dieses Beschlusses hat sich die Klägerin nicht mehr zum Verfahren geäußert.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 07. März 2014 auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 12. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2012 zu verpflichten, die Klägerin ab dem 16. Januar 2012 von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien.
Der Beklagte verteidigt die Versagung der Gebührenbefreiung und beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die – soweit wesentlich – Gegenstand der Entscheidung des Einzelrichters waren.
Der Einzelrichter konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 15. Oktober 2013 und vom 12. September 2013 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Klage, mit der die Klägerin bei verständiger Auslegung die Verpflichtung des Beklagten
– zu ihrer Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht ab dem 16. Januar 2012 und
– zu ihrer Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ab dem 01. Januar 2013 (Inkrafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages – RBeitrStV)
unter Aufhebung der dies ablehnenden Bescheide begehrt, stellt sich auch nach gründlicher Überprüfung als unbegründet dar.
Der Beklagte hat die Befreiungsanträge der Klägerin mit dem Bescheid vom 12. März 2012 zu Recht abgelehnt und diese Entscheidung mit dem Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2012 zu Recht bestätigt; der Klägerin steht der geltend gemachte Befreiungsanspruch nicht zu, § 113 Abs. 5 VwGO.
1.
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs kommen zunächst in Betracht:
– für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2012:
§ 6 Abs. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom 31. August 1991 (zuletzt geändert durch den 15. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 15. Dezember 2010 – RGebStV) und
– für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2013:
§ 4 Abs. 1 RBeitrStV (vgl. dazu § 2 Abs. 2 S. 1 des Brandenburgischen Gesetzes zu dem 15. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 9. Juni 2011 – GVBl. I Nr. 9 Seite 1).
Nach Nr. 1 bzw. Nr. 2 beider Vorschriften wird von der Rundfunkgebührenpflicht bzw. Rundfunkbeitragspflicht auf Antrag befreit, wer als natürliche Person Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem dritten Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches oder Empfänger von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach dem vierten Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches ist.
Es ist unstreitig, dass die Klägerin in dem streitbefangenen Zeitraum ab dem 16. Januar 2012 keinen der Befreiungstatbestände des § 6 Abs. 1 RGebStV bzw. § 4 Abs. 1 RBeitrStV erfüllt hat und einen solchen Befreiungstatbestand auch heute nicht erfüllt. Insbesondere hat sie ausweislich der von ihr zur Gerichtsakte gereichten Bescheide nach dem 30. Juni 2011 keine Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem dritten Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII) mehr bezogen. Sie erhält vielmehr spätestens seit dem 1. Juli 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und ab dem 1. Oktober 2011 zusätzlich Wohngeld. Beide Leistungen erfüllen keinen der in § 6 Abs. 1 RGebStV bzw. § 4 Abs. 1 RBeitrStV aufgezählten Befreiungstatbestände.
2.
Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des – neben § 6 Abs. 1 RGebStV bzw. § 4 Abs. 1 RBeitrStV als Rechtsgrundlage für den Befreiungsanspruch allein in Betracht kommenden – § 6 Abs. 3 RGebStV bzw. des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBeitrStV sind nicht erfüllt.
Nach § 6 Abs. 3 RGebStV kann die Rundfunkanstalt in besonderen Härtefällen auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreien. Nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBeitrStV hat die Landesrundfunkanstalt in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien.
Bei der Anwendung dieser Regelungen ist von der – unter Geltung des alten Rundfunkgebührenstaatsvertrages ergangenen – Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auszugehen, wonach § 6 Abs. 3 RGebStV es dem Rechtsanwender ermöglicht, in Härtefällen eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht auch zu gewähren, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 RGebStV nicht erfüllt sind. Einen solchen Härtefall hat das Bundesverfassungsgericht in Fällen bejaht, in denen das Einkommen eines Rundfunkgebührenpflichtigen die für die Gewährung der in § 6 Abs. 1 RGebStV aufgezählten Sozialleistungen maßgeblichen Einkommensgrenzen übersteigt (weshalb ein Anspruch auf Sozialleistungen nicht besteht), in denen aber dieser Teil des Einkommens oberhalb der Einkommensgrenzen geringer ist als die Rundfunkgebühr selbst (BVerfG, Beschlüsse vom 09. November 2011 – 1 BvR 665/10 – und vom 30. November 2011 – 1 BvR 3269/08 – und – 1 BvR 656/10 –, alle zitiert nach Juris). In einem solchen Fall führt die Versagung der Befreiung von Rundfunkgebühren nämlich dazu, dass das Einkommen des Betroffenen im Ergebnis durch die Belastung der zu zahlenden Rundfunkgebühren unter diese Einkommensgrenzen absinkt, ohne dass er hieran etwas, z.B. durch die Beantragung von Sozialleistungen, ändern könnte.
Die Vertragsparteien des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages haben dieser Rechtsprechung durch die Aufnahme der Regelung des § 4 Abs. 6 S. 2 RBeitrStV Rechnung getragen, die für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2013 gilt. Nach dieser Norm liegt ein Härtefall insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1-10 RBeitrStV in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten.
Im Fall der Klägerin sind weder die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Voraussetzungen für die verfassungsrechtlich gebotene Anerkennung eines Härtefalls nach § 6 Abs. 3 RGebStV noch die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Härtefalls gemäß § 4 Abs. 6 S. 2 RBeitrStV erfüllt.
Denn das Einkommen der Klägerin lag in dem Zeitraum nach dem 16. Januar 2012 nach ihren Angaben – bereits vor Abzug zu zahlender Rundfunkgebühren – unterhalb dessen, was ihr schon nach § 41 Abs. 1, § 42 Nr. 1 und Nr. 4 SGB XII an Grundsicherung wegen ihrer Erwerbsminderung zustand.
Nach diesen Normen besteht bei voller Erwerbsminderung ein Anspruch auf Leistungen in Höhe der Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII zuzüglich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Der für die Klägerin – als erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende Person einen eigenen Haushalt führt – maßgebliche Regelsatz belief sich vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2012 auf 374 € und danach auf 382 €. Die Aufwendungen für ihre Wohnung mit einer Wohnfläche von 41 m² (Miete und Heizkosten) betrugen 265 €. Aus beiden Positionen würde sich ein Anspruch auf Grundsicherung in Höhe von mindestens 629 € ergeben, der allerdings nur dann besteht, wenn der Berechtigte einen entsprechenden Antrag stellt (vgl. § 41 Abs. 1 S. 1 SGB XII), was die Klägerin erst unter dem 7. August 2013 und auch nur für die Vergangenheit getan hat.
Ab dem 16. Januar 2012 bezog die Klägerin nach ihren Angaben eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 536,81 € und Wohngeld in Höhe von 81 €, mithin ein monatliches Einkommen von 617,81 €. Schon bei Einbeziehung des Wohngeldes in die Einkommensberechnung ergibt sich vor diesem Hintergrund, dass das Einkommen der Klägerin nicht über, sondern unterhalb des bei der Berechnung der Grundsicherung zu berücksichtigenden Bedarfs lag.
Berücksichtigt man weiter, dass Empfänger von Grundsicherung wegen Erwerbsminderung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 des Wohngeldgesetzes (WoGG) grundsätzlich vom Wohngeld ausgeschlossen sind, und dass deshalb der Teil des Einkommens, der auf das Wohngeld entfällt, mit der Beantragung von Grundsicherung wegfallen würde, ist von einem Anspruch der Klägerin auf ergänzende Leistungen aus der Grundsicherung in Höhe von mindestens 92,19 € auszugehen.
In jedem Fall unterschritt danach das Einkommen der Klägerin die ihr zustehende Grundsicherung.
In einem solchen Fall ist der Tatbestand für die Anerkennung eines Härtefalls nach § 4 Abs. 6 S. 2 RBeitrStV nicht erfüllt, denn dieser setzt voraus, dass die Einkünfte „die jeweilige Bedarfsgrenze“ ... für eine der in § 4 Abs. 1 Nr. 1-10 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag genannten Sozialleistungen „überschreiten“.
Bei einem Unterschreiten der Bedarfsgrenze kommt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (der sich die Kammer im Beschluss über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe vom 29. Januar 2014 angeschlossen hat und der auch der Einzelrichter folgt) aber auch eine Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 3 RGebStV nicht in Betracht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Januar 2012 – OVG 11 N 36.10 –, Seite 4 des Beschlussabdrucks; Beschluss vom 19. Januar 2012 – OVG 11 N 33.10 –, Seite 3 des Beschlussabdrucks und Beschluss vom 4. September 2012 – OVG 11 N 84.11 –, Seite 4 des Beschlussabdrucks). Denn in einem solchen Fall beruht die Bedürftigkeit, auf die auch die Klägerin die Annahme eines Härtefalls stützen möchte, allein auf der Entscheidung des Betroffenen, keinen Antrag auf ergänzende Leistungen nach dem SGB XII (Grundsicherung bei Erwerbsminderung) zu stellen. Hätte z.B. die Klägerin einen solchen Antrag rechtzeitig gestellt, wären ihr – die von ihr behauptete Einkommens- und Vermögenslosigkeit im übrigen unterstellt – entsprechende Leistungen zu bewilligen gewesen, mit der Folge, dass sie auch von der Rundfunkgebührenpflicht befreit worden wäre. Die vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fälle unterscheiden sich von dieser Konstellation, denn die Einkünfte der dortigen Beschwerdeführer lagen geringfügig über ihrem Bedarf, weshalb sie keinen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII stellen konnten (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Juni 2012 – 4 PA 153/12 –, zitiert nach juris Rn. 1).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer ebenfalls angeschlossen hat, ist es „eindeutig, dass das bloße Bestehen eines gegenüber dem Sozialhilfeträger noch nicht geltend gemachten Anspruchs auf Hilfe zum Lebensunterhalt die Voraussetzungen eines besonderen Härtefalles unter Berücksichtigung des Normzwecks der Regelungen über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht erfüllen kann“ (BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2011 – 6 C 34/10 –, zitiert nach juris Rn. 21 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Begründung wörtlich ausgeführt:
„Sofern bei einer Gebührenpflichtigen eine soziale oder ökonomische Härte eintritt, die zwar unter die Fallgruppen für die Befreiung nach § 6 Absatz 1 S. 1 RGebStV fällt, die diese aber nicht zur behördlichen Prüfung stellt, kann es auch keinen Bescheid geben, der ihre Situation erfasst, so dass eine bescheidabhängige – d.h. von einem Bescheid einer Sozialbehörde [abhängige] – Entscheidung der Landesrundfunkanstalt nicht möglich ist. Mit der Intention des Rundfunkgebührenstaatsvertrages wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Landesrundfunkanstalten oder die für sie handelnde Gebühreneinzugszentrale das Vorliegen eines Härtefalles nach § 6 Abs. 3 RGebStV auch dann unter Berücksichtigung der jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Einzelfall zu prüfen hätten, wenn keine atypische, vom Normgeber versehentlich nicht berücksichtigte Situation vorliegt, sondern eine Bedarfslage, für die der Normgeber keine Befreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV gewähren wollte ….
Was den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ... betrifft, verlangt dieser erkennbar nicht, den Empfängern von Sozialhilfe solche Personen gleichzustellen, denen Sozialhilfe zustände, falls sie sie beantragen würden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, falls seine Auswahl sachgerecht ist. Dabei ist er – insbesondere bei Massenerscheinungen – auch befugt, zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die damit verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und diese nicht sehr intensiv belasten (BVerfG, Beschlüsse vom 4. April 2001 – 2 BvL 7/98 – BVerfGE 103, 310 <318 f.> und vom 21. Juni 2006 – 2 BvL 2/99 – BVerfGE 116, 164 <182 f.>, jeweils m.w.N.). Danach ist es nicht zu beanstanden, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 RGebStV die Rundfunkgebührenbefreiung für einkommensschwache Personen an die Vorlage eines Sozialhilfebescheides knüpft. Müssten die Rundfunkanstalten jeder im Einzelfall geltend gemachten Unterschreitung einer sozialrechtlich relevanten Einkommens- und Vermögensgrenze nachgehen, würde sie dies vor beträchtliche Schwierigkeiten stellen, da sie – anders als die sozialrechtlichen Fachbehörden – nicht über die dafür erforderlichen Sachaufklärungsmittel verfügen. Der Wegfall der früher vorhandenen Möglichkeit, Gebührenbefreiung zu erlangen, ohne die betreffende Sozialleistung in Anspruch zu nehmen, belastet nur den relativ kleinen Personenkreis, der diese Leistung nicht in Anspruch nehmen will, obwohl sie ihm zusteht. Auch für diese Personen ist die Belastung, die darin besteht, dass sie die Gebührenbefreiung nicht einzeln, sondern nur als Teil eines "Gesamtpakets" in Anspruch nehmen können, überschaubar. Sie ist in Anbetracht der den Gebührenzahlern zugutekommenden Verwaltungsvereinfachung hinzunehmen und gebietet deshalb von Verfassungs wegen nicht die Anerkennung eines besonderen Härtefalles ...“
An der Richtigkeit dieser Ausführungen, die auch der bisherigen Rechtsprechung der 3. Kammer entsprechen (vgl. Urteil vom 14. September 2007 – 3 K 1481/05 –, Seite 5 des Urteilsabdrucks), hat sich durch die nachfolgenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nichts geändert. Denn diese betrafen – wie oben bereits ausgeführt – Fälle, in denen aufgrund der in den jeweiligen Vorinstanzen festgestellten Einkommensverhältnisse ein Anspruch auf Sozialleistungen ausgeschlossen werden konnte. Nur für diese Fälle verpflichtet auch § 4 Abs. 6 S. 2 RBeitrStV die Rundfunkanstalten zur Gewährung einer Beitragsbefreiung.
3.
Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag schließt es ebenso wenig wie der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag aus, die Befreiungsvoraussetzungen nach rechtzeitiger Stellung eines Befreiungsantrags nachträglich zu belegen.
Dies könnte auch durch nachträgliche Vorlage eines Bewilligungsbescheides über eine der in § 6 Abs. 1 RGebStV bzw. § 4 Abs. 1 RBeitrStV aufgezählten Leistungen erfolgen, die den Zeitraum betrifft, für den die Befreiung begehrt wird. Einen solchen Bescheid hat die Klägerin aber nicht vorgelegt.
Ob gegenüber der Sozialleistungsbehörde ein Anspruch auf eine nachträgliche Bewilligung besteht (vgl. insb. § 28 SGB X), ist eine sozialrechtliche Frage, die im vorliegenden Klageverfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht geklärt werden kann. Weist der Betroffene nach, dass er Anträge auf nachträgliche Bewilligung bei einer Sozialleistungsbehörde gestellt hat, die noch nicht bestandskräftig beschieden sind, kommt die Aussetzung des Verfahrens über die Befreiung von der Rundfunkgebühren- bzw. Rundfunkbeitragspflicht bis zu einer endgültigen Entscheidung in den sozialrechtlichen Verfahren in Betracht (§ 94 VwGO).
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.