Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 16. Senat | Entscheidungsdatum | 25.05.2011 | |
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Aktenzeichen | L 16 R 139/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 AAÜG |
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. November 2009 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Zwischen den Beteiligten ist nur noch streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger verpflichtet ist, den Zeitraum vom 1. September 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem der Intelligenz an wissenschaftlichen, pädagogischen, künstlerischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVIwiss; Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG -) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der im Jahre 1949 geborene Kläger erlangte nach dem Studium an der H-Universität zu B mit Urkunde vom 10. Juli 1974 die Berechtigung, den akademischen Grad eines Diplom-Biologen zu führen. Ab dem 1. September 1974 bis zum 31. August 1977 war er als wissenschaftlicher Assistent bei der H-Universität zu B und vom 1. September 1977 bis zum 30. Juni 1990 als wissenschaftlicher Assistent (1. September 1977 bis 31. Dezember 1978), wissenschaftlicher Aspirant (1. Januar 1979 bis 31. Dezember 1979), wissenschaftlicher Oberassistent (1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1981) und wissenschaftlicher Mitarbeiter (1. Januar 1982 bis 30. Juni 1990) beim Institut für Forstwissenschaften in E beschäftigt. Eine Versorgungszusage wurde dem Kläger nicht erteilt. Eine vertragliche Einzelabrede über eine zusätzliche Altersversorgung bestand nicht. Am 13. März 1990 beantragte der Hauptdirektor des Instituts für Forstwissenschaften E, Oberlandforstmeister Prof. Dr. sc. K, die Einbeziehung des Klägers in die AVIwiss. Eine Entscheidung über diesen Antrag wurde nicht getroffen. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) in der DDR ist der Kläger nicht beigetreten.
Den Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften in das Zusatzversorgungssystem der Technischen Intelligenz –AVItech- (Zusatzversorgungssystem Nr. 1 nach Anlage 1 zum AAÜG) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 ab, da der Kläger zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen sei. Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die Beklagte schon von dem falschen Zusatzversorgungssystem ausginge. Seine Tätigkeit an der H-U zu B und am Institut für Forstwissenschaften E unterfalle dem Anwendungsbereich der AVIwiss. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei dem Institut für Forstwissenschaften E habe es sich nicht um ein von der AVIwiss erfasstes eigenständiges Forschungsinstitut des Staates oder seiner Untergliederungen gehandelt, weshalb eine Einbeziehung des Klägers in das Versorgungssystem der AVIwiss nicht möglich sei.
Zur Begründung seiner dagegen zum Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, weder die H-Universität zu B noch das Institut für Forstwissenschaften könnten unter vernünftigen Gesichtspunkten zu volkseigenen Unternehmungen gezählt werden. Das Institut für Forstwissenschaften sei vielmehr ein selbständiges Institut der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften gewesen. Es habe sich um eine wissenschaftliche Einrichtung und nicht um ein Wirtschaftsinstitut gehandelt. Neben angewandter Forschung sei überwiegend Grundlagenforschung betrieben worden. Der Kläger sei ein führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Forstunkräuter in der DDR gewesen. Das SG hat der auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Zeit vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVIwiss sowie der in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte gerichteten Klage mit Urteil vom 6. November 2009 stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei begründet. Der Kläger unterfalle dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 AAÜG. Eine Versorgungszusage oder ein Einzelvertrag mit der konkreten Versorgungsaussicht hätten zwar nicht bestanden, dem Kläger stehe aber ein Einbeziehungsanspruch zu, da er sowohl die persönlich/sachliche Voraussetzung als auch die betriebliche Voraussetzung für die Einbeziehung am 30. Juni 1990 erfüllt habe. Er sei als Wissenschaftler tätig gewesen, sei auf dem Gebiet der Forstunkräuter eine führende Kraft gewesen und sei daher Angehöriger der wissenschaftlich tätigen Intelligenz. Darüber hinaus sei das Institut der Forstwissenschaften E ein Forschungsinstitut der DDR gewesen, auch wenn es dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft und nicht der Akademie der Wissenschaften unterstellt gewesen sei. Das Institut für Forstwissenschaften sei nach der – durch das SG vom Bundesarchiv beigezogenen – Arbeitsordnung vom 30. März 1972 das komplexe Forschungs-, Entwicklungs- und Überleitungszentrum des Wirtschaftszweiges gewesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie trägt vor: Die Entscheidung des SG verletze § 1 AAÜG, soweit die Beklagte verpflichtet worden sei, die Beschäftigungszeiten vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 des AAÜG festzustellen. Eine Versorgungsanwartschaft bestehe für den Kläger nur dann, wenn ihm am 30. Juni 1990 aus allein maßgeblicher bundesrechtlicher Sicht eine Versorgungszusage zu erteilen gewesen wäre. Danach sei das Versorgungssystem der AVIwiss eingerichtet worden für ua hauptberuflich tätige Wissenschaftler an Akademien, Instituten, wissenschaftlichen Bibliotheken und Museen oa. Das Institut für Forstwissenschaften sei jedoch das Forschungszentrum für den Industriezweig der Forstwirtschaft gewesen. Die allein zweck- und betriebsbezogenen Forschungseinrichtungen der volkseigenen Wirtschaft seien aber nicht frei bei der Auswahl der Forschungsziele gewesen. Wissenschaftliche Institute in der DDR seien selbständige Einrichtungen an Universitäten und Akademien, vorrangig der Akademie der Wissenschaften der DDR gewesen. Es habe sich bei dem Institut für Forstwissenschaften nicht um eine Einrichtung der Wissenschaft und Forschung im Sinne des § 6 der Verordnung über die zusätzliche AVIwiss gehandelt. Dies sei aus der Unterstellung des Institutes unter das Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft und der Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 62235 (Institute der Forstwirtschaft) zu schließen. Das Institut für Forstwissenschaften sei eine zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschungseinrichtung auf dem Gebiet der Forstwirtschaft gewesen, es sei deshalb entsprechend den Kriterien der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR nicht dem Bereich Wissenschaft und Forschung (Wirtschaftsgruppe 81000 oder 81110) zugeordnet gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und trägt ergänzend vor, das Institut für Forstwissenschaften sei ein Forschungsinstitut der DDR gewesen, welches das komplexe Forschungs-, Entwicklungs- und Überleitungszentrum des Wirtschaftszweiges gewesen sei. Er sei überdies führender Wissenschaftler im Bereich der Forstunkräuter gewesen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die Berufung der Beklagten ist begründet.
Das Begehren des Klägers im Berufungsverfahren richtet sich zulässiger Weise nur noch darauf, Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der „Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik" – AVIwiss- vom 12. Juli 1951 (GBl DDR Nr 85 S 675) für die Beschäftigungszeiten vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 und die dabei tatsächlich erzielen Arbeitsentgelte festzustellen. Die Zugehörigkeit des Klägers zur AVItech ist dagegen nicht mehr streitig, nachdem der Kläger seinen Klageantrag im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG insoweit beschränkt hat. Die im Hinblick auf die Zugehörigkeit zur AVItech ergangenen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sind demnach für die Beteiligten und das Gericht bindend (vgl. § 77 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Zu Unrecht hat das SG die Beklagte verurteilt, den streitbefangenen Zeitraum als solchen der Zugehörigkeit des Klägers zur AVIwiss und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Denn der Kläger hat keinen dahingehenden Anspruch; der angegriffene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an einem gesonderten gerichtlichen Verfahren gegen die Beklagte zur isolierten Überprüfung der von ihr insoweit abgelehnten Datenfeststellungen nach dem AAÜG. Denn neben der vorliegenden Klage auf Vormerkung der begehrten Daten ist ein weiteres Verfahren gegen die Beklagte auf Verurteilung zur Zahlung höherer Rente nicht anhängig (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 7/06 R - juris).
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen mit der von ihm erhobenen Klage durchsetzbaren Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 iVm Abs. 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG sowie der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990. Das AAÜG ist auf den Kläger schon deshalb nicht anwendbar, weil er am 1. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hatte. Denn der Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Der Kläger war aber auch am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte - unstreitig - bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Insbesondere kann eine positive Entscheidung über den unter dem 13. März 1990 zugunsten des Klägers durch den Hauptdirektor des Instituts für Forstwissenschaften verfassten Antrags auf zusätzliche Altersversorgung nicht festgestellt werden. Die Beklagte hat zudem in den angefochtenen Bescheiden eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen. Eine solche Einbeziehung hat der Kläger auch nicht nachträglich durch Rehabilitierung nach Maßgabe des beruflichen Rehabilitierungsgesetzes erlangt.
§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage am 1. August 1991 einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: vgl zB Urteile vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr 2, - B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr 7 sowie vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr 8). Ein derartiger fiktiver Anspruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Zusatzversorgungssystem vorgesehen war (ständige Rechtsprechung: vgl zB BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 18/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr 1; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 23/04 R = SozR 4-8570 § 1 Nr 6). Allein maßgebend sind insoweit die Texte der einschlägigen Verordnungsordnungen, soweit diese am 3. Oktober 1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden sind. Die genannten Vorschriften der DDR sind dabei unabhängig von deren Verwaltungs- und Auslegungspraxis allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - juris).
Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt ein Anspruch auf Einbeziehung in die AVIwiss (Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG) nicht vor. Gemäß § 2 Abs. 1 der VO-AVIwiss gelten als Angehörige der wissenschaftlich tätigen Intelligenz (a) hauptberuflich tätige Hochschullehrer, Leiter und hauptberuflich tätige Wissenschaftler an den Akademien, Instituten, wissenschaftlichen Bibliotheken und Museen und sonstigen wissenschaftlichen Einrichtungen sowie Verlagsleiter, Chefredakteure, Cheflektoren, des Weiteren (b) Verwaltungsdirektoren an Akademien, Universitäten, Hochschulen und bedeutenden wissenschaftlichen Einrichtungen, Herstellungsleiter in bedeutenden volkseigenen Verlagen und (c) besonders qualifizierte Feinmechanikermeister, Mechanikermeister, Präparatoren, Garteninspektoren und Gartenmeister an Universitäts- und Hochschulinstituten sowie an anderen bedeutenden wissenschaftlichen Einrichtungen. Gemäß § 6 der VO-AVIwiss waren wissenschaftliche, künstlerische, pädagogische und medizinische Einrichtungen der DDR im Sinne des § 1 der Verordnung wissenschaftliche und künstlerische Akademien, Universitäten und Hochschulen, Forschungsinstitute, wissenschaftliche und künstlerische Bibliotheken, Kunstsammlungen und Museen und ihnen entsprechende künstlerisch-wissenschaftliche Einrichtungen, öffentliche Theater- und Kulturorchester (einschließlich solcher von Organisationen, soweit sie von der staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten anerkannt sind), künstlerische Einrichtungen des Films und des Rundfunks in der DDR, alle Einrichtungen des öffentlichen Bildungs- und Erziehungswesens sowie alle Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens.
Dies zugrunde gelegt, scheitert ein Anspruch des Klägers daran, dass er als Diplom-Biologe am 30. Juni 1990 beim Institut für Forstwissenschaften E in keiner Einrichtung im vorgenannten Sinne beschäftigt war, die rechtlich selbstständig und ausschließlich wissenschaftliche Aufgaben erfüllte. Nach den Regelungen der AVIwiss konnte bei nicht erfolgter Einbeziehung kraft Bundesrecht eine Versorgungsanwartschaft jedoch nur bei der Beschäftigung in einer wissenschaftlich selbstständigen staatlichen Einrichtung erfolgen, nicht aber zB bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Betrieb (VEB) oder sogar einem Forschungszentrum eines VEB (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 56/01 R = SozR3-8570 § 1 Nr. 4). In dieser Entscheidung hatte das Bundessozialgericht (BSG), dessen Rechtsprechung der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, die Kriterien dafür aufgestellt, wann eine Einrichtung, in der wissenschaftlich gearbeitet wurde, als eine Forschungseinrichtung zu qualifizieren ist, die nach § 1 Abs 2 der 2. Durchführungsbestimmung zur AVItech (DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. 487) den volkseigenen Produktionsbetrieben (der Industrie oder des Bauwesens) im Sinne der §§ 1 und 5 VO-AVItech vom 17. August 1950 (GBl. 487) iVm § 1 Abs. 1 der 2. DB gleichgestellt war, und wann es sich um eine wissenschaftliche Einrichtung im Sinne von § 6 VO-AVIwiss handelt. Bei der Auslegung des Begriffes „Forschungsinstitut“ im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB sind danach ebenso wie bei der Auslegung des Begriffes „Forschungsinstitut“ im Sinne des § 6 der VO-AVIwiss als faktische Anknüpfungspunkte die jeweiligen Besonderheiten der DDR zu beachten: In der DDR wurde zwischen (staatlicher) Forschung an der Akademie der Wissenschaften und an den dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen unterstellten Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen einerseits und der Forschung an den Wirtschaftseinheiten andererseits unterschieden. Nach § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Aufgaben der Universitäten, wissenschaftlichen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Hochschulcharakter vom 25. Februar 1970 (GBl II S 189) hatten die Akademie der Wissenschaften und die Hochschulen die Aufgabe, „nach neuen Erkenntnissen über bisher unbekannte objektive gesetzmäßige Zusammenhänge sowie nach neuen Prozessen und Eigenschaften und ihren Nutzungsmöglichkeiten planmäßig zu forschen, neue wissenschaftliche Methoden und Erfahrungen zu entwickeln und wissenschaftliche Grundlagen für die Beherrschung technologischer Prozesse und Verfahren zu schaffen sowie die wissenschaftlichen Grundlagen für die angewandte Forschung, die Entwicklung und die Überleitung ihrer Ergebnisse in die gesellschaftliche Praxis ständig zu erweitern (vgl § 2 Abs. 2 der Verordnung über die Leitung, Planung und Finanzierung der Forschung an der Akademie der Wissenschaften und an Universitäten und Hochschulen -Forschungs-VO- vom 23. August 1972, GBl II Seite 589). Den Wirtschaftseinheiten oblag hingegen die zweck- und betriebsbezogene Forschung und Entwicklung. Zu den Forschungsinstituten im Sinne des § 6 VO-AVIwiss zählen jedoch nur die jeweils „selbständigen staatlichen“ wissenschaftlichen Einrichtungen und nicht beispielsweise volkseigene Betriebe, auch dann nicht, wenn sie über wissenschaftliche Forschungseinrichtungen bzw. Abteilungen verfügten (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 56/01 R -; Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 62/01 R - juris). Demgegenüber sind Forschungsinstitute im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB, die durch diese Bestimmung volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt sind, Forschung betreibende, selbständige Einrichtungen der Wirtschaft, deren Hauptzweck die zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung und Entwicklung ist.
Gemessen daran ist das Institut für Forstwissenschaften E nicht als Forschungsinstitut im Sinne des § 6 VO-AVIwiss zu qualifizieren. Der Hauptzweck des Institutes bestand nicht in freier Forschung im dargelegten Sinne. Anhaltspunkt für die Ermittlung des Forschungszwecks ist zum einen die Zuordnung im Register der volkseigenen Wirtschaft und die Zuordnung zu einem übergeordneten Staatsorgan. Das Institut für Forstwissenschaften war der Wirtschaftsgruppe 62235 (Institute der Forstwirtschaft) zugeordnet, wie sich aus dem von der Beklagten eingereichten Auszug aus dem statistischen Betriebsregister 1978 ergibt. Von 1972 bis 1980 war das übergeordnete Staatsorgan das Staatliche Komitee für Forstwirtschaft beim Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, bevor das Institut für Forstwissenschaften ab 1980 dem vorgenannten Ministerium direkt unterstellt wurde. Darüber hinaus betraf der Forschungsgegenstand des Instituts ausschließlich die Waldbewirtschaftung, wie sich aus der Arbeitsordnung des Instituts vom 30. März 1972 unzweifelhaft ergibt. Danach war das Institut für Forstwissenschaften Eberswalde beim Staatlichen Komitee für Forstwirtschaft das das komplexe Forschungs-, Entwicklungs- und Überleitungszentrum des „Wirtschaftszweiges“, wobei Aufgabe aller Beschäftigten des Instituts die Schaffung wissenschaftlich-technischen Vorlaufs für die Steigerung der Produktion, die Erhöhung der Effektivität und das Wachstum der Arbeitsproduktivität „in der Forstwirtschaft“ gewesen ist. Dabei mussten die wissenschaftliche Leitungstätigkeit und die Prinzipien der sozialistischen Wirtschaftsführung voll verwirklicht werden. Der Aufbau und die komplexe Leitung des Instituts erfolgten nach den Prinzipien eines sozialistischen Kombinats (vgl. § 3 der Arbeitsordnung). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass der alleinige Zweck des Instituts für Forstwissenschaften Eberswalde in der Durchführung zweckgebundener Forschung für die Forstwirtschaft bestand. Dies erhellt auch aus der Gliederung der Forschungseinheiten, die zusammengefasst als Verantwortungsbereich „Forschung“ dem Direktor für Forschung nach § 3 Abs 4 der Arbeitsordnung unterstellt waren: Bereiche Wissenschaftsorganisation, Forstökonomik, Rohholzerzeugung, Technik/Technologie, Holzforschung, Forstpflanzenzüchtung, Jagdwirtschaft. Es handelte sich dabei um streng zweckbezogene Forschung, hingegen nicht um (freie) Grundlagenforschung, die etwa an wissenschaftlichen Akademien, Universitäten und Forschungsinstituten, die selbständige staatliche Forschungseinrichtungen darstellten, betrieben wurde. Darüber hinaus sieht sich der Senat in seiner Überzeugung bestätigt durch die historische Abhandlung auf der allgemeinzugänglichen und im Termin zur mündlichen Verhandlung erörterten Seite des Internetauftritts der Hochschule für nachhaltige Entwicklung (FH) E (HNE) < http://www.hnee.de/Forstbotanischer-Garten/Wissenswertes/Geschichte/Zur-Geschichte-des-Forstbotanischen-Gartens-E2586.htm >, worin es heißt, „Nach der Schließung der Forstwirtschaftlichen Fakultät Eberswalde 1963 und der Verlagerung der studentischen Ausbildung an die TU Dresden (Tharandt), …“, sowie durch die Abhandlung auf der allgemeinzugänglichen Seite des Internetauftritts der Waldstadt Eberswalde < http://www.barnim.de/index.php?id=1155 >, worin es heißt, „Im Jahre 1963 wurde die Forstfakultät aufgelöst und damit der Lehrbetrieb in Eberswalde beendet. Dies war eine politische Entscheidung, die sich auf das Verhältnis von Grundlagen- und angewandter Forschung auswirkte,…“. Daraus ergibt sich ein Übergang von Grundlagenforschung und –lehre hin zu anwendungsbezogener Forschung mit konkreter Zweckbestimmung bereits in den sechziger Jahren, der seinen Abschluss in der Herauslösung des Instituts aus der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften und der Unterstellung unter das Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft im Jahre 1972 fand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.