Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 23.09.2020 | |
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Aktenzeichen | 3 K 418/18 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2020:0923.3K418.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 201 BauGB, § 35 Abs 1 BauGB, § 80 BauO BB |
Ein Geschäftsmodell, das sich dadurch auszeichnet, dass Rinder einer Mutterkuhhaltung einem Dritten als Weideinhaber für die Zeit von April bis Dezember des Jahres überlassen werden und dafür ein Entgelt bezahlt wird, die Tiere bei dem Weideinhaber geführt werden und diesem die Zahlungsansprüche und Fördermittel zustehen und das Futter für die übrige Zeit auf den Flächen des Weideinhabers erzeugt und anderweitig kompensiert wird, ist keine Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB, da es an den dem Betrieb zugehörigen Flächen fehlt. Eine Privilegierung des Betriebes der Mutterkuhhaltung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB scheidet aus.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin führt an dem Standort A... in W... ein Gewerbebetrieb zur Mutterkuhhaltung. Am 4. Dezember 2015 stellte der Beklagte nach dem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Erfassungsbogen/Baukontrolle fest, dass auf dem Grundstück ein Unterstand für Kühe mit Einfriedung errichtet worden sei ohne im Besitz einer Baugenehmigung zu sein. Vermerkt wurde dort, dass H... diesen Unterstand errichtet habe. Bei einer Anhörung teilte dieser mit, er sei Landwirt und der Unterstand sei für drei Monate errichtet und werde danach abgebaut. In einer Mail vom 29. Mai 2016 führte Herr Z... gegenüber dem Beklagten aus, es würde ein Landwirtschaftsbetrieb mit dem Schwerpunkt der Schweine- und Rinderhaltung vorliegen. Bei der Rinderhaltung handele es sich um eine Mutterkuhhaltung mit entsprechender Absetzerproduktion. In der unter dem 6. Mai 2016 vorgelegten Betriebsbeschreibung führte Herr Z... aus, es seien gegenwärtig er und ein weitere Familienangehöriger beschäftigt, zwei würden als Lohnarbeiter tätig sein, angedacht sei eine Beschäftigung von fünf bis sechs Personen für die Arbeit vergeben würde. Als Jahreseinkünfte aus Haupterwerb wird ein Betrag von 12.000,00 Euro angemerkt, als derjenige aus Nebenerwerb 10.000,00 Euro. Ferner finde eine Mutterkuhhaltung auf ausschließlich eigener Futtergrundlage statt. Eine Fläche von ca. 60 Hektar sei dafür gegenwärtig vorhanden. Der Pensionstiervertrag mit dem F... vom 12. April 2016 wurde vorgelegt. Danach übernimmt der Weideinhaber – hier der F... – die Rinder auf seine Landwirtschaftsflächen (§ 1). Nach § 6 bezahlt der Einsteller – hier der Betrieb der Klägerin - ein Entgelt, welches am Weideende in bar zu entrichten ist. Nach § 7 Nr. 2 des Vertrages werden die Rinder dem Betrieb des Weideinhabers als Vieheinheiten angerechnet und stehen diesem die entsprechenden Zahlungsansprüche und Fördermittel zu. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens stellte der Beklagte fest, dass eine Gewerbeanmeldung der Klägerin für die Mutterkuhhaltung an dem Standort vorliege. Unter dem 24. September 2016 führte die Klägerin sowie Herr Z... aus, der Mutterkuhbetrieb der Klägerin beinhalte aktuell einhundert Rinder und die Rinder würden vom Dezember bis März jeden Jahres im Stall stehen. Der Folientunnel auf dem genannten Grundstück würde lediglich von Dezember bis März als kurzfristiger Wetterschutz für die Rinder genutzt. Der Betrieb sei als Landwirtschaftsbetrieb eingestuft, auch seien die erforderlichen Flächen ca. 60 Hektar langfristig (12 Jahre) durch einen Kooperationsvertrag mit F... gesichert.
Unter dem 15. Dezember 2016 erließ der Beklagte eine Ordnungsverfügung gerichtet an die Klägerin mit der er diese aufforderte, die Nutzung des im Anhang (Fotoaufnahme) ersichtlichen Folientunnels als Tierunterstand ab 31. März 2017 zu unterlassen. Nach der Textziffer 2. drohte er für den Fall, dass die Klägerin dem nicht innerhalb der Frist nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 750,00 Euro an. Zur Begründung führte er aus, eine Genehmigungsfreiheit liege nicht vor. Ein landwirtschaftlicher Betrieb könne wegen der fehlenden Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit der Tierhaltung nicht anerkannt werden. Dies begründe sich aus dem fehlenden eigenen landwirtschaftlichen Nutzflächenbestand. Der vorgelegte Pachtvertrag benenne nicht die Lage und Größe der zugrundeliegenden Flächen. Auch werde die Tierhaltung ausschließlich auf Pachtland ausgeübt. Eine geeignete Futtermittelgrundlage könne nicht nachgewiesen werden. Selbst unter Anerkennung der landwirtschaftlichen Privilegierung scheitere die Genehmigungsfreiheit aufgrund der dauerhaften Stallnutzung über die Wintermonate. Gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 b) Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) sei lediglich der vorübergehende Schutz von Tieren genehmigungsfrei. Mit Blick auf den Folientunnel und der Einzäunung lasse sich eine vorübergehende Nutzung am Weidestandort nicht ableiten. Es entspreche pflichtgemäßem Ermessen, die Nutzung zu untersagen. Im Rahmen der Störerauswahl sei die Klägerin als Gewerbetreibende zu berücksichtigen, auch die Grundstückseigentümer. Am effektivsten sei die Klägerin in der Lage, der Nutzungsuntersagung nachzukommen. Sie sei Inhaberin des Gewerbes und könne am ehesten auf die Betriebsabläufe einwirken.
Den Widerspruch der Klägerin vom 29. Dezember 2016 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2018 zurück und führte aus, eine Nutzung könne untersagt werden, sofern bauliche Anlagen in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt würden. Einer Anerkennung als baugenehmigungsfreies Vorhaben scheide aus. Für den Erlass der Nutzungsuntersagung genüge die formelle Rechtswidrigkeit. Eine Anerkennung als landwirtschaftlichen Betrieb könne nicht erfolgen. Zwar handele es sich bei dem Betrieb um Landwirtschaft, jedoch müsse die Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Tätigkeit nachweisbar sein. Vorliegend fehle es an dem dauerhaften Zugriff auf die nutzbaren Flächen. Weder für die durch den Betrieb genutzten Gebäude- und Freiflächen auf dem Vorhabengrundstück noch für die laut Pensionsviehvertrag erforderlichen Weideflächen könne der dauerhafte Zugriff sichergestellt werden. Soweit die Klägerin angebe, sie könne 60 Hektar ökologisch bewirtschaften, seien die Angaben nicht nachvollziehbar. Es fehlten insbesondere Angaben von Gemarkung, Flur und Flurstücksnummer. Auch der Pensionsviehvertrag enthalte keine Angaben zur Lage und Größe der Weideflächen. Zudem könne dieser mit einer Frist von vier Wochen jährlich gekündigt werden.
Die Klägerin hat am 22. Februar 2018 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, es handele sich bei dem Folientunnel um eine baugenehmigungsfreie Anlage. Unstreitig halte sie auf die von ihr vertraglich genutzten Flächen ca. 100 Mutterkühe. Die Ausübung des landwirtschaftlichen Gewerbes werde durch den Beklagten nicht in Frage gestellt. Die Regelung in § 61 Abs. 1 Nr. 1 b) BbgBO verlange nicht die Unterhaltung von Eigentumsflächen, noch eine bestimmte Qualität der vertraglichen Nutzung hinsichtlich der vom landwirtschaftlichen Betrieb genutzten Flächen. Es genüge, dass der Folientunnel zur Ausübung des klägerischen Landwirtschaftsbetriebes und den gehaltenen Rindern diene.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2018 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, mittlerweile sei festzustellen, dass die Klägerin einen zweiten Folientunnel errichtet habe. Der in der Ordnungsverfügung erfasste, werde als Offenstall genutzt. Auch sei im Jahr 2019 festgestellt worden, dass der Tunnel nicht genutzt werde. Auf der Fläche seien neben Rindern auch Ponys (Kleinpferde) festgestellt worden. Im Übrigen werde auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.
Die Klage ist ohne Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Nutzungsuntersagung nach § 80 Abs. 1 Satz 2 BbgBO sind erfüllt. Danach kann die Nutzung untersagt werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. So liegt der Fall hier. Der streitgegenständliche auf einen Betonfundament errichtete Folientunnel ist eine bauliche Anlage, er ist mit dem Erdboden verbunden und aus Bauprodukten hergestellt, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 BbgBO. Gemäß § 59 Abs. 1 BbgBO ist die Errichtung baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen, an die in diesem Gesetz oder in Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes Anforderungen gestellt sind, baugenehmigungspflichtig, soweit nicht eine im Gesetz genannte Ausnahme vorliegt.
Eine Genehmigungsfreiheit ist vorliegend nicht gegeben. Soweit die Klägerin noch im Vorverfahren ausführte, es handele sich um Fliegende Bauten im Sinne des § 76 BbgBO, kann dem nicht gefolgt werden. Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 BbgBO sind Fliegende Bauten bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt sind, an verschiedenen Orten wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden. Dabei kann es vorliegend offen bleiben, ob der Folientunnel geeignet ist, an verschiedenen Orten aufgestellt zu werden. Dazu bestimmt ist er nicht. Wie die Historie dieses Falls belegt, wurde der Folientunnel im Jahr 2016 aufgestellt und befindet sich nach vier Jahren immer noch an derselben Stelle. Ein wiederholtes Aufstellen und Abbauen an verschiedenen Orten wurde seitens der Klägerin nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Auch greift die von der Klägerin angesprochene Genehmigungsfreiheit nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 b) BbgBO nicht. Danach sind Gebäude im Außenbereich, der hier unstreitig vorliegt, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, nur zum vorübergehenden Schutz von Tieren oder zur Unterbringung von Ernteerzeugnissen oder land- und forstwirtschaftlichen Geräten bestimmt sind, nicht unterkellert sind und nicht mehr als 150 qm Grundfläche und nicht mehr als 5 m Höhe haben, genehmigungsfrei. Ob der in Rede stehende Folientunnel, zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt ist, kann an dieser Stelle offen bleiben. Erfasst werden von der Vorschrift in erster Linie leicht gebaute Schutzhütten für Tiere, Weideunterstände, nicht hingegen Gebäude, die von ihrer objektiven Zweckbestimmung her für die dauernde Unterbringung von Tieren (Stall) geeignet sind. Vorliegend ist nicht zu verkennen, dass es sich bei dem Folientunnel um eine leicht auf- und abbaubare Anlage handelt, gleichwohl kommt ihr Zweck der eines Stalles nahe. Die Klägerin trägt selbst vor, dass die Kühe in den Wintermonaten dort untergebracht werden. Von daher ist die eines Stalls entsprechende Funktion nicht von der Hand zu weisen. Dies bedarf aber vorliegend keiner Klärung, da die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt sind, insbesondere dient das Folienzelt nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Für den Begriff der Landwirtschaft im Sinne dieser Vorschrift gilt nichts anderes als für den nach bauplanungsrechtlichen Vorschriften (vgl. Otto, Brandenburgische Bauordnung 2016, 4. Auflage, Rn. 1338 zu § 61; Reimus in Reimus/Semtner/Langer, Die neue Brandenburgische Bauordnung, 4. Auflage, Rn. 8 zu § 61; vgl. Beschluss der Kammer vom 24. Juni 2019 – 3 L 273/13 – zitiert nach juris-). Nach der insoweit maßgeblichen Legaldefinition des § 201 BbgBO ist Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzbuches, insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann. Tierhaltung ist demnach nur dann der Landwirtschaft zuzuordnen, wenn diese überwiegend auf einer eigenen Futtergrundlage beruht, was Ausdruck des für die Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB kennzeichnenden gemeinsamen Merkmals ist, dass es sich um eine unmittelbare Bodenertragsnutzung handeln muss. Die Anforderung wird regelmäßig nur dann erfüllt, wenn mehr als die Hälfte des benötigten Futters auf den zum Betrieb gehörenden Flächen gewonnen werden kann (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 28. August 2018 – 3 L 748/17 -, Rn. 19 ff., m. w. N.). Maßgeblich ist dabei, dass der Betriebsinhaber Zugriff auf die Fläche hat und dieser Zugriff dauerhaft gesichert ist. Dazu gehören Eigentumsflächen, aber auch solche, bei denen der Zugriff durch langfristige Pachtverträge gesichert ist. Vorliegend fehlt es an dem hinreichenden Bezug zu dem Betrieb zuzuordnenden Flächen. Die Klägerin führt an, sie betreibe eine „gewerbliche“ Mutterkuhhaltung. Dass sie Eigentümerin von Flächen sei, auf denen die Tiere gehalten werden könnten, ist nicht Inhalt ihres Vortrages. Sie hat auch dahingehende Pachtverträge nicht vorgelegt. Das Geschäftsmodell der Klägerin gestaltet sich vielmehr so, dass sie die Tiere, jedenfalls in der Zeit von April bis Dezember eines jeden Jahres einem Weideinhaber, nämlich dem F... in W..., überlässt bzw. diese auf dessen Flächen gehalten werden. Dafür bezahlt die Klägerin an den Weideinhaber ein entsprechendes Entgelt. Die Tiere werden nach § 7 des Pensionsviehvertrages dem Betrieb des Weideinhabers als Vieheinheiten angerechnet mit der Folge, dass diesem die entstehenden Zahlungsansprüche und Fördermittel zustehen. Das bedeutet in der Sache, dass die Klägerin das für die Tierhaltung erforderliche Futter für diese, den Hauptteil des Jahres ausmachende Zeit, nicht auf eigenen, dem Betrieb zugehörigen Flächen erzeugt, vielmehr die Tiere einem Dritten überlässt, so dass diese auf dessen Flächen weiden können. Auch wird das Futter nicht auf den dem Betrieb der Klägerin zugehörigen Flächen erzeugt, sondern wiederum auf Flächen eines Dritten, nämlich hier dem Weideinhaber, wobei insoweit eine Kompensation, etwa durch die Gabe von Dünger erfolgt. Damit fehlt dem Betrieb der Klägerin ein entscheidendes Merkmal, nämlich die Erzeugung von Futter auf dem Betrieb zugehörigen Flächen. Das dem Betrieb der Klägerin zugrunde liegende Geschäftsmodell steht damit einer Tierhaltung näher, die – möglicherweise – nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert ist, aber – wie bereits ausgeführt – der für die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB der erforderliche Flächenbezug fehlt.
Unabhängig davon ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass die für die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebes erforderliche Dauerhaftigkeit nicht bzw. nicht hinreichend belegt ist. Zutreffend verweist der Beklagte darauf, dass als vertragliche Grundlage lediglich der genannte Pensionsviehvertrag vom 12. April 2016 vorgelegt wurde, der seitens des Weideinhabers jährlich mit einer Frist von vier Wochen gekündigt werden kann. Weitere einen langfristigen Bezug untersetzende Verträge, insbesondere für die Futtererzeugung und Beschaffung der Nahrungsmittel für die Mutterkuhhaltung wurden seitens der Klägerin nicht vorgelegt. Schließlich fehlt es an einem hinreichenden Betriebskonzept, das die Überlebensfähigkeit der Mutterkuhhaltung besetzt.
Dies ist im vorliegenden Verfahren auch von Bedeutung angesichts dessen, dass es sich bei der Nutzungsuntersagung um einen Dauerverwaltungsakt handelt und die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06. Juli 2017 – 10 N 38.17-; Beschluss der Kammer vom 24. Juni 2019 – 3 L 273/19 – jeweils zitiert nach juris) entscheidend ist und die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst anmerkte, gegenwärtig den Bestand reduziert zu haben, das Betriebsgelände in einem verminderten Umfang für die Mutterkuhhaltung zu nutzen und eine angespannte wirtschaftliche Situation beschrieben hat.
Fehlt es danach an den Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebes bzw. hat die Klägerin die Voraussetzungen nicht hinreichend untersetzt, bedarf es für die Errichtung des Folientunnels einer Baugenehmigung. Deren Fehlen rechtfertigt ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten.
Der Beklagte hat auch das ihm zukommende Ermessen ordnungsgemäß betätigt. Für die Überprüfung der Ermessensentscheidung ist anerkannt, dass bereits die formelle Illegalität des Vorhabens bzw. der Nutzungsaufnahme den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigen kann und der Bauaufsichtsbehörde insoweit ein intendiertes Ermessen eingeräumt ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - OVG 2 S 62.12 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2015 – OVG 2 N 23.13 -, juris Rn. 3; Kammerbeschluss vom 11. Februar 2016 – 3 L 18/16 -, juris Rn. 17). Das heißt, dass die Behörde im Regelfall die Nutzung untersagen muss. Stützt sich die Behörde - wie hier - ausschließlich auf die formelle Illegalität, ist es nicht Aufgabe des Gerichts, die Genehmigungsfähigkeit der untersagten Nutzung zu überprüfen. Die Nutzungsuntersagung erweist sich in diesen Fällen nur dann als ermessensfehlerhaft, wenn das Vorhaben offensichtlich materiell legal, d.h. genehmigungsfähig ist, oder unter Bestandsschutz steht oder wenn bei atypischen Fallgestaltungen ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip vorliegt.
Ein derartiger Ausnahmefall ist hier nicht zu erkennen. Offensichtlich ist die materielle Rechtmäßigkeit nur dann, wenn sich die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Vorschriften des materiellen Baurechts derart aufdrängt, dass jegliche nähere Prüfung von vornherein entbehrlich erscheint (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. September 2014 - OVG 10 B 5.12 -; Beschluss vom 6. Mai 2011 - OVG 2 S 102.10 -, jeweils zitiert nach juris). Davon kann vorliegend - unabhängig von der Frage, ob dieser Maßstab auch dann greifen kann, wenn sich der Vorhabenträger beharrlich weigert, einen Bauantrag zu stellen – in Ansehung der obigen Erwägungen nicht ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass auch bei den Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB eine konkrete Sicht auf das Vorhaben erforderlich ist, nämlich dahingehend, ob nach dem Planungsstand es gerechtfertigt ist, dafür den Außenbereich in Anspruch zu nehmen. Diese Beurteilung ist mit Blick auf die Regelungen in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und die Rechtsprechung zu Vorhaben, die lediglich der Liebhaberei dienen, dahingehend vorzunehmen, dass eine zur Verfügungsstellung des Außenbereichs jedenfalls dann nicht als erforderlich angesehen werden kann, wenn es zu dem Vorhaben, welches dem Bereich der Landwirtschaft im weiten Sinne (Tierzucht) zuzuordnen ist, keine belastbaren Angaben dazu gibt, ob es wirtschaftlich überhaupt lebensfähig ist. An dem Erfordernis der Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit müssen sich sämtliche in § 35 Abs. 1 BauGB vorgesehenen Privilegierungstatbestände messen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 7 C 6/08 –, zitiert nach juris; Urteil der Kamer vom 08. Mai 2009 – 3 K 637/08 – u.v.).
Bei der Abwägung ist auch einzustellen, dass weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich ist, dass mit der Nutzungsuntersagung erhebliche Folgen für den Betrieb der Klägerin verbunden wären. Dies gilt auch deshalb, da mittleerweile ein weiterer Folientunnel errichtet wurde und einer der beiden größtenteils leer steht.
Die Störerauswahl ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die in Frage kommenden Personen in den Blick genommen und mit tragfähigen Argumenten diejenige in Anspruch genommen, die den Betrieb nach außen vertritt.
Gegen die Zwangsgeldandrohung in Höhe von 750 Euro im Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung in der Textziffer 1. der Ordnungsverfügung ist nichts zu erinnern. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 3, 27, 28, 30 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVGBbg) vom 16. Mai 2013 (GVBl. I Nr. 18), geändert durch Gesetz 15. Oktober 20198 GVBl. I, S.22). Die Höhe des Betrages ist angesichts des durch § 30 Abs. 2 VwVGBbg festgelegten Rahmens nicht zu beanstanden. Die Frist – ca. 3 Monate nach Zustellung des unter Sofortvollzug gesetzten Bescheides - ist ebenfalls sachgerecht. Der Klägerin blieb danach hinreichend Zeit, der Nutzungsuntersagung nachzukommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.