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Verfahrenskostenvorschuss


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 10.09.2013
Aktenzeichen 3 WF 97/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 115 ZPO

Leitsatz

Aus der Verweisung in § 1361 Abs. 3 BGB auf die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB und aus der Verweisung in § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB auf § 1360 a Abs. 4 BGB ergibt sich, dass auch der Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses verwirken kann. Hat der andere Ehegatte den Verwirkungseinwand im Unterhaltsverfahren erhoben und ist anzunehmen, dass er diesen Einwand auch dem Vorschussanspruch entgegensetzen würde, kann von einer alsbaldigen Realisierbarkeit dieses Anspruchs nicht ausgegangen werden.

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Antragstellerin wird für das Scheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin … in B… zu den Bedingungen einer in D… niedergelassenen Rechtsanwältin ratenfrei bewilligt.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Antragstellerin ist Verfahrenskostenhilfe ratenfrei zu bewilligen. Denn sie ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Verfahrensführung auch nur teilweise allein aufzubringen, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114, 115 ZPO.

1.

Das Amtsgericht ist im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass die Antragstellerin zwar über kein einzusetzendes Einkommen, jedoch über Vermögen in Form eines einzusetzenden Anspruchs auf Verfahrenskostenvorschuss verfüge. Dies trifft hier aber nicht zu.

Nach der Vorschrift des § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO, die im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe entweder gemäß § 76 Abs. 1 FamFG oder – wie hier – gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG entsprechende Anwendung findet, hat die Partei bzw. der Beteiligte Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Zum Vermögen zählen auch Ansprüche gegen Dritte auf Vorleistung (Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 115 Rn. 66). Dies betrifft insbesondere den Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss (Zöller/Geimer, a.a.O., § 115 Rn. 67; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rn. 162). Soweit ein solcher Anspruch besteht, ist er im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich einzusetzen. Der Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses für ein gerichtliches Verfahren kann grundsätzlich im Wege der einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden, § 246 Abs. 1 FamFG.

Ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss kann auch dann bestehen, wenn der Vorschusspflichtige ihn nicht in einer Summe zahlen kann, er aber nach der Vorschrift des § 115 Abs. 1, 2 ZPO, die regelmäßig auch seinen notwendigen Selbstbehalt wahrt, für eine eigene Verfahrensführung zu Ratenzahlungen in der Lage wäre. Dann kann dem vorschussberechtigten Beteiligten Verfahrenskostenhilfe auch nur gegen entsprechende Ratenzahlung bewilligt werden (BGH, FamRZ 2004, 1633; FamVerf/Gutjahr, § 1 Rn. 163).

Ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss kommt insbesondere gegen den Ehegatten in Betracht. Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist gemäß § 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Die Vorschusspflicht besteht mit Rücksicht auf § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB auch noch bei Getrenntleben vor Rechtskraft der Scheidung (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Aufl., Rn. 357; Zöller/Geimer, a.a.O., § 115 Rn. 67; Palandt/Brudermüller, BGB, 72. Aufl., § 1360 a Rn. 10).

Die Inanspruchnahme eines insoweit leistungsfähigen Unterhaltsverpflichteten auf Verfahrenskostenvorschuss geht der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe jedenfalls dann vor, wenn der Vorschussanspruch alsbald realisierbar ist (BGH, FamRZ 2008, 1842 Rn. 8). Die Durchsetzung des Anspruchs auf Verfahrenskostenhilfe muss dem Beteiligten aber zumutbar und darf nicht mit Rechtseinbußen verbunden sein. Keinem Hilfsbedürftigen ist zuzumuten, vor Beginn eines Rechtsstreits einen weiteren, unsicheren Prozess um den Verfahrenskostenvorschuss zu führen (BAG, FamRZ 2006, 1117, 1119). Kommt in Betracht, dass der Beteiligte einen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss hat, muss er darlegen, dass der Vorschusspflichtige den Vorschuss nicht aufbringen kann oder es ihm unzumutbar ist, den Vorschuss geltend zu machen (BGH, FamRZ 2008, 1842 Rn. 8). Allerdings genügt es nicht, glaubhaft zu machen, der Pflichtige habe eine freiwillige Vorschusszahlung verweigert. Maßgebend ist vielmehr, ob der Vorschussanspruch alsbald tituliert und in der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden kann (OLG Zweibrücken, FamRZ 2003, 1116).

Vorliegend hat die Antragstellerin bereits mit Schriftsatz vom 25.3.2013 darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner die Zahlung von Trennungsunterhalt unter Hinweis auf §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 5 BGB verweigere. Dieses Vorbringen hat die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift vom 25.6.2013 vertieft. Dessen ungeachtet ist das Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 12.8.2013 darauf nicht eingegangen. Dies war aber geboten.

Aus der Verweisung in § 1361 Abs. 3 BGB auf die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB und aus der Verweisung in § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB auf § 1360 a Abs. 4 BGB ergibt sich, dass auch der Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses verwirken kann (vgl. OLG Koblenz, FPR 2002, 545; AG Ludwigslust, Beschluss vom 8.10.2010 – 5 F 243/10, BeckRS 2011, 08947). Ist der Anspruch auf Trennungsunterhalt nach § 1579 BGB verwirkt, kann dies zwar im Einzelfall dazu führen, dass ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss dennoch gegeben ist (vgl. OLG Zweibrücken, NJW-RR 2001, 1009). Im vorliegenden Fall gebieten es aber die Umstände des Einzelfalls, dass die Antragstellerin nicht auf die Geltendmachung eines Verfahrenskostenvorschussanspruchs gegen den Antragsgegner verwiesen werden kann, sondern ihr Verfahrenskostenhilfe ratenfrei zu bewilligen ist.

In der Beschwerdeschrift vom 25.6.2013 hat die Antragstellerin im Einzelnen dargelegt, dass der Antragsgegner die Zahlung von Trennungsunterhalt unter Hinweis darauf verweigere, dass er durch ihr Verhalten eine Vermögensschädigung in Höhe von 20.000 € erlitten habe; diesbezüglich habe er auch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet, welches bei der Staatsanwaltschaft Potsdam anhängig sei. Damit hat die Antragstellerin hinreichend dargelegt, dass sich der Antragsgegner hinsichtlich der Zahlung von Unterhalt darauf beruft, sie habe sich über schwerwiegende Vermögensinteressen auf seiner Seite mutwillig hinweggesetzt, § 1579 Nr. 5 BGB. Auch wenn die Rechtsfolge bei Vorliegen eines Verwirkungstatbestands nach § 1579 BGB nicht stets die vollständige Versagung des Unterhaltsanspruchs ist, sondern je nach Einzelfall der Unterhaltsanspruch auch herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen ist, entspricht es hier jedenfalls nicht der Billigkeit, die Antragstellerin auf einen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss zu verweisen. Denn es ist anzunehmen, dass der Antragsgegner den Verwirkungseinwand erhebt, so dass es erst eines Gerichtsverfahrens bedürfte, um festzustellen, welche Rechtsfolge eintritt. Die Antragstellerin müsste mithin einen Prozess mit ungewissem Ausgang führen. Von einer alsbaldigen Realisierbarkeit des Vorschussanspruchs kann hier daher nicht ausgegangen werden.

2.

Die vom Amtsgericht vorgenommene Beiordnungsentscheidung, die mit dem Rechtsmittel nicht angegriffen worden ist, bleibt aufrechterhalten.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.