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Briefverteilerin - Erwerbsminderung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 27. Senat Entscheidungsdatum 03.04.2012
Aktenzeichen L 27 R 709/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 43 SGB 6

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1954 geborene Klägerin hat in der Zeit von September 1969 bis August 1972 den Beruf einer Industrienäherin erlernt und in diesem bis zu ihrer Kündigung Ende 1986 gearbeitet. Von Januar 1987 bis Mai 1992 war sie nach einer nicht über drei Monate andauernden Anlernzeit als Briefverteilerin bei der Deutschen Bundespost beschäftigt, wo sie zuletzt nach Lohngruppe 4 mit Tätigkeitszulage zur Lohngruppe 6 entlohnt worden ist. Seit dem hat die Klägerin keine versicherungspflichtige Tätigkeit mehr ausgeübt. Zur Anlernphase als Briefeverteilerin hat die Klägerin in einem ersten Verfahren auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit vor dem Sozialgericht Berlin () im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2000 bestätigt, dass sie eine Ausbildung für diesen Beruf nicht absolvieren musste. Auch die Deutsche Post AG bestätigte in einer in dem sich anschließenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin () eingeholten Arbeitgeberauskunft vom 19. Juli 2001, dass die Klägerin nur arbeitsintern ohne Kurse und Prüfungen angelernt worden sei. Das Verfahren vor dem Sozialgericht und das Berufungsverfahren blieben ohne Erfolg.

Am 25. September 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten (erneut) eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. M vom 5. November 2007 ein, der einen arteriellen Hypertonus mit zufrieden stellender Blutdruckeinstellung in Ruhe, eine Hörminderung links bei guter Kompensation mit Hörgeräteversorgung, eine Dysplasie des linken Hüftgelenks mit initialen degenerativen Veränderungen ohne Funktionseinschränkungen, einen Verdacht auf URGE-Inkontinenz, rezidivierende Nierenkoliken rechts, Epicondylopathie beidseits ohne Bewegungseinschränkung, ein Glaucom beidseits nach Operationen bei erhaltenem Visus, chronisch rezidivierende Migräne sowie einen Zustand nach operierter Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalte mit verwaschenem Sprachbild diagnostizierte. Das Leistungsvermögen der Klägerin schätzte er dahingehend ein, dass sie unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr einsatzfähig sei. Dem Gutachten folgend lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 13. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2008 ab. Die Klägerin sei noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zudem stehe ihr kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu, da sie nach Lösung von ihrem Beruf als Näherin aufgrund des ausgeübten Berufs einer Briefeverteilerin dem unteren Anlernbereich zuzuordnen und damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.

Mit ihrer am 3. Juli 2008 zu dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung – ggf. bei Berufsunfähigkeit – ab Antragstellung begehrt. Sie hat vorgetragen, dass sie multimorbide sei, unter starken Schmerzen insbesondere des Bewegungsapparats leide und auch psychische Probleme habe. Den Beruf der Näherin habe sie gesundheitsbedingt aufgegeben, eine zumutbare Verweisungstätigkeit könne ihr nicht benannt werden.

Das Sozialgericht hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. M (Hals-, Nasen- und Ohrenärztin), Dr. W(Allgemeinärztin), Dr. O (Augenärztin), Dr. M (Urologe), Dr. K (Orthopäde), Dr. W (Neuologin und Psychiaterin), Dr. L (Internistin) und Dr. E (Chirurg) eingeholt und ein Gutachten des Orthopäden Dr. P vom 2. November 2009 in Auftrag gegeben. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung des linken Hüftgelenks bei Dysplasie, Knorpelschäden der Kniescheibenrückfläche links, ein rezidivierendes Halswirbelsäulensyndrom, Senk-Spreizfüße mit Hallux valgus links mehr als rechts und im Übrigen die von dem Vorgutachter festgestellten Erkrankungen vorliegen würden. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen, noch sechs Stunden täglich ausüben. Weiterhin hat das Sozialgericht den Bericht über die Anschlussheilbehandlung nach einer Hüft-TEP vom 9. April 2010 beigezogen.

Mit Urteil vom 1. Juli 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI. Die Klägerin sei schon nicht teilweise erwerbsgemindert, da sie noch mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen tätig sein könne. Dies folge aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. P, wonach die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen jedenfalls körperlich leichte Arbeiten unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Eine andere Einschätzung der Leistungsfähigkeit hätte sich auch nicht aus den eingeholten Befundberichten der behandelnden Ärzte ergeben, die sämtlich kein aufgehobenes Leistungsvermögen mitgeteilt hätten. Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI bestehe nicht, da nach dem gesamten Akteninhalt –auch im vorausgegangenen Klageverfahren- nicht nachweisbar sei, dass die Klägerin sich von ihrem erlernten Beruf einer Industrienäherin aus gesundheitlichen Gründen gelöst habe. Aufgrund der von ihr zuletzt ausgeübten Tätigkeit einer Briefeverteilerin sei sie dem angelernten Bereich zuzuordnen und auf die Tätigkeit einer Bürohilfskraft in einer Poststelle von Industrieunternehmen, Verwaltungen und Handelsbetrieben nach BAT IX bzw. mittlerweile Entgeltgruppe 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst verweisbar.

Mit der am 30. Juli 2010 gegen die Entscheidung des Sozialgerichts eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt vor, dass die Benennung der Verweisungstätigkeit einer Bürohilfskraft nicht den Anforderungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 27. März 2007, Az. B 13 R 63/06 R, genüge. Zudem sei sie entgegen den Feststellungen des Sozialgerichts nicht in der Lage, einfache Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Insbesondere benötige sie aufgrund ihrer Multimorbidität längere Pausen, wie auch der Sachverständige Dr. P ausgeführt habe. Sie könne deswegen nicht zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten. Auch sei das Gutachten des Dr. P widersprüchlich, soweit er ausführe, dass sie zwar einerseits nicht länger als drei Stunden Gehen oder Stehen dürfe, andererseits aber wegen der verminderten Belastbarkeit auch längeres Sitzen nicht zumutbar sei.

Die Klägerin beantragt

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2008 zu verurteilen, der Klägerin ab September 2007 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ihrer Ansicht nach sei die Klägerin als Briefeverteilerin dem unteren Anlernbereich zuzuordnen, so dass es keiner Benennung einer Verweisungstätigkeit bedürfe.

Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung das Gutachten des Orthopäden Dr. A vom 8. Mai 2011 eingeholt. Der Sachverständige hat folgende Gesundheitsstörungen auf seinem Fachgebiet diagnostiziert:

- Hüftsdysplasie beidseits

- Totalendoprothese der linken Hüfte

- Lendenwirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Symptomatik.

Durch die festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in qualitativer Hinsicht gemindert. Die Klägerin könne keine schweren Arbeiten verrichten, die mit längerem Gehen, Stehen oder Laufen verbunden seien. Das Tragen von schweren Gegenständen über 15-20kg sei nicht möglich. Unter Berücksichtigung des eingeschränkten Vermögens für längeres Stehen und Gehen indes könne sie eine Arbeit in üblicher Arbeitszeit von 8 Stunden verrichten, wobei die üblichen Pausen ausreichend seien. Auch die Tätigkeit einer Näherin sei noch durchführbar, wenn diese überwiegend in sitzender Position durchgeführt werde, da in sitzender Position keine Probleme bestünden.

Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegen-stand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 13. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht der von ihr verfolgte Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, nicht zu.

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ist § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI). Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind Versicherte voll erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist darüber hinaus nach § 43 Abs. 3 1. HS SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbsfähig sein kann.

Die Klägerin erfüllt die genannten Voraussetzungen nicht, da sie in der Lage ist, körperlich und geistig leichte Arbeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das Leistungsvermögen ist allein in qualitativer Hinsicht eingeschränkt, ohne dass diese Einschränkungen Einfluss auf den Einsatz der Klägerin auf Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes hätten. Dies entnimmt der Senat den vorliegenden medizinischen Ermittlungen, insbesondere den Ausführungen des Sachverständigen Dr. A.

Der gerichtliche Sachverständige Dr. A hat ausgeführt, dass bei der Klägerin eine Hüftsdysplasie beidseits, eine Totalendoprothese der linken Hüfte sowie ein Lendenwirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Symptomatik vorliegen würden. Die Klägerin habe sich bei der Untersuchung in einem relativ guten Allgemein-, Kräfte- und Ernährungszustand befunden. Ihre Beschwerdeschilderung habe sich auf den Bereich des linken Oberschenkels, der linken Hüfte sowie der Lendenwirbelsäule konzentriert. Bei der eingehenden körperlichen Untersuchung sei ein Beckentiefstand von 2cm links festgestellt worden, welcher ebenso wie die Beinlängendifferenz in stehender Position durch Einlagenversorgung und Höhenkorrektur gut ausgeglichen sei. Zudem liege eine Bewegungseinschränkung an der operierten Seite der Hüfte sowohl bei Flexion, als auch bei Abduktion, Innen- sowie Außenrotation vor. Nach den Röntgenaufnahmen sei der Sitz der Endoprothese regelrecht ohne Lockerungszeichen. Das Trendelenburg`sche Zeichen links sei positiv, das Gangbild links leicht hinkend, aber noch sicher, die schmerzlose Gehzeit/-strecke sei mit 30 Minuten bzw. dem Abstand zwischen zwei U-Bahn-Stationen angegeben worden. Die grobneurologische Untersuchung der unteren Extremitäten sei unauffällig gewesen. Die körperliche Untersuchung der Wirbelsäle zeige im Wesentlichen keine Einschränkungen der Funktionen, die über das altersentsprechende Maß hinausgehe, auch die grobneurologische Untersuchung der Wirbelsäule sei unauffällig gewesen. Ebenso ergebe sich aus den Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule und des Beckens im Wesentlichen ein altersentsprechender Befund ohne auffällige, pathologische Veränderungen, die als Ursache für die Beschwerden in Frage kommen könnten. Insgesamt bestehe keine weitgehende Übereinstimmung des Ergebnisses der körperlichen Untersuchung sowie der bildgebenden Verfahren mit dem vorgetragenen Beschwerdebild.

Die daraus und aus den mitgeteilten Diagnosen von dem Sachverständigen Dr. A gezogenen Schlussfolgerungen, dass die Klägerin noch in der Lage sei, im Umfang von acht Stunden täglich Arbeiten unter Beachtung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten, sind überzeugend. Überzeugend sind auch die Angaben zu den Leistungseinschränkungen in qualitativer Hinsicht, die der Sachverständige mit der Einschränkung für schwere Arbeiten, die mit längerem Gehen, Stehen oder Laufen verbunden seien, sowie hinsichtlich des Tragens von schweren Gegenständen über 15-20kg sieht. Danach überzeugt die Auffassung des Sachverständigen, dass die Klägerin unter Berücksichtigung des eingeschränkten Vermögens für längeres Stehen und Gehen in der Lage ist, eine Arbeit mit der üblichen Arbeitszeit von 8 Stunden zu verrichten, wobei der Sachverständige auch ausdrücklich die üblichen Pausen als ausreichend ansieht. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung lässt sich danach ebenfalls nicht feststellen.

Der Sachverständige Dr. A hat die Klägerin eingehend untersucht sowie ausführlich die erhobenen Befunde dargestellt und ausgewertet. Er hat den Schweregrad der Erkrankungen genau herausgearbeitet und deren Auswirkungen auf das Leistungsvermögen untersucht. Bei dieser gründlichen und differenzierenden Betrachtungsweise sieht der Senat keine Gründe, an der Richtigkeit der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. A zu zweifeln. Auch die Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens hat der Sachverständigen nicht gesehen, so dass sich der Senat auch nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt sah. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Sachverständige auch die von der Klägerin geschilderten Schmerzen ausführlich wiedergegeben, bei der Erstellung seines Gutachtens berücksichtigt und in seine Einschätzung einbezogen hat.

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der weiteren vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere dem Sachverständigengutachten des Dr. P sowie den Befundberichten der behandelnden Ärzte. Insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe des Sozialgerichts Berlin Bezug genommen. Den Bericht über die Anschlussheilbehandlung nach einer Hüft-TEP vom 9. April 2010 hat darüber hinaus der Sachverständige Dr. A ausgewertet und bei seiner Leistungseinschätzung berücksichtigt.

Das Sozialgericht hat zudem zutreffend den weiter hilfsweise begehrten Anspruch der Klägerin auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI verneint. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die

1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und

2. berufsunfähig

sind. Berufsunfähigkeit liegt dabei vor, wenn der Versicherte seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann und für ihn auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann.

Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Daraus ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung, dass eine Verweisung auf andere Tätigkeiten möglich ist, sofern eine solche Verweisungstätigkeit nicht mit einem unzumutbaren sozialen Abstieg verbunden ist und diese Tätigkeit vom Versicherten gesundheitlich ausgeübt werden kann. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung einen durchaus deutlichen sozialen und finanziellen Abstieg zugelassen und begrenzt diesen lediglich unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit. Nach ständiger Rechtsprechung sind Versicherten, für die als maßgebliche Tätigkeit eine solche aus dem angelernten Bereich entscheidend ist, auch ungelernte Tätigkeiten mit Ausnahme der aller einfachsten Tätigkeiten sozial zuzumuten. Einer besonderen Benennung konkreter Tätigkeiten bedarf es dann nicht, wenn noch ein Leistungsrest für körperlich leichte Arbeiten ohne Einschränkung der geistigen Anforderungen bei möglichem vollschichtigen Einsatz ohne eine atypische Häufung von weiteren Leistungseinschränkungen vorhanden ist.

Nach diesen Kriterien hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beziehungsweise wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Das Sozialgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin sich von ihrem Beruf als Näherin aus anderen als gesundheitlichen Gründen gelöst hat und nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts aufgrund der von ihr zuletzt sozialversicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit einer Briefeverteilerin dem angelernten Bereich zuzuordnen ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts wird insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.

Dieser für die Klägerin maßgebliche letzte Beruf der Briefeverteilerin ist dem unteren angelernten Bereich zuzuordnen. Denn eine Anlernphase von über drei Monaten ist zur Überzeugung des Senats gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG für diesen Beruf nicht erforderlich und auch im Falle der Klägerin nicht feststellbar. Letzteres ergibt sich aus den Angaben der Klägerin im ersten Verfahren auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit vor dem Sozialgericht Berlin, dass sie eine Ausbildung für diesen Beruf nicht absolvieren musste und zudem aus den Angaben der Deutschen Post AG im anschließenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin, dass die Klägerin nur arbeitsintern ohne Kurse und Prüfungen angelernt worden sei. Anders als in dem vom Bundessozialgericht am 22. August 2002 entschiedenen Fall eines Briefzustellers (Az. B 13 RJ 19/02 R) hat die Klägerin auch keine innerbetriebliche Prüfung abgelegt und ist zudem nicht nach der Lohngruppe 6a entlohnt worden, so dass sich auch insofern nichts anderes ergibt. Der Klägerin sind danach auch ungelernte Tätigkeiten mit Ausnahme der aller einfachsten Tätigkeiten sozial zuzumuten. Einer besonderen Benennung konkreter Tätigkeiten bedarf es dabei nicht, da –wie bereits dargelegt- bei der Klägerin noch ein Leistungsrest für körperlich leichte Arbeiten ohne Einschränkung der geistigen Anforderungen bei möglichem vollschichtigen Einsatz ohne eine atypische Häufung von weiteren Leistungseinschränkungen vorhanden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.