Gericht | VG Cottbus 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 20.12.2016 | |
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Aktenzeichen | VG 6 K 1015/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 157 AO, § 34 BauGB, § 44 NachbG BB, § 917 BGB, § 8 KAG BB |
1. Bestimmt eine Satzung, dass jeder Grundstückseigentümer verlangen kann, dass sein Grundstück an die öffentliche Entwässerungssatzung angeschlossen wird, er berechtigt ist, sämtliches auf dem Grundstück anfallendes Abwasser in die öffentliche Entwässerungsanlage einzuleiten und sich das Anschluss und Benutzungsrecht auf solche Grundstücke erstreckt, die durch einen Abwasserkanal des Zweckverbandes erschlossen sind oder werden, so gewährt sie grundsätzlich auch für Hinterliegergrundstücke ein unbedingtes, nicht nur in das Ermessen des Einrichtungsträgers gestelltes Anschlussrecht.
2. Ein Hinterliegergrundstück ist durch einen Abwasserkanal erschlossen, wenn der Kanal in der Straße vor dem Vorderliegergrundstück liegt, für das Hinterliegergrundstück die Möglichkeit besteht, nach Durchquerung eines Zwischengrundstücks einen Anschluss herzustellen, und diese Möglichkeit rechtlich und tatsächlich auf Dauer gesichert ist.
3. Zur Erschließung eines Hinterliegergrundstücks ist ein dinglich gesichertes Leitungsführungsrecht dann nicht erforderlich, wenn ein Notleitungsrecht gemäß § 44 BbgNRG zugunsten des Hinterliegergrundstücks besteht.
4. Ist ein Hinterliegergrundstück aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung bebaut, ist davon auszugehen, dass das Vorhaben auch bauplanungsrechtlich zulässig im Sinne des § 44 BbgNRG ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Schmutzwasseranschlussbeitrag durch den Beklagten.
Sie ist Eigentümerin des Grundstücks …, …, …, Flur 3, Flurstück 103/2, welches sich nach der Innenbereichs- und Ergänzungssatzung der Stadt …, Stadtteile … in der Fassung vom März 2010, in Kraft getreten am 28. Juli 2010, vollständig im Innenbereich befindet.
Mit Bescheid vom 2. September 2011 erhob der Beklagte für die Herstellung und Anschaffung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage einen Schmutzwasseranschlussbeitrag für das Grundstück in Höhe von 5.185,62 Euro. Der Berechnung der Beitragshöhe lagen eine anrechenbare Grundstücksfläche von 1,188,00 m² sowie ein Nutzungsfaktor von 1,50 für 2 Vollgeschosse und ein Beitragssatz von 2,91 € pro Quadratmeter zu Grunde.
Gegen den Heranziehungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 28. September 2011 Widerspruch ein, welchen der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2013 zurückwies.
Die Klägerin hat am 21. November 2013 Klage erhoben und verfolgt ihr Begehren weiter. Zur Begründung der Klage führt sie im Wesentlichen aus: Die Klage sei begründet. Es bestehe keine rechtlich gesicherte Anschlussmöglichkeit. Vor dem Grundstück liege kein Kanal an. Die errichtete Rohrbrücke sei ein Provisorium, welche auch nicht frostsicher sei. Die wasserrechtliche Genehmigung für die Überleitung des Umfluters vom 10. September 2010 sei widerrufen worden. Die Voraussetzungen für die Gestattung der Überleitung seien nicht gegeben und nie gegeben gewesen. Soweit der Beklagte sich hierfür auf einen Gestattungsvertrag berufe, sei dieser bereits widerrufen worden und außerdem erst abgeschlossen worden, als die Rohrbrücke bereits errichtet gewesen sei. Außerdem habe die Gestattung unter dem Vorbehalt des Widerrufs aus Gründen der Belange des Landes gestanden, wobei es genügt habe, dass der Bestand der Rohrbrücke für das Land „besonders beschwerlich“ gewesen sei. Die Klägerin habe die Errichtung des Fundaments für die Rohrbrücke nicht gestattet. Die Abwassersatzung gewähre für Hinterliegergrundstücke nur ein in das Ermessen des Einrichtungsträgers gestelltes Anschlussrecht, sodass das Recht nicht dauerhaft gesichert sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 2. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus: Die Einwendungen der Klägerin griffen nicht durch. Rechtsgrundlage für die Bescheidung sei die Abwasserbeitragssatzung vom 14. August 2012 (ABS 2012). Es bestünde eine rechtlich gesicherte Anschlussmöglichkeit. Das Grundstück sei mit der Beendigung und Abnahme der Baumaßnahme „… – LOS 2 BA 2.1“ am 4. August 2011 abwasserseitig erschlossen worden. Der Grundstücksanschluss für das Grundstück der Klägerin sei hergestellt worden; dies ergebe sich auch aus den Entscheidungen des erkennenden Gerichts zu den Aktenzeichen 6 K 833/11 und 834/11. Ausgehend von der öffentlichen Entsorgungsleitung sei noch im öffentlichen Bereich ein Absperrschieber errichtet worden. Die Zustimmung des Landes Brandenburg als Eigentümer des Vorderliegergrundstücks 103/1 habe entsprechend des abgeschlossenen Gestattungsvertrags vom 26.06.2012/30.01.2013 zum Zeitpunkt der Errichtung der Rohrbrücke bestanden. Die Klägerin habe die Errichtung der Rohrbrücke geduldet. Die Rohrbrücke sei auch frostsicher. Es handele sich nicht um ein Provisorium. Im Januar 2013 sei festgestellt worden, dass die Rohrbrücke durch Abtrennung der verlegten Anschlussleitung zerstört worden sei. Soweit der Anschluss eines Hinterliegergrundstücks im Ermessen des Beklagten stehe, habe dieser das Ermessen jedenfalls ausgeübt, als er den Grundstücksanschluss hergestellt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie Satzungs- und Kalkulationsunterlagen Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Die statthafte und auch sonst zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der Bescheid findet in der Satzung über die Erhebung von Abwasserbeiträgen des Wasser- und Abwasserverbandes Westniederlausitz vom 14. August 2012 (Abwasserbeitragssatzung – ABS 2012), die sich auf den 23. August 2011 Rückwirkung beimisst und damit den angefochtenen Bescheid zeitlich erfasst, seine rechtliche Grundlage.
Die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der ABS 2012 wurde von der Kammer bereits mit Urteil vom 24. Oktober 2016 (– 6 K 922/14 –, juris) festgestellt. Daran hält die Kammer auch im vorliegenden Verfahren fest. Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Auch die konkrete Veranlagung des klägerischen, vollständig im Innenbereich gelegenen Grundstücks ist nicht zu beanstanden.
Auf der Grundlage der wirksamen ABS 2012 ist die Beitragspflicht für das klägerische Flurstück 103/2 entstanden.
Der Beitragstatbestand des § 2 Abs. 1 lit. b) ABS 2012 ist erfüllt. Danach unterliegen an die öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossene oder anschließbare Grundstücke, die im Bereich eines Bebauungsplanes (§ 30 Baugesetzbuch – BauGB) oder innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB) liegen und die ungeachtet einer Festsetzung über die bauliche oder gewerbliche Nutzung entweder bebaubar oder gewerblich nutzbar sind oder tatsächlich bebaut oder gewerblich genutzt werden, der Beitragspflicht. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Das Grundstück wurde mit Inkrafttreten der Innenbereichs- und Ergänzungssatzung der Stadt …, Stadtteil … und … in der Fassung vom März 2010 am Tage ihrer Veröffentlichung am 28. Juli 2010 vollständig in den unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB einbezogen. Eine solche Innenbereichsabgrenzung durch eine Innenbereichssatzung ist für das Gericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Beitrags maßgeblich und verbindlich. Denn für die Beitragserhebung ist grundsätzlich von der Rechtsverbindlichkeit bauplanerischer Satzungen auszugehen, solange – wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen - diese nicht aufgehoben oder durch (allgemein-)verbindlichen Ausspruch in einer gerichtlichen Entscheidung, ggf. in einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO für nichtig bzw. unwirksam erklärt worden sind (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2003 – 2 A 417.01 – S. 28 d. E.A.; Beschlüsse der Kammer vom 22. Juni 2015 – 6 K 853/14 – juris Rn. 21 und vom 10. November 2009 - 6 L 127/09-, S. 7 d. E.A.; Urteile der Kammer vom 19. Mai 2011 - 6 K 198/08 –, juris Rn. 25 und vom 27. April 2010 – 6 K 197/08 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 24. Oktober 1995 – 15 A 3408/92 – juris und vom 18. August 1992 – 2 A 2650/89 -, S. 15 des E.A.; Beschlüsse vom 7. Juni 1989 – 2 B 2510/88 -, S. 4 des E.A. und vom 10. September 1985 – 2 B 1431/85 -, S. 3 d. E.A.; VG Aachen, Urteil vom 23. Juni 2005 – 4 K 1088/04 – juris; Urteil vom 23. Oktober 2008 – 4 K 433/07 – juris; Dietzel in: Driehaus, a.a.O., § 8 Rn. 550).
Auch die weiteren Voraussetzungen des Beitragstatbestandes sind erfüllt. Das Grundstück ist – ohne dass es hierauf in diesem Zusammenhang mit Blick auf die Lage des Grundstücks im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB entscheidend ankäme – nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten mit einem Wohnhaus bebaut, in welchem Abwasser anfällt. Es bestand auch die tatsächliche und rechtliche Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Entwässerungsanlage gemäß § 8 Abs. 7 S. 2 Kommunalabgabengesetz (KAG). Hiernach entsteht die sachliche Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, wobei sich die (erstmalige) Möglichkeit des Anschlusses nach dem Vorliegen der tatsächlichen und rechtlichen Anschlussvoraussetzungen richtet (OVG Brandenburg, Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE –, juris Rn. 46).
Die tatsächliche Anschlussmöglichkeit ist im Sinne der zitierten Vorschrift für ein Grundstück gegeben, wenn dieses unter gemeingewöhnlichen Umständen an einen betriebsfertigen öffentlichen Kanal angeschlossen werden kann (vgl. Urteil der Kammer vom 24. Oktober 2010 – 6 K 197/08 –, juris Rn. 19, Beschlüsse der Kammer vom 25. November 2016 – 6 L 474/16 –, juris Rn. 18 und vom 18. Mai 2012 – 6 L 81/12 –, juris Rn. 23; so auch OVG Münster, Urteil vom 28. September 1973 – II A 299/72 – DB 1974, 674 und vom 31. Mai 2005 – 15 A 1691/03 –; Grünewald in Driehaus, KAG, § 8 Rn. 540, 542). Die Betriebsfertigkeit des öffentlichen Kanals liegt vor, wenn durch ihn die Abwässer des zu entsorgenden Grundstücks in hygienisch einwandfreier Weise abgeleitet werden und wenn der Träger der öffentlichen Anlage diese Leitungsstrecke für die Zwecke der Grundstücksentwässerung gewidmet hat (vgl. Grünewald in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar; § 8 Rn 542, 518) Die Betriebsfertigkeit wird verneint, wenn es sich bei Teilen der Anlage um Provisorien handelt (vgl. zum Provisorium OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Oktober 2011 – 4 L 140/09 –, juris, vom 5. Juli 2007 – 4 L 229/06 –, juris und vom 4. Dezember 2003 – 1 L 226/03 –, juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. Januar 1996 – 2 L 245/94 –, juris, vom 26. März 1992 – 2 L 167/91 –, juris und vom 13. Juli 1993 – 2 L 358/91 –, juris; VG Magdeburg, Urteil vom 30 November 2015 – 9 A 116/14 –, juris). Auch bei einem Druckentwässerungssystem ist die Anschlussmöglichkeit gegeben, wenn der öffentliche Straßensammelkanal betriebsfertig hergestellt ist. Bei der technischen Ausgestaltung der Anlage steht dem Einrichtungsträger dabei ein weites Organisationsermessen zu, das vom Gericht lediglich auf Verstöße gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG zu überprüfen ist (vgl. Beschluss der Kammer vom 18. Mai 2012, a.a.O., Rn. 23), wofür vorliegend nichts ersichtlich ist.
Für das veranlagte (bebaute) Hinterliegergrundstück der Klägerin ist hiernach die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage aufgrund des in der … verlegten Sammelkanals, dessen Bau ausweislich des Abnahmeprotokolls im Jahre 2011 abgeschlossen worden ist, gegeben.
Der Begriff der gemeingewöhnlichen Umstände richtet sich auf die Zumutbarkeit des Anschlusses im Hinblick auf den finanziellen Aufwand für die Anschlussleitungen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. April 2003 – 15 A 2254/01 –, juris Rn. 8f., Beschluss vom 27. November 1997 – 15 A 7031/95 – S. 4 d. E. A.). Dafür, dass für die Klägerin die mit der Herstellung des Anschlusses einschließlich etwaiger mit der Herstellung des Anschlusses verbundenen Kosten unter Berücksichtigung der durch die Erschließung vermittelte Wertsteigerung eine zumutbare Höhe überschritten wäre (vgl. hierzu Kluge in Becker u.a., § 10 Rn. 99ff, 102ff, Dietzel in Driehaus, a.a.O., § 8 Rn. 542), hat diese nichts dargetan.
Die Anschlussmöglichkeit ist auch unabhängig vom Bestehen eines Grundstücksanschlusses (einschließlich Revisionsschacht) gemäß § 3 Nr. 10 und § 8 der Satzung über die Entsorgung von Abwasser im Verbandsgebiet des Wasser- und Abwasserverbandes Westniederlausitz vom 17. August 2011 (AbwES 2011) gegeben. Dies gilt schon deshalb, weil dieser gemäß § 1 Abs. 4 AbwES 2011 nicht zur öffentlichen Anlage gehört und damit nicht beitragsfinanziert wird (vgl. zu dieser Problematik Beschluss der Kammer vom 27. Dezember 2010 – 6 L 321/09 –, S. 4 d. E.A.; zu einer solchen Situation auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. November 2010 – 9 S 7.10 –, S. 5 d. E.A.). Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 1 Abs. 4 Nr. 1 AbwES 2011, wonach zu den öffentlichen Entwässerungsanlagen des Zweckverbands das gesamte im Eigentum des Zweckverbandes stehende und von ihm betriebene öffentliche Entwässerungsnetz einschließlich aller technischen Einrichtungen insbesondere – also nicht abschließend (Anmerkung nur hier) – das Kanalnetz für Abwasser einschließlich des Abzweiges am Abwasserkanal gehören, wobei nach § 3 Nr. 10 AbwES 2011 der Grundstücksanschluss erst am Abzweig des Abwasserkanals beginnt, also nicht zur öffentlichen Anlage gehören soll.
Nach der Tatbestandsregelung in § 1 Abs. 2 und 3 ABS 2012 und § 2 Abs. 1 und 2 ABS 2012 reicht – insoweit in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 7 S. 2 KAG – die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung für die Entstehung der Beitragspflicht aus (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 27. Dezember 2010, a.a.O., S. 5 und vom 6. Dezember 2010 – 6 L 330/09 –, S. 4f. d. E.A.). Da der Grundstücksanschluss nicht zur öffentlichen Anlage gehört, ist es auch nicht relevant, ob es sich bei der errichteten Rohrbrücke um – wie die Klägerin meint – ein Provisorium handelt. An der Betriebsfertigkeit der öffentlichen Anlage als solcher bestehen keine Zweifel.
Auch die rechtlichen Anschlussvoraussetzungen liegen vor. Der Umstand, dass es sich bei dem veranlagten Flurstück um ein Hinterliegergrundstück handelt, weil der Kanal sich in der Straße vor dem Vorderliegergrundstück befindet, steht der Annahme einer – rechtlich gesicherten – Vorteilsvermittlung nicht entgegen. Der Einwand des Klägervertreters, vor dem Grundstück der Klägerin liege (noch) kein Kanal an, greift insoweit nicht.
Für Hinterliegergrundstücke ist eine rechtliche Anschlussmöglichkeit gegeben, wenn die technische Satzung auch für sie eindeutig ein unbedingtes, nicht nur in das Ermessen des Einrichtungsträgers gestelltes Anschlussrecht gewährt (so zuletzt Beschluss der Kammer vom 25. November 2016, a.a.O., Rn. 18; so auch OVG NRW, Urteile vom 2. März 2004 – 15 A 1151/02 –, juris Rn. 22 und vom 1. April 2003 – 15 A 2254/01 –, juris Rn. 10; Grünewald in Driehaus, a.a.O., § 8 Rn. 543). Beschränkt die Satzung das Anschlussrecht auf Grundstücke, bei denen die öffentliche Ent- bzw. Versorgungsleitung in unmittelbarer Nähe oder auf dem Grundstück selbst verläuft oder die an eine kanalisierte Straße grenzen oder durch eine Straße erschlossen sind, in der die öffentliche Anlage betriebsfertig vorhanden ist, so werden demgegenüber Hinterliegergrundstücke von einem Anschlussrecht ausgeschlossen (vgl. Beschluss der Kammer vom 18. Mai 2012, a.a.O., Rn. 24; OVG NRW, Urteil vom 2. März a.a.O., Rn. 34, Urteil vom 1. April 2003, a.a.O., Rn. 10; Beschluss vom 24. Mai 2005 – 15 A 949/05 -, juris; Beschluss vom 31. Mai 2006 – 15 A 1691/05 -, KStZ 2005, 191; Grünewald in Driehaus, a.a.O., § 8 Rn. 543).
So verhält es sich hier nicht. Die Klägerin hat vielmehr ein unbedingtes Anschlussrecht an die Entwässerungsanlage. Denn nach § 4 Abs. 1 S. 1 AbwES 2011 kann jeder Grundstückseigentümer verlangen, dass sein Grundstück nach Maßgabe dieser Satzung an die öffentliche Entwässerungssatzung angeschlossen wird. Er ist nach § 4 Abs. 1 S. 2 AbwES 2011 berechtigt, sämtliches auf dem Grundstück anfallendes Abwasser nach Maßgabe der §§ 14 bis 16 der Satzung in die öffentliche Entwässerungsanlage einzuleiten. Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 AbwES 2011 erstreckt sich das Anschluss- und Benutzungsrecht auf solche Grundstücke, die durch einen Abwasserkanal des Zweckverbandes erschlossen sind oder werden. Eine Beschränkung auf Vorderliegergrundstücke im oben genannten Sinne ist hierin nicht enthalten. Diese Bestimmung gewährt entgegen der Auffassung des Klägervertreters jedem Grundstückseigentümer ein unbedingtes, nicht in das Ermessen des Einrichtungsträgers gestelltes Anschlussrecht. Soweit in § 4 Abse. 3 und 4 AbwES 2011 Ausnahmetatbestände geregelt sind, ändern diese am Bestehen eines grundsätzlich nicht beschränkten Anschlussrechts nichts.
Die Voraussetzungen für ein Anschlussrecht im Sinne der zitierten Bestimmungen sind gegeben. Ein Grundstück ist gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 AbwES 2011 durch eine Entwässerungseinrichtung in der Regel dann erschlossen, wenn es an einer öffentlichen Verkehrsfläche liegt, in der ein zur Einrichtung gehörender Kanal verläuft. Es ist weiterhin dann erschlossen, wenn ein solcher Kanal bis an die Grundstücksgrenze herangeführt ist. Handelt es sich – wie hier – um ein Hinterliegergrundstück, ist zunächst erforderlich, dass auch hier die Möglichkeit besteht, nach Durchquerung eines Zwischengrundstücks einen Anschluss herzustellen, und diese rechtlich und tatsächlich auf Dauer gesichert ist (vgl. BayVGH, U. v. 24.07.1997 – 23 B 95.3277 – VGH n.F. 50, 146/147 = GK 1998 Nr. 44; st. Rspr.; VG Bayreuth, Urteile vom 25. Mai 2016 – B 4 K 15.41 –, juris Rn. 20f. und vom 24. März 2004 – B 4 K 02.565 –, juris Rn. 33ff.; VG München, Urteil vom 19. Januar 2006 – M 10 K 05.1306 –, juris Rn. 30). Dies setzt in der Regel voraus, dass zu Lasten des Vorderliegergrundstücks und zu Gunsten des Hinterliegergrundstücks entsprechende Grunddienstbarkeiten bestellt sind (BayVGH, Beschluss vom 12. Mai 1999 – 23 ZS 99.1327 – juris Rn. 2). Ein dinglich gesichertes Leitungsführungsrecht ist allerdings dann nicht erforderlich, wenn ein Notleitungsrecht gemäß § 44 Brandenburg Nachbarrechtsgesetz (BbgNRG) zugunsten des Hinterliegergrundstücks besteht.
So hat die Kammer bereits mit Urteil vom 19. Dezember 2012 – 6 K 323/12 –, S. 6 d. E.A. zur hier maßgeblichen Abwasserentsorgungssatzung des beklagten Verbandes vom 17. August 2011 (AbwES 2011) ausgeführt (insoweit in dem diesbezüglichen Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 2. Dezember 2014 – 9 N 114.13 –, juris nicht beanstandet; ebenso bereits VG Cottbus, Beschluss vom 30. Juli 2010 – 7 L 41/10 –, S. 4 d. E. A., vom OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2011 – 9 S 63.10 –, juris, ebenfalls nicht beanstandet):
„Der Kläger ist überdies Eigentümer eines dem Anschluss- und Benutzungszwang unterfallenden Grundstückes. Nach § 2 Abs. 1 AbwES ist hierunter jeder zusammenhängende Grundbesitz zu verstehen, der eine selbstständige, wirtschaftliche Einheit bildet; nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AbwES erstreckt sich das Anschluss- und Benutzungsrecht – als Spiegelbild zu dem nach § 5 AbwES bestehenden Anschluss- und Benutzungszwang – nur auf solche Grundstücke, die durch einen Abwasserkanal des Zweckverbandes erschlossen sind oder werden. Von einer solchen Erschließung ist vorliegend auszugehen, obgleich es sich um ein Hinterliegergrundstück handelt. […] Denn der Kläger kann auf der Grundlage von § 44 Abs. 1 BbgNRG von der Eigentümerin /den Eigentümern des Vorderliegergrundstücks (FlSt. 193/2) verlangen zu dulden, dass durch das Vorderliegergrundstück auf seine – des Klägers – Kosten die geforderte Abwasserleitung hindurchgeführt wird (so bereits Beschluss der Kammer vom 27. Dezember 2010 - VG 6 L 321/09 -, S. 5 f. des E.A.).“
Vorliegend ist hiernach eine rechtlich gesicherte Anschlussmöglichkeit für das Hinterliegergrundstück der Klägerin gegeben. Das Grundstück der Klägerin ist durch einen Abwasserkanal des Zweckverbandes erschlossen, weil in der …, welche vor dem Vorderliegergrundstück verläuft, ein Sammelkanal verlegt ist und ein Notleitungsrecht zugunsten des Hinterliegergrundstücks gemäß § 44 BbgNRG besteht.
Die Voraussetzungen des § 44 BbgNRG liegen vor. Danach muss der Eigentümer dulden, dass der Eigentümer des Nachbargrundstücks durch das Vorderliegergrundstück auf eigene Kosten Versorgungs- und Abwasserleitungen hindurchführt, wenn das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig ist, der Anschluss an das Versorgungs- und Entwässerungsnetz anders nicht möglich ist und die damit verbundene Beeinträchtigung nicht erheblich ist.
Das Grundstück liegt im unbeplanten Innenbereich, ein Bauvorhaben ist auf dem Grundstück daher gemäß § 34 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Das Grundstück ist aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung tatsächlich bebaut; die erforderliche wegerechtliche Erschließung über das Vorderliegergrundstück 103/1 erfolgt entsprechend § 917 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und wurde so auch seit der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks geduldet. Der Anschluss an das Versorgungs- und Entwässerungsnetz ist auch anders nicht möglich als über das Vorderliegergrundstück 103/1. Da das Vorderliegergrundstück 103/1 ohnehin dem Land Brandenburg gehört und nicht als Bauland genutzt werden soll, sondern lediglich der Durchleitung des Umfluters … dient, ist auch eine erhebliche Beeinträchtigung durch die Abwasserleitung über das Vorderliegergrundstück nicht ersichtlich.
Eine weitere rechtliche Absicherung (etwa mittels einer Grunddienstbarkeit) ist in Brandenburg angesichts der klaren und weitreichenden, bereits für die Verlegung einer neuen Leitung sowie auch für die Duldung einer bereits verlegten Leitung geltenden Regelungen des Abschnittes 10 des BbgNRG nicht gefordert (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 2. Dezember 2014 – 9 N 114.13 –, juris Rn. 9 und vom 26. Januar 2011 – 9 B 22.09 –, juris Rn. 51.; Urteil der Kammer vom 19. Dezember 2012 – 6 K 323/12 –, S. 6 d. E.A. und Beschluss der Kammer vom 27. Dezember 2010 – 6 L 321/09 –, S. 7 d. E.A.; im Ergebnis auch Becker in Becker u.a., KAG Kommentar, Loseblattsammlung, § 8 Rn. 184)
Auf den zwischen dem Beklagten und dem Eigentümer des Vorderliegergrundstücks geschlossenen Gestattungsvertrag kommt es nach alledem nicht an, da bereits ein Leitungsrecht kraft Gesetzes zugunsten des klägerischen Grundstücks besteht. Ohnehin wurde der Gestattungsvertrag erst nach Errichtung der Rohrbrücke geschlossen.
Auch soweit die Untere Wasserbehörde mit dem Schreiben vom 18. Juli 2014 die wasserrechtliche Genehmigung vom 10. September 2010 im Punkt Gewässerkreuzung/provisorische Rohrbrücke aufgrund geänderter Bauausführung – nach Zerstörung der verlegten Anschlussleitung – für erledigt erklärt hat, ergibt sich daraus nicht der Wegfall des Anschlussrechts bzw. der dauerhaften Sicherung des Anschlussrechts. Am 23. August 2011, dem Zeitpunkt auf den sich die ABS 2012 Rückwirkung beimisst, war die Vorteilslage bereits entstanden, da der Sammelkanal in der … schon zuvor verlegt worden war und nach den obigen Ausführungen eine rechtlich gesicherte Anschlussmöglichkeit an diesen bestand. Zu diesem Zeitpunkt bestand auch die wasserrechtliche Erlaubnis der Unteren Wasserbehörde für den Bau und die Unterhaltung der Rohrbrücke. Dass die Genehmigung zu einem späteren Zeitpunkt – nachdem sowohl der streitgegenständliche Beitragsbescheid als auch der Widerspruchsbescheid bereits erlassen worden waren – „für erledigt erklärt“ wurde, hat – ungeachtet der Frage, wie diese Erklärung in rechtlicher Hinsicht zu qualifizieren ist – für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht im August 2011 keine Relevanz. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, warum die Genehmigung der Rohrbrücke als Anlage über einem Gewässer nach § 87 Abs. 1 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG) iVm. § 36 S. 2 Nr. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) nicht jederzeit auf Antrag wieder möglich sein sollte. Die Behörde kann insbesondere im Sinne des § 93 WHG zur Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs zum Zwecke der Volksgesundheit den Eigentümer des Vorderliegergrundstücks zur Duldung der Durchleitung von Abwasser verpflichten. Das klägerische Grundstück unterliegt auch dem Anschlusszwang, wie sich aus § 5 AbwES 2011 ergibt.
Sind demnach die tatsächlichen und rechtlichen Anschlussvoraussetzungen (aufgrund des Notleitungsrechts) für das Flurstück 103/2 gegeben, ist die sachliche Beitragspflicht somit entstanden. Soweit der Klägervertreter aufgrund der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg (vgl. Urteil vom 11. Februar 2016 – 9 B 1.16 -, juris Rn. 30), wonach durch Eingemeindungen wie auch durch Neugründungen oder Umbildung von Zweckverbänden jeweils neue Anschlussvorteile an bestimmten Anlagen entstehen können, und aufgrund der bevorstehenden Kreisgebietsreform des Landes Brandenburg meint, ein dauerhafter rechtlicher Vorteil könne nicht mehr entstehen, weil der wirtschaftliche Vorteil nicht mehr von Dauer sein könne, wenn er durch „einfache Entscheidungen“ wegfallen könne, kann dem nicht gefolgt werden. Das Vorliegen eines dauerhaften rechtlichen Vorteils muss zwar eine gewisse Sicherheit vermitteln (vgl. die vorstehenden Ausführungen zu den tatsächlichen und rechtlichen Anschlussvoraussetzungen), es verlangt jedoch keine unabänderbare Bevorteilung sozusagen für die Ewigkeit oder auch nur für unabsehbare Zeit. Ungeachtet dessen ist gar nicht absehbar, ob und inwieweit der Bestand der hier in Rede stehenden öffentlichen Einrichtung durch die genannte Kreisgebietsreform berührt werden wird. Gegebenenfalls mag die Klägerin – bei späterem Wegfall des (zunächst) vermittelten (und aus heutiger Sicht dauerhaften) Vorteils – einen Anspruch auf Aufhebung des (bestandskräftigen) Beitragsbescheides gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG i.V.m. § 130 AO haben, was hier keiner abschließenden Klärung bedarf.
Festsetzungsverjährung ist ersichtlich nicht eingetreten, da die sachliche Beitragspflicht – mangels vorher wirksamer Beitragssatzung – erst im Jahre 2011 entstanden ist. Die Vorgängerbeitragssatzung (Abwasserbeitragssatzung vom 17. August 2011) ist – wie zuletzt in den Urteilen der Kammer vom 24. Oktober 2016, a.a.O. und vom 27. Oktober 2016 (– 6 K 667/12 –, juris) festgestellt – aufgrund des Mangels einer Regelung zu Grundstücken im unbeplanten Innenbereich bzw. Außenbereich, auf denen zwar kein Vollgeschoss verwirklicht werden darf, die aber gleichwohl baulich oder gewerblich nutzbar sind, unwirksam (vgl. auch Urteil vom 16. Juli 2012 – 6 K 950/11 – a.a.O.). Ebenso unwirksam sind die Abwasserbeitragssatzung vom 19. August 2009 (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Oktober 2011 – 9 N 66.11 –; Urteil der Kammer vom 21. April 2011 – 6 K 135/10 –, juris) und die noch älteren Schmutzwasserbeitragssatzungen des Beklagten (vgl. Urteil der Kammer vom 21. April 2011, a.a.O.). Auf die Ausführungen in den genannten Entscheidungen wird Bezug genommen.
Die Verjährungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) beträgt vier Jahre; sie beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Da der Lauf der Festsetzungsverjährung erst Ende des Jahres 2011 mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Abwasserbeitragssatzung des Beklagten (ABS 2012) in Gang gesetzt wurde, konnte Festsetzungsverjährung nicht vor Ablauf des Jahres 2015 eintreten. Der Heranziehungsbescheid vom 2. September 2011 ist demnach nicht in festsetzungsverjährter Zeit ergangen.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die erstmalige Begründung einer Beitrags-pflicht der Klägerin durch die ABS 2012 rückwirkend zum 23. August 2011 bestehen gleichfalls nicht. § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg n.F. findet vorliegend Anwendung. Es liegt namentlich kein Fall vor, in dem es bei der Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg a.F. verbleibt, wonach aufgrund eingetretener „hypothetischer Festsetzungsverjährung“ eine Veranlagung (erst) im Jahre 2012 ausschiede.
Die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg n.F. verstößt in Fällen, in denen Beiträge nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg a.F. nicht mehr erhoben werden könnten, gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot (geänderte Kammerrechtsprechung entsprechend des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14 -, - 1 BvR 3051/14 -, juris Rn. 39; vgl. bereits Urteile der Kammer vom 18. Februar 2016 - VG 6 K 129/13 -, juris Rn. 18 ff. und vom 28. April 2016 – 6 K 1376/14 –, juris Rn. 46) mit der Folge, dass es insoweit bei der Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. verbleibt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – OVG 9 B 1.16 -, juris Rn. 30 sowie Urteil der Kammer vom 18. Februar 2016 - VG 6 K 129/13 -, juris Rn. 28). Die Prüfung, ob § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n.F. auf einen Fall anwendbar oder - aus Vertrauensschutzgründen - nicht, ist vielschichtig. Grundstücke, für die erst im Kalenderjahr 2000 oder später die rechtlich gesicherte tatsächliche Anschlussmöglichkeit geschaffen worden ist, unterfallen nicht dem hier in Rede stehenden Vertrauensschutz; bei ihnen kann zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung (1. Februar 2004) noch keine hypothetische Festsetzungsfrist abgelaufen gewesen sein, weil eine hypothetische Festsetzungsfrist regulär bis Ende 2004 gelaufen wäre (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016, a.a.O. Rn. 32 f.; Urteil der Kammer vom 18. Februar 2016, a.a.O., juris Rn. 28). Dabei ist auf die rechtlich gesicherte tatsächliche Anschlussmöglichkeit an die konkret in Rede stehende Einrichtung abzustellen, so dass eine etwa fehlende Identität der in Rede stehenden Einrichtung, für die der Beitrag erhoben wird, mit einer früheren (aufgegebenen) Einrichtung beachtet werden muss, auch wenn die frühere Einrichtung ein Teil der neuen Einrichtung geworden ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 - OVG 9 B 43.15 -, juris Rn. 27; Urteil der Kammer vom 18. Februar 2016, a.a.O., juris). Nur in Bezug auf Grundstücke mit Anschlussmöglichkeit im beschriebenen Sinne im Jahr 1999 oder früher kann es Vertrauensschutz gegenüber der Gesetzesänderung geben. Allerdings bestehen insoweit weitere Voraussetzungen (vgl. dazu ausführlich OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – 9 B 1.16 -, juris Rn. 32). In Fällen, in denen die Anschlussmöglichkeit an die jeweilige konkrete Anlage erst im Kalenderjahr 2000 oder danach bis zum Inkrafttreten der neuen Fassung des § 8 Abs. 7 Satz KAG gegeben war, hat die Änderung der Vorschrift hingegen lediglich zur Folge, dass eine an sich laufende, aber eben noch nicht abgelaufene (hypothetische) Festsetzungsverjährungsfrist unbeachtlich wird und durch eine Festsetzungsverjährungsfrist abgelöst wird, deren Beginn von der Wirksamkeit der Beitragssatzung abhängt (vgl. bereits Urteil der Kammer vom 18. Februar 2016, a.a.O., juris; nunmehr ähnlich: Brüning in Rechtsgutachten „Die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen des BVerfG vom 12. November 2015 (BvR 2961/14 u.a.), S. 17). Damit wird mithin nachträglich in keinen bereits abgeschlossenen Sachverhalt (etwa eine bereits eingetretene sog. hypothetische Festsetzungsverjährung) eingegriffen, so dass nicht mehr von einer echten, sondern nur von einer unechten Rückwirkung gesprochen werden kann.
Hier liegt kein Fall vor, in dem der Beitrag nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg a.F. nicht mehr erhoben werden könnte, da in Anwendung dieser Vorschrift mit dem Entstehen der Beitragspflicht (eine entsprechend weit zurückwirkende und zugleich wirksame Satzung unterstellt) zugleich die Festsetzungsverjährung einträte.
Nach § 8 Abs. 7 S. 1 KAG alte wie neue Fassung entsteht die Beitragspflicht – unbeschadet der Notwendigkeit des Vorliegens einer wirksamen Beitragssatzung – mit der endgültigen Herstellung der Anlage. Endgültige Herstellung der Anlage meint nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut die endgültige Herstellung im tatsächlichen Sinn. Tatsächlich hergestellt ist die Anlage mit der technischen Verwirklichung des maßgeblichen Bauprogramms. Wann das Bauprogramm verwirklicht ist, lässt sich sicher nur anhand der Bauabnahme nachvollziehen. Denn mit der Abnahme wird abschließend und für die Beteiligten verbindlich festgestellt, dass die Anlage den technischen Vorgaben entsprechend erstellt worden ist und - jedenfalls gemessen am Bauprogramm - funktionsgerecht genutzt werden kann. Insoweit bildet die Bauabnahme den Schlusspunkt der Verwirklichung des Bauprogramms. Daneben ist es auch aus sachlichen Gründen geboten, das Entstehen der Beitragspflicht in tatsächlicher Hinsicht an die Bauabnahme anzuknüpfen. Nach § 8 Abs. 2 S. 2 KAG werden Beiträge von den Grundstückseigentümern nämlich als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Demnach darf den Grundstückseigentümern zulässig nur deshalb eine Abgabe auferlegt werden, weil ihnen im Gegenzug ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird. Fußt die Beitragspflicht mithin dem Grund nach in der wechselseitigen Erbringung von Leistungen, und zwar der Beitragspflicht einerseits und der Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils andererseits, so ist diesem wechselseitigen Verhältnis auch in Bezug auf das Entstehen der Beitragspflicht Rechnung zu tragen, und zwar mit der Folge, dass die Beitragspflicht in dem Augenblick entsteht, in dem den Grundstückseigentümern der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage vermittelte wirtschaftliche Vorteil geboten wird. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme besteht, sobald die Anlage ihrer Funktion entsprechend genutzt werden kann, was - jedenfalls in technischer Hinsicht - im Anschluss an die Bauabnahme der Fall ist (vgl. zur Abnahme der Baumaßnahme als maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Vorteilslage OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Mai 2015 – 9 S 5.15 –, juris; Verwaltungsgericht Cottbus, Urteil vom 10 Mai 2001 – 4 K 379/01 –, S. 4 des E.A.; Urteil der Kammer vom 24. Februar 2011 – 6 K 953/06 –, juris Rn. 1; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschuss vom 3. Dezember 2014 – 4 L 59/13 –, juris Rn. 57; ferner OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Mai 1990 – 9 L 390/89 –, juris Rn. 14; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein - Westfalen, Urteil vom 31. Januar 2000, - 15 A 290/00 -). Vorliegend ist hiernach erst im Kalenderjahr 2011 die – rechtlich gesicherte – Anschlussmöglichkeit an die hier konkret in Rede stehende Einrichtung des beklagten Verbandes geschaffen worden, da in diesem Zeitpunkt die Beendigung und Abnahme der Baumaßnahme „… – LOS 2 BA 2.1“ am 4. August 2011 erfolgte.
Die Klägerin ist auch rechtmäßigerweise als Beitragsschuldnerin in Anspruch genommen worden, denn sie ist Eigentümerin des Grundstückes und daher beitragspflichtig, § 8 Abs. 2 KAG, § 4 Abs. 1 ABS 2012.
Auch die Höhe der Veranlagung begegnet keinen Bedenken.
Nach § 8 Abs. 2 S. 1, 2 KAG n. F. werden Beiträge erhoben als Gegenleistung dafür, dass den Grundstückseigentümern durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Anlage wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Maßgebend ist bei diesem grundstücksbezogenen Vorteil die durch die Inanspruchnahmemöglichkeit bewirkte Steigerung des Gebrauchswerts des Grundstücks. Diese besteht regelmäßig darin, dass das Grundstück über den bloßen Besitz und die Veräußerungsmöglichkeit hinaus in bestimmter Weise mit einer bestimmten Renditeerwartung genutzt werden kann (so auch für die hier relevante Rechtslage nach Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben vom 17. Dezember 2003 am 1. Februar 2004: Urteil der Kammer vom 22. Januar 2010 – 6 K 827/05 –, zitiert in juris, Rn. 82, OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. September 2006, a.a.O.; sowie für die alte Rechtslage: OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 8. Juni 2000 – 2 D 29/98.NE –, LKV 2001, S.132, 138 rechte Spalte, Urteil vom 7. Dezember 2004 – 2 A 169/02 -, S. 15; Urteil der Kammer vom 5. Februar 2009 – 6 K 24/08 –, juris Rn. 49).
Unter Zugrundlegung dieser Ausführungen begegnet die Veranlagung der gesamten im Innenbereich gelegenen Grundstücksfläche des klägerischen Grundstücks keinen Bedenken und entspricht der in § 6 lit. b) getroffenen Maßstabsregelungen der ABS 2012. Auch der für das klägerische Grundstück in Ansatz gebrachte Vollgeschossfaktor von 2,0 (Nutzungsfaktor 1,5) entsprechend § 7 Abs. 1 Nr. 2 ABS 2012 ist nicht zu beanstanden.
Der angefochtene Beitragsbescheid begegnet schließlich auch nichtmit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013, a.a.O. wegen einer Verfassungswidrigkeit des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG mangels Festlegung einer zeitlichenObergrenzefür die Beitragserhebung rechtlichen Bedenken.
Ursprünglich bestehenden Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n.F. mit dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip in seiner vom Bundesverfassungsgericht konkretisierten Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit (vgl. in diesem Sinne auch BVerfG, Beschluss vom 3. September 2013 – 1 BvR 1282/13 -, zit. nach juris) hat der Brandenburgische Gesetzgeber mit Art. 1 des 6. Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (6. KAGÄndG) vom 20. November 2013 (Beschlussdatum)/5. Dezember 2013 (Ausfertigungsdatum) (GVBl. I, Nummer 40 S. 1), in Kraft getreten am 7. Dezember 2013 (vgl. Art. 2 des Gesetzes), Rechnung getragen, indem in dem – neu eingefügten - § 19 KAG (Zeitliche Obergrenze für den Vorteilsausgleich) nunmehr Folgendes geregelt ist: (1) „Abgaben zum Vorteilsausgleich dürfen mit Ablauf des 15. Kalenderjahres, das auf den Eintritt der Vorteilslage folgt, nicht mehr festgesetzt werden. §§ 169 Absatz 1 Satz 3 und 171 Abgabenordnung gelten in der in § 12 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b angeordneten Weise entsprechend. Aufgrund der Sondersituation nach der Deutschen Einheit ist der Lauf der Frist bis zum 3. Oktober 2000 gehemmt. (2) ... “ (ständige Kammerrechtsprechung, vgl. mit ausführlicher Begründung nur Urteil der Kammer vom 19. Februar 2015 - VG 6 K 1002/12 -, juris Rn. 73 ff.).
Es ist insoweit Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit, also daran, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang sie zu einem Beitrag herangezogen werden können, durch entsprechende Gestaltung der gesetzlichen Vorschriften zur Beitragsveranlagung zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 -, juris). Das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit gilt für alle Fallkonstellationen, in denen eine abzugeltende Vorteilslage eintritt, die daran anknüpfenden Abgaben aber wegen des Fehlens sonstiger Voraussetzungen nicht entstehen und deshalb auch nicht verjähren können (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2014 – 4 C 11/13 -, zit. nach juris, Rn. 17; Bayerischer VGH, Urteil vom 14. November 2013 - 6 B 12.704 -, zit. juris Rn. 21). Dabei steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber lediglich, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt. Ein allgemeines schutzwürdiges Interesse des Bürgers, dass Abgaben so zeitnah wie möglich festgesetzt werden, gibt es demgegenüber nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013, a.a.O.). Dem hat der brandenburgische Gesetzgeber vorliegend entsprochen. Der Vorteil des Abgabeschuldners, der durch die Erschließung eines Grundstücks und die Schaffung der erstmaligen Anschließbarkeit an die zentralen Anlagen der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung vermittelt wird, wirkt in die Zukunft fort, so dass die Beitragserhebung auch noch lange Zeit nach Eintritt der tatsächlichen Vorteilslage zulässig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013, a.a.O.). Da im Kommunalabgabengesetz unabhängig von der Festsetzungs- und Zahlungsverjährung eine absolute zeitliche Obergrenze (Höchstfrist) für die Beitragsheranziehung im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geregelt werden soll(te), hat sich diese Frist an diesen erlangten Dauervorteilen auszurichten und ist insoweit eine Orientierung an der absoluten Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren, wie sie ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfes der Landesregierung (vgl. Drs. 5/7642, Seite 8 ff.) zunächst erfolgt ist, um sodann deren Halbierung auf 15 Jahre vorzunehmen (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 KAG n.F.), gemessen an den rechtsstaatlichen Kriterien der Belastungsklarheit und -sicherheit bzw. -vorhersehbarkeit sachgerecht. Es handelt sich um einen zumutbaren Zeitraum. Vergleichbar lange Fristen (vgl. § 15a Abs. 2 Erschließungsbeitragsgesetz Berlin), wie auch mit 30 Jahren längere Fristen (vgl. § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg i.V.m. § 53 Abs. 2 Satz 1 VwVfG) sind im öffentlichen Recht nicht selten (vgl. auch Bayerischer VGH, Urteil vom 14. November 2013, a.a.O., der eine Orientierung an der 30jährigen Verjährung gemäß § 53 Abs. 2 BayVwVfG als Höchstgrenze der Beitragsfestsetzung für das Erschließungsbeitragsrecht nicht beanstandet; vgl. auch VG Dresden, Urteil vom 14. Mai 2013 – 2 K 742/11 -, zit. nach juris). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2008 – 3 C 37/07 -, BVerfGE 132, 324) ist insoweit geklärt, dass Rechtssicherheit und –frieden eine Verjährung nach 30 Jahren erfordern, aber auch genügen lassen. Nichts Anderes kann insoweit für eine – wie hier – zeitliche Höchstgrenze für die Beitragsfestsetzung neben den Verjährungsvorschriften der Abgabenordnung gelten. Die etwa in § 53 Abs. 2 Satz 1 VwVfG zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, die Durchsetzbarkeit des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers auf die längste im Zivilrecht vorgesehene Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) zu beschränken (vgl. Bayerischer VGH, a.a.O.) und zwar unabhängig vom Entstehen des Anspruchs (vgl. § 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB), kann zur Ausgestaltung einer Veranlagungshöchstfrist übernommen werden (so zum Erschließungsbeitragsrecht auch BVerwG, Urteil vom 20. März 2014, a.a.O., Rn. 33).
Ist die grundsätzliche Anknüpfung der Höchstfrist für die Beitragsveranlagung an die 30jährige Verjährung mithin nicht zu beanstanden, berücksichtigt die Neuregelung für den „Hemmungstatbestand“ in § 19 Abs. 1 Satz 3 KAG n.F. innerhalb des gebotenen insgesamt für das 6. KAGÄndG vorgenommenen Interessenausgleichs in – unter Berücksichtigung des weiten gesetzgeberischen Spielraums – nicht zu beanstandender Weise die einmalige Sondersituation nach der Wiederherstellung der Deutschen Einheit, wenn den Einrichtungsträgern mit der Fristhemmung bis zum 3. Oktober 2000 in § 19 Abs. 1 Satz 3 KAG n.F. eine – wie es in der Begründung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung (a.a.O., S. 8 ff.) heißt – „zehnjährige Schonfrist zum Aufbau ihrer Verwaltungen und zur Sammlung von Erfahrungen“ eingeräumt wird. Die Landesregierung weist in der Begründung des Gesetzesentwurfs (a.a.O.) nachvollziehbar darauf hin, dass beim Fehlen einer entsprechenden Ablaufhemmung erhebliche Nachteile für das Gemeinwohl zu besorgen wären. Nach der Neugründung der Kommunen im Mai 1990 hätten der Gesetzgeber der DDR und ab dem 3. Oktober 1990 der Gesetzgeber des Landes Brandenburg die rechtlichen Grundlagen für den Aufbau einer funktionierenden kommunalen Selbstverwaltung, für die Übertragung der Aufgaben und deren Finanzierung, die Übertragung des Vermögens auf die Kommunen, für die kommunale Gemeinschaftsarbeit in Zweckverbänden sowie die einfachgesetzlichen Grundlagen für die Abgabenerhebung erst schaffen müssen. Bei der Erledigung der Aufgaben seien neben den rechtlichen Problemen zahlreiche technische und betriebswirtschaftliche Schwierigkeiten aufgetreten. Sofern und soweit die Gemeinden die Aufgaben der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung nicht selbst, sondern in wirtschaftlich leistungsfähigeren Einheiten hätten erledigen wollen, seien kommunale Zweckverbände zu errichten und ihre Liquidität zu sichern gewesen. Die rechtswirksame Gründung kommunaler Zweckverbände durch den Erlass einer rechtswirksamen Satzung sei aufgrund formeller Fehler in den überwiegenden Fällen nicht gelungen. Den sehr erheblichen Schwierigkeiten bei der Errichtung der Zweckverbände und der Unsicherheit über deren rechtliche Existenz sei der Gesetzgeber unter anderem 1996 durch das Gesetz zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit von Zweckverbänden (Zweckverbandssicherungsgesetz - ZwVerbSG) begegnet. Jedoch habe auch durch dieses Gesetz nicht die Unsicherheit über die rechtliche Existenz der Zweckverbände beseitigt werden können, da unter anderem das OVG Brandenburg zu dem brandenburgischen ZwVerbSG ausgeführt habe, dass eine Heilung nach diesem Gesetz nur in Betracht komme, wenn die Vertreter der Gemeinden durch Beschlüsse der Gemeindevertretungen zu einer Beitrittserklärung legitimiert gewesen seien. Im Übrigen habe das ZwVerbSG keine materiellen Mängel der Gründungssatzung heilen können (vgl. OVG Brandenburg, Urteile vom 14. August 1997 - 2 D 33/96.NE - und vom 18. Dezember 1997 - 2 D 16/97.NE -). Auch das nachfolgende Gesetz zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vom 6. Juni 1998 (Zweckverbandsstabilisierungsgesetz) und die daraufhin ergangenen Errichtungsbescheide hätten unmittelbar keine Klarheit über die rechtliche Existenz der Zweckverbände gebracht, da die Vereinbarkeit mit der Verfassung umstritten gewesen sei. Die rechtlichen Probleme bei der Errichtung der kommunalen Zweckverbände hätten erst im Jahr 2000 durch das Urteil des Landesverfassungsgerichts zum Zweckverbandsstabilisierungsgesetz und den daraufhin ergangenen Errichtungsbescheiden abschließend geklärt werden können (vgl. VerfG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2000 - 53/98 und 3/99 -, zit. nach juris). Neben der Gründung der Zweckverbände sei es für die neu gegründeten Kommunen wie auch für die Zweckverbände generell eine Herausforderung gewesen, wirksames Satzungsrecht zu erlassen. Die im Aufbau befindlichen Verwaltungen, Beschäftigten und neu gewählten Organe seien auf zahlreiche Schwierigkeiten gestoßen, die der Aufbausituation eines neuen Landes immanent seien. Diese Überlegungen sind zur Rechtfertigung der in Rede stehenden Neuregelung(en) unter Berücksichtigung des oben dargelegten Prüfungsmaßstabes nicht zu beanstanden. Insbesondere ist es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt, eine Hemmung per Gesetz zu regeln, zumal ihm eine solche Befugnis vom BVerfG (a.a.O.) ausdrücklich zugestanden wird.
Der Gesetzgeber hat insoweit auch nicht die Schwierigkeiten beim Verwaltungsaufbau vollständig und einseitig auf die Grundstückseigentümer abgewälzt. Der Hemmungszeitraum erscheint – angesichts der mit der Beitragserhebung abzugeltenden Dauervorteile - vor dem vom Gesetzgeber beschriebenen Hintergrund nicht unangemessen lang, sondern moderat, zumal ein Teil der genannten Schwierigkeiten vielfach sogar noch bis in die Gegenwart besteht. Der Gesetzgeber ist insoweit gerade nicht von einem „faktischen Stillstand der Verwaltung“, sondern von einem dynamischen Aufbau- und Lernprozess ausgegangen und hat diesem im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in nachvollziehbarer Weise Rechnung getragen.
Die sich insoweit ergebende Höchstfrist für die Beitragsfestsetzung von 25 Jahren ist auch insgesamt bedenkenfrei. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine Frist wie die hier in Rede stehende nicht so kurz bemessen sein darf, dass ein Anspruchsverlust wegen Überschreitens dieser Frist nicht nur im Ausnahmefall zu besorgen sein darf. Eine Höchstfrist für die Beitragsfestsetzung nach Schaffung der tatsächlichen Anschlussmöglichkeit muss vielmehr so lang sein, dass die Gefahr, dass Ansprüche nicht mehr geltend gemacht werden dürfen, auf ein hinnehmbares Maß beschränkt ist (vgl. BFH, Urteil vom 7. Juli 2009 – VII R 24/06 –, juris). Dies hat der Gesetzgeber berücksichtigt, denn er hat entscheidend darauf abgestellt, dass die Beitragserhebung der Finanzierung der kommunalen Aufgaben und der dafür notwendigen kommunalen Einrichtungen dient. Bei Fehlen der Ablaufhemmung und damit eines Fristablaufs vor Ende des Jahres 2015 wäre die Aufgabenfinanzierung und damit die Aufgabenerledigung gefährdet. Diesem erheblichen Interesse an einer Sicherung der Finanzierung der öffentlichen Einrichtungen und damit der im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung stehen Interessen der Anschlussnehmer entgegen, die insgesamt weniger wiegen. Zwar streitet für den Beitragspflichtigen ein Interesse, irgendwann Rechtssicherheit zu bekommen, ob die Vermittlung des Vorteils noch Anknüpfungspunkt für eine Beitragserhebung sein wird. Der Gesetzgeber hat aber zu Recht in die Betrachtung einbezogen, dass ein besonderes wirtschaftliches Interesse an einer möglichst zeitnahen Geltendmachung des Beitragsanspruchs nicht besteht. Das Interesse des Beitragspflichtigen liegt letztlich nur darin, erkennen zu können, wann mit einer Inanspruchnahme nicht mehr zu rechnen ist. Dass bei der Gewichtung der Interessen der Anschlussnehmer diese jedenfalls vor Ablauf einer Frist von 25 Jahren geringer zu bewerten sind, ergibt auch eine Vergleichsüberlegung. Dem Einrichtungsträger obliegt die Ermessensentscheidung, ob er zur Refinanzierung der Investitionskosten der öffentlichen Einrichtung Beiträge, Beiträge und Gebühren bzw. Entgelte oder nur Gebühren bzw. Entgelte erhebt. Entscheidet sich der Einrichtungsträger für eine gebühren- bzw. entgeltgestützte Refinanzierung, erfolgt eine Umlegung auf die Gebühren- bzw. Entgeltschuldner über Abschreibungen auf die Herstellungs- und Anschaffungskosten. Angesichts dessen, dass gerade für langlebige Güter die Abschreibungen auf mehrere Jahrzehnte zu berechnen sind, erfolgt eine Refinanzierung über ebenso lange Zeiträume, ohne dass der Gebühren- bzw. Entgeltpflichtige - vorbehaltlich des Eintritts von Festsetzungs- oder Zahlungsverjährung - zu seinen Gunsten sprechende Umstände aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit einwenden könnte, die gegen eine Refinanzierung sprechen könnten. Aus welchen Gründen ein Abgabenpflichtiger im Gebiet eines Einrichtungsträgers, der sich (auch) für eine Beitragsfinanzierung entschieden hat, nur binnen eines kürzeren Zeitraums als 25 Jahre mit einer Beteiligung an der Refinanzierung zu rechnen haben sollte, obwohl ihm immer noch ein Vorteil zukommt, leuchtet nicht ein. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, wann die Einrichtungsträger von der rechtlich gebotenen Heranziehung der Altanschließer Kenntnis erhalten haben. Fragen der Aufbewahrungsfristen für Rechnungen usw. nach dem Handelsgesetzbuch oder nach anderen Gesetzen haben für die verfassungsrechtliche Bewertung der in Rede stehenden Neuregelung gleichfalls keine Relevanz. Den Betroffenen steht es frei, maßgebliche Unterlagen länger aufzubewahren. Auch auf in anderen einfachgesetzlichen Vorschriften geregelte Verjährungsfristen kommt es nicht an. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es sich bei diesen Fristen jeweils um das verfassungsrechtlich Höchstzulässige handelt. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass insoweit eine Vergleichbarkeit mit der hier in Rede stehenden Regelung besteht. Sachgerecht hat sich vielmehr der Gesetzgeber des Kommunalabgabengesetzes für die zeitliche Höchstgrenze der Beitragsfestsetzung an der hergebrachten 30jährigen Verjährungshöchstgrenze (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Dezember 2008, a.a.O.; eine 30jährige Verjährungsfrist für die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen nicht beanstandend Bayerischer VGH, Urteil vom 14. November 2013, a.a.O. und BVerwG, Urteil vom 20. März 2014, a.a.O.) orientiert. Die sich nach der Neuregelung insoweit ergebende Frist von 25 Jahren liegt zudem noch unterhalb der genannten „absoluten Verjährungsfrist“. Demgegenüber wäre eine Orientierung an der vierjährigen Festsetzungsverjährungsfrist des § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i.V.m. § 169 AO nicht zielführend gewesen. Denn der Lauf der Festsetzungsverjährungsfrist setzt – wie bereits ausgeführt - die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht voraus. Ohne wirksame Beitragssatzung, die insoweit Teil des Abgabentatbestandes i.S.d. § 38 AO ist, kann die sachliche Beitragspflicht nicht entstehen; dies war schon vor Inkrafttreten des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n.F. so, der lediglich den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht verlagert hat. § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. hat insoweit lediglich festgelegt, dass nur eine in dem Zeitpunkt des 1. Satzungsbeschlusses gültige Satzung Grundlage der Beitragserhebung sein könne und dass es für die Festlegung dieses Zeitpunktes auf die Wirksamkeit der als erstes beschlossenen Satzung nicht ankommt. Mit anderen Worten hat der Zeitpunkt, zu dem der Einrichtungsträger erstmals eine Beitragssatzung durch einen entsprechenden Akt hat in Kraft setzen wollen, den Zeitpunkt markiert, in dem die Beitragspflicht allein hat entstehen können. Nach dem Kommunalabgabengesetz alter Fassung hat sich demnach eine wirksame Beitragssatzung, die die sachliche Beitragspflicht nachträglich durch Heilung bisherigen, unwirksamen Satzungsrechts hat begründen sollen, Rückwirkung bis zu diesem Zeitpunkt beilegen müssen. Auch nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. war aber das Vorliegen einer wirksamen Satzung notwendige Voraussetzung für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, ohne die auch die persönliche Beitragspflicht nicht entstehen kann. Durch die Neufassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG ist lediglich der rückwirkende Erlass einer Beitragssatzung zur Heilung bisherigen, unwirksamen Satzungsrechts nicht mehr erforderlich. Vielmehr entsteht die Beitragspflicht für alle anschließbaren und angeschlossenen Grundstücke mit der ersten wirksamen Satzung, die nach dem 1. Februar 2004 erlassen worden ist bzw. erlassen wird, soweit nicht bereits vor diesem Zeitpunkt eine wirksame Satzung vorhanden gewesen ist (vgl. deutlich bereits OVG Brandenburg, Urteil vom 8. Juni 2000 – 2 D 29/98 -, LKV 2001, 133; Urteil vom 27. 3. 2002 – 2 A 480/00 -, S. 20 d. E.A.; Beschluss vom 8. September 2004 – 2 B 112/04 -, 2 A 226/98 -; OVG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 1. September 2005 – 9 S 33/05 –, S. 4 des E.A.; Beschluss vom 7. April 2006 – 9 M 70/05 -, S. 4 d. E.A.; ebenso VerfG Brandenburg, Beschluss vom 21. September 2012, a.a.O.). Wollte man unabhängig von der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und vom Lauf der Festsetzungsverjährung die Höchstgrenze für eine Beitragserhebung (gleichfalls) bei vier Jahren ab Entstehung der tatsächlichen Vorteilslage festlegen, liefen die gesetzlichen Verjährungsvorschriften leer. Ein die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich berücksichtigender Interessenausgleich wäre dies nicht.
Die Festschreibung einer Höchstfrist für die Beitragsveranlagung auf vergangene Zeiträume beinhaltet auch keine unzulässige (echte) Rückwirkung. Die nachträglichen Regelungen einer bestimmten zeitlichen Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner durch §§ 19 und 20 KAG sind insoweit unbedenklich. Sie folgen gerade den im Fall des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes durch das Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Regelungsmöglichkeiten, zu denen auch die Schaffung von neuen Regelungen über eine Verjährungshemmung gehört (wie hier OVG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 30. Juli 2014, a.a.O., S. 15 d. E.A.; vgl. zu den vorstehenden Ausführungen Urteil der Kammer vom 28. April 2016 – 6 K 1376/14 –, juris Rn. 48ff.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.