Gericht | OLG Brandenburg Senat für Landwirtschaftssachen | Entscheidungsdatum | 30.05.2013 | |
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Aktenzeichen | 5 W (Lw) 1/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1 zu tragen.
Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.327,36 € festgesetzt.
I.
Der Beteiligte zu 1 wendet sich gegen die Versagung der Genehmigung eines Grundstückskaufvertrages vom 13. März 2012 (UR-Nr. 935/2012 der Notarin B… in Z…) nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) durch den Landkreis … und gegen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtes nach dem Reichssiedlungsgesetz (RSG) durch die Beteiligte zu 5, von dem das im Eigentum der Beteiligten zu 2 bis 4 in ungeteilter Erbengemeinschaft stehende Grundstück Gemarkung M…, Flur 3, Flurstück 103, als „Landwirtschaftsfläche, Ackerland“ mit einer Größe von 27.728 qm eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Zossen Blatt 102, betroffen ist. Dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung haben sich die Beteiligten zu 2 und 3 im ersten Rechtszug angeschlossen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Hinsichtlich Lage und Beschaffenheit des streitbefangenen Grundstücks wird zudem auf die in der Gerichtsakte befindlichen Lichtbilder Bezug genommen.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Veräußerung des Grundstücks an den Beteiligten zu 1 eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten würde, weil dieser als Nichtlandwirt und -forstwirt mit einem Landwirt in Person der Agrargesellschaft mbH Sp…, … konkurriere, der von insgesamt 1.863 ha bewirtschafteter landwirtschaftlicher Fläche lediglich rund 500 ha selbst gehörten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Gegen den ihm am 6. Dezember 2012 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1 mit seiner am 18. Dezember 2012 eingelegten Beschwerde. Der Beteiligte zu 1 rügt, dass das Grundstück zu gut 8.000 qm aus Wald und Forst bestehe und die verbleibenden 19.600 qm Ackerfläche die nach § 4 RSG maßgebliche Größe von zwei Hektar nicht erreichten; da die bewaldeten Grundstücksteile sinnvoll als Forst bewirtschaftet werden könnten, könne das Grundstück auch nicht als landwirtschaftliche Wirtschaftseinheit angesehen werden. Weiterhin vertritt der Beteiligte zu 1 die Auffassung, dass er als Forstwirt einem Landwirt gleichzustellen sei.
Der Beteiligte zu 1 beantragt sinngemäß,
den streitbefangenen Grundstückskaufvertrag in Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu genehmigen.
Die Beteiligte zu 5 beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 5 verteidigt den angefochtenen Beschluss insbesondere damit, dass die beigebrachten Luftbilder gerade eine das Grundstück prägende landwirtschaftliche Nutzung belegten.
Der Verwaltungsvorgang des Landkreises … lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Die Beteiligten zu 2 bis 4, letztere handelnd durch die Beteiligte zu 3, haben bei ihrer persönlichen Anhörung ihren Verkaufswillen bekräftigt. Der Senat hat zudem die Genehmigungsbehörde, das Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung als Siedlungsbehörde sowie den Landesbauernverband … e. V. und den Bauernbund … e. V. angehört. Die Genehmigungsbehörde ist insbesondere der Auffassung, dass für das Grundstück eine einheitliche Nutzungsart bestimmt werden müsse und hier die landwirtschaftliche Nutzung überwiege.
II.
1.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 10 Satz 2 und 3 RSG, § 22 Abs. 1 GrdstVG, § 1 Nr. 2 und 3, § 9 LwVG und § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen ist gewahrt (§ 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG).
2.
Gemäß § 32 Abs. 1 LwVG ist in den Verfahren wegen Genehmigung einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung die Genehmigungsbehörde und die land- und forstwirtschaftliche Berufsvertretung zu hören und zu einer mündlichen Verhandlung zu laden. Nach § 32 Abs. 3 LwVG bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung, welche Organisationen als land- und forstwirtschaftliche Berufsvertretungen gelten. Gemäß § 1 Nr. 1 Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen vom 6. Dezember 1994 (GVBl. II/94, Nr. 83, S. 992), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 9. Oktober 2008 (GVBl. II/08, Nr. 24, S. 394) gehören zu diesen Organisationen der Landesbauernverband … e. V. und der Bauernbund … e. V.
3.
Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landwirtschaftsgericht hat dem gemäß § 10 RSG, § 22 Abs. 1 GrdstVG zulässigen Antrag des Beteiligten zu 1 zu Recht nicht stattgegeben.
Die Beteiligte zu 5 hat als zuständiges Siedlungsunternehmen (§ 1 Abs. 1 Satz 3 RSG i.V.m. § 2 RSGDV vom 29. Juli 1998) das Vorkaufsrecht nach §§ 4 ff. RSG wirksam ausgeübt. Durch den streitbefangenen Kaufvertrag wird ein landwirtschaftliches Grundstück veräußert; diese Veräußerung bedarf der Genehmigung nach dem GrdstVG, die nicht gemäß § 6 Abs. 2 GrdstVG als erteilt gilt, sondern, wie die Genehmigungsbehörde zu Recht beschieden hat, nach § 9 GrdstVG zu versagen wäre (§ 4 Abs. 1 RSG).
a) Der Kaufvertrag hat die gemäß § 2 GrdstVG genehmigungsbedürftige Veräußerung eines Grundstücks i. S. v. § 1 Abs. 1 GrdstVG zum Gegenstand, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf dessen Einordnung als landwirtschaftliches oder forstwirtschaftliches Grundstück ankommt. Die Veräußerung des Grundstücks ist auch nicht nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG i. V. m. § 1 BbgAGGrdstVG (GVBl. 1994 I, S. 81, 2006 I, S. 74, 81) genehmigungsfrei, da das Grundstück nicht kleiner als zwei Hektar ist.
Nach § 10 RSG kann der Käufer Einwendungen gegen das Vorkaufsrecht erheben, die sich darauf gründen, dass die Veräußerung einer Genehmigung nach dem GrdstVG nicht bedarf oder die Genehmigung nach § 9 GrdstVG nicht zu versagen wäre. Danach wäre das Erreichen der siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtsfreigrenze nach § 4 Abs. 1 RSG durch den Senat an sich nicht zu prüfen, sondern in einem Zivilprozess zwischen Verkäufer und Vorkaufsberechtigten zu klären (BGHZ 94, 299, juris Rn. 12; sie kann allerdings mittelbar unter dem Gesichtspunkt der – bei fehlender Vorkaufsberechtigung, § 12 GrdstVG – kürzeren Frist des § 6 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG relevant werden, BGH a. a. O., Rn. 13, s. dazu auch BGHZ 134, 166, juris Rn. 9 und unten b; wNachw. bei Netz, GrdstVG, 6. Aufl. 2013, S. 1031 Rn. 10.11.2, der selbst – S. 1034 Rn. 10.11.3 – a. A. ist).
Eine Prüfungskompetenz des Senats mit Rücksicht auf 6 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG unterstellt (unten b), wäre im Bereich des RSG der wirtschaftliche Grundstücksbegriff zugrunde zu legen (BGHZ 134, 166, juris Rn. 9). So ist auch im vorliegenden Zusammenhang grundsätzlicher Ausgangspunkt eine wirtschaftliche Betrachtungsweise; sie hat danach zu fragen, ob bei einem überwiegend landwirtschaftlich genutzten Grundstück der forstwirtschaftlich genutzte Teil deshalb auch dem Vorkaufsrecht unterfällt, weil das Gesamtgrundstück eine wirtschaftliche Einheit bildet und beide Flächen sinnvoller Weise nicht voneinander getrennt werden können (vgl. BGHZ 134, 166, juris Rn. 9).
Danach ist von einem landwirtschaftlichen Grundstück auszugehen. Die landwirtschaftliche Nutzung wird bereits durch die nämliche Benennung im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs indiziert. Diese hat zwar nicht am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil. Dessen ungeachtet kommt ihr Beweiswert vergleichbar einer amtlichen Auskunft zu. Vor allem aber belegen die Luftbilder der Landesvermessung und Geobasisinformation …, dass die Nutzung als Weideland das Grundstück zweifelsfrei prägt. Sie überwiegt die Bewaldung bei weitem. Da sich zudem etwa ein Drittel des Baumbestandes auf einer von Weideland umschlossenen Insellage befindet, ist eine sinnvolle forstwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks mit ohnehin lediglich weniger als einem Hektar Wald praktisch ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass der Zugang selbst zu der größeren Waldfläche nur über das im Eigentum eines Dritten stehenden Flurstücks 168 möglich ist (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGHZ 134, 166, juris Rn. 9), worauf die Genehmigungsbehörde hingewiesen hat und was aus den vom Beteiligten zu 1 eingereichten Fotos klar erkennbar ist. Für die landwirtschaftliche Nutzung ist es entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1 ohne Belang, auf welcher Grundlage die Agrargesellschaft mbH Sp… das Grundstück nutzt.
b) Der Kaufvertrag gilt nicht gemäß § 6 Abs. 2 GrdstVG wegen Fristablaufs als genehmigt, weil die Genehmigungsbehörde den Beteiligten zu 2 bis 4 vor Ablauf der Monatsfrist des § 6 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG einen Zwischenbescheid im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2, § 12 GrdstVG erteilt hat (Antragseingang 22. März 2012, Zwischenbescheid v. 29. März 2012), sich die Entscheidungsfrist somit auf drei Monate verlängert hat und der Bescheid vom 12. Juni 2012 innerhalb dieser Dreimonatsfrist ergangen und zugestellt worden ist. Denn wie bereits ausgeführt (oben a), hat die Genehmigungsbehörde ein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht zu Recht bejaht (vgl. BGHZ 134, 166, juris Rn. 9).
Wegen der rechtzeitig erfolgten Zustellung der Zwischenbescheide an die Urkundsnotarin ist unschädlich (§ 10 des Grundstückkaufvertrages sowie § 3 Abs. 2 Satz 2 GrdstVG), dass für die gemäß § 6 Abs. 2 GrdstVG zur Meidung der Genehmigungsfiktion erforderliche Auslandszustellung an die Beteiligte zu 4 die Zustellungsvermutung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG nicht gilt.
c) Die Genehmigung des streitbefangenen Kaufvertrages wäre gemäß § 9 GrdstVG zu versagen, da er eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrdstVG zur Folge hätte.
Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrdstVG vorliegt, ist, ob die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht; hierfür sind insbesondere die Agrarberichte der Bundesregierung nach § 5 LwG heranzuziehen (BGHZ 112, 86, juris Rn. 7; Senat, Beschluss v. 26. Februar 2009 – 5 W [Lw] 9/08, juris Rn. 26). Abzustellen ist allein auf die Verhältnisse zu dem durch § 6 Abs. 1 Satz 3 RSG festgelegten Zeitpunkt der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtes durch das Siedlungsunternehmen. Der Käufer kann dem Siedlungsunternehmen dessen Rechtsstellung, die es durch die Ausübung des Vorkaufsrechts erlangt hat, nicht dadurch wieder entziehen, dass er erst im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens zur Prüfung seiner gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erhobenen Einwendungen die Voraussetzungen herbeiführt, unter denen die Behörde die Veräußerung an ihn hätte genehmigen müssen (BGH AuR 2007, 55 = NJW-RR 2006, 1245, juris Rn. 22; Senat, a. a. O.).
Eine Verschlechterung der Agrarstruktur ist in der Regel anzunehmen, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt oder -forstwirt veräußert werden soll und ein Vollerwerbslandwirt das Grundstück dringend zur Aufstockung seines Betriebes benötigt, sein Betrieb leistungsfähig und aufstockungswürdig ist und er zum Erwerb des Grundstücks nach den Bedingungen des Kaufvertrages bereit und in der Lage ist (BGHZ 112, 86, juris Rn. 8; 94, 292, juris Rn. 9; Senat a. a. O., juris Rn. 27). Dringend ist der Aufstockungsbedarf, wenn eine gesteigerte Notwendigkeit für den Erwerb nach wirtschaftlichen und agrarstrukturellen Gesichtspunkten zu bejahen ist (BGH AgrarR 2002, 320 = NJW-RR 2002, 1170, juris Rn. 9; AgrarR 2002, 254 = NJW-RR 2002, 1170, juris Rn. 9; Senat a. a. O.). So liegt es etwa bei der Anhebung eines bislang geringen Eigenlandanteils (Missverhältnis zwischen Eigenland- und Pachtlandanteil), und zwar auch dann, wenn der Eigenlandanteil durch den in Rede stehenden Flächenerwerb nur in geringem Maße erhöht wird, da jede Vergrößerung des Eigenlandanteils auch der Stärkung des landwirtschaftlichen Betriebs zugute kommt und somit auch der Verbesserung der Agrarstruktur dient (Senat a. a. O.).
Nach den zutreffenden Feststellungen des Landwirtschaftsgerichts, gegen die die Beschwerde insoweit nichts erinnert, handelt es sich bei der Nacherwerberin um einen landwirtschaftlichen Betrieb, der das von ihr bereits genutzte und bewirtschaftete Grundstück zur Aufstockung seines bislang geringen Eigenlandanteils dringend benötigt, leistungsfähig und aufstockungswürdig und zum Erwerb bereit und in der Lage ist.
Demgegenüber ist der Beteiligte zu 1 als angestellter Förster kein Forstwirt. Forstwirt im hier interessierenden Regelungszusammenhang ist komplementär der Begriffsbestimmung des Landwirts nach § 1 Abs. 2 und 7 ALG (dazu eingehend Senat, NL-BzAR 2012, 234, 239 f. Rn. 28 ff., auch juris) nur, wer die Forstwirtschaft selbständig zur nachhaltigen Gewinnerzielung und zur Schaffung oder zumindest wesentlichen Verbesserung seiner Existenzgrundlage betreibt (vgl. OLG Koblenz, AgrarR 1997, 26, 27; Netz a. a. O., S. 477 Rn. 4.10.3.4). Dass sich das Grundstück hierzu nicht eignet, liegt auf der Hand. Auch trägt der Beteiligte zu 1 selbst nicht vor, künftig seinen Beruf als angestellter Förster aufgeben und durch Zuerwerb weiterer Grundstücke als selbständiger Forstunternehmer tätig werden zu wollen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 44 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG.
Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 37, 36 Abs. 1 Satz 1 LwVG i. V. m. § 20 Abs. 1 Satz 1 KostO.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung gemäß § 9 LwVG i. V. m. § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG nicht vorliegen.