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(Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung, unstreitige Forderung, Wert der Beschwer)


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 25. Kammer Entscheidungsdatum 19.08.2010
Aktenzeichen 25 Sa 506/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 64 ArbGG

Leitsatz

Keine Zulassung der Berufung durch falsche Rechtsmittelbelehrung

Tenor

1.) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Dezember 2009 - 57 Ca 17484/09 - wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

2.) Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe eines von der Beklagten zu leistenden Arbeitgeberzuschusses zur Entgeltumwandlung.

Der am … 1969 geborene und schwerbehinderte Kläger ist seit dem 01. November 2002 bei dem Beklagten als Rechtssekretär mit 33,33 Wochenstunden beschäftigt. Dies entspricht einem Anteil von 90% der regelmäßigen Wochenarbeitszeit vollbeschäftigter Arbeitnehmer.

Der Kläger schloss eine Vereinbarung über eine Entgeltumwandlung ab und zahlt seit dem 01. Januar 2006 monatlich 100,- € in eine entsprechende Versicherung. Aufgrund einer Gesamtbetriebsvereinbarung zahlt der Beklagte an die Mitarbeiter, die Entgelt umgewandelt haben und weitere Voraussetzungen erfüllen, einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 40,- € für Vollbeschäftigte und anteilig im Verhältnis zur jeweiligen Arbeitszeit an Teilzeitbeschäftigte. Der Kläger erhielt in der Folge monatlich einen Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung in Höhe von 36,- €.

Mit der am 25. September 2009 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingereichten Klage hat der Kläger Differenzansprüche für die Zeit seit 01. April 2009 mit der Begründung geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihm den Arbeitgeberzuschuss in voller Höhe wie einem Vollzeitbeschäftigten zu zahlen. Er meint die nur anteilige Zahlung sei diskriminierend und benachteilige ihn als Teilzeitbeschäftigtem.

Er hat erstinstanzlich beantragt,

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen Zuschuss zur freiwilligen Entgeltumwandlung in Höhe von 40,00 € monatlich zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vom 01.04.2009 bis 30.09.2009 einen Zuschuss zur freiwilligen Entgeltumwandlung in Höhe von 4,00 € zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, ab dem 01.10.2009 einen Zuschuss zur freiwilligen Entgeltumwandlung in Höhe von 40,00 € monatlich zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Klage für unbegründet gehalten. Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 69 – 71 d. A.) ergänzend Bezug genommen.

Durch das dem Kläger am 04. Februar 2010 zugestellte Urteil vom 10. Dezember 2009 hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage auf Kosten des Klägers abgewiesen und den Wert des Streitgegenstandes auf 1.464,- € festgesetzt.

Mit seiner am 04. März 2010 bei dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil und verfolgt seine Ansprüche weiter. Er begründete seine Berufung mit dem innerhalb der bis zum 06. Mai 2010 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 05. Mai 2010 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz und trägt vor, die Regelungen in der Gesamtbetriebsvereinbarung verstießen gegen § 4 Abs. 2 TzBfG und § 7 Abs. 2 AGG.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin, AZ 57 Ca 17484/09, wird abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen Zuschuss zur freiwilligen Entgeltumwandlung in Höhe von 40,00 € monatlich zu zahlen.

3. Der Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger vom 01.04.2009 bis 30.09.2009 einen Zuschuss zur freiwilligen Entgeltumwandlung in Höhe von 4,00 € zu zahlen.

4. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, ab 01.10.2009 einen Zuschuss zur freiwilligen Entgeltumwandlung in Höhe von 40,00 € monatlich zu zahlen.

Auf den gerichtlichen Hinweis vom 12. August 2010 (Bl. 121 – 123 d. A.) auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung meint der Kläger, die Berufung sei durch die Rechtsmittelbelehrung zugelassen. Im Übrigen würden die Zulässigkeitsbedenken nicht geteilt.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 2 Satz 2, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 522 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, wobei die Entscheidung durch Urteil der Kammer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2010 ergeht.

I.

Die Berufung des Klägers ist unzulässig. Sie ist zwar in der rechten Form und Frist eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht statthaft, da die Beschwer nicht mehr als 600,- € beträgt. Nach § 64 Abs. 2 ArbGG kann - soweit es sich wie vorliegend nicht um einen Bestandstreit handelt - Berufung nur eingelegt werden, wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist oder wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,- € übersteigt. Beides ist indes nicht der Fall. Die Berufung des Klägers erweist sich mit den Berufungsanträgen gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG als unzulässig, denn weder hat das Arbeitsgericht die Berufung in dem Urteil zugelassen (§ 64 Abs.2 Buchstabe a ArbGG) noch übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,- € (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG).

1.

Zwar hat das Arbeitsgericht den Wert des Streitgegenstandes in dem angefochtenen Urteil auf 1.464,- € festgesetzt, die Wertfestsetzung bindet das Berufungsgericht jedoch nicht, da sie erkennbar fehlerhaft ist (vgl. dazu BAG, Beschluss vom 04. Juni 2008 – 3 AZB 37/08 – AP Nr. 42 zu § 64 ArbGG 1979 = NZA-RR 2009, 555; BAG, Beschluss vom 27. Mai 1994 - 5 AZB 3/94 - AP Nr. 17 zu § 64 ArbGG 1979 ; LAG Köln, Urteil vom 12. November 2003 - 8 Sa 706/03 - NZA-RR 2004, 433).

Dies ist vorliegend der Fall, denn das Arbeitsgericht hat der Wertfestsetzung den 36-fachen Wert des mit den Feststellungsanträgen zu 1.) und 3.) geltend gemachten Zuschusses zuzüglich der rückständigen Beträge zugrunde gelegt, obwohl allein die vom Kläger geltend gemachten Erhöhungsbeiträge in Höhe von monatlich 4,- € im Streit standen.

Der Wert des Streitgegenstandes ist vorliegend unter Anwendung von § 9 ZPO zu bestimmen und nach dem dreieinhalbjährigen Unterschiedsbetrag festzusetzen. Hinzuzuaddieren sind die rückständigen Beträge in Höhe von insgesamt 24,00 €. Es ergibt sich damit – da insoweit auch Streitwertidentität zwischen den Berufungsanträgen zu 2.) und 4.) vorliegt, höchstens ein Streitwert von 192,00 € (4,- € x 42 Monate = 168,- € + 24,- €), wenn - sogar - auf den Abzug von 20% für ein nur auf Feststellung gerichtetes Begehren verzichtet wird (vgl. BAG, Beschluss vom 04. Juni 2008- 3 AZB 37/08 – a. a. O.). Nach § 5 ZPO werden mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zur Wertfeststellung zusammengerechnet, wenn es sich um selbständige prozessuale Ansprüche i.S.v. § 260 ZPO handelt, die verschiedene Streitgegenstände betreffen (vgl. BAG, Urteil vom 27.01.2004 - 1 AZR 105/03 - EZA § 64 ArbGG 1979 Nr. 39). Vorliegend betreffen die Berufungsanträge zu 2.) und 4.) denselben Streitgegenstand - die vom Kläger zuletzt noch beanspruchte Erhöhung seines Zuschusses um monatlich 4,- € - so dass eine Zusammenrechnung nicht erfolgt. Zahlungs- und Feststellungsantrag erreichen zusammen höchstens den Wert von 192,- €. Die Fehlerhaftigkeit der Wertfestsetzung auf 1.464,- € ist damit offenbar.

Mit seinen Berufungsanträgen vom 05. Mai 2010 begehrt der Berufungskläger die teilweise Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, soweit das Arbeitsgericht seine Klage gerichtet auf Erhöhung des Zuschusses auf insgesamt 40,- € monatlich abgewiesen hat. Der Kläger ist durch das angefochtene Urteil aber nicht in Höhe von monatlich 40,- €, sondern lediglich in Höhe von monatlich 4,- € beschwert. Dass der Kläger Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Zuschusses in Höhe von 36,- € hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Diesen Betrag erhält der Kläger auch weiterhin. Unstreitige Ansprüche sind für die Bewertung der Beschwer aber nicht zu berücksichtigen, d. h. unstreitige Forderungen sind nicht in die Wertberechnung einzubeziehen (BAG, Beschluss vom 04. Juni 2008 – 3 AZB 37/08 – a. a. O.). Der Kläger ist deshalb durch das angefochtene Urteil nur in Höhe von monatlich 4,- € zuzüglich der ebenfalls abgewiesenen 24,- € rückständiger Zuschüsse beschwert. Damit erreicht die Berufung des Klägers nicht den Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600,- €.

Bei der Feststellung des Werts des Beschwerdegegenstandes sind die Vorschriften der §§ 2 ff. ZPO zugrunde zu legen werden. Der Wert des Beschwerdegegenstandes erreicht nicht den Wert von mehr als 600,- €, denn gemäß § 9 Satz 1 ZPO kann sich allenfalls ein Streitwert in Höhe von 168,- EUR ergeben (4,- € x 42 Monate), wenn - sogar - auf den Abzug von 20% für ein nur auf Feststellung gerichtetes Begehren verzichtet wird. Nach § 5 ZPO werden mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zur Wertfeststellung zusammengerechnet, wenn es sich um selbständige prozessuale Ansprüche i.S.v. § 260 ZPO handelt, die verschiedene Streitgegenstände betreffen (vgl. BAG, Urteil vom 27. Januar 2004 - 1 AZR 105/03 - EZA Nr. 39 zu § 64 ArbGG 1979). Zuzüglich der aus Sicht des Klägers rückständigen Beträge (24,- €) ergibt sich eine Wert des Streitgegenstandes in Höhe von maximal 192,- €. Der Wert von mehr als 600,- € wird auch nicht erreicht, wenn man beide Feststellungsanträge gesondert nach § 9 ZPO bewerten würde.

2.

Die Berufung ist auch vom Arbeitsgericht nicht zugelassen worden. Aus der – unrichtigen – Rechtmittelbelehrung lässt sich keine Zulassung der Berufung herleiten.

§ 64 Abs. 3 a ArbGG, der mit Wirkung vom 01. Mai 2000 in das Arbeitsgerichtsgesetz aufgenommen worden ist, bestimmt, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, in den Urteilstenor aufzunehmen ist. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Arbeitsgericht hat weder eine positive noch eine negative Entscheidung in den Urteilstenor aufgenommen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die in der Rechtsmittelbelehrung enthaltene Erklärung, dass vom Kläger gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werden könne, nunmehr maßgeblich ist. Durch die Regelung in § 64 Abs. 3 a ArbGG hat der Gesetzgeber diese Problematik eindeutig gelöst. Die Zulassung der Berufung muss nunmehr im Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils enthalten sein. Eine Zulassung in den Entscheidungsgründen oder in der Rechtsmittelbelehrung genügt entgegen der früheren Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 11. Dezember 1998 - 6 AZB 48/97 – BAGE 90, 273 = AP Nr. 30 zu § 64 ArbGG 1979 = NZA 1999, 333 = NJW 1999, 1420, 1421) nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zulassung von einer oder beiden Parteien beantragt worden ist. Ist die Zulassung im Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils unterblieben, so hat der Gesetzgeber vielmehr in § 64 Abs. 3 a Satz 2 ArbGG eine Möglichkeit geschaffen, die unterlassene Entscheidung über die Zulassung des Rechtsmittels nachzuholen, dass binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden kann. Dies ist vorliegend unterblieben.

Schließlich kann die Rechtsmittelbelehrung auch nicht als Urteilergänzung von Amts wegen gemäß § 319 ZPO angesehen werden. Unabhängig davon, ob eine solche überhaupt zulässig ist (vgl. zum Meinungsstand: Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG 7. Auflage 2009, § 64 Rn. 34 ff.), ist eine solche Entscheidung durch die Kammer zu treffen, § 64 Abs. 3a Satz 3 ArbGG. Eine solche Kammerentscheidung unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter liegt hier nicht vor.

Die Berufung war daher als unzulässig zu verwerfen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

III.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.