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Familienleistungsausgleich für das Kind ...


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 14. Senat Entscheidungsdatum 15.08.2012
Aktenzeichen 14 K 14101/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 18.02.2005 und der Einspruchsentscheidung vom 05.02.2008, abgesendet am 10.03.2009, dem Kläger Kindergeld für seinen Sohn B…, geb. 21.04.2001, ab März 2003 zu gewähren.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist koreanischer Staatsangehöriger und Vater des am 27.04.2001 geborenen Kindes B…, das seit dem 28.07.2002 in seinem Haushalt in Deutschland lebt. Der Kläger verfügte zunächst als Student der Philosophie und Soziologie über eine Aufenthaltsbewilligung für Studienzwecke bis zum 04.10.2002, verlängert bis 02.12.2004.

Seit dem 01.02.2003 ist der Kläger als örtlich angestellter Mitarbeiter bei der Botschaft der Republik Korea beschäftigt, wofür ihm am 06.02.2003 zunächst ein dienstliches Visum für 90 Tage und später ein sogenannter Protokollausweis für Ortskräfte ausgestellt wurde. Als Text findet sich auf diesem Ausweis die Formulierung: “Der Inhaber dieses Protokollausweises genießt in der Bundesrepublik Deutschland keine Vorrechte und Immunitäten und unterliegt uneingeschränkt der deutschen Gerichtsbarkeit. Der Inhaber dieses Ausweises darf in Verbindung mit dem u.g. nationalen Reisedokument nach Deutschland einreisen und sich hier aufhalten sowie in die Staaten einreisen, die das Schengener Durchführungsübereinkommen anwenden, und sich dort bis zu 3 Monaten aufhalten“.

Die Beklagte versagte das begehrte Kindergeld mit Bescheid vom 18.02.2005 mit der Begründung, dass der Kläger nicht die Anspruchsvoraussetzungen des § 62 Einkommensteuergesetz (EStG) erfülle. Ausländische Mitglieder und Beschäftigte diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen, die weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen noch im Inland ständig ansässig seien, hätten keinen Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG. Nach Art. 34, 37 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen seien die genannten Personen und damit auch der Kläger von der Einkommensteuer befreit.

Im Rahmen des Einspruchverfahrens reichte der Kläger die Verbalnote des Auswärtigen Amtes (Gz.: …-701-AM 22 KOR A…) vom 17.12.2002 ein, woraus sich ergab, dass ein Protokollausweis nur dann ausgestellt wird, wenn eine Anmeldung zur Einkommensteuer und Sozialversicherung erfolgt und gegenüber dem Auswärtigen Amt tatsächlich nachgewiesen wird. Außerdem brachte er Unterlagen bei, die seine persönliche Einkommensteuer- und Sozialversicherungspflicht in Deutschland belegten. Ferner übermittelte der Kläger der Beklagten die „Protokoll Richtlinien 2004“ des Auswärtigen Amtes über örtlich eingestelltes Personal, aus denen sich ergibt, dass der Protokollausweis für die Zeit der Beschäftigung als Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung gilt. Auf den genauen Inhalt des Protokolls nimmt der Senat Bezug.

Gegen die ebenfalls ablehnende Einspruchsentscheidung hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben und verfolgt sein Begehren weiter. Er ist unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Juli 2007 (III R 55/02, BStBl II 2008, 758) der Auffassung, dass ihm Kindergeld für seinen Sohn zustünde.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 18.02.2005 und der Einspruchsentscheidung vom 05.02.2008, abgesendet am 10.03.2009, zu verpflichten, dem Kläger Kindergeld für seinen Sohn B…, geb. 21.04.2001, ab März 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer in der Einspruchsentscheidung dargelegten Rechtsauffassung fest und führt ergänzend aus, dass das BFH-Urteil vom 25.Juli 2007 nicht zu einer anderen rechtlichen Würdigung führe, da das Urteil ausschließlich auf diplomatische Ortskräfte mit Arbeitsaufnahme vor dem 01. April 1999 anwendbar sei, der Kläger sein Arbeitsverhältnis aber erst im Februar 2003 begonnen habe und erst im März 2003 als diplomatische Ortskraft durch das Auswärtige Amt anerkannt worden sei.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Ablehnungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten [§ 101 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO)]. Der Kläger hat Anspruch auf Kindergeld für seinen im Streitzeitraum - März 2003 bis März 2009 – minderjährigen und in Deutschland lebenden Sohn B…. Die Beklagte hat die Festsetzung von Kindergeld zu Unrecht mit der Begründung verweigert, dass es dem Kläger an einem Aufenthaltstitel im Sinne des § 62 Abs. 2 EStG mangele.

Der Kläger ist Anspruchsberechtigter im Sinne von § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Nach dieser Vorschrift hat Anspruch auf Kindergeld für Kinder im Sinne des § 63 EStG derjenige, der im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Seinen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 Abgabenordnung). Nach dem unstreitigen Sachverhalt ergeben sich keine Zweifel daran, dass der Kläger mit seiner Familie in dem hier in Rede stehenden Zeitraum seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und sowohl der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG als auch der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Im Übrigen hat der Kläger den Vorauszahlungsbescheid zur Einkommensteuer 2003 und 2004 des Finanzamts L… vom 19.03.2003 und Bescheinigungen des Sozialversicherungsträgers vorgelegt, ausweislich derer er unbeschränkt einkommensteuer- und sozialversicherungspflichtig ist.

Steuerbefreiungen liegen weder nach internationalem noch nach innerstaatlichem Recht vor.

Der Anspruch auf Kindergeld ist insbesondere nicht nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD) vom 18. April 1961 (BGBl II 1964, 957) ausgeschlossen. Denn der Kläger war im maßgeblichen Zeitraum März 2003 bis März 2009 weder von Steuern noch von den Vorschriften über die soziale Sicherheit befreit.

Örtlich eingestellte Mitarbeiter einer Botschaft, zu denen der Kläger ausweislich seines Protokollausweises gehört, genießen nach Art. 37 Abs. 3 i.V.m. Art. 33 WÜD Befreiung von Steuern und sonstigen Abgaben auf ihre Dienstbezüge sowie Befreiung von den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit nur, wenn sie weder Angehörige des Empfangsstaats noch im Empfangsstaat ständig ansässig sind. "Ständig ansässig" im Sinne des WÜD sind alle Personen, die zum Zeitpunkt ihrer Anstellung bereits längere Zeit im Empfangsstaat ihren Wohnsitz hatten. Darüber hinaus behandelt das Auswärtige Amt grundsätzlich alle von fremden Botschaften "am Ort" eingestellten Bediensteten (sog. Ortskräfte) ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit als in der Bundesrepublik ständig ansässig, was sich im Streitfall für den Kläger aus der Verbalnote (Gz.: …-701-AM 22 KOR A...) vom 18. März 2009 ergibt. Da der Kläger in dem maßgebenden Zeitraum März 2003 bis März 2009, in dem er bei der Botschaft von Korea beschäftigt war, als ständig ansässig behandelt worden ist, weil er Beiträge zur Sozialversicherung entrichten musste, war er gerade nicht gemäß Art. 37 Abs. 3 i.V.m. Art. 33 WÜD von den in der Bundesrepublik geltenden "Vorschriften über soziale Sicherheit befreit". Wird ein Botschaftsbediensteter hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht als ständig ansässig behandelt, ist auch keine dem Bezug von Kindergeld ggf. entgegenstehende Befreiung von der Einkommensteuer gegeben (ebenso BFH-Urteil vom 25.07.2007 III R 81/03, BFH/NV 2008, 196).

Die Anspruchsberechtigung des Klägers ist auch nicht mangels Vorliegens der für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer geltenden besonderen Voraussetzungen, welche § 62 Abs. 2 EStG in der jeweils gültigen Fassung vorsieht, ausgeschlossen.

Während die Anspruchsberechtigung nach § 62 Abs. 1 EStG für deutsche Staatsangehörige und EU-Bürger lediglich an die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht im Sinne der §§ 1 Abs. 1 bis 3 EStG anknüpft, steht die Anspruchsberechtigung von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 62 Abs. 2 EStG. Diese Bestimmung verlangt für den Bezug von Kindergeld eine Niederlassungserlaubnis (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 EStG) oder eine Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt bzw. berechtigt hat - mit Ausnahme der in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG aufgezählten Aufenthaltserlaubnisse. Unter den weiteren Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG können auch die in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EStG aufgeführten, aus humanitären Gründen erteilten Aufenthaltserlaubnisse einen Anspruch auf Kindergeld ergeben.

Für den Kindergeldanspruch nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer kommt es dabei allein darauf an, dass dieser Ausländer tatsächlich einen der genannten Aufenthaltstitel in Händen hat, ihm also das entsprechende Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland durch einen Verwaltungsakt von der Ausländerbehörde mit Wirkung für die Bezugszeit zugebilligt worden ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 01.12.1997 VI B 147/97, BFH/NV 1998, 696 und vom 31.07.2009 III B 152/08, BFH/NV 2009, 1811). Der BFH hat in seiner zutreffenden Rechtsprechung diese gesetzgeberische Anknüpfung an einen entsprechenden Aufenthaltstitel im Sinne des § 62 Abs. 2 EStG auch grundsätzlich als verfassungsgemäß beurteilt (vgl. BFH-Urteil vom 15.03.2007 - III R 93/03 -, BFH/NV 2007, 1234).

Über einen der in § 62 Abs. 2 EStG genannten Aufenthaltstitel verfügt der Kläger aber in dem hier in Rede stehenden Zeitraum nicht. Andererseits hatte der Kläger aber seit März 2003 den Status eines Ausländers mit einer zu einer Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltserlaubnis inne und wurde zur Einkommensteuer und zu Sozialabgaben herangezogen.

Bei wortgetreuer Auslegung der maßgebenden gesetzlichen Vorschriften steht dem Kläger daher eigentlich kein Kindergeld zu, da er in dem maßgebenden Zeitraum keine von der Ausländerbehörde erteilte Aufenthaltserlaubnis, sondern nur einen sog. Protokollausweis besaß. Dieser Ausweis ist aber im Wege der Analogie - jedenfalls im Streitfall - einer zur Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltserlaubnis i.S. d. § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG gleichzustellen.

Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit voraus. Eine Gesetzeslücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (vgl. BFH-Urteil vom 26.01.2006 III R 51/05, BStBl II 2006, 515).

Soweit diplomatische Ortskräfte als Inhaber eines Protokollausweises wegen der Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels beim Kindergeld nicht berücksichtigt werden, enthält § 62 Abs. 2 EStG eine solche unbewusste planwidrige Gesetzeslücke (ebenso zutreffend Finanzgericht Rheinland Pfalz, Urteil vom 09.08.2011, 3 K 2299/10, juris, für US-Bürger mit einer "Status of Forces Agreement Identification"; Das hiergegen eingeleitete Beschwerdeverfahren wird unter dem Az. III R 22/12 als Revisionsverfahren beim BFH fortgeführt).

§ 62 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 EStG verfolgen den Zweck, Kindergeld nur solchen ausländischen Staatsangehörigen zukommen zu lassen, die sich rechtmäßig und voraussichtlich auf Dauer in der Bundesrepublik aufhalten. Bei Personen, die nicht im Besitz einer (unbefristeten) Niederlassungserlaubnis nach Nr. 1, sondern nur einer Aufenthaltserlaubnis nach Nr. 2 sind, muss nach Auffassung des Gesetzgebers ein weiteres Indiz hinzukommen, welches einen voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt plausibel erscheinen lässt. Ein solches Indiz ist nach dem Gesetz die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw. die Erlaubnis zu einer Erwerbstätigkeit.

Von einem nur vorübergehenden Aufenthalt ist dagegen bei ausländischen Staatsangehörigen auszugehen, deren Aufenthalt in der Bundesrepublik erkennbar begrenzt ist, wie z.B. bei denjenigen, die sich nur zu Ausbildungszwecken im Bundesgebiet aufhalten oder bei denen die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach Ablauf eines Höchstzeitraumes rechtlich ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteil vom 25.07.2007 - III R 55/02 -, BStBl II 2008, 758).

Der gesetzlichen Regelung des § 62 Abs. 2 EStG liegt somit offensichtlich die Vorstellung zugrunde, ein rechtmäßiger Daueraufenthalt erfordere stets einen von der Ausländerbehörde ausgestellten Aufenthaltstitel. Der Gesetzgeber ging anscheinend davon aus, dass die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nur solche Personen betrifft, die sich nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten und nach Beendigung ihrer Tätigkeit das Bundesgebiet wieder verlassen.

Nicht bedacht wurde bei der gesetzlichen Regelung, dass unter anderem die Tätigkeit als diplomatische Ortskraft in der Regel - und so auch im Streitfall - nicht befristet und ungewiss ist, wann sie endet. Auch werden die Protokollausweise jeweils für drei Jahre ausgestellt und dann - wie der Streitfall belegt - ggf. solange das Arbeitsverhältnis andauert, verlängert. Es sind daher keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger und seine Familie auf absehbare Zeit die Bundesrepublik verlassen würden.

Wie der BFH in seinem die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals oder des dienstlichen Hauspersonals einer Botschaft betreffenden Urteil vom 25.07.2007 – III R 55/02 – (BStBl II 2008, 758) ausgeführt hat, widerspräche es dem Zweck der Kindergeldregelung und wäre auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich, wenn ausländische Staatsangehörige, die sich rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhalten, voraussichtlich auf Dauer in der Bundesrepublik einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen, in das Sozialversicherungssystem eingegliedert und einkommensteuerpflichtig sind, vom Kindergeld ausgeschlossen würden, weil sie für ihren rechtmäßigen Aufenthalt kraft gesetzlicher Regelung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und deshalb keinen Aufenthaltstitel erhalten.

Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an und hält den vom BFH entwickelten Rechtsgedanken grundsätzlich auch auf diplomatische Ortskräfte anwendbar, für die die neu gefassten, am 1. April 1999 in Kraft getretenen Richtlinien des Auswärtigen Amtes für die Einreise und den Aufenthalt von nicht entsandten Mitgliedern des Verwaltungs- und technischen Personals, des technischen dienstlichen Hauspersonals und der privaten Hausangestellten (nicht veröffentlicht gelten). Danach dürfen im Ausland rekrutierte Personen nicht (mehr) zu einer anderen Botschaft wechseln und auch keiner sonstigen Erwerbstätigkeit nachgehen. Auch die Protokoll Richtlinien 2004 für örtlich eingestelltes Personal (nicht veröffentlicht), wonach im Ausland rekrutierte Personen nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses den Protokollausweis zurückgeben und sich unverzüglich bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde melden müssen, geben keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Denn die betreffenden Personen gehen einer erlaubten Erwerbstätigkeit nach, sind in das Sozialversicherungssystem eingegliedert, im Inland einkommensteuerpflichtig und werden vom Auswärtigen Amt als ständig ansässig behandelt (ebenso schon: 10. Senat, Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.01.2012 - 10 K 10438/08; Revision eingelegt, BFH, XI R 9/12, juris). Dass die Berechtigung zum Inlandsaufenthalt seit dem 01. April 1999 damit quasi unter dem Kündigungsvorbehalt des Arbeitsverhältnisses mit der konsularischen Vertretung steht, ist nach Auffassung des erkennenden Senats unerheblich. Für diese Rechtsauffassung spricht im Falle des Klägers auch der Umstand, dass er und seine Familie sich mittlerweile seit über zehn Jahren in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Dem Kläger wäre es daher möglich, für die gesamte Familie aufgrund der ständig verlängerten Protokollausweise, nunmehr auch bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Botschaft Korea in Deutschland zu bleiben und zumindest eine Aufenthaltserlaubnis im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG, wenn nicht sogar eine Niederlassungserlaubnis im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu erhalten.

Die Anspruchsberechtigung des Klägers ist auch nicht nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen. Danach wird Kindergeld nicht gewährt, wenn für das Kind im Ausland Leistungen gewährt werden, die dem deutschen Kindergeld oder den in Nr. 1 der Vorschrift genannten Leistungen entsprechen. Es liegen bereits keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Kläger bei entsprechender Antragstellung in C… eine dem deutschen Kindergeld vergleichbare Leistung gewährt worden wäre. Außerdem ist C… auch in der Dienstanweisung der Beklagten (DA-FamEStG 2000, BStBl 2000 I 2000, 1128) nicht in der Liste der Länder aufgeführt, die dem Kindergeld vergleichbare Leistungen gewähren.

Die rückwirkende Festsetzung ab 01.03.2003 ist mangels Festsetzungsverjährung auch zulässig. Denn gemäß § 155 Abs. 4 FGO, 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 1, 171 Abs. 3 AO scheidet der Eintritt der Festsetzungsverjährung aus.

Nach alledem ist dem Kläger, unter analoger Anwendung des § 62 Abs. 2 EStG, von März 2003 bis zum März 2009 Kindergeld in der jeweils gesetzlichen Höhe für seinen, während des gesamten Zeitraums minderjährigen Sohn B… zu gewähren.

Die Revision zum Bundesfinanzhof war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.