Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 22. Senat | Entscheidungsdatum | 28.02.2013 | |
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Aktenzeichen | L 22 R 343/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 45 SGB 10, § 255 SGB 6, § 106 SGB 6, § 106a SGB 6 |
Auf die Berufungen wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2011 geändert.
Der Bescheid vom 02. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 wird aufgehoben, soweit darin ein Anspruch auf Erstattung von 6.742,65 Euro in einem Gesamtbetrag gegenüber der Klägerin geltend gemacht wird.
Der Bescheid vom 31. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 wird aufgehoben, soweit die Bewilligung von Zuschüssen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01. Januar 2004 bzw. 01. April 2004 bis 28. Februar 2009 zurückgenommen und ein Erstattungsanspruch in Höhe von 5.972,44 Euro geltend gemacht wird.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin zur Rückforderung geleisteter Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 01. Januar 2004 und 01. April 2004 bis 28. Februar 2009 neu zu bescheiden.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufungen zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Im Übrigen werden Kosten nicht erstattet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Im Streit sind von der Beklagten geltend gemachte Ansprüche auf Erstattung erbrachter Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung von 5.972,44 Euro für die Zeit vom 01. Januar 2004 bis 28. Februar 2009 und auf Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in einem Gesamtbetrag von 6.742,65 Euro für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 28. Februar 2009.
Die im April 1948 in der T geborene Klägerin zog im Juni 1970 aus der T nach D. Sie besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und war in Deutschland als Lehrerin beschäftigt. Sie war bei der Beigeladenen krankenversichert zunächst freiwillig und später pflichtversichert. Ab 12. Februar 2002 waren keine Beiträge vom Rentenversicherungsträger an die Beigeladene entrichtet worden.
Nach Auskunft der Beigeladenen an die Beklagte vom 09. November 2011 nahm die Beigeladene die Klägerin am 21. Januar 2005 rückwirkend zum 21. Juli 2004 in die versicherungspflichtige Krankenversicherung der Rentner (KVdR) auf. Hierüber informierte die Beigeladene die Klägerin mit Schreiben vom 29. Januar 2009.
Ab 01. Juli 2011 ist die Klägerin in der Techniker Krankenkasse versichert.
Dazu im Einzelnen:
Am 28. Dezember 2000 beantragte die Klägerin auf einem Vordruck der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt - Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und ebenfalls Zuschüsse zu den Aufwendungen zur Kranken- und Pflegeversicherung mit der Angabe, dass Zuschüsse zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung/Pflegeversicherung beantragt werden, weil freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen bestehe.
Nachdem die Beklagte den Antrag der Klägerin im Verwaltungsverfahren abgelehnt und die Klägerin dagegen Klage erhoben hatte, wurde der Rechtsstreit im Berufungsverfahren beendet durch einen Vergleich, wobei die Klägerin ein Vergleichsangebot der Beklagten aus dem Monat März 2004 im April 2004 angenommen hatte. Darin erkannte die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften befristet bis 31. Oktober 2005 nach einem Leistungsfall vom 15. Juni 2003 an.
Mit Bescheid vom 26. Juli 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung „aufgrund des Vergleichs vom 10. März 2004“ mit dem 01. Januar 2004 befristet bis 31. Oktober 2005 (monatliche Rente von 1.328,57 Euro) und einen Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung vom 01. Januar 2004 bis 31. März 2004 in Höhe von monatlich von 33.90 Euro.
Mit Bescheid vom 15. September 2004 stellte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01. November 2004 bis 31. Oktober 2005 befristet neu fest. Die Höhe der monatlichen Rente wurde ab 01. November 2004 mit 1.328,61 Euro festgesetzt. Ein Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag wurde mit 98,32 Euro festgesetzt.
Unter der Überschrift „Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten“ wird ausgeführt:
„… Der Anspruch auf Beitragszuschuss für die freiwillige oder private Krankenversicherung entfällt mit der Aufgabe oder dem Ruhen dieser Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns jede Änderung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses und jede Änderung der Beitragshöhe unverzüglich mitzuteilen. …“
Der Bescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandt, der diese im vorangegangenen Rentenverfahren vertreten hatte.
Auf den Weiterzahlungsantrag der Klägerin erteilte die Beklagte den Bescheid vom 28. November 2005, worin ihr Anspruch auf Versichertenrente über den bisherigen Befristungszeitpunkt hinaus anerkannt wurde bis Dezember 2008.Für die Berechnung der Rente gelte weiterhin der bisherige Bescheid unter Berücksichtigung der Rentenanpassung. Sie sei freiwillig/privat krankenversichert. Der monatliche Zuschuss zur Krankenversicherung wurde mit 98,32 Euro bewilligt.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2008 wurde der Klägerin auf ihren Antrag vom
30. September 2008 über den bisherigen Befristungszeitpunkt hinaus bis 01. Januar 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Für die Berechnung der Rente gelte weiterhin der Bescheid vom 08. April 2008 unter Berücksichtigung der Rentenanpassung. Ab 01. Januar 2009 wurde als monatlich zu zahlende Rente der Betrag von 1.350,48 Euro angegeben. Die Klägerin sei freiwillig/privat versichert. Der zu zahlende monatliche Zuschuss zur Krankenversicherung betrage 98,59 Euro.
In den Akten der Beklagten findet sich im Januar 2009 eine Datenerfassung im Januar 2009 mit dem Inhalt:
„Im maschinellen KVdR-Meldeverfahren wurden Daten übermittelt, die zu einer Veränderung der Daten zur Krankenversicherung bzw. Pflegeversicherung geführt haben. Die Veränderung der Daten wird wirksam ab 01. Januar 2004.Aufgrund des Inhalts des Rentenkontos konnte eine maschinelle Neufeststellung/Neuberechnung nicht durchgeführt werden. Sachbearbeitung berichtige bzw. ergänze das Rentenkonto und führe anschließend die Neufeststellung/Neuberechnung durch. Die im KVdR-Meldeverfahren übermittelten Daten führen zu einer Veränderung von Sachverhalten der KVdR bzw. Pflegeversicherung, die mehr als vier Kalenderjahre zurückliegt. Die Sachbearbeitung prüfe den Tatbestand der Verjährung bzw. des Leistungsausschlusses unter Beachtung der GPB 1220.0100.
Die Beigeladene teilte der Klägerin mit Schreiben vom 26. Januar 2009 mit, aufgrund ihres Antrags auf Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente sei die Vorversicherungszeit für die Krankenversicherung der Rentner neu geprüft worden. Es sei festgestellt worden, dass ab 12. Februar 2002 keine Beiträge vom Rentenversicherungsträger entrichtet worden seien, da nach dem damals gültigen Recht die Vorversicherungszeit für die KVdR nicht erfüllt gewesen sei. Ab dem seit 01. April 2002 gültigen Recht habe die Klägerin die Vorversicherungszeit erfüllt. Die maschinelle Meldung über die Versicherungspflicht sei dem Rentenversicherungsträger damals jedoch nicht zugegangen.
Mit Rentenbescheid vom 02. Februar 2009 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin ab 01. Januar 2005 neu. Für die Zeit ab 01. März 2009 würden laufend monatlich 1.213,42 Euro gezahlt. Für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 28. Februar 2009 ergebe sich eine Überzahlung von 6.742,65 Euro. Der überzahlte Betrag sei zu erstatten. Unter „Gründe für die Neuberechnung“ wird angegeben, dass sich das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis geändert hätten. Nach Mitteilung der Krankenkasse sei eine Änderung bereits zum 01. Januar 2004 eingetreten. Bei der rückwirkenden Einbehaltung der Beiträge sei die Verjährung beachtet worden bis zum 31. Dezember 2004. Die Rente ende mit dem 31. Dezember 2011.
Mit der Überschrift „Berechnung der Rente“ wird ausgeführt:
„… Da sie in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, haben Sie einen Krankenversicherungsbeitrag aus der Rente zu zahlen, der von Ihnen und uns je zur Hälfte zu tragen ist. Am 01. Juli 2005 haben Sie darüber hinaus einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag aus der Rente zu zahlen, der von Ihnen allein aufzubringen ist. Ab 01. Januar 2009 ändert sich die Beitragszahlung zur Krankenversicherung aus der Rente…
Die Beiträge führen wir an die gesetzliche Krankenversicherung ab. Da Sie in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert sind, haben Sie einen Pflegeversicherungsbeitrag aus der Rente zu zahlen, der von Ihnen allein aufzubringen ist. Diesen Beitrag führen wir an die soziale Pflegeversicherung ab.“
Unter der Überschrift Höhe der laufenden Zahlung wird ausgeführt:
„Monatliche Rente ab 01. März 2009 1.350,48 Euro
Beitragsanteil des Rentners - 110,73 Euro zur Krankenversicherung
Beitrag des Rentners zur Pflegeversicherung - 26,33 Euro.“
Unter der Überschrift „Überzahlung“ steht:
„Die Berechnung der Überzahlung ergibt sich aus der Anlage 1.“
Der überzahlte Betrag ist zu erstatten.
„Wir bitten Sie, den Betrag spätestens innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheides auf unser Konto bei der Postbank … zu überweisen.“
In der Anlage 10 des Bescheides wird unter „ergänzende Begründungen und Hinweise“ ausgeführt:
Der Bescheid über die Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung wird mit Wirkung für die Zukunft ab 01. März 2009 nach § 48 SGB X aufgehoben. Wir beabsichtigen, den Bescheid auch mit Wirkung für die Vergangenheit ab 01. Januar 2004 hinsichtlich der Pflegeversicherung und ab 01. April 2004 hinsichtlich der Krankenversicherung nach § 48 SGB X aufzuheben und die Überzahlung des zu Unrecht gezahlten Zuschusses Pflege- und Krankenversicherung von 5.972,44 Euro zurückzufordern.
Der Klägerin wurde Gelegenheit gegeben, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid vom 02. Februar 2009 Widerspruch ein und nahm zur angekündigten Rückforderung für die Zeit vom 01. April 2004 bis 28. Februar 2005 im März 2009 Stellung.
Mit Bescheid vom 24. April 2009 hob die Beklagte den Bescheid vom 15. September 2004 über die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung für die Zeit vom 01. April 2004 und für die Pflegeversicherung ab 01. Januar 2004, § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) ab 01. Januar 2004 auf. Die für die Zeit vom 01. Januar 2004 bis 28. Februar 2009 erbrachten Leistungen seien infolge der Aufhebung des Bescheides in Höhe von 5.972,44 Euro nach § 50 SGB X zu erstatten. In den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Bescheides vorgelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Erbrachte Zahlungen für Zeiträume vom 01. Januar 2004 bis 30. Juni 2007 für die monatlichen Zuschüsse zur Kranken- bzw. Pflegeversicherung wurden aufgelistet und zu einem Teilbetrag von 3.852,48 Euro berechnet. Für die Zeit vom 01. Juli 2007 bis 28. Februar 2009 wurde für die monatlichen Zuschüsse ein weiterer Teilbetrag von 2.119,96 Euro berechnet.
Gegen den Bescheid vom 24. April 2009 legte die Klägerin Widerspruch ein.
Unter der Überschrift: „Rückforderung einer Überzahlung“ vermerkte am 16. Juni 2009 der Sachbearbeiter der Beklagten zur Begründung zum Vertrauensschutz/Ermessen bzw. zur Prüfung eines atypischen Falles: „Fehlverhalten der KK muss sich die DRV Bund zurechnen lassen“.
Mit Bescheid vom 31. Juli 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit:
„Wir haben unsere Entscheidungen überprüft und festgestellt, dass die Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses bereits ab Rentenbeginn vorlag, so dass nicht die Rechtsnormen des § 48 SGB X sondern die des § 45 SGB X Anwendung finden.
Der Bescheid vom 24. April 2009 wird daher aufgehoben.
Darüber hinaus bleibt festzustellen, dass mit Eintritt der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung zum 01. Januar 2004 bzw. 01. April 2004 ein Anspruch auf Beitragszuschuss nach §§ 106 und 106 a SGB VI nicht besteht.
Der Bescheid vom 15. September 2004 wird daher mit Wirkung ab dem 01. Januar 2004, soweit es den Pflegeversicherungszuschuss (PV) bzw. 01. April 2004 soweit es den Krankenversicherungszuschuss (KV) betrifft, nach § 45 SGB X zurückgenommen.
Die Rücknahme des Bescheides sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft (s. hierzu auch die Neuberechnung vom 02. Februar 2009 Anlage 10) ist zulässig, weil Sie sich zum einen auf Vertrauen in den Bestand des Bescheides nicht berufen können (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X) und zum anderen die Frist des § 45 Abs. 4 SGB X nicht abgelaufen ist. Auch die vorzunehmende Ermessensausübung führte zu keinem anderen Ergebnis.
Soweit es die Rücknahme des Beitragszuschusses für die Zukunft betrifft, gilt auch hier entsprechend die Rechtsnorm des § 45 SGB X.
Die für die Zeit vom 01. Januar 2004 – 28. Februar 2009 erbrachten Leistungen (s. Anlage 10) sind infolge der Rücknahme des Bescheides in Höhe von 5.972,44 Euro nach § 50 SGB X zu erstatten.
Eine erneute Anhörung im Sinne von § 24 SGB X halten wir im vorliegenden Fall für entbehrlich, da sich zu unserer Anhörung vom 02. Februar 2009 (Anlage 10) keine Änderungen ergeben haben. Die Ihrer Meinung nach der Rücknahme des Bescheides entgegenstehenden Gründe wurden bereits im zwischenzeitlichen Schriftwechsel erörtert und werden hier nicht nochmals wiedergegeben.
Diese sind bei der Vertrauensschutzprüfung sowie bei der Ausübung unseres Ermessens beachtet worden. Sie waren jedoch nicht dazu geeignet, von der Bescheidrücknahme abzusehen.
Auf Vertrauen in den Bestand des Bescheides können Sie sich nicht berufen, weil Sie aufgrund der im Antrag auf Beitragszuschuss aufgegebenen Mitteilungspflichten im Zusammenhang mit diesem letztlich darüber informiert wurden, wann die Voraussetzungen für den Beitragszuschuss nicht gegeben sind. Auch im Wege des Ermessens halten wir die Bescheidrücknahme für gerechtfertigt, weil bei bestehender Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung von Ihnen keine freiwilligen Beiträge gegenüber der City BKK zu erbringen waren und ggf. von dort erstattet wurden. Ein finanzieller Nachteil entsteht Ihnen durch den Wegfall des Zuschusses nicht, da sich der Rentenversicherungsträger an den Beiträgen zur Pflichtversicherung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen beteiligt…
In der Anlage 10 unter „Ergänzende Begründungen und Hinweise“ sind für den Zeitraum vom 01. Januar 2004 bis 28. Februar 2009 die monatlichen Zuschüsse zur Krankenversicherung und für Januar 2004 ein Zuschuss zur Pflegeversicherung dargestellt. Die Beträge ergeben eine Summe von 5.972,44 Euro.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. September wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 02. Februar 2009 und 31. Juli 2009 zurück.
Mit der am 02. November 2009 beim Sozialgericht (SG) Berlin eingegangenen Klage gegen die Bescheide vom 02. Februar 2009 und 31. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides verfolgte die Klägerin Aufhebung des Bescheides vom 02. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides insofern, als die Beklagte nachträglich einzubehaltende Beiträge in Höhe von 6.742,65 Euro forderte. Sie beantragte ferner die Aufhebung des Bescheides vom 31. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides insgesamt (Schriftsatz vom 24. Februar 2010). Es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin zumindest die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Ziffer 3 SGB X erfüllt hätte. Denn sie habe weder die Rechtswidrigkeit des erstmaligen im Anschluss an das Berufungsverfahren geführten Bewilligungsbescheides noch der Folgebescheide aufgrund ihrer Anträge auf Weitergewährung der Rente gekannt. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern sie in irgendeiner Form grob fahrlässig gehandelt hätte. Zu dessen beruhten sowohl die Überzahlung (einzubehaltenden Beiträge) als auch die Überzahlung der gezahlten Zuschüsse auf fehlerhafter Datenübermittlung durch die Beigeladene ferner auf unrichtiger telefonischer Auskunft gemäß dem Vermerk vom 28. November 2005. Die Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass ihr Versicherungsverhältnis in der Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitpunkt der Bescheiderteilung im Jahr 2004 in zutreffender Weise festgestellt worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in der Folgezeit eine Änderung von Verhältnissen hätte mitteilen können, seien nicht ersichtlich. Eine solche Änderung habe objektiv gar nicht vorgelegen. Wenn der Klägerin durch Bescheid vom 15. September 2004 u. a. mitgeteilt worden sei, dass sie als freiwilliges Mitglied in der KVdR mit den entsprechenden Ansprüchen auf Zuschüsse geführt werde, habe für sie kein Anlass bestanden, dies in Frage zu stellen. Beurteilungen über die Zugangsvoraussetzungen zur KVdR hätten allein der Beklagten im Zusammenwirken mit der Beigeladenen oblegen. Dass es stattdessen Aufgabe einer Versicherten sei, die Beurteilung der Sach- und Rechtslage insofern zu überprüfen, könne zumindest im vorliegenden Fall nicht gefordert werden.
In der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2011 hat die Klägerin auf die Frage, ob sie „den Bescheid der Rentenversicherung“ gelesen habe, erklärt:
„Ja, den habe ich gelesen.“
Sie erklärte ferner:
„Damals, ich meine 2004, war es eine sehr schwere Zeit für uns. Die Exfreundin von meinem Sohn hat sich in unserer alten Wohnung das Leben genommen. Wir hatten dann beide Therapien. Wir sind später in eine andere Wohnung umgezogen und haben jetzt drei kleine Zimmer. Mein Mann wohnt auch noch bei uns.“
„Vielleicht habe ich den Bescheid gelesen, ich weiß es nicht genau. Mein Sohn E, er lebt jetzt in Düsseldorf, hat damals meinen Papierkram erledigt. Mein anderer Sohn, E, war dazu auch nicht in der Lage, weil er durch die Ereignisse zu sehr mitgenommen war.“
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Rentenbescheid vom 02. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 hinsichtlich der festgestellten Überzahlung für den Zeitraum vom 01. Januar 2005 bis zum 28. Februar 2009 und den Bescheid vom 31. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 insgesamt aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Erhebung von Beiträgen in Höhe der Eigenbeteiligung für zurückliegende Zeiten zulässig sei gemäß § 255 Abs. 2 SGB V. Nach maschineller Mitteilung der Beigeladenen im Januar 2009 sei die Klägerin für die Zeit ab 12. Februar 2002 krankenversicherungspflichtig in der KVdR. Da die Beklagte an die Entscheidung der Krankenkasse hinsichtlich der Zugehörigkeit zur KVdR gebunden sei und keinerlei eigene Entscheidungsbefugnis besitze, seien für die Zeit ab 01. Januar 2004 (im Rahmen der vierjährigen Verjährung) Pflichtbeiträge zur KVdR nachträglich von der Rente einzubehalten – Bescheid vom 02. Februar 2009 – und an die Krankenkasse abzuführen. Insgesamt sei festzustellen, dass die Bescheide vom 02. Februar 2009 und 31. Juli 2009 der Sach- und Rechtslage entsprechend korrekt erteilt worden seien.
Im Protokoll der mündlichen Verhandlung des SG ist vermerkt:
Der Vertreter der Beklagten stellt klar, dass die Überzahlung aufgrund der rückständigen Beiträge bzw. Beitragsanteile für die Kranken- und Pflegeversicherung nicht als solche geltend gemacht wird, sondern nur im Rahmen einer Verrechnung nach § 255 Abs. 2 SGB V.
Mit dem am 18. Februar 2011 verkündeten Urteil hat das Sozialgericht den Bescheid vom 31. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 aufgehoben, soweit darin ein Betrag von mehr als 1.882,72 Euro zurückgefordert wird. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Klage sei nicht begründet, soweit sie gegen die „festgestellte Überzahlung“ im Zeitraum vom 01. Januar 2005 bis 28. Februar 2009 wende. Nach § 255 Abs. 2 SGB V seien rückständige Beiträge durch den Träger der Rentenversicherung einzubehalten. Zwar sei der Bescheid in seiner ursprünglichen Fassung missverständlich, als es dort heiße, dass „der überzahlte Betrag“ in Höhe von 6.742,65 Euro zu erstatten sei. Auch im Widerspruchsbescheid heiße es, dass der Gesamtbetrag von 12.715,09 Euro „zu erstatten“ sei. § 255 Abs. 2 SGB V ermächtige nicht dazu, die Erstattung der nicht einbehaltenen Beiträge zu fordern. Er ermächtige lediglich zum Einbehalt der Beiträge. Jedenfalls habe der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der Regelungsgehalt des Bescheides sich darauf beschränke, die Höhe der rückständigen Beiträge festzustellen. Eine Vollstreckung aus diesem Bescheid sei so nicht möglich. Die Klage habe teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Rückforderung der Zuschüsse in Höhe von mehr als 1.882,72 Euro wende. Nach Auffassung des Gerichts sei durch Bescheid vom 31. Juli 2009 ausschließlich die Bewilligung von Beitragszuschüssen zur Pflege- bzw. Krankenversicherung im Zeitraum vom 01. Januar 2004 bis 31. Oktober 2005 aufgehoben worden, möge auch die Beklagte möglicherweise etwas anderes intendiert haben. Ein anderer Bedeutungsgehalt sei dem Bescheid hinsichtlich der Aufhebung nicht zu entnehmen ausgehend vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten. Die Beklagte habe weder im Ausgangs- noch im Widerspruchsbescheid den Bescheid vom 28. November 2005 den Bescheid vom 19. Dezember 2008 aufgehoben. Wenngleich der mit der Rückforderung geltend gemachte Betrag nahe lege, dass wohl auch die Bewilligung des Zuschusses für den Zeitraum 01. November bis 28. Februar 2009 aufgehoben werden sollte, sei dies nicht mit der für den Aufhebungsbescheid erforderlichen Bestimmtheit deutlich geworden.
Nicht zu beanstanden sei, dass die Beklagte die Bewilligung des Zuschusses zur Pflegeversicherung ab 01. Januar 2004 bzw. zur Krankenversicherung ab 01. April 2004 bis 31. Oktober 2005 aufgehoben habe. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X lägen vor, auch für die Vergangenheit. Der Klägerin sei infolge grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben die Rechtswidrigkeit des Rentenbescheides. Jedem müsse sich die Rechtswidrigkeit der Bewilligung des Beitragszuschusses aufdrängen, wenn er selbst keine entsprechenden Beiträge zahle. Die Bewertung ändere nichts unter Berücksichtigung der besonderen subjektiven Verhältnisse der Klägerin, die im Einzelnen gewürdigt würden.
Hinsichtlich der Rücknahme für die Vergangenheit habe die Beklagte ihr Ermessen erkannt und habe ihre Ermessensausübung zwar nur knapp begründet, dies aber beanstandungsfrei.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 02. März 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 01. April 2011 beim Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Die Klägerin meint, nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dürfe jedenfalls der Versichertenbeitragsanteil aus einer Rente für zurückliegende Zeiten nicht erhoben werden, wenn die Mitgliedschaft in der KVdR erst nachträglich festgestellt worden sei, ohne dass die wesentliche Ursache hierfür beim Versicherten gelegen habe und der Versicherte über seine mit dem Rentenantrag eingetretene Pflichtmitgliedschaft nicht ausreichend aufgeklärt gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dürfe jedenfalls der Versichertenbeitragsanteil aus einer Rente für zurückliegende Zeiten nicht erhoben werden, wenn die Mitgliedschaft in der KVdR erst nachträglich festgestellt wurde, ohne dass die wesentliche Ursache hierfür beim Versicherten lag und der Versicherte über seine mit dem Rentenantrag eingetretene Pflichtmitgliedschaft nicht ausreichend aufgeklärt war (BSG vom 04. Juni 1991 = SozR 3-2200 § 381 Nr. 2). Ein solcher Sachverhalt liege hier vor. Der Klägerin könne grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X nicht vorgehalten werden. Gerade der Hinweis des Sozialgerichts auf Seite 9 im dritten Absatz auf das Vorliegen der psychiatrischen Erkrankung der Klägerin, bescheinigt durch das Gutachten Dr. C.-M. B müsse zu einer genau gegenteiligen Beurteilung des Verschuldensmaßstabs der Klägerin führen. Es sei u. a. die Auffassungsgabe der Klägerin deutlich beeinträchtigt gewesen. Hingegen sei sich die Klägerin des Bestehens der psychiatrischen Erkrankung und hiermit einhergehender, im Urteil dargelegter Defizite „bewusst“ und gerade deshalb habe sie ihren Sohn E gebeten, sich der Klärung der Frage des Krankenversicherungsschutzes an sich und auch der Frage der Rechtmäßigkeit des Beitragszuschusses anzunehmen. An den „Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten“ könnten keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Es ist verfehlt, wie auf Seite 9 im zweiten Absatz geschehen, die Klägerin nach ihrer früheren Qualifikation (abgeschlossenes Fachschulstudium und langjährige Lehrerin) zu beurteilen; die psychiatrische Erkrankung der Klägerin zwinge zu einem anderen Ergebnis, nämlich dass die Klägerin aus ihrer Sicht das Notwendige getan habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2011. aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 02. Februar 2009 und 31. Juli 2009 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 insoweit zu ändern, als darin 5.972,44 Euro und 6.742,65 Euro von der Klägerin beansprucht werden.
Gegen das der Beklagten am 01. März 2011zugestellte Urteil richtet sich die am 04. Juli 2011 beim LSG eingegangene Anschlussberufung der Beklagten.
Sie beantragt im Wege der Anschlussberufung,
die Berufung zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2011 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Mit dem am 03. Februar 2012 beim LSG eingegangenen Schriftsatz wurde zur Begründung von der Beklagten vorgetragen:
Dahingestellt bleiben könne, ob die Beklagte mit den vom Sozialgericht genannten Bescheiden vom 28. 11. 2005 und 19. Dezember 2008 über den Anspruch auf Zuschuss zur Krankenversicherung dem Grunde nach überhaupt neu entschieden hat. In beiden Bescheiden sei zwar der Anspruch auf die Versichertenrente ausdrücklich über den jeweiligen Befristungszeitpunkt hinaus anerkannt worden, hinsichtlich der Zuschusszahlung jedoch auf den bisherigen Rentenbescheid verwiesen worden. Eine Erstattungsforderung scheitere schon nicht daran, dass der Rücknahmebescheid den oder die zu korrigierenden Bewilligungsbescheid(e) nicht oder unzutreffend benenne. Sie nahm Bezug auf die Rechtsprechung, wonach eine Aufhebung früherer Bescheide nicht ausdrücklich erklärt werden müsse, sondern könne auch durch einen konkludenten, jedoch hinreichend deutlichen Verwaltungsakt erfolgen.
Sie begründet im Einzelnen ihre Auffassung, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung gewusst habe, dass für sie eine freiwillige Versicherung von Beginn der Zuschusszahlung an gar nicht mehr bestand und sie auch keine freiwilligen Beiträge mehr entrichtet habe, so dass sie auch wissen musste, dass sie gar keinen Anspruch auf die – insoweit zweckgebundenen – Beitragszuschüsse des Rentenversicherungsträgers mehr besaß. Insoweit hat sie unter Würdigung der genannten Umstände in jedem Fall grob fahrlässig gehandelt.
Darüber hinaus sei hinsichtlich der vom Sozialgericht Berlin als rechtmäßig angesehener, von der Klägerin aber weiterhin angefochtener Feststellung der Beitragsnachforderung nach § 255 Abs. 2 SGB V in Verbindung mit § 60 Abs. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) im Bescheid vom 02. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. September anzumerken, dass die Bescheide auf den ersten Blick zwar missverständlich, in der Gesamtschau aber nicht zu beanstanden seien. Im Einzelnen wird die Auffassung begründet, dass der Nacherhebungsbescheid nicht erst durch die Erklärung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung, sondern bereits im Verlauf des Widerspruchsverfahrens, auf jeden Fall jedoch während des laufenden Klageverfahrens auch in der nötigen Schriftform hinreichend bestimmt worden sei.
Mit Beschluss vom 16. Februar 2012 wurde die City BKK beigeladen.
Die Beigeladene erteilte Auskunft.
Die Bevollmächtigte der Beklagten und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärten am 02. Januar 2013, sie stimmten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu. Die Beigeladene stimmte einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung am 15. Januar 2013 zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten,, der Beklagten und der Bundesanstalt für Arbeit zum Geschäftszeichen und auf den Inhalt der von der Beigeladenen übersandten Unterlagen, die dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.
Die Berufungen sind zulässig und teilweise begründet. Das angefochtene Urteil ist zu ändern wie anerkannt.
Der Bescheid vom 02. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 ist rechtswidrig, soweit er gerichtlich zu überprüfen ist. Das SG hat zu Unrecht die Klage gegen diesen Bescheid abgewiesen, soweit er nicht bestandskräftig ist.
Er enthält Verfügungssätze zur
1. Erhebung eines monatlichen Beitraganteils zu Kranken- und Pflegeversicherung ab 01. März 2009 (110,73 Euro und 26,33 Euro).
2. Aufhebung „des Bescheides über die Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung“ ab 01. März 2009 nach § 48 SGB X,
3. Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 28. Februar 2009 zu einem Gesamtbetrag von 6.742,65 Euro für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung .
Der Bescheid vom 02. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist hinsichtlich der Verfügungssätze zu 1.und 2. nicht zu überprüfen. Die Klägerin hat ausdrücklich erklärt, dass sich ihre Klage ausschließlich gegen die Zahlungsansprüche von 6.742,65 Euro und 5.972,44 Euro richtet und auf die Zeiträume vor dem 01. März 2009 bezogen ist. Damit sind Verfügungssätze zu 1. und 2. gemäß § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bindend.
Der Bescheid vom 02. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist allerdings insoweit rechtswidrig und daher aufzuheben, als damit ein Anspruch auf Zahlung von 6.742,65 Euro in einem Gesamtbetrag geltend gemacht wird. Insoweit hat das SG den Bescheid zu Unrecht nicht aufgehoben.
Die Geltendmachung dieses Zahlungsanspruchs für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 28. Februar 2009 in einem Gesamtbetrag für den monatlichen Beitragsanteil der Klägerin zur Kranken- und Pflegeversicherung ist in dieser Form rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Zwar bestand in diesem Zeitraum Beitragspflicht der Klägerin zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung, die nicht erfüllt wurde. Die zu entrichtenden Pflichtbeiträge sind nicht einbehalten worden und wurden auch ansonsten nicht entrichtet. Allerdings vermag die Beklagte eine entsprechende Forderung nicht in der von ihr gewählten Form erfolgreich durchzusetzen.
Im Einzelnen:
Die Klägerin hatte im Rückforderungszeitraum ab 01. Januar 2005 als Versicherungspflichtige Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aus ihrer Rente zu tragen. Insoweit hat die Beklagte im Bescheid vom 02. Februar 2009 die Beitragspflicht der Klägerin zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung rechtmäßiger Weise und in nicht zu beanstandender Höhe geltend gemacht.
§ 249 a Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) besagt, dass bei Versicherungspflichtigen, die eine Rente nach § 228 Absatz 1 Satz 1 beziehen, der Träger der Rentenversicherung die Hälfte der nach der Rente zu bemessenden Beiträge nach dem um 0,9 Beitragssatzpunkte verminderten allgemeinen Beitragssatz trägt; im Übrigen tragen die Rentner die Beiträge. Nach § 228 Abs.1 SGB VI gelten Renten der allgemeinen Rentenversicherung, wie sie die Klägerin bezieht, als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Klägerin war ab 12. Februar 2001 aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr freiwillig sondern pflichtversichert gewesen. Soweit sie in der Zeit vom 12. Februar 2001 bis 20. Juli 2004 versicherungspflichtig war nach § 5 Abs. 1 und 2 und Nr. 1 SGB V, wurden für sie Beiträge entrichtet. Ab 21. Juli 2004 bestand für die Klägerin Versicherungspflicht als Rentnerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V. Die resultierenden Beitragspflicht wurde nicht erfüllt Sie war damit Pflichtmitglied der KVdR und versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V und § 20 Abs. 1 Nr. 11 SGB XI).
Dies ergibt sich auf der Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Aktenzeichen 1vL 16/96 vom 15. März 2000. Es besagt:
1. § 5 Absatz 1 Nummer 11 Halbsatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Artikels 1 Nummer 1 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. Dezember 1992 (Bundesgesetzblatt I Seite 2266) ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit Personen, die nach dem 31. Dezember 1993 einen Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt haben, nur dann in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert sind, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums auf Grund einer Pflichtversicherung versichert waren.
2. Soweit die Vorschrift mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar ist, kann sie bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis 31. März 2002, weiter angewendet werden. Kommt es innerhalb der Frist nicht zu einer gesetzlichen Neuregelung, so bestimmt sich der Zugang zur Krankenversicherung der Rentner ab 1. April 2002 nach § 5 Absatz 1 Nummer 11 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz) vom 20. Dezember 1988 (Bundesgesetzblatt I Seite 2477).
Er lautet:
Versicherungspflichtig sind ... Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren...
Danach richtet sich die Versicherungspflicht der Klägerin ab 21. Juli 2004 bis zur Neufassung vom 22. November 2011 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits- Reformgesetz - GRG) vom 20. Dezember 1988.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Sie war seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied dort. Damit ist sie versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V und § 20 Abs. 1 Nr. 11 SBG XI).
Die Voraussetzungen des § 255 Abs. 2 SGB V für eine Nacherhebung liegen damit zweifelsfrei vor.
Die gesetzliche Regelung enthält im Übrigen weder einen Ermessenspielraum des Rentenversicherungsträgers, noch eine Regelung über einen wie auch immer gearteten Vertrauensschutz. Sie ist vielmehr so zu verstehen, dass der Rentenversicherungsträger bei Nichterfüllung der Abführungspflicht die rückständigen Beiträge von der Rente (zwingend) abziehen muss (BSG vom 15. Juni 2000 - B 12 RJ 5/99 R). Eine solche Nacherhebung von Beiträgen verstößt grundsätzlich nicht gegen Treue und Glauben, jedenfalls nicht, wenn sie innerhalb der Grenzen der Verjährung erfolgt (BSG vom 23. Mai 1989 - 12 RK 66/87 zu dem inhaltsgleichen früheren Recht des § 393 a Reichsversicherungsordnung - RVO -).
Die Grenzen der Verjährung hat die Beklagte beachtet. Nach dem hier einschlägigen § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die ältesten von der Beklagten festgesetzten, rückständigen Beiträge betreffen den Monat Dezember 2005. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides am 20. Juni 2008 war damit die vierjährige Verjährungsfrist offensichtlich noch nicht abgelaufen.
Weiteren Einschränkungen unterliegt die Nacherhebung grundsätzlich nicht, insbesondere nicht denen der §§ 44 ff. SGB X. Gegenüber den Rückforderungsvorschriften des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB X) ist § 255 Abs.2 SGB V lex specialis, so dass hier die Voraussetzungen des §48 SGB X nicht erfüllt sein müssen.
Auch ist keine Verwirkung des Rechts auf die Beitragsnacherhebung eingetreten. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treue und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt (BSG in SozR 2200 § 1399 Nr. 11 m. w. N.). Eine solche Verwirkung setzt neben einem langen Zeitablauf besondere Umstände oder ein aktives Verhalten des der Beklagten voraus, wodurch die verspätete Geltendmachung illoyal erscheint (BSG vom 23. Mai 1989 – B 12 RK 23/88).
Dazu bedarf es neben einem langen Zeitablauf eines konkreten Verhaltens des Rentenversicherungsträgers, welches beim Rentenempfänger ein Vertrauen schafft, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht, worauf er sich in seinem Verhalten eingerichtet hat. Daran fehlt es hier: Zum einen liegt zunächst schon kein langer Zeitablauf zwischen der Nichterhebung der Beiträge und der Feststellung der Beitragspflicht vor. Zum anderen sind weder besondere Umstände vorgetragen oder sonst erkennbar, die die Entscheidung der Beklagten über die nachträgliche Beitragserhebung als illoyal gegenüber dem Kläger erscheinen lassen könnten.
Selbst wenn die Beklagte die Unterlassung der Beitragseinbehaltung verschuldet hätte, würde dies ihre grundsätzliche Berechtigung zur Nachforderung der Beiträge nicht beeinflussen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Beklagte durch ein irgendwie geartetes Handeln bei dem Kläger den Eindruck erweckt hätte, sie würde berechtigte Beitragsforderungen nicht geltend machen, wobei bloßes Nichtstun nicht ausreicht BSGE 47, 194 f.).Ein solches Verwirkungshandeln seitens der Beklagten liegt jedoch nicht vor.Die bloßesubjektive Vorstellung des Klägers, ihm würde die Rente in der zutreffenden Höhe und ohne die Verpflichtung, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen, ausbezahlt, berechtigt gerade nicht zu der Annahme, die Beitragsforderung sei verwirkt. Ebenso wenig genügt hierfür der vorgetragene Verbrauch der Rente in dem allgemeinen Vertrauen, es werde alles seine Richtigkeit haben.
Nach §§ 256 Abs. 2, 255 Abs. 2 SGB V kommt es zur Aufrechterhaltung des Beitragsanspruchs weder auf das fehlende Verschulden der Zahlstelle noch auf das Fehlverhalten der Krankenkasse an. Eine Verwirkung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil unter der Geltung des neuen Rechts der Beitragseinzug über längere Zeit unterblieben ist und sich aus den Umständen des Unterlassens ein Vertrauenstatbestand ergibt. Auch die Fälligkeit des Beitragsanspruchs wird durch § 256 Abs 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Auszahlung der Versorgungsbezüge fixiert (BSG 12 RK 62/92).Das von der Klägerin zitierte Urteil 12 RK 52/90 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die dort zugrundeliegenden Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In jenem Verfahren hat das BSG ausgeführt:
„Der Kläger hat für die Zeit vor dem 1. November 1985 keinen Eigenanteil an den Beiträgen zu entrichten, und die Beigeladene darf daher einen solchen auch nicht von seiner Rente einbehalten. Der erkennende Senat hat schon mit Urteil vom 17. Dezember 1980 (BSGE 51, 89, 97/98 = SozR 2200 § 381 Nr. 44 mit Hinweisen auf frühere Rechtsprechung) entschieden, dass eine Krankenkasse für die zurückliegende Zeit keine Beiträge fordern kann, wenn der Versicherte über seine mit dem Rentenantrag eingetretene Pflichtmitgliedschaft nicht ausreichend aufgeklärt war und deshalb ihm zustehende Leistungen nicht in Anspruch genommen hat. Bei dieser Sachlage widerspreche es der Wechselbeziehung zwischen Beitragspflicht und Leistungsansprüchen, im Übrigen auch dem Grundsatz von Treu und Glauben (venire contra factum proprium), wenn die Krankenkasse für diesen Zeitraum Beiträge beanspruchen würde. Später hat der 5a Senat in Urteilen vom 30. November 1983 (5a RKn 3/83 in SozR 2200 § 313 Nr. 8 und 5a RKn 9/82) entschieden, dass die rückwirkende Aufnahme eines freiwilligen Mitglieds keine Beitragspflicht für die Vergangenheit begründet, wenn der Versicherte aufgrund des bisherigen Verhaltens des Versicherungsträgers keine Kenntnis vom bestehenden Versicherungsschutz hatte (vgl. ferner das Urteil vom 9. Oktober 1984 in BSGE 57, 179 = SozR 2200 § 517 Nr. 8 zur treuwidrigen Beitragsforderung bei Doppelmitgliedschaft in AOK und Ersatzkasse).“
Die Umstände, unter denen es gegen Treu und Glauben verstoßen kann, die Beiträge nachzufordern, so wenn der Versicherte keine Kenntnis vom bestehenden Versicherungsschutz hat (BSG 5a RKn 3/83), liegen hier nicht vor, da die Klägerin Kenntnis hatte. Sie wusste nach ihrer Erklärung vom 02. Januar 2013 seit etwa 2002, dass sie gesetzlich versichert war.
Hierauf kommt es im Ergebnis nicht an:
Die Beklagte hat derKlägerin rechtswidriger Weise die Zahlung der Beiträge in einem Gesamtbetrag auferlegt. Denn es gibt keine gesetzliche Grundlage, die Zahlung in einem Gesamtbetrag von der Klägerin zu verlangen. § 255 SGB V bietet keine Anspruchsgrundlage für Forderung der Beiträge in einem Gesamtbeitrag.
Gemäß § 255 Abs. 1 SGB V sind Pflichtbeiträge bei der Zahlung der Rente einzubehalten. Ist dies unterblieben, sind die rückständigen Beiträge aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten (Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift); § 51 Abs. 2 des Ersten Buches (Grenze der Sozialhilfebedürftigkeit) gilt entsprechend Ist dies unterblieben, sind die rückständigen Beiträge aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten (Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift); § 51 Abs. 2 des Ersten Buches (Grenze der Sozialhilfebedürftigkeit) gilt entsprechend (vgl. zum früheren Recht der Reichsversicherungsordnung BSGE 73, 217 = SozR 3-2200 § 393 a Nr. 3). Mit dieser Spezialregelung ist der im angefochtenen Bescheid geltend gemachten Anspruch auf Erstattung rückständiger Beiträge in einem Betrag ersichtlich der Boden entzogen (so auch LSG Baden- Württemberg vom 30. März 2004 - L 13 RA 3690/03). Nur im Wege des Einbehalts von der laufenden Rente und nur in den Grenzen des § 51 Abs. 2 SGB I können Beiträge später geltend gemacht werden (BSG Urteil vom 23. Mai 1989 -12 RK 23/88 zum früheren § 393 a RVO).
Ein solcher Einbehalt ist hier nicht erfolgt. Der Einbehalt nach § 255 Abs.2 SGB VI hat Verfügungscharakter. Es ist deshalb erforderlich, dass sich aus dem Verwaltungsakt eindeutig ergibt, ob und inwieweit die Verwaltung den Einbehalt verfügt hat. Hingegen hat die Beklagte entgegen ihrer Auffassung von derKlägerin rechtswidriger Weise die Zahlung der Beiträge in einem Gesamtbetrag beansprucht. Denn sie hat die Zahlung i. H. v. 6.742,65 Euro innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides vom 02. Februar 2009 gefordert. Eindeutig hat sie im Bescheid mitgeteilt, der Betrag solle innerhalb dieser Frist auf das dafür genannte Konto überwiesen werden. Im Widerspruchsbescheid hat sie diese Forderung wiederholt, indem sie geschrieben hat:
„Der Betrag von 6742,65 Euro ist daher ebenfalls zu erstatten“.
Damit ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nichts anderes aus dem Widerspruchsbescheid. Darin wurden insgesamt 12.715,09 Euro einschließlich der ebenfalls zur Zahlung geforderten 5.972,44 Euro beansprucht. Von dem Anspruch, den Gesamtbetrag zur Zahlung zu verlangen, ist in keiner Weise im Widerspruchsbescheid abgewichen worden.
Die Erklärung des Bevollmächtigten in der erstinstanzlichen Verhandlung, wonach er „klargestellt“ habe, dass die Überzahlung aufgrund der rückständigen Beiträge bzw. Beitragsanteile für die Kranken- und Pflegeversicherung nicht als solche geltend gemacht werde, sondern nur im Rahmen einer Verrechnung nach § 255 Absatz 2 SGB V, vermag den Regelungsgehalt des Bescheides nicht zu ändern. Insoweit ist dieser rechtswidrig. Die Beklagte verlangt, wie dargelegt, eindeutig Zahlung des Gesamtbetrages von der Klägerin.
Das angefochtene Urteil ist auch zu ändern, als damit der Bescheid vom 31. Juli 2009 nicht vollumfänglich aufgehoben wurde, soweit er nicht bestandskräftig ist. Dies ist zu Unrecht erfolgt.
Der Bescheid vom 31. Juli 2009 zur Rückforderung von 5.972,44 Euro für die Zeit vom 01. Januar 2004 bis 28. Februar 2009 für erbrachte Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung ist rechtswidrig. Auch hebt er zu Unrecht alle Bescheide auf, mit denen ab 01. Januar 2004 Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt wurden (Bescheid vom 15. September 2004 mit dem ab 01. Januar 2004 bis 31. Oktober 2005 Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt wurden, Bescheid vom 28.11.2005, mit dem ab 01. 11. 2005 bis 31. 12.2008 Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt wurden, Bescheid vom12.12.2008, mit dem ab 01. Januar 2009 bis 31. 12.2011 Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt wurden).
Die Beklagte ist des Weiteren zu verpflichten, die Klägerin neu zu bescheiden zur Rückforderung geleisteter Zuschüsse für die Zeit vom 01. November 2005 bis 28. Februar 2009.
Der Bescheid vom 31. Juli 2009 enthält Verfügungssätze zur
1. Aufhebung des Bescheides vom 24. April 2009;
2. Rücknahme aller Bescheide, mit denen ab 01. Januar 2004 Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt wurden, wobei dahinstehen kann, ob die Aussage, festzustellen bleibe, dass ein Anspruch der Klägerin auf Zuschüsse nach §§ 106, 106 a SGB V ab 01. Januar 2004 nicht bestehe, lediglich die Begründung zu 1. oder einen eigenständigen Verfügungssatz darstellt;
3. Rückforderung von 5.972,44 Euro für die Zeit vom 01. Januar 2004 bis 28. Februar 2009 für erbrachte Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Zu 1. Die Aufhebung des Bescheides vom 24. April 2009 ist bestandskräftig und daher gerichtlich nicht mehr zu überprüfen. Mit der Erklärung des Prozessbevollmächtigten vom 02. Januar 2013 wurde die zunächst unbeschränkt eingelegte Klage beschränkt auf die Rückforderungen. Er hat erklärt, die Klage richte sich ausschließlich gegen die Rückforderungen bzw. Zahlungsaufforderungen in Höhe von 6.742,65 Euro bzw. 5.972,44 Euro.
Zu 2. Mit Bescheid vom 31. Juli 2009 wurden sämtliche Bescheide zurückgenommen, mit denen der Klägerin Zuschüsse bewilligt wurden und nicht lediglich der Bescheid vom 15. September 2004, auch wenn wörtlich der „Bescheid vom 15. September 2004“ hinsichtlich der Zuschussbewilligung zurückgenommen wurde. Aus der Höhe der Rückforderung im Zusammenhang mit der Darstellung der im Bescheid vom 31. Juli 2009 genannten Anlage 10 ergibt sich, dass sämtliche Bewilligungsbescheide aufgehoben wurden: Der Zeitraum vom 01. Januar 2004 bis 28. Februar 2009 ist hinsichtlich der monatlich gezahlten Zuschüsse im Einzelnen dargestellt und ergibt die geforderten 5.972,44 Euro. Ausgehend vom Empfängerhorizont kann dies nur die Aufhebung sämtlicher Bewilligungsbescheide jedenfalls bis 28. Februar 2009 bedeuten. Entgegen der Auffassung des SG erfolgte die Aufhebung so hinreichend bestimmt.
Dahinstehen kann daher, ob die Aufhebung der Bewilligung der Zuschüsse im Bescheid vom 15. September 2004 ausgereicht hätte, oder ob die Aufhebung sämtlicher Bewilligungsbescheide deshalb erforderlich war, da die Zuschussbewilligung an die Rentenbewilligung gebunden war und diese lediglich befristet war. Grundsätzlich genügt es, den Bescheid aufzuheben, mit dem die erstmalige Zuerkennung eines solchen Zuschusses verfügt wurde, denn bei einem einen Zuschuss bewilligenden Bescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, durch den ein solcher Zuschuss als regelmäßig wiederkehrende Leistung bewilligt wird (Bundessozialgericht – BSG, Urteil vom 20. Februar 1986 – 4 a RJ 93/84, zitiert nach juris). Anders könnte es bei einer befristeten Rentenbewilligung sein.
Die Aufhebung der Bescheide über die Bewilligung der Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01. Januar 2004 bis 28. Februar 2009 ist allerdings rechtswidrig, so dass der Bescheid vom 31. Juli 2009 insoweit aufzuheben ist.
Die Voraussetzungen einer Aufhebung nach § 45 SGB X in Verbindung mit § 106 SGB VI liegen nicht vor. Daher kann keine Erstattung nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X verlangt werden. § 45 SGB X lautet:
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
1. die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
Die Klägerin war wie dargelegt bereits ab 2001 keine freiwillig sondern gesetzlich Pflichtversicherte und hatte als solche keinen Anspruch auf den gewährten Zuschuss. Zutreffend ist daher die Feststellung im Bescheid vom 31. Juli 2009, dass ab 01. Januar 2004 bzw. 01. April 2004 ein Anspruch auf Beitragszuschuss nach § 106 und § 106 a SGB VI nicht besteht. Denn nach § 106 SGB VI in der ab 01. Januar 2002 erhalten Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. Dies gilt nicht, wenn sie gleichzeitig in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind.
Gleichwohl ist die erfolgte Rücknahme rechtswidrig. Denn § 45 Abs. 4 SGB X eröffnet die Rücknahme von begünstigenden Verwaltungsakten für die Vergangenheit nur unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X.
Tatsächliche Anhaltspunkte für die Anwendung des Tatbestandes Nr. 1 bestehen nicht. Auch die Voraussetzungen der Nr. 2 liegen nicht vor, denn die Klägerin hat weder unrichtige noch unvollständige Angaben gemacht. Sie hat bei Beantragung der Zuschüsse zu keinem Zeitpunkt entgegen der Rechtslage angegeben, freiwillig versichert zu sein. Im Jahr 2000 war sie entsprechend ihren Angaben tatsächlich freiwillig versichert. Bei den Anträgen auf Weiterbewilligung hat sie nicht angegeben, freiwillig versichert zu sein.
Allerdings liegt der Tatbestand der Nr.3 vor, wonach die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt haben muss.
Grobe Fahrlässigkeit ist nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X nur gegeben, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies lässt sich hinsichtlich sämtlicher Bewilligungsbescheide feststellen.
Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSGE 62, 32, 35 = SozR 4100 § 71 Nr. 2); dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff: BSGE 35, 108, 112; 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 20). Das BSG hat im Urteil vom 08. Februar 2001 – B 11 AL 21/00 R – zitiert nach juris im Einzelnen ausgeführt. Bezugspunkt für das grobfahrlässige Nichtwissen sei schon nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes - also das Ergebnis der Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung durch die Behörde. Allerdings könnten "Fehler im Bereich der Tatsachenermittlung oder im Bereich der Rechtsanwendung", auch wenn sie nicht Bezugspunkt des grobfahrlässigen Nichtwissens sind (BVerwG Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 24; vgl. auch BSGE 62, 103, 106 = SozR 1300 § 48 Nr. 39), Anhaltspunkt für den Begünstigten sein, die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes selbst zu erkennen. Voraussetzung dafür sei aber, dass sich die tatsächlichen oder rechtlichen Mängel aus dem Bewilligungsbescheid oder anderen Umständen ergeben und für das Einsichtsvermögen des Betroffenen ohne weiteres erkennbar sind. Entscheidend sei, ob unter den gegebenen Umständen eine Sorgfaltspflichtverletzung in besonders schwerem Maße vorzuwerfen ist, wenn die Rechtswidrigkeit der Bewilligungen nicht erkannt wurde. Das aber lasse sich erst beurteilen, wenn feststehe, inwieweit der Begünstigte Bewilligungsbescheide zur Kenntnis genommen hat.
Eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, bestehe, auch wenn sie nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt sei. In verschiedenen Zusammenhängen habe das BSG aus dem Sozialrechtsverhältnis hergeleitet, dass die Beteiligten „sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren“ haben (vgl. BSGE 34, 124, 127 = SozR Nr. 25 zu § 29 RVO; BSGE 77, 175, 180 = SozR 3-4100 § 105 Nr. 2). Allerdings dürfe ein Antragsteller, der zutreffende Angaben gemacht hat, im Allgemeinen nicht zu Gunsten der Fachbehörde gehalten sein, Bewilligungsbescheide des Näheren auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Der Antragsteller darf davon ausgehen, dass eine Fachbehörde nach den für die Leistung erheblichen Tatsachen frage und seine wahrheitsgemäßen Angaben zutreffend umsetze.
Ausgehend von diesen Maßstäben ist hier grobe Fahrlässigkeit feststellbar.
Die Klägerin wusste bereits bei Erhalt des ersten Bewilligungsbescheides vom 15. September 2004, dass sie nicht mehr freiwillig versichert war. Einfachste Überlegungen legten nahe, dass ihr die Zuschüsse zu Beiträgen der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung nicht zustanden. Sie hat im Termin vom 02. Januar 2013 erklärt, sie habe „seit über 10 Jahren gewusst“, dass sie aus der freiwilligen Versicherung „rausgenommen worden sei in die gesetzliche Krankenversicherung“. Wörtlich erklärte sie:
Ich habe vor langer Zeit von der City-BKK erfahren, dass ich aus der freiwilligen Versicherung rausgenommen wurde in die gesetzliche Krankenversicherung. Wann das war, kann ich nicht mehr genau sagen, das ist bestimmt über 10 Jahre her.
Dies entspricht der Auskunft der Beigeladenen, wonach schon ab 2001 Versicherungspflicht der Klägerin vorlag bei Arbeitslosenbezug nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, ab 01. März 2003 nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und erst ab 2004 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V als Rentnerin (Auskunft vom 06. Juni 2012). Bestätigt wird dies durch die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandte Bescheinigung nach § 312 III SGG III, wonach vom 14. März 2001 bis 11. Februar 2002 Versicherungspflicht der Klägerin bestanden hat. Das Arbeitsamt Mitte bescheinigte über diesen Zeitraum Bezug von Krankengeld. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend hatte der Beklagten mitgeteilt, die Klägerin sei als Lehrerin im Angestelltenverhältnis in der Kurt-Held-Grundschule beschäftigt und seit 03. September 2003 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin übersandte Bescheinigung nach § 312 III SGG III, wonach vom 14. März 2001 bis 11. Februar 2002 Versicherungspflicht der Klägerin bestanden habe. Die Senatsverwaltung bescheinigte der Beklagten auf deren Formblatt ab 01. Juli 2003 laufend bis 06. März 2004 erzieltes Arbeitsentgelt.
Einfachste Überlegungen legten ihr daher nahe, zu erkennen, dass ihr bereits ab der ersten Bewilligung die Zuschüsse nicht zustanden. Im Bescheid vom 15. September 2004 wird unter der Überschrift „Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten“ ausgeführt:
„… Der Anspruch auf Beitragszuschuss für die freiwillige oder private Krankenversicherung entfällt mit der Aufgabe oder dem Ruhen dieser Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns jede Änderung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses und jede Änderung der Beitragshöhe unverzüglich mitzuteilen. …“
In den nachfolgenden Zuschussbewilligungen, wird ausdrücklich mitgeteilt:
„Sie sind freiwillig privat krankenversichert.“
Der Irrtum, der diesen Bescheiden unterlag, war für sie einfach erkennbar. Denn sie wusste, dass dies unzutreffend war. Auch insoweit legten einfachste Überlegungen der Klägerin nahe, zu erkennen, dass ihr bereits ab der ersten Bewilligung die Zuschüsse nicht zustanden.
Die Klägerin hat die Bescheide vom 28. November 2005 und 19. Dezember 2008 auch gelesen. Dies hat sie ausweislich des Protokolls vom 18. Februar 2011 erklärt. Dort ist niedergelegt:
„Damals, ich meine 2004, war es eine sehr schwere Zeit für uns. Die Exfreundin von meinem Sohn hat sich in unserer alten Wohnung das Leben genommen. Wir hatten dann beide Therapien. Wir sind später in eine andere Wohnung umgezogen und haben jetzt drei kleine Zimmer. Mein Mann wohnt auch noch bei uns.“
„Vielleicht habe ich den Bescheid gelesen, ich weiß es nicht genau. Mein Sohn E, er lebt jetzt in D, hat damals meinen Papierkram erledigt. Mein anderer Sohn, E, war dazu auch nicht in der Lage, weil er durch die Ereignisse zu sehr mitgenommen war.“
Soweit sie dies eingeschränkt hat, „vielleicht habe ich den Bescheid gelesen“, ist dies nicht überzeugend. Denn sie hat die Befristungen der Zahlungen zur Kenntnis genommen und hat dementsprechend Weiterbewilligungsanträge bei der Beklagten festgestellt und hat sich auch am 10. November 2005 arbeitslos gemeldet und Leistungen bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt. Die Bescheide vom 28. November 2005 und 19. Dezember 2008 bestehen zudem lediglich aus einer Seite. Auch wusste sie, dass sie selbst keine freiwilligen Beiträge zur Krankenversicherung entrichtet hatte.
Angesichts aller Umstände ist nachgewiesen, dass sie selbst die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzte mit der Entgegennahme der Beitragszuschüsse. Sie kannte ihre Versicherungspflicht, ihre unterbliebenen Zahlungen zur freiwilligen Krankenversicherung und erkannte den Irrtum der Beklagten, dass sie freiwillig versichert sei anhand der Bewilligungsbescheide. Aus dem Ausgangsbewilligungsbescheid vom 15. September 2004 wusste sie, dass der Anspruch die Zuschüsse mit Aufgabe der freiwilligen Versicherung bestand. Damit bestand kein schützenswertes Vertrauen in den Bestand der Bewilligungen der Zuschüsse in den Bescheiden vom 28. November 2005 und 19. Dezember 2008.
Soweit die Klägerin am 18. Februar 2011 erklärt hat, 2004 sei eine schwere Zeit für sie gewesen, die Exfreundin ihres Sohnes habe sich in ihrer alten Wohnung das Leben genommen, entlastet sie dies ebenso wenig wie ihre zur Rente führenden Erkrankungen. Ihr tatsächliches Verhalten, mit dem sie sich für den Weiterbezug der Rente und für Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit einsetzte, zeigen, dass sie einen realen Lebensbezug hatte und durchaus orientiert war. Dem steht nicht entgegen, dass sie ihren Sohn zu Antragstellungen bevollmächtigte. Auch dies zeigt, dass sie die Bescheide kannte. Dass ihre Erkrankungen ihr Verständnis der Bescheide nicht beeinträchtigte und auch ihre Herkunft aus einem anderen Kulturkreis sie nicht einschränkte, diese zu verstehen, hat bereits das SG in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt. Der Senat nimmt hierauf Bezug. Dort wird dargelegt:
Wenngleich sie nicht in der Bundesrepublik Deutschland aufgewachsen ist, hat sie doch ein Fachhochschulstudium hier abgeschlossen und hat viele Jahre als Lehrerin im bilingualen Unterricht gearbeitet. Eine hinreichende Sprachfertigkeit und Gewohntheit im Umfang mit Behörden kann ohne weiteres unterstellt werden. Ihre psychiatrische Erkrankung zwingt zu keinem anderen Ergebnis. Die Überzeugung hat sich die Kammer anhand der beiden im Gerichts- bzw. Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. C.-M. Bär vom 26. Februar 2004 und von Dr. C. K vom 05. November 2005 gebildet. Beide Gutachterinnen haben auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet jeweils eine rezidivierende depressive Störung mittelschwerer Ausprägung, eine Somatisierungsstörung und eine akzentuierte Persönlichkeit festgestellt. Diese psychiatrischen Erkrankungen führten dazu, dass die Klägerin nach Auffassung der Gutachterin Dr. C.-. B zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr imstande war, Arbeiten in einem festen Rhythmus im Umfang von wirtschaftlichem Wert zu erbringen. Die Klägerin sei eingeschränkt in der Ausübung einfacher bis mittelschwerer Tätigkeiten, da sie erheblichen Stimmungsschwankungen, gereizt-dysphorischen Affekten, Unkonzentriertheit und Schwanken der Motivationslage unterlegen habe. Die Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit, Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit der Klägerin seien deutlich beeinträchtigt gewesen. Lese- und Schreibgewandtheit entsprächen dem Bildungsstand, die Klägerin verfüge über ein sehr gutes Verständigungsvermögen in Wort und Schrift der deutschen Sprache. Auch Dr. C. K beschreibt in ihrem Gutachten vom 05. November 2005, dass die Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit der Klägerin eingeschränkt erschienen sei.
Auch unter Berücksichtigung dieser Leiden hätte der Klägerin mithilfe einfachster Überlegungen klar sein müssen, dass die Bewilligung eines Zuschusses für die Beiträge zur Krankenversicherung rechtswidrig ist, wenn sie überhaupt keine Beiträge selbst zahlt. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin bekundet, sie habe die Bescheide selbst nicht gelesen, sondern diesen an ihren Sohn E weitergeleitet. Für die Klägerin war jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Betreuung angeordnet, es konnte so erwartet werden, dass sie die übersendeten Bescheide selbst liest und den Inhalt im Wesentlichen zur Kenntnis nimmt. Eine für sie entlastende Delegation dieser Pflichten an ihren Sohn E war nicht möglich. Im Übrigen hat sie auch in der mündlichen Verhandlung dargetan, dass sie bzw. ihre Söhne wiederholt mit ihrer Krankenkasse wegen ihres Versicherungsschutzes korrespondiert haben. Dies zeigt, dass sie trotz ihrer Krankheit imstande war, ihre Angelegenheiten gegenüber Behörden zu regeln.
Obwohl die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligungsbescheide vorliegen und die Klägerin sich nach allem hinsichtlich dieser nicht auf schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Zuschussbewilligungen berufen kann, und auch wenn die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten ist und auch wenn dem Anhörungserfordernis Genüge getan wurde, § 24 SGB I, ist der angefochtene Bescheid vom 31. Juli 2009 auch insoweit nicht rechtmäßig und insgesamt aufzuheben. Denn die Beklagte hat ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.
Nach § 45 SGB X „darf“ der Bescheid für die Vergangenheit aufgehoben werden, so dass der Beklagten ein Ermessen zusteht (BSG, 14. November 1985 – 7 RAr 123/84). Das Ermessen erstreckt sich auf die Frage, was im Ausnahmefall zu geschehen hat, nämlich ob der Verwaltungsakt ganz oder teilweise aufgehoben oder von einer Aufhebung abgesehen werden soll. Soweit die Leistungsträger ermächtigt sind, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Sozialgesetzbuch <SGB I>). Der Versicherte hat Anspruch auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Im Einzelfall kann ein Rechtsanspruch auf die Leistung ausnahmsweise bei einer „Ermessensreduzierung auf Null“ bestehen, bei der es nur ein ermessensgerechtes Ergebnis gibt (vgl. dazu nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 54 Rdnr. 29).
Zur Sicherung der Funktionentrennung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) und der Entscheidungsfreiheit des Leistungsträgers über die Zweckmäßigkeit seines Handelns ist die Überprüfung seiner Ermessensentscheidung durch die Gerichte auf die Rechtmäßigkeitsprüfung begrenzt. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob der Träger sein Ermessen überhaupt ausgeübt, er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG;„Rechtmäßigkeit-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle“).
Feststellungen, die vorliegend für eine Ermessensreduzierung auf Null sprechen, sind nicht feststellbar. Allerdings hat die Beklagte ihr Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt, so dass die im Bescheid vom 31. Juli 2009 erfolgte Rücknahme der Zuschussbewilligungen rechtswidrig ist.
Der Bescheid vom 31. Juli 2009 und der Widerspruchsbescheid lassen nicht erkennen, dass die Beklagte alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt hat, soweit sie einen unmittelbaren Bezug auf das Vertrauen, seine Schutzwürdigkeit oder das öffentliche Interesse haben. Dies ist jedoch erforderlich (Wiesner, SGB X § 45 Rz. 5 unter Hinweis auf BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 18). Hier fehlt es daran, dass nicht erkennbar ist, dass die Beklagte als abzuwägenden Gesichtspunkt das Verschulden der Beigeladenen in ihre Entscheidungsfindung gestellt hat. Die Berücksichtigung folgender Umstände ist nicht erkennbar:
Bereits bei der ersten Bewilligung der Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung war die Beklagte durch die Beigeladene unrichtig informiert. Ausweislich der aktenkundigen Meldesätze galt die Klägerin ab Antragstellung 28. Dezember 2000 als freiwillig versichert. Erst in einer Verarbeitung eines Meldesatzes vom 26. Januar 2009 wird die Pflichtversicherung der Klägerin ab 12. Februar 2002 benannt. Erst anlässlich des Rentenantrages vom 30. September 2008 wird in diesem Datensatz angegeben: KVdR-Voraussetzungen erfüllt; Pflichtversicherung § 5 Abs. 1 Nr. 11, 12. Damit ist die Beigeladene ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, die Änderung des Versichertenstatus der Klägerin von der freiwilligen Versicherung zur Pflichtversicherung unverzüglich mitzuteilen, § 201 Abs. 5 SGB V. Hingegen teilte die Beigeladene der Beklagten bei deren telefonischer Nachfrage am 28. November 2005 tatsächlich mit, die Klägerin sei immer noch freiwillig versichert. Die Akten enthalten den Telefonvermerk vom 28. 11. 2005:
(Rücksprache mit KK BKK City, 88950 Tel., Frau P → Vers. ist immer noch freiwillig versichert).
Stempel Unterschrift: Deutsch BA 28.11.2005.
Dies zeigt grob sorgfaltswidrige Bearbeitung der Beigeladenen. Dort hätte erkannt werden müssen, dass die Klägerin keine freiwilligen Beiträge entrichtete infolge ihrer eingetretenen Versicherungspflicht. Die Versicherungspflicht als Rentnerin hätte dort ab 21. Juli 2004 erkannt worden sein müssen.
Die Beklagte selbst hat den Vermerk in der Verwaltungsakte: „Fehlverhalten der KK muss sich die DRV Bund zurechnen lassen“. Gleichwohl hat die Beklagte diesen von ihr erkannten Umstand nicht in ihre Ermessensentscheidung einbezogen. Ihre Gründe hierfür sind nicht in den Bescheiden mitgeteilt oder sonst erkennbar.
Insoweit konnte die Beklagte nach insoweit erfolgter Aufhebung des Bescheides vom 31. Juli 2009 nur zur Neubescheidung verurteilt werden. Denn wenn der eine Sozialleistung regelnde Verwaltungsakt wegen Ermessens nicht- oder -fehlgebrauchs rechtswidrig ist, darf das Gericht nur den Verwaltungsakt aufheben und den Träger zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilen, nicht aber eigene Ermessenserwägungen anstellen und sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Leistungsträgers setzen (vgl. Urteil des Senats vom 18. März 2008 – B 2 U 1/07 R – BSGE 100, 124 = SozR 4-2700 § 101 Nr. 1, jeweils Rdnr.).
Soweit lediglich zur Neubescheidung verurteilt wurde, sind nach allem die Klage und Berufungen unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide sind insoweit im Wege der Anfechtungsklage aufzuheben (vgl. § 54 Abs. 1, Ab. 2 Satz 2 SGG). Mithin entfällt die aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X folgende Erstattungspflicht. Nach dieser Vorschrift sind erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben wurde. Die Bescheide vom 15. September 2004, 28. November 2005 und 19. Dezember 2008 wurden hinsichtlich der Beitragszuschüsse nicht wirksam aufgehoben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.