Gericht | OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 19.12.2018 | |
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Aktenzeichen | 9 UF 126/16 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2018:1219.9UF126.16.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 18. Mai 2016 – Az. 35 F 32/15 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller rückständigen Kindesunterhalt für die am …. Oktober 1998 geborene L… R… für die Zeit von Januar 2013 bis einschließlich November 2014 in Höhe von 2.709,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. November 2014 zu zahlen.
Der weitergehende Zahlungsantrag und die weitergehende Beschwerde des Antragstellers werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz tragen der Antragsteller zu 63 % und der Antragsgegner zu 37 %.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.376,65 EUR festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Der Antragsteller macht gegen den Antragsgegner aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Kindesunterhalt für die Zeit von Januar 2013 bis einschließlich November 2014 geltend.
Der Antragsgegner ist der Vater der am …. Oktober 1998 geborenen L… R…, die – gemeinsam mit ihrem Bruder und Sohn des Antragsgegners J… R…, geboren am …. März 1997 - im Haushalt ihrer Mutter K… R… in H… betreut worden ist. Zugunsten des Sohnes J… hatte sich der Antragsgegner mit Urkunde des Bezirks(jugend)amts H… vom 19. Juni 1997 – Beurk.-Reg.-Nr. 643/1997 - zur Zahlung von 368 DM (= 188,16 EUR) im hier streitigen Zeitraum verpflichtet. Mutter und Kind(er) erhielten als Bedarfsgemeinschaft (auch) in den Jahren 2013 und 2014 Leistungen nach dem SGB II. Der Antragsteller erbrachte von Januar 2013 bis November 2014 für die Kindesmutter SGB II-Leistungen im Gesamtumfang von 7.743,57 EUR und für die Tochter L… solche in Höhe von 3.349,52 EUR.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2012 – zugestellt am 20. Juli 2012 - wurde der Antragsgegner über den Leistungsbezug seiner Tochter nach SGB II und den darauf gründenden Übergang des Unterhaltsanspruchs der Tochter informiert und vor diesem Hintergrund um Auskunft über seine Einkommensverhältnisse ersucht. Mit neuerlichem, am 25. Juli 2014 zugestelltem Schreiben des Antragstellers vom 22. Juli 2014 wurde unter Bezugnahme auf den fortlaufenden Leistungsbezug erneut Auskunft zur unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit vom Antragsgegner begehrt und das Auskunftsverlangen mit weiterem Schreiben vom 29. August 2014 unter Fristsetzung wiederholt. Diese Schreiben blieben unbeantwortet. Mit am 28. Oktober 2014 zugestelltem Schreiben vom 23. Oktober 2014 hat der Antragsteller den Antragsgegner wegen übergegangener Unterhaltsansprüche der Tochter für die Zeit von Januar 2013 bis November 2014 im Umfang von insgesamt 8.671 EUR fruchtlos zur Zahlung bis zum 21. November 2014 aufgefordert.
Nachdem keine Zahlung erfolgt ist, hat der Antragsteller den Erlass eines Mahnbescheides über eine Hauptforderung von 8.544 EUR nebst Zinsen erwirkt, gegen den der Antragsgegner insgesamt Widerspruch eingelegt hat.
Im streitigen Verfahren hat der Antragsteller sodann vom Antragsgegner Zahlung eines Unterhaltsrückstandes für die Tochter für die Zeit von Januar 2013 bis einschließlich November 2014 in Höhe von 7.376,65 EUR nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe auf die einzelnen Monatsbeträge begehrt.
Der Antragsteller hat hierzu ausgeführt, der Tochter habe gegen den Antragsgegner ein monatlicher Kindesunterhaltsanspruch von 356,00 EUR zugestanden, der in Höhe der erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Antragsteller übergegangen sei. Bei ordnungsgemäßer Unterhaltszahlung wäre der Bedarf der Tochter in vollem Umfang gedeckt gewesen, so dass das Kindergeld nicht zur Deckung des Bedarfs des Kindes anzurechnen gewesen und deshalb bedarfsdeckend bei der Kindesmutter (bzw. allen anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft) angerechnet hätte werden können, deren Leistungsanspruch entsprechend niedriger ausgefallen wäre. Soweit der Antragsgegner Unterhaltszahlungen direkt an die Kindesmutter behauptet, seien diese nicht mit befreiender Wirkung erfolgt; zudem sei nicht erkennbar, in welcher Höhe solche Zahlungen für die Tochter erfolgt sein sollen; der titulierte Unterhalt für den Bruder übersteige schon die geleisteten Zahlungen. Die vom Antragsteller veranlassten Gehaltspfändungen beruhten auf dem Unterhaltstitel zugunsten des Sohnes.
Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Zahlungsantrages insgesamt beantragt. Die Rechtswahrungsanzeige des Antragstellers vom 7. November 2012 sei nicht zugegangen und im Übrigen auch inhaltlich unzureichend, weil es keinerlei Informationen über einen Leistungsbezug der Bedarfsgemeinschaft R… enthalten habe und der dort geforderte Betrag überhaupt nicht erläutert sei. Deshalb könne frühestens ab Zugang des Schreibens vom 22. Juli 2014 überhaupt ein übergegangener Unterhaltsanspruch durchgesetzt werden. Die tatsächliche Leistungserbringung hat er zunächst mit Nichtwissen bestritten; die nachgereichten Zahlungslisten seien mit den Beträgen in den Bescheiden nicht in Einklang zu bringen. Die Berechnungen des Antragstellers in der Anspruchsbegründung seien unschlüssig und fehlerhaft; es könne jedenfalls kein höherer Betrag gefordert werden als an/für das Kind tatsächlich geleistet worden sei. Sozialrechtlich könne ohnehin bestenfalls das hälftige Kindergeld bei der Mutter bedarfsmindernd in Ansatz gebracht werden. Außerdem, so meint der Antragsgegner weiter, seien die von ihm geleisteten Unterhaltszahlungen direkt an die Kindesmutter in die Leistungsberechnung einzustellen. Er führt weiter an, dass das Jugendamt des Landkreises … Gehaltspfändungen gegen ihn im Umfang von 1.500 EUR ausgebracht und schließlich „ein Gericht“ für das Jahr 2013 den vom (seinerzeit arbeitslosen) Antragsgegner zu zahlenden Kindesunterhalt auf 60 EUR festgelegt habe. Schließlich hat er den Einwand der Verwirkung mindestens für die Forderungen aus dem Jahre 2013 erhoben.
Mit Beschluss vom 18. Mai 2016 hat das Amtsgericht den Zahlungsantrag insgesamt abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass ein Anspruch aus übergegangenem Recht nur bestehen könne, soweit ein Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner bestanden habe. Dieser sei nicht sozialrechtlich, sondern unterhaltsrechtlich zu bestimmen und erreiche höchstens 100 % des Mindestunterhalts (= 334 EUR monatlich). Einkünfte, die einen höheren Anspruch des Kindes gegen den Antragsgegner rechtfertigten, seien nur für die Zeit von Juli 2013 bis Juni 2014 dargetan und könnten wegen starker Schwankungen nicht auf den übrigen Streitzeitraum übertragen werden. Auch die Bedürftigkeit des Kindes lasse sich nicht feststellen; zu dessen Einkünften und Vermögen sei nichts vorgetragen. Tatsächlich sei der Antragsgegner auch gar nicht in vollem Umfang leistungsfähig; er habe geltend gemacht, im Jahr 2013 auch arbeitslos gewesen zu sein. Zudem sei der Antragsgegner neben der Tochter auch dem Sohn gegenüber unterhaltspflichtig gewesen. Es könne ferner nicht festgestellt werden, dass ein Unterhaltsanspruch in der antragstellerseitig mitgeteilten Höhe nach § 33 SGB II übergegangen sei. Die – mit Nichtwissen bestrittenen – Zahlungen könnten durch die Zahlungslisten nicht bewiesen werden. Zudem sei der Anspruch der Höhe nach nicht überzeugend dargetan. Zwar könne der Anspruchsübergang die direkt für das unterhaltsberechtigte Kind geflossenen Leistungen durchaus übersteigen, die dann aber der Höhe nach durch den Mindestunterhalt begrenzt seien (hier also auf monatlich 334 EUR). Entscheidend indes sei, dass der Antragsgegner zeitweise regelmäßig Unterhalt gezahlt habe und insoweit ein Übergang überhaupt nicht stattfinde. Außerdem dürfe der Anspruchsübergang nicht selbst zur Hilfsbedürftigkeit des Antragsgegners führen. Das (Nicht-)Vorliegen dieses Umstandes habe der Antragsteller selbständig zu ermitteln und darzulegen; Zweifel seien aus der eigenen Mangelfallberechnung des Antragstellers herzuleiten. Der Antragsteller sei verpflichtet, „eine nähere Ermittlung der Lebensverhältnisse des Antragsgegners und seiner etwaigen im Haushalt in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen“ vorzunehmen und entsprechend vorzutragen. Schon dieses Bündel an Unzulänglichkeiten trage die Zurückweisung des Antrages insgesamt; auf die Frage der Verwirkung und der Begründetheit von rückwirkend geltend gemachten Unterhaltsansprüchen komme es nicht an.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er sein erstinstanzliches Antragsziel in vollem Umfang weiterverfolgt. Er rügt, dass das Amtsgericht den unbestritten mit 356 EUR ermittelten Unterhaltsanspruch auf 334 EUR gekürzt habe, obwohl der Antragsgegner zu keiner Zeit eine eigene Leistungsunfähigkeit behauptet habe. Auch die Zahlungen durch den Antragsteller seien zuletzt nicht mehr bestritten gewesen.
Der Antragsgegner rügt (erneut) die Zuständigkeit des Familiengerichts und verteidigt im Übrigen die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung bzw. unter Wiederholung seines Vorbringens aus erster Instanz.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Senat hat - anknüpfend an einen umfänglich begründeten Hinweis zur Sach- und Rechtslage vom 24. März 2017 – den das darauf erfolgte Vorbringen aufgreifenden weiteren Hinweis vom 5. Juli 2018 mit der Ankündigung verbunden, dass beabsichtigt sei, gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne erneute mündliche Verhandlung zu entscheiden. Dem ist keiner der Beteiligten entgegen getreten.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64, 117 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 520 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg.
1.
Die im Beschwerderechtszug vom Antragsgegner wiederholte Rüge der Unzuständigkeit des Familiengerichts geht ins Leere. Der Antragsteller macht Kindesunterhaltsansprüche der L… gegen ihren Vater geltend; diese sind vor dem Familiengericht zu verfolgen (§§ 23a Abs. 1 Nr. 1, 23b GVG, 111 Nr. 8 FamFG). Die Geltendmachung dieser Ansprüche aus übergegangenem Recht nach § 33 SGB II ändert an der Rechtsnatur dieses Anspruchs nichts und führt zu keiner anderen Beurteilung (vgl. die zu § 33 Abs. 1 SGB II ergangenen Entscheidungen der Familiensenate: FamRZ 2013, 1962; OLG Frankfurt FamRZ 2015, 1143; Brandenburgisches Oberlandesgericht – 2. Familiensenat, FamRZ 2011, 228 – jeweils zitiert nach juris); § 33 Abs. 4 Satz 3 SGB II erfasst die hier in Rede stehenden Ansprüche (ausdrücklich) nicht.
2.
Die Barunterhaltsverpflichtung des Antragsgegners (auch) gegenüber seiner Tochter L… R… nach den §§ 1601 ff. BGB steht zwischen den Beteiligten dem Grunde nach außer Streit.
Der Antragsteller hat in der Antragsbegründung ferner dargelegt, dass die im Streitzeitraum 14-/15-jährige Tochter, die auf staatliche Transferleistungen angewiesen war, ohne eigenes Einkommen und Vermögen, mithin uneingeschränkt bedürftig war. Auch das zieht der Antragsgegner nicht (tauglich) in Zweifel.
a)
Infolge des am 20. Juli 2012 zugestellten Schreibens des Antragstellers vom 17. Juli 2012 sind die Voraussetzungen für die Geltendmachung rückständigen Kindesunterhalts für den hier streitigen Zeitraum (Januar 2013 bis einschließlich November 2014) gegeben. Diese Rechtswahrungsanzeige - ausdrücklich wegen der Unterhaltsansprüche der Tochter und des laufenden Bezuges von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - verbunden mit einem Auskunftsverlangen zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit genügt den Anforderungen des § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB II wie denjenigen des § 1613 Abs. 1 BGB.
b)
Die Höhe des geschuldeten Unterhalts richtet sich nach dem unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen des barunterhaltspflichtigen Antragsgegners.
Der – hierzu als Kenntnisinhaber allein verpflichtete und ohne Weiteres befähigte – Antragsgegner, der im Übrigen im erstinstanzlichen Verfahren einen Unterhaltsanspruch der Tochter von 356 EUR ausdrücklich zugestanden hatte (Bl. 88 GA) und im Beschwerderechtszug – unzulässigerweise – „höchst vorsorglich“ pauschal bestritten hat, hat auch trotz ausdrücklichen Hinweises des Senates vom 24. März 2017 weder vorgerichtlich noch im laufenden Verfahren dezidiert zu seinen unterhaltsrechtlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen im Streitzeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 30. November 2014 vorgetragen und durch geeignete Belege untermauert. Die Darlegungen in dem Schriftsatz vom 23. April 2017 nehmen lediglich Bezug auf den beigefügten Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr 2013, dem unterhaltsrechtlich für sich betrachtet keinerlei tragfähige Aussagekraft für die Einkommens- und Vermögenssituation schon für das Jahr 2013 und noch viel weniger für das Jahr 2014 beigemessen werden kann.
Demgegenüber hat der Antragsteller fußend auf einer detaillierten Auskunft des Arbeitgebers über die Bruttoerwerbseinkünfte des Antragsgegners und die darauf angefallenen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Abzüge in der Zeit von Juli 2013 bis einschließlich Juni 2014 sachlich und rechnerisch richtig einen Unterhaltsanspruch der Tochter L… gegen den Antragsgegner von 356 EUR monatlich errechnet (Nettojahreseinkommen von 22.181,01 EUR = monatsdurchschnittlich 1.848,42 EUR abzgl. 5 Prozent pauschale berufsbedingte Aufwendungen = 1.756 EUR). Daraus ergibt sich ein Tabellenunterhalt (2. Einkommensgruppe) von 356 EUR (Zahlbetrag) für jedes der Kinder, der unter Wahrung des notwendigen Selbstbehalts von 1.000 EUR (verfügbar somit 756 EUR für maximal benötigte 712 EUR) zwanglos aufgebracht werden konnte. Dies gilt erst recht, wenn man bedenkt, dass für den Sohn J… ein Unterhaltstitel über lediglich 188,16 EUR besteht. Die Arbeitgeberbescheinigung weist im Übrigen eine seit 1. April 2012 andauernde und am 14. Juli 2014 ungekündigte Beschäftigungszeit aus. Belastbare Anknüpfungstatsachen für wesentlich abweichende Erwerbseinkünfte in den vom Arbeitgeber des Antragsgegners beauskunfteten Monaten Januar bis Juni 2013 sowie Juli bis November 2014 sind nicht ersichtlich oder gar vom Antragsgegner vorgetragen und unter Beweis gestellt. Aus der vom Antragsgegner tatsächlich einzig vorgelegten weiteren Verdienstbescheinigung für Juli 2014 (Bl. 111 GA) mit einem Nettoverdienst von 1.611,58 EUR ergibt sich für den geschuldeten Unterhalt (insgesamt 544,16 EUR für beide Kinder) keinerlei Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Danach ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner im gesamten Streitzeitraum Kindesunterhalt für L… in Höhe von monatlich 356 EUR aufzubringen in der Lage und deshalb auch verpflichtet war.
Soweit der Antragsgegner wiederholt – unstreitige - Gehaltspfändungen im Streitzeitraum wegen Unterhaltsansprüchen seines Sohnes anführt, berührt dies seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit gegenüber der Tochter nicht. Es liegt auf der Hand, dass sich ein Unterhaltsverpflichteter nicht dadurch seiner Leistungsfähigkeit berauben kann, dass er (trotz Leistungsfähigkeit) seinen laufenden Unterhaltspflichten nicht nachkommt und wegen dadurch auflaufender Unterhaltsrückstände in der Folgezeit Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt ist. Soweit im Streitzeitraum auch die Zwangsvollstreckung wegen laufender Unterhaltsansprüche des Sohnes betrieben worden sein sollte, ist das erst recht unerheblich, weil diese Unterhaltsverpflichtung in die vorstehende Berechnung der Leistungsfähigkeit eingestellt worden ist.
3.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II geht dieser Unterhaltsanspruch des Kindes bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Träger der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts über, wenn bei rechtzeitiger Leistung eines anderen diese Leistungen nicht erbracht worden wären.
Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB II greift der Forderungsübergang auch dann, wenn durch die Anrechnung von Kindergeld weniger oder gar keine Leistungen an ein Kind in einer Bedarfsgemeinschaft erbracht wurden, bei rechtzeitiger Zahlung des Kindesunterhalts jedoch keine oder geringere Zahlungen an andere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hätten erbracht werden müssen, weil das Kindergeld dann zur Verrechnung auf den Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung gestanden hätte. Damit ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners durchaus ein Anspruchsübergang in einer Höhe möglich, der über den Anteil der unmittelbar für das unterhaltsberechtigte Kind geleisteten Zahlungen (hier im Streitzeitraum „nur“ 3.349,52 EUR) hinausgeht.
Der Anspruchsübergang ist nach § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB II allerdings ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird.
Der Anspruchsübergang ist gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II ferner ausgeschlossen, wenn und soweit Einkommen und Vermögen des Unterhaltspflichtigen das nach §§ 11 bis 12 SGB II zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen nicht übersteigen. Durch diese Vorschrift soll die unterhaltsverpflichtete Person in gleicher Weise wie der Leistungsempfänger geschützt und verhindert werden, dass der Unterhaltspflichtige durch den Rückgriff des Staates auf die Unterhaltsforderung des Leistungsempfängers nicht selbst zum Empfänger staatlicher Leistungen wird.
Auf dieser Grundlage steht dem Antragsteller gegen den Antragsgegner aus übergegangenem Recht ein Unterhaltsanspruch für den Streitzeitraum von Januar 2013 bis einschließlich November 2014 im Umfang von insgesamt 2.709,69 EUR zu.
a)
Der Antragsteller hat die von ihm für jeden Monat gesondert im Einzelnen vorgetragenen und durch die entsprechenden Leistungsbescheide und die ferner überreichten detaillierten Zahlungslisten untermauerten Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft R… tatsächlich erbracht. Das – ersichtlich ins Blaue hinein – erfolgende pauschale Bestreiten des Antragsgegners (zumal mit Nichtwissen) ist unzulässig, zumal dem Antragsgegner aus dem bestehenden Unterhaltsrechtsverhältnis seinerseits Auskunftsansprüche gegen die Leistungsempfänger zustehen, die ihn in die Lage versetzen, einzelne oder alle Leistungen des Antragstellers konkret zu bestreiten. Darauf hat der Senat hingewiesen, ohne dass der Antragsgegner sein Bestreiten daraufhin substantiiert hätte.
b)
Der Antragsteller hat in der Antragsbegründung vom 28. April 2015 dezidiert, nachvollziehbar und grundsätzlich rechnerisch zutreffend für jeden einzelnen Leistungsmonat des Streitzeitraums dargelegt, in welcher Höhe sowohl der unterhaltsberechtigten Tochter, aber auch der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Mutter aufgrund der (vermeintlich durchgängig vollständigen) Nichterfüllung der Barunterhaltsverpflichtung des Antragsgegners höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht worden sind. Dabei hat der Antragsteller schlüssig und ausreichend substantiiert dargelegt, dass bei rechtzeitiger Zahlung des geschuldeten Barunterhalts für die Tochter nicht das (gesamte) Kindergeld bedarfsdeckend hätte angerechnet werden müssen, sondern zur Verrechnung auf den Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung gestanden hätte. Ausgehend von der – allerdings tatsächlich nicht für den gesamten Streitzeitraum zutreffenden (dazu nachstehend unter c) – Annahme, der Antragsgegner sei den geschuldeten Barunterhalt für seine Tochter durchgehend in vollem Umfang schuldig geblieben, wäre tatsächlich nach § 33 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB II von einem Anspruchsübergang in dem vom Antragsteller zutreffend errechneten Gesamtumfang von 7.376,65 EUR auszugehen.
c)
Allerdings sieht § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II vor, dass der Anspruchsübergang ausgeschlossen ist, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird.
Im Streitzeitraum hat der Antragsgegner unstreitig in der Zeit von Januar bis einschließlich Oktober 2013 regelmäßig monatlich 60 EUR, von November 2013 bis einschließlich Februar 2014 regelmäßig monatlich 100 EUR und in der Folgezeit bis November 2014 dann nur noch vereinzelt und in wiederholt unterschiedlicher Höhe Unterhaltszahlungen für die „Kinder“ bzw. für „L…/J…“ erbracht.
Soweit der Antragsteller meint, solchen laufenden Unterhaltszahlungen unmittelbar zu Händen der gesetzlichen Vertreterin sei keinerlei rechtserhebliche Bedeutung beizumessen, weil der Unterhaltspflichtige in Ansehung des Forderungsübergangs nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Altgläubiger zahlen könne, ist das nicht zutreffend. Das Gegenteil ergibt sich eindeutig aus § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II. Es ist in Literatur und Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass der Unterhaltsschuldner jederzeit wieder mit laufenden Zahlungen an den Berechtigten beginnen kann, und zwar selbst dann, wenn ihm die Gewährung von staatlichen Transferleistungen an den Unterhaltsgläubiger bekannt ist (sogar wenn diese bereits tituliert sind); auch dann tritt insoweit Erfüllung des Unterhaltsanspruchs ein (vgl. dazu Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 252 und 84; Münder in LPK-SGB II, § 33 Rdnr. 36; Grote-Seifert in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl., 2015 § 33 Rdnr. 77; Wolfgang Eicher, SGB II, Kommentar, 3. Aufl., § 33 Rdnr. 49; Hußmann, Der gesetzliche Forderungsübergang nach § 33 SGB II, FÜR 2007, 354/356; BGH FamRZ 1982, 23 – Rdnr. 16 bei juris [zu § 90 BSHG] LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Januar 2011, Az. L 6 AS 413/10 – Rdnr. 36 bei juris). Nichts anderes ergibt sich im Übrigen selbst aus den Fachlichen Weisungen SGB II der Bundesagentur für Arbeit (Stand 5. Oktober 2017, Nr. 33.38).
Die tatsächlich laufend gezahlten Unterhaltsbeträge sind mangels abweichender konkreter Zahlungsbestimmung des Antragsgegners jeweils hälftig auf die aus seiner Sicht gleichrangigen/-wertigen Unterhaltsansprüche der beiden Kinder L… und J… anzurechnen.
Laufende Zahlungen im Sinne von § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II sind allerdings nur in der Zeit von Januar 2013 bis einschließlich Februar 2014 geflossen; danach hat es wiederholt Unterbrechungen und zudem Leistungen in unterschiedlicher Höhe gegeben, sodass diesen Teilzahlungen nicht mehr der Charakter kontinuierlich laufender Unterhaltszahlungen mit Wirkung auch auf den Anspruchsübergang beigemessen werden kann.
In der vorstehend zu b) angesprochenen Vergleichsberechnung sind allerdings diese laufenden Unterhaltszahlungen des Antragsgegners nicht berücksichtigt. Auch in der Folgezeit hat der Antragsteller trotz des ausdrücklichen Hinweises des Senates keine taugliche Vergleichsberechnung nach Maßgabe von § 33 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB II vorgelegt, in der diese Unterhaltsleistung des Antragsgegners in den ersten 14 Monaten des Streitzeitraums Berücksichtigung gefunden hätte. Die der geltend gemachten Forderung zugrunde liegende Berechnung unterstellt nämlich gerade, dass der Antragsgegner überhaupt keine Unterhaltszahlungen erbracht hat. Die – ohnehin nur kursorisch für den Monat Januar 2013 vorgelegten - vergleichenden Überlegungen in dem Schriftsatz vom 1. März 2016 überzeugen schon deshalb nicht, weil sie auf der irrigen Annahme basieren, dass der Antragsgegner neben den zur (teilweisen) Erfüllung der Unterhaltsansprüche beider Kinder gezahlten 60 EUR zusätzlich noch den vollen Unterhalt von 356 EUR monatlich für die Tochter hätte zahlen müssen. Es ist auch überhaupt nicht plausibel, weshalb trotz Teilerfüllung des Unterhaltsanspruchs der Tochter nunmehr ein höherer Anspruchsübergang (nämlich in Höhe von 356 EUR im Vergleich zu dem in der Antragsbegründung für Januar 2013 auf der Grundlage vollständig ausgebliebener Unterhaltszahlungen errechneten Betrag von 339,34 EUR) sollte erfolgt sein. Die Unschlüssigkeit insoweit folgt im Übrigen auch daraus, dass der mit der Antragsschrift geforderte Monatsbetrag zzgl. des anteilig für L… tatsächlich geleisteten Unterhalts den materiell-rechtlich geschuldeten Barunterhalt von 356 EUR übersteigt, der aber die Höchstgrenze für die einklagbaren Ansprüche bildet.
Der Senat hat auf die Notwendigkeit einer entsprechend zu korrigierenden umfassenden Forderungs(vergleichs)berechnung in der Verfügung vom 24. März 2017 hingewiesen. Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen.
Nachdem es also an einer – vom Antragsteller beizubringenden - tragfähigen Berechnung des Anspruchsübergangs nach § 33 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB II für den Zeitraum von Januar 2013 bis einschließlich Februar 2014 mithin fehlt, konnte dem Zahlungsantrag insoweit kein Erfolg beschieden sein.
Ein Anspruchsübergang kann danach – auf der Grundlage der weiterhin zutreffenden Berechnung in der Anspruchsbegründung insoweit - nur für die Monate März bis einschließlich November 2014 und also in einem Umfang von insgesamt 2.709,69 EUR festgestellt werden.
d)
Dieser Anspruchsübergang ist nicht nach § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II ausgeschlossen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Antragsgegner bei Erfüllung der in Rede stehenden Unterhaltsansprüche selbst hilfebedürftig würde. Wie bereits vorstehend unter 2.b) erläutert, war der Antragsgegner aus den ihm zur Verfügung stehenden Erwerbseinkünften unterhaltsrechtlich ohne Gefährdung seines notwendigen Selbstbehalts von 1.000 EUR zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen seiner Kinder im Gesamtumfang von 544,16 EUR monatlich in der Lage und verpflichtet. Es gibt danach im Streitfall keinerlei Ansatzpunkt, der die Vorlage einer Vergleichsberechnung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II erfordern würden. Dem Antragsgegner droht ersichtlich keine eigene Hilfsbedürftigkeit bei Erfüllung seiner Unterhaltspflicht. Auch insoweit wäre er – zumindest im Wege der sekundären Darlegungslast – gehalten, konkrete (andere) Anknüpfungstatsachen zu seinen wirtschaftlichen und sonstigen Lebensverhältnissen mitzuteilen, die den Schluss darauf zulassen, dass ein Anspruchsübergang gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II ausscheidet. Der Antragsteller kann ohne Mitwirkung des Antragsgegners naturgemäß keine eigene Kenntnis über eine bevorstehende oder drohende Hilfebedürftigkeit des Unterhaltsschuldners haben und deshalb keine Vergleichsberechnung vornehmen.
Auch darauf hat der Senat ausdrücklich hingewiesen; der Antragsgegner hat darauf nicht reagiert.
Als Zwischenergebnis bleibt danach festzuhalten, dass dem Antragsteller gegen den Antragsgegner aus übergegangenem Recht nach § 33 SGB II Zahlungsansprüche im Gesamtumfang von (nur) 2.709,69 EUR zustehen.
4.
Diesem Zahlungsanspruch kann der Antragsgegner mit dem Einwand der Verwirkung nicht erfolgreich begegnen.
Richtig ist allein, dass unter dem Aspekt einer illoyal verspäteten Rechtsausübung gemäß § 242 BGB nach allgemeinen Grundsätzen eine Verwirkung in Betracht kommt, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Insoweit gilt tatsächlich für Unterhaltsrückstände nichts anderes als für andere in der Vergangenheit fällig gewordene Ansprüche.
Im Streitfall kann allerdings für den – letztlich allein begründeten - Forderungsübergang für die Monate März bis November 2014 schon das sog. Zeitmoment der Verwirkung nicht festgestellt werden. Zwar werden bei Unterhaltsrückständen keine strengen Anforderungen an das sog. Zeitmoment gestellt, das nach allgemeiner Auffassung bejaht werden kann, wenn die Rückstände Zeitabschnitte betreffen, die etwas mehr als ein Jahr zurückliegen (vgl. BGH FamRZ 2007, 453; 2002, 1698 und 1988, 370 – zitiert nach juris). Im Streitfall hat der Antragsteller jedoch schon im Januar 2015 den Erlass eines Mahnbescheides wegen des in (den Jahren 2013 und) 2014 entstandenen Zahlungsrückstandes beantragt. Der älteste (begründete) Zahlungsrückstand aus März 2014 lag bei Verfahrenseinleitung also keine 10 Monate zurück. Es kommt hinzu, dass zum reinen Zeitablauf besondere, in dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten müssen, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen. Ein bloßes Unterlassen der Verfolgung des Anspruchs kann für sich betrachtet kein berechtigtes Vertrauen des Schuldners auslösen. Dies gilt nicht allein für eine bloße Untätigkeit des Gläubigers, sondern grundsätzlich auch für eine von diesem unterlassene Fortsetzung einer bereits begonnenen Geltendmachung (vgl. zuletzt BGH FamRZ 2018, 681 – Rdnr. 14 f. bei juris). Auch solche Umstände sind im Streitfall weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Verwirkung der auf den Antragsteller übergegangenen Unterhaltsansprüche ist deshalb nicht eingetreten.
Der Zinsanspruch ist aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 Satz 1 BGB begründet. Erstmals mit Schreiben vom 23. Oktober 2014 hat der Antragsteller seine Forderungen konkret beziffert und unter Fristsetzung bis zum 21. November 2014 den Ausgleich angemahnt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 FamFG.
Die Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 51 Abs. 2 bzw. § 35 FamGKG.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.