Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 15. Kammer | Entscheidungsdatum | 16.02.2011 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 15 TaBV 2347/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 5 Abs 1 S 3 BetrVG, § 7 Abs 1 BetrVG, § 7 Abs 2 BetrVG, § 8 Abs 1 S 1 BetrVG, § 9 S 1 BetrVG, § 15 Abs 2 BetrVG |
1. Arbeitnehmer eines öffentlich-rechtlichen Krankenhauses, die im Rahmen eines Personalgestellungsvertrages in einem privatisierten Unternehmen des Krankenhauses tätig werden, gelten als Arbeitnehmer dieses Unternehmens (§ 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG, der seit dem 04.08.2009 in Kraft ist).
2. Die gestellten Arbeitnehmer sind wahlberechtigt und wählbar. Sie sind für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und bei der Verteilung der Betriebsratssitze auf das Geschlecht der Minderheit mit zu berücksichtigen.
3. Dies gilt auch für Arbeitnehmer, die von ihrer Arbeitsleistung freigestellt sind, weil sie im abgebenden Krankenhaus freigestellte Personalratsmitglieder sind.
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) - 3) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 08.09.2010 - 43 BV 8250/10 - wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Die Beteiligten streiten sich im Rahmen eines Betriebsratswahlanfechtungsverfahrens ausschließlich darüber, ob Mitarbeiter, die im Rahmen eines Personalgestellungsvertrages überlassen werden, wählbar sind und ob diese bei der Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und bei der Anzahl der Mindestsitze für das Geschlecht der Minderheit berücksichtigt werden können.
Die zu 1) - 3) beteiligten Antragsteller sind wahlberechtigte Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 4) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 5) gewählte Betriebsrat.
Die Beteiligte zu 5) erbringt diverse Dienstleistungen des Facility Managements für die C. Universitätsmedizin, eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Das Unternehmen wurde im Oktober 2005 gegründet. Mehrheitsgesellschafter mit 51 % ist die C. Universitätsmedizin Berlin. Zwischen der C. und dem privatisierten Unternehmen wurde ein Personalgestellungsvertrag geschlossen. Danach bleiben die gestellten Arbeitnehmer während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei dem privatisierten Unternehmen Angehörige der C.. Weiterhin ist dort geregelt, dass die Überlassung der Arbeitnehmer grundsätzlich für die Laufzeit des Personalgestellungsvertrages erfolgt, der momentan bis zum 31. Dezember 2012 gilt. Das privatisierte Unternehmen verfügt über durchschnittlich 1.800 eigene und 741 gestellte Mitarbeiter.
In der Zeit vom 19. - 21. April 2010 fand die Betriebsratswahl statt. Auf der Wählerliste wurden insgesamt 741 gestellte Mitarbeiter als wählbar geführt. Das Wahlergebnis der Betriebsratswahl wurde am 27. April 2010 bekannt gegeben. Laut Bekanntmachung sind sieben an das privatisierte Unternehmen gestellte Mitarbeiter gewählt worden. Einige von ihnen sind teilweise gleichzeitig freigestellte Personalratsmitglieder bei der C. Universitätsmedizin Berlin. Zwei Beschäftige sind einfache Personalratsmitglieder und eine weitere Beschäftigte Ersatzmitglied im Personalrat.
Mit der am 10. Mai 2010 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Antragsschrift haben die drei Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.
Diese haben die Ansicht vertreten, die Neuregelung des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG gewähre den gestellten Mitarbeitern kein passives Wahlrecht. Nicht jeder Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG habe die gleichen Rechte und Pflichten. Gerade weil § 5 Abs. 1 des Gesetzes über das Personal der Bundeswertpapierverwaltung ausdrücklich das aktive und passive Wahlrecht regele, müsse aus dem Fehlen einer ergänzenden Regelung im Betriebsverfassungsgesetz geschlussfolgert werden, dass für die Frage der Wahlberechtigung § 7 Satz 2 BetrVG entscheidend sei. Dort sei jede Form der Überlassung zur Arbeitsleistung geregelt mit der weiteren Folge, dass überlassene Arbeitnehmer gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht passiv wahlberechtigt seien. Weiterhin haben die anfechtenden Arbeitnehmer die Ansicht vertreten, dass eine Wahlberechtigung für überlassene Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gegen Art. 3 GG verstoße. Nur bei Anwendung der Vorschriften des AÜG könne vermieden werden, dass es zu rechtlichen und faktischen Komplikationen komme. Andernfalls wären überlassene Beschäftigte des öffentlichen Dienstes selbst bei kurzzeitiger Überlassung entscheidend besser gestellt, als überlassene Mitarbeiter der Privatwirtschaft, die erst bei einer langfristigen Beschäftigung von drei Monaten wählen dürften, ohne dass ihnen darüber hinaus das passive Wahlrecht zustünde. Auch könnten sich die gestellten Arbeitnehmer in beiden Gremien (Betriebsrat und Personalrat) zur Wahl stellen.
Die Beteiligten zu 1) - 3) haben beantragt,
die Betriebsratswahl vom 19. - 21.04.2010 für unwirksam zu erklären.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Betriebsrat hält die Betriebsratswahl für wirksam und verweist zur Begründung auf die Gesetzesänderung. Der gesetzgeberische Wille sei dort eindeutig formuliert. Die Neuregelung sei auch nicht gleichheitswidrig. Die Gestellung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst sei nur entfernt und oberflächlich mit der Situation von Leiharbeitnehmern vergleichbar. Gründe der Praktikabilität seien nicht relevant. Sie seien vom Gesetzgeber gesehen und gewollt.
Das zu 5) beteiligte Unternehmen hat sich im Wesentlichen den Rechtsausführungen der anfechtenden Arbeitnehmer angeschlossen.
Mit Beschluss vom 8. September 2010 hat das Arbeitsgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen. Gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren sei nicht verstoßen worden. Die überlassenen Arbeitnehmer hätten berücksichtigt werden müssen. Dies ergebe sich aus der eindeutigen Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG i. V. mit der Gesetzesbegründung. Die Neuregelung fingiere den Status als Arbeitnehmer, so dass die überlassenen Beschäftigten als Arbeitnehmer des Betriebes zu gelten haben. Der Gesetzgeber habe bewusst eine allgemeine Regelung für Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes geschaffen, die von den Regelungen der Leiharbeit abweicht, und damit den Besonderheiten der Gestellungsverträge im öffentlichen Dienst Rechnung getragen. Eine Verletzung der Gleichheitssatzes gem. § Art. 3 GG liege nicht vor. Ein Grund für eine Differenzierung gegenüber der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung sei schon darin zu sehen, dass diese regelmäßig sporadisch, kurzfristig und in der Regel nur für kurze Zeitabschnitte erfolge. Personalgestellungsverträge seien demgegenüber regelmäßig auf Dauer angelegt. Gründe der Praktikabilität seien nicht relevant. Auch nach anderen Gesetzen sei eine Doppelmitgliedschaft im Betriebsrat und im Personalrat möglich. Auch dies sei dem Gesetzgeber bekannt gewesen.
Dieser Beschluss ist den anfechtenden Arbeitnehmern am 20. Oktober 2010 zugestellt worden. Die Beschwerde hiergegen ging am 8. November 2010 beim Landesarbeitsgericht ein. Die Beschwerdebegründung erfolgte am 20. Dezember 2010.
Die anfechtenden Arbeitnehmer kritisieren die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts als nicht zutreffend. Insofern halten sie an ihrer in der ersten Instanz geäußerten Rechtsauffassung zu den einzelnen Problempunkten fest.
Die Beteiligten zu 1) - 3) beantragen,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. September 2010 zum Az. 43 BV 8250/10 aufzuheben und die Betriebsratswahl vom 27. April 2010 für unwirksam zu erklären.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Betriebsrat und auch das zu 5) beteiligte Unternehmen verweisen auf ihre in der ersten Instanz dargelegten Rechtsauffassungen.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingereicht und begründet worden.
2. Die formellen Voraussetzungen für ein Wahlanfechtungsverfahren sind gegeben (§ 19 Abs. 2 BetrVG). Es fechten drei wahlberechtigte Arbeitnehmer die Wahl an. Die Wahlanfechtung ist auch innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Wochen vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet erfolgt.
3. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden, dass die Betriebsratswahl vom 27. April 2010 nicht unwirksam ist. Dadurch, dass 741 Beschäftigte als Arbeitnehmer bei der Betriebsratswahl berücksichtigt worden sind, ist nicht gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden. Die gestellten Arbeitnehmer sind wahlberechtigt und wählbar. Sie sind für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und bei der Verteilung der Betriebsratssitze auf das Geschlecht der Minderheit mit zu berücksichtigen.
3.1 Arbeitnehmer eines öffentlich-rechtlichen Krankenhauses, die - wie hier - im Rahmen eines Personalgestellungsvertrages in einem privatisierten Unternehmen des Krankenhauses tätig werden, gelten als Arbeitnehmer dieses Unternehmens (§ 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG).
Diese Norm lautet:
„Als Arbeitnehmer gelten ferner … Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes …, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.“
Die Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 16/11608, Seite 21) lautet:
„Zu Artikel 9
Min den Änderungen in § 5 des Betriebsverfassungsgesetzes wird dem Wunsch des Bundesrates vom 26. April 2006 im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Bundesschuldenwesenmodernisierungsgesetz (Bundesdrucksache 16/1336) entsprochen, eine allgemeine Regelung in das Betriebsverfassungsgesetz aufzunehmen, nach der Beamte bei Zuweisung an privatrechtlich organisierte Einrichtungen generell für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als deren Arbeitnehmer gelten und damit auch aktiv und passiv bei den Betriebsratswahlen wahlberechtigt sind. Gleiches wird auch für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sichergestellt und entspricht den in den Spezialgesetzen, z. B. im Bundesschuldenwesenmodernisierungsgesetz, dazu getroffenen Regelungen.“
Die 741 gestellten Arbeitnehmer sind solche des öffentlichen Dienstes, da sie weiterhin über ein Anstellungsverhältnis zu einem öffentlich-rechtlich organisierten Krankenhaus verfügen. Das hier zu 5) beteiligte Unternehmen ist als GmbH demgegenüber privatrechtlich organisiert. Die 741 Arbeitnehmer sind in diesem Unternehmen auch „tätig“. Der Gesetzestext enthält hierzu jedoch keinerlei Definition. Jedenfalls bei kurzzeitigen Einsätzen wird dies als problematisch angesehen (DKKW-Trümmer 12. Auflg. § 5 BetrVG Rn. 93 d). Andere verlangen ausdrücklich, dass die Überlassung auf Dauer angelegt sein müsse (Heise/Fedder NZA 2009, 1069, 1070 f.). Letzterem kann nicht gefolgt werden, da der Gesetzestext in zeitlicher Hinsicht keinerlei Einschränkung enthält. Offen bleiben kann, ob auch bei sehr kurzzeitigen Personaleinsätzen diese Arbeitnehmer als solche des aufnehmenden Betriebes zu gelten haben. Vorliegend geht es um Personalgestellungsverträge, so wie sie in § 4 Abs. 3 Satz 1 TVöD geregelt sind. Auch im hiesigen Fall werden dem öffentlich-rechtlich organisierten Träger Aufgaben entzogen, die auf ein privatisiertes Unternehmen übertragen werden. Derartigen Konstellationen liegt regelmäßig eine längerfristige Unternehmenskonzeption zugrunde. Dies gilt auch hier, zumal der Personalgestellungsvertrag selbst zum Zeitpunkt der Anfechtung der Betriebsratswahl noch bis zum 31. Dezember 2012 lief. Eine enge Auslegung des Kriteriums „tätig sind“ ist jedenfalls bei den hiesigen Personalgestellungsverträgen regelmäßig nicht zu rechtfertigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem gesetzgeberischen Willen Geltung verschafft werden soll.
Dies entspricht auch der überwiegenden Literaturansicht, die ebenfalls davon ausgeht, dass diese Arbeitnehmer aktiv und passiv wahlberechtigt seien (DKKW-Schneider/Homburg § 8 Rn. 28 a; Fitting § 8 Rn. 28; Heilmann AiB 2009, 500, 502; Thüsing BB 2009, 2036; Wollmerath dbr 2009, Nr. 10, 32). Soweit Löwisch der Ansicht ist, dass die Neuregelung nur klarstelle, dass § 75 Abs. 2 BetrVG auch für die im Betrieb beschäftigten Beamten und Soldaten gelte (BB 2009, 2316, 2318), so kann dem nicht gefolgt werden. Insofern kann schon nicht erklärt werden, warum die gesetzliche Neuregelung dann extra noch die Gruppe der Arbeitnehmer erwähnt. Auch liefe die Begründung der Gesetzesänderung vollkommen ins Leere, die ja ausdrücklich darauf abstellt, dass mit dieser Regelung über die spezialgesetzlichen Regelungen hinaus das aktive und passive Wahlrecht zugestanden werden solle.
3.2 Weil § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG den Arbeitnehmerstatus in der hiesigen Fallkonstellation fingiert, gelten die überlassenen Arbeitnehmer als „Arbeitnehmer des Betriebes“ gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
Löwisch (a. a. O.) und auch die hiesige Antragsteller gehen davon aus, dass unter § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur solche Personen fallen, die einerseits in einem Arbeitverhältnis zum Betriebsinhaber stehen und andererseits innerhalb der Betriebsorganisation dieses Arbeitgebers abhängige Arbeitsleistungen erbringen. Diese Sichtweise entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung (BAG vom 17.02.2010 - 7 ABR 51/08 - NZA 2010, 832, Rn. 16). Diese Rechtsprechung war ersichtlich bemüht, den Kreis der wahlberechtigten und wählbaren Arbeitnehmer eher gering zu halten. Dies galt insbesondere im Rahmen der so genannten privaten Arbeitnehmerüberlassung. Mit § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG liegt jedoch eine Sonderregelung für echte Arbeitnehmerüberlassungen aus dem öffentlichen Dienst vor (BAG a. a. O., Rn. 24), so dass die bisherige Rechtsprechung in der hiesigen Fallkonstellation nicht fortgeführt werden kann. Wegen des Charakters als Sonderregelung kann auch nicht auf die allgemeine Bestimmung des § 7 Abs. 2 BetrVG zurückgegriffen werden (a. A. Löwisch a. a. O.).
3.3 Dies gilt auch für die Arbeitnehmer, die von ihrer Arbeitsleistung freigestellt sind, weil sie im abgebenden Krankenhaus freigestellte Personalratsmitglieder sind.
Soweit das hier beteiligte Unternehmen der Ansicht ist, schon wegen dieser Freistellung liege eine Eingliederung nicht vor, so ist dem nicht zu folgen. Diese Arbeitnehmer werden dem Unternehmen grundsätzlich genauso überlassen wie alle anderen Arbeitnehmer. Sie verrichten jedoch zurzeit keine Arbeitsleistung. Damit unterscheiden sie sich nicht von anderen Arbeitnehmern, für die dies ebenfalls gilt, z. B. Langzeiterkrankten, Wehrpflichtigen und Arbeitnehmern, die sich in Elternzeit befinden. Die Eigenschaft, Arbeitnehmer des Betriebes zu sein, erlischt hierdurch nicht. Diese Arbeitnehmergruppen haben nach der bisherigen Rechtsprechung grundsätzlich das aktive und passive Wahlrecht. Die konkrete Eingliederung ergibt sich für diese Arbeitnehmergruppen dadurch, dass ein Arbeitsplatz vorgehalten wird, der allenfalls zwischenzeitlich anderweitig besetzt ist. Ähnlich ist es vorliegend bei den Arbeitnehmern, die zwar überlassen werden, als freigestellte Personalratsmitglieder jedoch keine Arbeitsleistung im aufnehmenden Unternehmen erbringen.
3.4 Die Neuregelung des Gesetzgebers in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist auch nicht gleichheitswidrig im Sinne von Art. 3 GG im Verhältnis zu den Regelungen, die für Arbeitnehmerüberlassungen im Privatsektor gelten.
Das Bundesarbeitsgericht weist insofern darauf hin, dass der Gesetzgeber trotz des Wegfalls der ursprünglich geregelten Höchstüberlassungsdauer weiterhin typisierend davon ausgehen dürfe, dass Leiharbeitnehmer häufig nur vorübergehend und für relativ kurze Zeit im Entleiherbetrieb tätig sind (BAG a. a. O., Rn. 28). Gerade dies kann die Sonderregelung in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG jedenfalls im Hinblick auf Personalgestellungsverträge erklären, da diese wegen der Ausgliederung von Aufgaben und der Neugründung von privatisierten Unternehmen regelmäßig längerfristig angelegt sind. Ob jenseits der Personalgestellungsverträge in anderen Konstellationen der Begriff „tätig sein“ enger auszulegen ist, muss nicht entschieden werden.
3.5 Praktische Probleme (Doppelmitgliedschaft im Betriebsrat und im Personalrat etc.) können ebenfalls nicht zu einer anderen Bewertung führen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass eine solche Doppelmitgliedschaft auf schon vor der Neuregelung in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG möglich war. Ggf. müssten solche Probleme bei der Umsetzung des Betriebsverfassungsgesetzes geregelt werden, nicht jedoch schon bei der Bildung von Betriebsräten.
3.6 Da die gestellten Arbeitnehmer nach dem Vorbringen der Beteiligten auch die allgemeinen Voraussetzungen der §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (Vollendung des 18. Lebensjahres, Betriebszugehörigkeit von 6 Monaten) erfüllen, sind diese 741 Arbeitnehmer wahlberechtigt und wählbar. Sie sind auch bei der Größe des Betriebsrates gem. § 9 BetrVG zu berücksichtigen (ähnlich LAG Baden-Württemberg vom 21.09.2010 - 14 TaBV 3/10 - juris, hinsichtlich der Berücksichtigung bei den Schwellenwerten gem. § 38 Abs. 1 BetrVG; jetzt: 7 ABR 65/10). Da die gestellten Arbeitnehmer aufgrund der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG als Arbeitnehmer gelten, sind sie auch Teil der Belegschaft. Daher zählen sie mit bei der Bestimmung der Anzahl der Mindestsitze für das Geschlecht der Minderheit gem. § 15 Abs. 2 BetrVG.
3.7 Im Übrigen wird auf die ausführlichen und zutreffenden Begründungen des Arbeitsgerichts im angegriffenen Beschluss Bezug genommen.
4. Gem. § 92 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG wird die Rechtsbeschwerde zugelassen. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu der ab dem 4. August 2009 geltenden Neuregelung und ihren Auswirkungen liegt noch nicht vor.