Gericht | FG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 23.03.2017 | |
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Aktenzeichen | 4 K 4153/16 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Zwischen den Beteiligten ist für die Veranlagungszeiträume 2007 und 208 (Streitjahre) der Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht streitig.
Die Klägerin betreibt auf dem Windfeld in B… eine Windkraftanlage (WKA) der Fa. C… AG. Insgesamt betreiben dort drei mit der Klägerin verbundene Betreibergesellschaften fünf WKA (Bl. 214 <215> Bp.-Akte).
In den Streitjahren ermittelte die Klägerin ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH & Co. KG, die mit Gesellschaftsvertrag vom 17.10.2007 seinerzeit noch unter der Firma „D… GmbH & Co. KG“ errichtet wurde (Bl. 53 f Bp.-Akte). Zum 14.04.2009 firmierte die Klägerin auf ihre heutige Firma um (Bl. 231 Bp.-Akte). Aufgrund notarieller Vereinbarung vom 11.12.2007 verlegte die Klägerin ihren Sitz zum 02.01.2008 von E… nach F… (Bl. 59 Bp.-Akte). Seit dem 01.01.2011 befindet sich ihr Sitz in G… (vgl. Tz. 7 des Bp.-Berichts vom 24.10.2012, Bl. 171 Bp.-Akte). Der Gesellschaftszweck der Klägerin umfasst die Entwicklung, den Verkauf und/oder den Betrieb von Windenergieanlagen zur umweltfreundlichen Stromenergieerzeugung (§ 2 des Gesellschaftsvertrages [GesV]).
Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ohne Kapitaleinlageverpflichtung (§ 6 GesV) ist die 2005 mit einem Stammkapital von 25.000 € errichtete H… GmbH mit Sitz in F…, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer Herr I… ist und deren Unternehmensgegenstand die Errichtung, den Betrieb, die Verwaltung und die Vermarktung von Energieanlagen sowie den Handel mit Nutzenergie umfasst (s. Handelsregisterauszug, Bl. 223 Bp.-Akte). Für ihre Komplementärstellung erhält die H… GmbH eine jährliche Haftungsvergütung in Höhe von 2.000 € (§ 8 GesV). Die H… GmbH ist außerdem Komplementärin weiterer GmbH & Co KG (Objekt- bzw. Betreibergesellschaften), deren Kommanditbeteiligungen ebenfalls von Herrn I… gehalten werden. Auch diese Objektgesellschaften betreiben auf besonderen (regionalplanerisch ausgewiesenen) Windeignungsgebieten in J… und B… WKA zum Zweck der Erzeugung und Veräußerung der gesamten daraus gewonnenen Stromenergie (kein Eigenverbrauch).
Mit der Entwicklung und Projektierung der von den Objektgesellschaften betriebenen WKA einschließlich Einholung der zu ihrem Betrieb erforderlichen Genehmigungen (z. B. nach Bau- und Immissionsschutzrecht) war die 2005 errichtete K… GmbH & Co. GmbH (Bl. 223 Rs. Bp.-Akte) betraut (s. Bl. 214 Bp.-Akte).
Alleiniger Geschäftsführer und Kommanditist der K… GmbH & Co. GmbH ist ebenfalls Herr I… . Als „Bauherrin“ stellte die K… GmbH & Co. GmbH am 27.11.2007 einen Bauantrag zur Errichtung von einer WKA zur umweltfreundlichen Stromproduktion (Bl. 231 f Bp.-Akte) auf dem Areal in B… . Eigentümerin und Verpächterin des Areals in B… ist die L…-Gruppe (vgl. Bl. 224 Rs. Bp.-Akte). Am 24.01.2008 beantragte sie außerdem für den Außenbereich i. Sinne d. § 35 Baugesetzbuch (BauGB) eine Genehmigung einer Anlage nach Bundesimmissionsschutzgesetz - BImSchG - (Bl. 220 f Bp.-Akte).
Mit der C… AG (M…-straße, N…) schloss die K… GmbH & Co. GmbH am 15.08./27.08.2008 einen Vertrag über die Lieferung und Montage der Windenergieanlagen des Typs „…“ (Nabenhöhe 100 m) zum Kaufpreis von 2.796.500 € (Bl. 84 f Bp.-Akte). Mit Vertragsübernahmeerklärung vom 15.06./18.06.2009 (Bl. 120 Bp:-Akte) trat die Klägerin in vollem Umfang in den zwischen der K… GmbH & Co. GmbH und der Fa. C… AG abgeschlossenen Vertrag ein.
Mit Werkvertrag vom 17.02.2009 – auf den das Gericht wegen des weiteren Inhalts ergänzend Bezug nimmt (Bl. 74 f Bp.-Akte) – beauftragte die Klägerin die K… GmbH & Co. GmbH im Rahmen des Projekts „Windkraftanlage B…“ gegen eine Vergütung i. H. v. 739.976,66 € mit der Lieferung und dem Bau der für die Errichtung und den Betrieb der WKA erforderlichen Infrastruktur (Zuwege, Fundamente und Elektroarbeiten).
Am selben Tag wurden mit dem zwischen der Klägerin und ihrem Kommanditisten vereinbarten Ingenieurvertrag alle Planungsdokumente, Unterlagen, Rechte und Pflichten, die sich im Zusammenhang mit der WKA B… ergeben, an die O… KG übertragen (Bl. 71 f Bp.-Akte).
Die Bauarbeiten zur Errichtung der WKA begannen 2009. Die Fertigstellung der WKA (einschließlich Zuwegung) erfolgte zum 20.10.2009 bzw. 30.10.2009 (vgl. Abschreibungsverzeichnis der Klägerin vom 01.01.2009 bis 31.12.2009, Fach 2009). Aus dem Betrieb der WKA und dem Verkauf des erzeugten Stroms an den regionalen Versorger P… AG erzielte die Klägerin im Jahr 2009 erstmals Erlöse i. H. v. 88.135 € (Bl. 12 USt.-Akte).
In ihrer für das Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr 2009 aufgestellten Bilanz passivierte die Klägerin erstmals Kreditverbindlichkeiten zum Erwerb der WKA in Höhe 3.050.000 € (vgl. Bil.-Akte).
Mit ihren für die Streitjahre abgegebenen Gewerbesteuerklärungen machte die Klägerin Verluste in Höhe von 200.373 € für 2007 (Bl. 12 f GewSt.-Akte) und 1.038 € für 2008 (Bl. 26 f GewSt.-Akte) geltend, die der Beklagte mit nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewerbesteuermessbetragsbescheiden für 2007 vom 16.04.2009 (Bl. 16 f GewSt.-Akte) und für 2008 vom 17.09.2009 sowie Bescheiden über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2007 vom 16.04.2009 und den 31.12.2008 vom 17.09.2009 (Gewerbesteuerverlustfeststellungsbescheide) erklärungsgemäß ansetzte.
Der erklärte Verlustbetrag des Jahres 2007 beruhte maßgeblich auf der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages für die beabsichtigte Herstellung einer WKA in Höhe eines Betrages von 200.000 € (entspricht 8,3 % von 2.400.000 €, vgl. Aufstellung „Investitionsabzugsbetrag vom 17.10.2007 bis 31.12.2007“, Bl. 17 Bil.-Akte) gemäß § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.2007 (Bundesgesetzblatt [BGBl] I 2007, 1912), das für Wirtschaftsjahre gilt, die nach dem 17.08.2007 enden bzw. für Wirtschaftsgüter (WG), die nach dem 31.12.2007 angeschafft werden (§ 52 Abs. 23 EStG).
Im Rahmen einer sich auf die Streitjahre erstreckenden Außenprüfung (Ap.), deren Ergebnisse im Ap.-Bericht vom 24.10.2012 zusammengefasst sind und auf den der Senat ergänzend Bezug nimmt (Bl. 170 f Bp.-Akte), gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die geltend gemachten Gewerbeverluste in den Streitjahren nicht berücksichtigungsfähig seien, weil die Klägerin ihre werbende Tätigkeit in Gestalt der Veräußerung des selbst erzeugten Stroms erstmals mit Fertigstellung ihrer WKA im Laufe des VZ 2009 aufgenommen habe, mit der Konsequenz, dass die in den Streitjahren geltend gemachten Gewerbeverluste auf gewerbesteuerrechtlich unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen beruhten und eine sachliche Gewerbesteuerpflicht noch nicht begonnen habe (Hinweis auf Tz. 11 des Bp-Berichts, Bl. 172 Bp.-Akte).
Der Beklagte folgte der Auffassung seines Prüfers und hob mit Bescheiden vom 26.09.2013 die bisherigen Gewerbesteuermessbetrags- und Gewerbesteuerverlustfeststellungsbescheide für die Streitjahre (ersatzlos) nach § 164 Abs. 2 AO auf.
Mit ihren dagegen gerichteten Einsprüchen vertrat die Klägerin die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Gewerbeverluste gegeben seien, weil unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung von einem Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bereits in den Streitjahren auszugehen sei. Für den Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht komme es auf den Beginn der werbenden Tätigkeit an, weil hiermit das gesetzliche „Tatbestandsmerkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ i. S. des § 15 Abs. 2 EStG i. V. m. § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) begründet werde. Für die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr könne es genügen, wenn ein Leistungsangebot nur an einen Marktteilnehmer (Abnehmer) – wie im Streitfall – erfolge (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 22.11.1994 VIII R 44/92, Bundessteuerblatt [BStBl] I 1995, 900 mit Hinweis auf BFH-Urteil vom 08.03.1989 X R 108/87, BStBl I 1989, 572). Für den Beginn der werbenden Tätigkeit sei grundsätzlich entscheidend, ab wann der Steuerpflichtige (Stpfl.) an den Markt herantrete. Auch wenn bei einem normalen Handelsgewerbe hierfür regelmäßig der Zeitpunkt der Generierung von Ausgangsumsätzen maßgeblich sei, könne diese Sichtweise nicht unbesehen auf die Betriebe der Energiegewinnung übertragen werden. Für ein Unternehmen der Stromerzeugung sei indes bedeutsam, dass die Generierung von Ausgangsumsätzen maßgeblich von dem Gesetz über den Ausbau erneuerbarer Energie (EEG) ggf. ergänzt durch die Einspeisungsverträge des Energieversorgers abhinge. Das jeweilige Leistungsangebot an den Netzbetreiber gelte gleichermaßen auch als Leistungsangebot an die einzelnen Stromendverbraucher. Mit dem gesetzlichen Anspruch auf Einspeisung der durch den regenerativen Stromerzeuger erzeugten Energie korrespondiere dessen Verpflichtung gegenüber dem Netzbetreiber, die Energieerzeugungsanlagen (WKA) vorschriftsgemäß zu errichten und vorzuhalten. Die Verpflichtung des Netzbetreibers, die Stromenergie einspeisungswilliger Anlagenbetreiber in das Leitungsnetz aufzunehmen, korrespondiere mit dessen Verpflichtung, den daraus gewonnenen Strom an die Endverbraucher abzugeben. Die Stromabgabe an die Endverbraucher entstehe bereits mit der Übergabe der erzeugten Energie auf den Netzbetreiber. Ausgehend von diesen besonderen Verhältnissen müsse als Beginn des Gewerbebetriebs der Zeitpunkt der gesetzlich verankerten Möglichkeit zur Einspeisung des (zukünftig) erzeugten Stroms in das Leitungsnetz der großen Stromanbieter maßgeblich sein, da das Einspeisungsrecht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verpflichtung des Energieerzeugers zur Herstellung und Vorhaltung der Energieerzeugungsanlagen (WKA) stehe. Eine solche Konstellation sei durch die Rechtsprechung des BFH auch in dem Urteil vom 22.11.1994 (VIII R 44/92, BStBl II 1995, 900) nicht abschließend beurteilt worden. Maßgebend für den Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht sei deshalb der Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse zur Lieferung bzw. Errichtung der WKA. Dieser Zeitpunkt korrespondiere zudem mit dem in ihrem (der Klägerin) Gesellschaftsvertrag festgelegten Unternehmensgegenstand und stelle dessen Realisationsakt dar.
Ungeachtet dessen sei zu berücksichtigen, dass sie – die Klägerin – eine so genannte gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG sei. Bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft wäre ein Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht schon gegeben, wenn die ersten Schritte zur Realisierung des im Gesellschaftsvertrag festgelegten Gesellschaftszwecks (bzw. Unternehmensgegenstandes) unternommen würden. Mit Urteil vom 06.04.2005 habe das Finanzgericht [FG] Berlin (6 K 6386/00, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 2005, 1684) entschieden, dass Maßstab für den Beginn des fiktiven Gewerbebetriebs bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft der im Gesellschaftsvertrag festgelegte Gesellschaftszweck und deren darauf bezogene tatsächlich ausgeübte Geschäftstätigkeit sei. Im Streitfall sei der Gesellschaftszweck im Jahr 2007 mit dem Abschluss der Stromlieferungsverträge realisiert worden. Abgesehen davon sei nach BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 23.02.2011 I R 52/10, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2011, 1354 betreffend Erbschaftsteuer) bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft bereits deren Eintragung im Handelsregister als Beginn des Gewerbebetriebs erachtet worden.
Mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 17.06.2016 (Anmerkung des Gerichts: falsch eingestellter Datumsstempel - richtig ist der 17.05.2016) – auf die der Senat wegen des weiteren Inhalts Bezug nimmt (Bl. 7 f Streitakte) – wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück und führte zu deren Begründung aus, dass bei Einzelgewerbetreibenden und gewerblich tätigen Personengesellschaften die sachliche Gewerbesteuerpflicht in dem Zeitpunkt beginne, in dem erstmals alle Voraussetzungen erfüllt seien, die zur Annahme eines Gewerbebetriebs kraft Tätigkeit erforderlich seien. Bedeutsam sei nicht eine formale Eröffnung des Betriebs, sondern der Beginn der gewerblichen Arbeitsleistung. Hierfür sei erforderlich, dass sich das Unternehmen mit eigenen gewerblichen Leistungen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligen müsse. Erst hierdurch würden gewerbliche Erträge entstehen, auf welche sich die Gewerbesteuerpflicht erstrecke. Maßnahmen vor diesem Zeitpunkt, insbesondere Ausgaben, die vor Eröffnung des Betriebs gemacht werden und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Betrieb stehen, seien hingegen bei der Gewerbesteuer nicht zu berücksichtigen (siehe z. B. BFH-Urteil vom 19.08.1977 IV R 107/74, BStBl II 1978, 23).
Die Erzeugung und Vermarktung von Energie stelle eine originäre gewerbliche Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 2 EStG dar. Die Ausführungen der Klägerin zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft gingen deshalb ins Leere. Auch die Verpflichtung des Netzbetreibers zur Abnahme der Energie aus regenerativen Anlagen ließe keine andere Beurteilung zu. Zivilrechtlich möge eine solche Verpflichtung bestanden haben, jedoch habe sie aufgrund der nicht vorhandenen WKA in den Streitjahren nicht erfüllt werden können. Das Bestehen eines Marktes sei nicht rechtserheblich für die Begründung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht. Angesichts des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer müsse es sich um einen laufenden, von außen leicht erkennbaren Gewerbebetrieb handeln. Hierfür sei ein am Gesellschaftszweck orientiertes Tätigwerden der Gesellschaft erforderlich. Woran es im Streitfall mangele.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage, mit der sie daran festhält, dass die sachliche Gewerbesteuerpflicht bereits in den Streitjahren bestanden habe und die
Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der geltend gemachten Gewerbeverluste gegeben seien. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren vorinstanzlichen Vortrag und trägt ergänzend vor, dass der Beklagte bei seiner Entscheidung im Streitfall die Besonderheit unberücksichtigt lasse, dass die Klägerin keinen Absatzmarkt schaffen müsse, da die Netzbetreiber aufgrund der gesetzlichen Regelungen des EEG zur Abnahme der aus regenerativen Quellen erzeugten Stromenergie verpflichtet seien. Zur Generierung ihrer Ausgangsumsätze sei lediglich die Herstellung der technischen „Stromerzeugungsanlage“ erforderlich. Bei dem Bau der dafür erforderlichen WKA handele es sich nicht um Vorbereitungshandlungen, sondern dieser sei bereits als Teil der gewerblichen Tätigkeit des Gewerbebetriebs „Stromverkauf aus Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien“ zu erachten. Als Beginn des Gewerbebetriebs sei der Zeitpunkt der gesetzlich verankerten Möglichkeit zur Einspeisung des (zukünftig) erzeugten Stroms in das Leitungsnetz des regionalen Netzbetreibers maßgebend. Damit korrespondiere die Verpflichtung des Stromerzeugers, die WKA herzustellen und in einen betriebsbereiten Zustand vorzuhalten. Zutreffender Zeitpunkt für den Beginn des Gewerbebetriebs sei der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem örtlichen Netzbetreiber, da hierdurch dessen Abnahmeverpflichtung sowie die Pflicht der Klägerin zum Bau/Instandhaltung der WKA ihre Grundlage finden würden.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Aufhebungsbescheide für 2007 und 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag sowie die Bescheide über die Aufhebung der Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2007 und den 31.12.2008, alle vom 26.09.2013, in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 17.05.2016 aufzuheben;
hilfsweise die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen;
die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält ebenso an seiner bisher vertretenen Auffassung fest und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe seiner zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 17.06.2016.
Mit Schriftsätzen vom 21.02.2017 haben die Beteiligten nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) auf Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet (Bl. 23, 24 Streitakte).
Dem Gericht haben bei seiner Entscheidungsfindung je ein Band (Bd.) Streitakten zum vorliegenden sowie zu den Klageverfahren 4 K 4156/16 und 4 K 4155/16 sowie je ein Bd. Umsatz-, Gewerbe-, Feststellungs-, Bilanz- und Prüferhandakten (Steuernummer …) sowie je ein Bd. Umsatz-, Gewerbesteuer-, Bilanz-, Feststellungs- sowie 2 Bde. Prüferhandakten (Steuernummer …) des Beklagten vorgelegen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die angefochtenen Aufhebungsbescheide in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Der Senat konnte gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten auf deren Durchführung verzichtet haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Gewerbebetrieb der Klägerin in den Streitjahren (noch) nicht begonnen hatte, mit der Konsequenz, dass für eine Berücksichtigung von Gewerbeverlusten im Rahmen von Gewerbesteuermessbetrags- bzw. Gewerbesteuerverlustfeststellungsbescheiden kein Raum besteht und die Ursprungsbescheide folgerichtig (ersatzlos) aufzuheben waren.
Nach § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer (nur) der stehende Gewerbebetrieb. Nach ständiger Rechtsprechung beginnt deshalb die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter § 2 Abs. 1 GewStG fallenden Gewerbebetriebe erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines (originären oder fiktiven) Gewerbebetriebs erfüllt sind (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 bzw. Abs. 3 EStG) und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 22.01.2015 IV R 10/12, Rz 24; außerdem hierzu und zum Folgenden BFH-Urteil vom 30.08.2012 IV R 54/10, BStBl II 2012, 927, Rz 20, m.w.N.).
Während die Einkommensteuer als Personensteuer sämtliche betrieblichen Vorgänge beginnend mit der ersten Vorbereitungshandlung zur Eröffnung eines Betriebs erfasst, ist Gegenstand der Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb entfallende, durch eigene gewerbliche Leistungen entstandene Gewinn. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer. Entscheidend ist, wann die Voraussetzungen für die erforderliche Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsächlich erfüllt sind, so dass das Unternehmen sich daran mit eigenen gewerblichen Leistungen beteiligen kann. Zu den bloßen, gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen werden z.B. die Anmietung eines Geschäftslokals, die Errichtung eines Fabrikgebäudes oder eines Hotels, mit dessen Betrieb erst nach dessen Fertigstellung begonnen wird, und Ähnliches gezählt (hierzu BFH-Urteil vom 12.05.2016 IV R 1/13, BFH/NV 2016, 1779 m.w.N.).
Der Zeitpunkt des Beginns bzw. der Einstellung der werbenden Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten unterschiedlich zu bestimmen sein.
Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich nach dem von der Gesellschaft verfolgten Gegenstand ihrer Tätigkeit. Dabei kann auch auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens zurückgegriffen werden. Allerdings handelt es sich insoweit lediglich um ein Indiz; letztlich maßgebend ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit (z.B. BFH-Urteil vom 12.05.2016 IV R 1/13, BFH/NV 2016, 2584).
Diese Rechtsgrundsätze gelten gleichermaßen für Einzelgewerbetreibende wie für Personengesellschaften, und zwar unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter.
Die Tätigkeit einer gewerblich geprägten (vermögensverwaltenden) Personengesellschaft führt ebenfalls zu einem stehenden Gewerbebetrieb nach § 2 Abs. 1 GewStG, obgleich diese Gesellschaft keine originär gewerblichen Einkünfte erzielt (vgl. BFH-Urteil vom 12.05.2016 IV R 1/13, BFH/NV 2016, 2584, Juris Tz. 30 m. w. N. zur BFH-Recht-sprechung). Die Erzielung nichtgewerblicher Einkünfte ist Bestandteil der Definition der gewerblich geprägten Personengesellschaft. Eine GmbH & Co. KG mit originär gewerblichen Einkünften ist auch in der Zeit vor der Aufnahme ihrer originär gewerblichen Tätigkeit nicht als gewerblich geprägte Gesellschaft anzusehen, denn sonst führten - entgegen den vorstehenden Grundsätzen - bereits (vermögensverwaltende) Tätigkeiten einer solchen Gesellschaft vor dieser Zeit regelmäßig zur Annahme eines stehenden Gewerbebetriebs (so BFH-Urteil vom 12.05.2016 IV R 1/13, BFH/NV 2016, 2584). Die sachliche Gewerbesteuerpflicht bei einer fiktiven gewerblichen Tätigkeit beginnt mit der Aufnahme der vermögensverwaltenden Tätigkeit (z. B. BFH-Urteile vom 20.11.2003 IV R 5/02, BStBl II 2004, 719 und 12.05.2016 IV R 1/13, BFH/NV 2016, 2584).
Bei Anwendung dieser höchstrichterlich aufgestellten Grundsätze – von denen abzuweichen kein Grund besteht – auf den Streitfall ist dem Beklagten darin zu folgen, dass die Klägerin in den Streitjahren noch keinen Gewerbebetrieb i. S. des § 2 Abs. 1 GewStG unterhalten hat. Vielmehr handelte es sich bei ihren Aktivitäten noch um unbeachtliche Vorbereitungshandlungen, mit der Konsequenz, dass eine Berücksichtigung der damit in Zusammenhang stehenden Anlaufverluste ausscheidet. Dem folgend hat der Beklagte es zutreffend abgelehnt, für die Streitjahre Gewerbesteuermessbeträge festzusetzen (§ 184 Abs. 1 AO) bzw. vortragsfähige Gewerbeverluste festzustellen.
Unzweifelhaft erzielt die Klägerin in der Rechtsform der GmbH & Co. KG durch die Erzeugung und den Verkauf von Stromenergie aus dem Betrieb einer WKA entsprechend ihrem Gesellschaftszweck originäre gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 2 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG (zur Einkünftequalifikation des Betreibers einer WKA siehe BFH-Beschluss vom 14.04.2011 IV R 15/09, BStBl II 2011, 706, Juris Rz 26). Die für gewerblich geprägte, vermögensverwaltende Personengesellschaften geltenden Grundsätze finden deshalb auf die Klägerin keine Anwendung (vgl. BFH-Urteil vom 12.05.2016 IV R 1/13, BFH/NV 2016, 2584).
Die Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG sind erfüllt.
Die Klägerin ist selbständig tätig, denn sie verkauft den erzeugten Strom auf eigene Rechnung und Gefahr (vgl. Wacker in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 15 Tz. 11 m.w.N.). Ihre Tätigkeit ist auch auf Wiederholung angelegt und somit nachhaltig (Wacker in Schmidt a.a.O., § 15 Tz. 17). Dass die Klägerin (womöglich) ihre Leistungen nach Lage der Dinge nur einem einzigen Abnehmer anbietet (P… AG), ist für die Annahme eines originären Gewerbebetriebs unschädlich, weil auch hierdurch eine Marktteilnahme begründet wird (Wacker in Schmidt a.a.O., § 15 Tz. 20 m.w.N.). Die Tätigkeit stellt keine bloße (private) Vermögensverwaltung (ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal) dar. Vielmehr handelt die Klägerin mit selbst erzeugter Stromenergie. Schließlich liegt auch Gewinnerzielungsabsicht vor, denn das Tun der Klägerin zielt (trotz anfänglicher Verlustphase) darauf ab, mit dem Verkauf der von ihr erzeugten Stromenergie auf Dauer, d. h. in der Zeit von der Gründung bis zur Veräußerung (bzw. Aufgabe/Liquidation), einen Totalgewinn in Form der Betriebsvermögensmehrung zu erzielen (Wacker in Schmidt a.a.O., § 15 Tz 30 m.w.N.).Auch die negativen Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG greifen erkennbar nicht ein, denn die Klägerin erzielt weder land- und forstwirtschaftliche Einkünfte noch ist ihre Tätigkeit als Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Arbeit i. S. d. § 18 EStG anzusehen.
Der originäre Gewerbebetrieb der Klägerin war in den Streitjahren noch nicht in Gang gesetzt worden. Für die Ingangsetzung des Gewerbebetriebs reichte der Abschluss der Belieferungsverträge mit der Abnehmerin (Versorgerin) nicht aus. Für den Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht ist vielmehr erforderlich, dass die WKA fertiggestellt ist. Erst mit deren Fertigstellung ist die Klägerin in die Lage versetzt, ihrer im Gesellschaftsvertrag verankerten und mit dem Versorgungsunternehmen vereinbarten Verpflichtung zur Lieferung umweltfreundlicher Stromenergie (§ 2 des Gesellschaftsvertrages) gegen Entgelt nachzukommen. Mit der Errichtung der WKA ist (unstrittig) aber erst in dem den Streitjahren folgenden Jahr 2009 begonnen worden.
Die von der Klägerin vertretene Ansicht, die Ingangsetzung des Gewerbebetriebs müsse aufgrund der Besonderheiten im EEG auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Versorger (Abnehmer) vorverlegt werden, vermag nicht zu überzeugen.
Abgesehen davon, dass die von der Klägerin vertretene Auffassung dem Objektsteuerprinzip der Gewerbesteuer zuwiderläuft (Steuerobjekt der Gewerbesteuer als Realsteuer ist der Gewerbebetrieb, siehe etwa Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschlüsse vom 15.02.2016 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557, Juris Rz 2, vom 25.10.1977 1 BvR 15/75, BStBl II 1978, 125, Juris Rz 27) und Verträge nicht vorgelegt werden konnten, übersieht die Klägerin, dass die Marktteilnahme als Anknüpfungstatsache für den Beginn eines Gewerbebetriebs voraussetzt, dass der Klägerin überhaupt die zur Erzeugung der Stromenergie erforderlichen Anlagen in einem betriebsbereiten Zustand zur Verfügung stehen. Der Betrieb der Klägerin unterscheidet sich insofern nicht von einem anderen industriellen Produktionsunternehmen, das mit Hilfe des Einsatzes von Produktionsmaschinen eigene Produkte herstellt. Auch bei einem solchen Unternehmen ist eine Ingangsetzung des Gewerbebetriebs erst gegeben, wenn das Unternehmen über die zur Fertigung seiner Produkte entsprechenden Produktionsmaschinen verfügt. Bloße Vorbereitungshandlungen, dazu gehört z. B. der kurzzeitige Probelauf von Betriebsanlagen, wenn dieser (z. B. anhand der verwendeten Rohstoffe) noch nicht dem Gesamtkonzept des eigentlichen regelmäßigen Betriebs entspricht, begründen die Gewerbesteuerpflicht noch nicht (so zutreffend Gewerbesteuerrichtlinien [GewStR] R 2.5 Abs. 1 Satz 2 2009, Vorhandensein der Planungssoftware für ein Küchenplanungsstudio, vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.11.2010 7 K 1993/06, EFG 2011, 725). Anderes lässt sich für den Beginn der Gewerbesteuerpflicht in Abgrenzung zu unbeachtlichen Vorbereitungsmaßnahmen auch nicht aus den Bestimmungen des EEG ableiten. Im Gegenteil: § 8 Abs. 1 EEG macht die Pflicht des Netzbetreibers zum Anschluss an das Stromnetz ebenfalls davon abhängig, dass eine „Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien … anzuschließen ist“. § 9 Abs. 6 EEG statuiert die Verpflichtung des Betreibers von WKA an Land, die vor dem 1. Juli 2017 in Betrieb genommen worden sind, dass am Verknüpfungspunkt ihrer Anlagen mit dem Netz die Anforderungen an die Systemdienstleistungsverordnung erfüllt sind. Auch aus diesen Vorschriften lässt sich ableiten, dass die Anschluss- und Abnahmeverpflichtung des Netzbetreibers voraussetzt, dass der Betreiber einer WKA seinerseits eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende WKA zum Einsatz bringt. Dass die Betreiber von Anlagen zur Gewinnung von Strom aus erneuerbaren Energien aufgrund der gesetzlichen Abnahmeverpflichtung des regionalen Versorgers keine werbenden Maßnahmen zur Gewinnung von Kunden erforderlich macht, lässt das Erfordernis einer betriebsbereiten WKA als Anknüpfungstatsache für den Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht nicht entfallen. Vielmehr lässt sich hieraus allenfalls ableiten, dass die Ingangsetzung eines Unternehmens eines WKA-Betreibers außer der Fertigstellung der WKA (WKA mit Fundament, Turm, Gondel und Rotoren, Zuwegung, interner und externer Verkabelung, siehe hierzu BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 46/09, BStBl II 2011, 696) keine zusätzlichen Maßnahmen erforderlich macht.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil ein Revisionszulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO nicht erkennbar ist. Insbesondere weicht das Gericht mit seiner Entscheidung – soweit ersichtlich – nicht von der Rechtsprechung des BFH oder der Rechtsprechung anderer Finanzgerichte ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.