Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 16.06.2011 | |
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Aktenzeichen | L 2 U 10/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 112 SGB 10, § 103 SGB 10, § 105 SGB 10, § 93 SGB 6 |
1. Auch bei der Rückabwicklung von Erstattungsansprüchen sind die beteiligten Sozialleistungsträger an die Bestandskraft des der Erstattung zugrunde liegenden Bewilligungsbescheides gegenüber dem Versicherten gebunden (Anschluss an die Urteile des Bundessozialgerichts vom 1. April und 23. Juni 1993, AZ: 1 RK 10/92 und 9/9a RV 35/91).
2. Dies gilt auch dann, wenn feststeht, dass der Bewilligungsbescheid rechtswidrig war, aber aus Gründen des Vertrauensschutzes gegenüber dem Versicherten nicht zurückgenommen werden kann.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 2009 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, 4.677,72 Euro an die Klägerin zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu drei Vierteln, die Beklagte zu einem Viertel.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 17.971,23 Euro festgesetzt.
Die Beteiligten streiten über die Rückerstattung nach § 112 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X) von Erstattungsbeträgen nach § 103 SGB X, die wegen der Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung des Versicherten M G auf dessen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch (SGB VI) entstanden sind.
Nach der Erledigung der Berufung im Übrigen betreffend die Anrechnung von Leistungen auf die Hinterbliebenenrente in Höhe von 13. 293,51 € durch Rücknahme der Berufung der Klägerin mit Schriftsatz vom 25. Januar 2011 und Zahlung eines Betrages von 3 381,83 € am 17. März 2011 zugunsten der Beklagten streiten die Beteiligten noch um einen Betrag von 4 677,72 €. Dieser setzt sich zusammen aus einem Teilbetrag von 3.473,31 €, den die Beklagte ursprünglich als Erstattungsanspruch der Klägerin wegen § 93 SGB VI aus der dem Versicherten zustehenden Unfallrentennachzahlung für die Zeit vom 01. Dezember 1999 bis 31. Mai 2000 gezahlt hatte, und einem Teilbetrag von 1 204,31 €, bei dem es sich um den Betrag handelt, den die Klägerin vom 01. Juni 2000 bis zum Tode des Versicherten am 17. Juli 2000 von der laufenden Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen der Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI einbehielt.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Versicherte bezog seit dem 01. Juni 1996 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufs- und Erwerbsunfähige aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Mit Bescheid vom 25. November 1999 wurde bei dem Versicherten eine Berufskrankheit (BK) Nr. 4103 der Berufskrankheiten-Verordung - Asbestose - dem Grunde nach anerkannt. Eine Rentenzahlung aufgrund dieser BK erfolgte nicht. Eine nur einen Monat später auftretende metastasierende Krebserkrankung wurde mit Bescheid vom 13. April 2000 als BK 4104 (Lungenkrebs i. V. m. Asbestose) anerkannt und mit einer Unfallrente entschädigt. Aus der Rentennachzahlung wurde ein Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von 3.473,31 € befriedigt. Am 17. Juli 2000 starb der Versicherte. Vom 01. Juni 2000 bis 17. Juli 2000 wurde die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung vollständig ausgezahlt, die laufende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 SGB VI um insgesamt 1.204,31 € gekürzt.
In der Folgezeit kam es zur Obduktion des Versicherten, die ergab, dass der Versicherte zu Lebzeiten nicht an einem - beruflich verursachten - Lungenkrebs, sondern an einem - nicht beruflich verursachten - Pankreaskopfkarzinom gelitten hatte. Dem folgte ein Rechtsstreit um die Hinterbliebenenwitwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis hin zum Bundesverfassungsgericht, der letztlich zu Lasten der Witwe ausging (Urteil des Bundessozialgerichts vom 15. Februar 2005 Az.: B 2 U 3/04 R; Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. August 2006 Az.: 1 BvR 1637/00).
Die Beklagte sah sich aus Vertrauensschutzgründen nicht in der Lage, den Verletztenrentenbewilligungsbescheid vom 13. April 2000 wegen eines Lungenkrebses nach Asbestose (BK Nr. 4104) nach § 45 SGB X zurückzunehmen, da die ärztliche Fehldiagnose dem Versicherten nicht angelastet werden könne.
Allerdings wandte die Beklagte sich in der Folgezeit an die Klägerin und begehrte die Erstattung des Betrages von 4 677,72 €, da die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu Unrecht an den Versicherten gezahlt worden und die gesetzliche Rentenversicherung deshalb um diesen streitigen Betrag zu Unrecht entlastet worden sei. Dem kam die Klägerin zunächst nach und überwies aus der neu - ohne Anwendung des § 93 SGB VI - durchgeführten Rentenberechnung den Betrag von 4 677,72 € an die Beklagte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Überweisung und die Schreiben der Klägerin vom 14. März 2006 (Bl. 308 ff. VA der Klägerin) Bezug genommen.
In der Folgezeit kam die Klägerin zu der Einschätzung, dass die Überweisung an die Beklagte zu Unrecht erfolgt sei, weil der Bescheid vom 13. April 2000 dem Versicherten gegenüber nicht habe zurückgenommen werden können und die Anrechnung der Unfallrente, die dem Versicherten geblieben sei, auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu beanstanden sei.
Einer Aufforderung zur Zahlung vom 05. August 2008 kam die Beklagte nicht nach, so dass die Klägerin am 30. Oktober 2008 Klage erhob.
Das Sozialgericht Berlin hat durch Urteil vom 14. Dezember 2009 die auf die Zahlung von 4 677,72 € gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es an einer zu Unrecht erfolgten Erstattung des streitigen Betrages fehle und eine Rückabwicklung daher nicht in Betracht komme. Ein Zusammentreffen von Unfallrente und Rente aus der Rentenversicherung für den gleichen Zeitraum habe gerade nicht vorgelegen. Die Beklagte habe zu Lebzeiten in der falschen Annahme ihrer Leistungsverpflichtung eine Verletztenrente erbracht. Ohne diese Annahme wäre sie von der Leistung frei gewesen, während die Klägerin eine um den Kürzungsbetrag des § 93 SGB VI höhere Lebzeitenrente hätte erbringen müssen.
Gegen das ihr am 21. Dezember 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. Januar 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, sie habe am 13. März 2006 den Betrag von 4 677,72 € zu Unrecht an die Beklagte überwiesen. Die Beklagte habe die Rentengewährung an den Versicherten durch Bescheid vom 13. April 2000 nicht zurückgenommen. Aus diesem Grunde hätte eine Neufeststellung der Rente ohne Anwendung des § 93 SGB VI nicht erfolgen dürfen. Daraus folge auch, dass die Zahlung von 4 677,72 € am 13. März 2006 an die Beklagte zu Unrecht erfolgt sei. Die Erstattungsvorschriften beträfen nur Leistungen infolge mangelnder kompetenzieller Verantwortung. Beruhe die Rechtswidrigkeit der Leistung jedoch nicht oder nicht nur auf der Unzuständigkeit des Leistungsträgers, sondern auf einem Widerspruch zum materiellen Recht, komme eine Erstattung nicht in Betracht. Vorliegend sei kein Fall der kompetenziellen Unzuständigkeit gegeben, die Beklagte habe vielmehr eine Leistung im Widerspruch zu dem für sie geltenden materiellen Rechts erbracht. Sie müsse sich deshalb auf die Rückforderungsmöglichkeit gegenüber dem Versicherten nach § 45 SGB X verweisen lassen. Ein erstattungsberechtigter Leistungsträger habe kein Wahlrecht zwischen einer Rückforderung einer dem Leistungsberechtigten zu Unrecht erbrachten Leistung und der Geltendmachung eines Erstattungsanspruches gegenüber einem anderen Leistungsträger. Ein Erstattungsanspruch könne demzufolge nicht entstanden sein, denn die vom unzuständigen Leistungsträger erbrachte Leistung müsse dem für ihn geltenden materiell rechtlichen Leistungsrecht entsprochen haben. Die gegenüber der Erstattung nach § 50 SGB X privilegierte Erstattung nach §§ 102 ff. SGB X sei nur zu rechtfertigen, wenn der vorleistende Träger materiell rechtlich rechtmäßig geleistet hätte, sofern seine Zuständigkeit gegeben gewesen wäre.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag von 4.677,72 € an sie zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, dass die Erstattungsansprüche nach § 102 ff. SGB X von der Konzeption her gerade nicht von der Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit der Bescheide gegenüber dem Leistungsempfänger abhingen. Die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung würde letztlich dazu führen, dass nach einer materiell rechtswidrigen Entscheidung des einen Leistungsträgers die Abwicklung des Erstattungsanspruches gegenüber dem anderen Leistungsträger, der die Leistung ganz oder teilweise hätte erbringen müssen, von den durch § 45 SGB X vorgegebenen Beschränkungen, insbesondere vom Vertrauensschutz des Leistungsempfängers, abhinge. Eine derartige Verknüpfung zwischen einem Verwaltungsakt im Über-/Unterordnungsverhältnis und dem Erstattungsanspruch zwischen Versicherungsträgern sei dem Gesetz schlicht nicht zu entnehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung und der Rechtsausführungen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten und auf die Gerichtsakte Bezug genommen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die zulässige Berufung der Klägerin war in dem Umfang, in dem über sie noch zu entscheiden war, begründet. Die Beklagte war daher unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichtes vom 14. Dezember 2009 zu verurteilen, den Betrag von 4 677,72 € an die Klägerin zu zahlen.
Rechtsgrundlage der geltend gemachten Erstattung ist vorliegend nach Auffassung des Senats § 112 SGB X. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin den Erstattungsbetrag, der ihr aus der Nachzahlung für den Versicherten wegen der Vorschrift des § 93 SGB VI nach der Annahme aller Beteiligten vor der Obduktion zugestanden und den sie auch erhalten hatte, bereits an die Beklagte zurück überwiesen hat. Denn § 112 SGB X regelt insoweit jede Art der Rückabwicklung von Erstattungsansprüchen (Hauck, SGB X, K § 112 Rdnr. 5).
Für den Erfolg des geltend gemachten Anspruchs kommt es deshalb darauf an, ob die Anrechnung der mit Bescheid vom 13. April 2000 bewilligten Verletztenrente auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu Recht erfolgt ist, also die aufgrund dieses Sachverhaltes vorgenommenen Erstattungen rechtmäßig erfolgt sind, auch wenn sich im Nachhinein herausgestellt hat, dass der Verletztenrentenbewilligungsbescheid vom 13. April 2000 zwar rechtswidrig, aber nicht zurücknehmbar (§ 45 SGB X) war. Dabei kann es nach Auffassung des Senats in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob sich der rückabzuwickelnde Erstattungsanspruch im Nachhinein als Anspruch nach § 105 SGB X darstellt, wovon die Beteiligten ausgehen, oder ob allein zu prüfen ist, ob der ursprünglich nach § 103 SGB X erfolgten Erstattung durch die nachträglich bekannt gewordene wahre Sachlage die rechtliche und tatsächliche Grundlage entzogen wurde und die ursprüngliche Erstattung deshalb im Sinne des § 112 SGB X zu Unrecht erfolgt ist. Denn grundsätzlich richtet sich die Erstattung von Anrechnungsbeträgen, die sich nach Anwendung des § 93 SGB VI ergeben, nach § 103 Abs. 1 SGB X (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Januar 2009, Az.: L 31 U 398/08, mit Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, zitiert nach juris; Kater in Kasseler Kommentar, § 104 SGB X Rdnr. 67a, der ausführt, dass die Fallgestaltung des § 93 Abs. 1 SGB X ein Fall nach § 104 SGB X sei, der von der Rechtsprechung aber regelmäßig § 103 SGB X zugeordnet werde). In beiden Fällen, also nach § 103 SGB X und nach § 105 SGB X, ist es nach Auffassung des Senats nämlich entscheidend, ob der nicht mehr zurücknehmbare Bescheid über die Verletztenrente vom 13. April 2000 auch im Verhältnis der Träger untereinander einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen der streitigen Leistungen darstellt. Diese Frage ist letztlich danach zu entscheiden, ob im Rahmen der Erstattung der materiellen Rechtslage der Vorrang gebührt oder ob die formelle Bescheidlage ausschlaggebend ist. Die Frage kann nach Auffassung des Senats nicht davon abhängen, ob § 103 SGB X oder §105 SGB X einschlägig ist.
Damit stellt sich die Frage, ob ein Leistungsträger (im Sinne des § 103 SGB X) auch dann noch einen Anspruch auf Erstattung hat, wenn seine Leistungspflicht - hier durch die Bewilligung der Unfallrente - nachträglich entfallen war, sich aber später herausstellt, dass der Bescheid bzw. Anspruch des Versicherten, der die Leistung des Rentenversicherungsträgers nachträglich zum Entfallen brachte, rechtswidrig war bzw. der Anspruch nicht bestand.
Im Erstattungsverhältnis sind die beteiligten Träger grundsätzlich an Bescheide gebunden, mit denen der erstattungspflichtige Träger dem Sozialleistungsberechtigten gegenüber bindend über Grund und Höhe des Leistungsanspruchs entschieden hat. Selbst bei offensichtlicher Unrichtigkeit des Leistungsbescheides bemisst sich der Erstattungsanspruch nach diesem Bescheid, wenn ihn der erstattungspflichtige Träger nicht mehr zu Lasten des Sozialleistungsberechtigten aufheben darf (BSG, Urteil vom 23. Juni 1993, Az.: 9/9 a RV 35/91 zitiert nach juris). Diese Rechtsauffassung ergab sich bereits aus einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 01. April 1993 (Az.: 1 RK 10/92, zitiert nach juris), in dem entschieden worden war, dass sich der Erstattungsanspruch eines Sozialleistungsträgers nach dem Inhalt des Rentenbescheides richte, solange dieser Bescheid nicht aufgehoben worden sei. Dies gelte auch dann, wenn der Bescheid leistungsrechtlichen Vorschriften nicht entsprochen habe. Dieser Rechtsprechung wird auch in der Literatur gefolgt (vgl. Kater in Kasseler Kommentar, § 103 Rdnrn. 22, 57, 68, jeweils mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung und Hauck, SGB X, Vorbemerkungen K §§ 102-114 Rdnr. 18).
So führt das BSG im Urteil vom 23. Juni 1993 ausdrücklich aus:
„Ist aber der erstattungsberechtigte Träger im Verhältnis zum erstattungspflichtigen an dessen Bescheide gebunden, so muss sich auch der erstattungspflichtige Träger im Verhältnis zum erstattungsberechtigten an seinen eigenen Bescheiden festhalten lassen, wenn diese für ihn dem Berechtigten gegenüber bindend geworden sind.“
So liegt der Fall hier. Es unterliegt hier auch nach Auffassung der Beklagten keinem Zweifel, dass diese den Rentenbewilligungsbescheid vom 13. April 2000 nicht mehr zurücknehmen kann, weil Vertrauensschutzgründe zugunsten des verstorbenen Versicherten sprechen, der bis zu seinem Tode nicht wissen konnte, dass er die bewilligte Leistung rechtswidrig erhielt. Die ärztlichen Fehldiagnosen hatte er nicht zu vertreten. Besteht damit aber weiter ein bestandskräftiger Rechtsgrund für den Versicherten zum Behaltendürfen der Leistung, so ist nicht ersichtlich, warum diese Leistung nicht als - formell - rechtmäßige Leistung anzusehen sein soll, was ihre Anrechnung auf die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zur Folge hat.
Der Beklagten ist zuzugeben, dass dieses Ergebnis aus dem Gesetzeswortlaut der §§ 103, 105 SGB X heraus nicht zwingend sein mag. Denn es ist dem Grundsatz nach richtig, dass die Erstattungen nach den §§ 102 bis 105 SGB X dem Wortlaut nach nicht von den Bescheiden gegenüber dem Leistungsberechtigten abhängen. Allerdings ist festzustellen, dass die Erstattungen nach §§ 102 ff. SGB X im Verhältnis zu den Erstattungen nach §§ 45, 50 SGB X privilegiert sind. Diese privilegierte Erstattung soll es rechtfertigen, die Erstattungsansprüche nur eingreifen zu lassen, wenn der vorleistende Träger rechtmäßig geleistet hat (so Kater in Kasseler Kommentar, § 105 Rdnr. 14).
Der Senat sieht keinen Anlass, von diesen in Literatur und Rechtsprechung bereits dargestellten Grundsätzen abzuweichen. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass das Bestehen eines Erstattungsanspruches in der Regel eine Sperrwirkung zugunsten des Versicherten im Hinblick auf die Aufhebung eines Bescheides ihm gegenüber vermittelt. So ist in der vorliegenden Konstellation auch unstreitig, dass - die Rechtmäßigkeit der Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung unterstellt - die Bewilligung dieser Leistung nicht etwa dazu führt, dass der Rentenversicherungsträger seinen nachträglich rechtswidrig gewordenen Rentenbescheid aufheben und überzahlte Leistungen vom Versicherten zurückfordern müsste. Denn insoweit ist in § 103 Abs. 1 SGB X eindeutig allein die Abrechnung zwischen den Trägern vorgesehen mit einer den Versicherten schützenden Sperrwirkung im Hinblick auf die Aufhebung rechtswidriger Leistungsbescheide ihm gegenüber. Dies bedeutet aber nach Auffassung des Senats nicht, dass gerade der Träger, der die Leistung (nicht zurücknehmbar) rechtswidrig bewilligt hat, sich bei einem anderen Leistungsträger schadlos halten dürfte. Denn verantwortlich für die fehlerhafte Bewilligung der Verletztenrente war hier allein der Unfallversicherungsträger. Diesem ist auch die Rücknahme des Bescheides gegenüber dem Versicherten aus Vertrauensschutzgründen verwehrt. Dem Gesetz ist insoweit auch nicht zu entnehmen, dass dem Sozialleistungsträger ein „Wahlrecht“ zwischen einem nicht realisierbaren Rückforderungsanspruch gegenüber dem Versicherten und einem realisierbaren Erstattungsanspruch gegenüber einem anderen Sozialleistungsträger zustehen soll.
Mit Blick auf das materielle Recht ist der Beklagten zuzugeben, dass bei dem Ergebnis des Senats letztlich die „falsche“ Versichertengemeinschaft die hier streitigen Beträge zu tragen hat, weil in der Sache feststeht, dass der Versicherte keinen Verletztenrentenanspruch gegen die Beklagte hatte und deshalb der Rentenversicherungsträger seine Rentenleistung hätte vollständig erbringen müssen. Dies vermag am Ergebnis aber nichts zu ändern, denn auch gegenüber dem Versicherten musste die Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Unfallversicherung letztlich eine Leistung erbringen, auf die dieser keinen Anspruch hatte. Diese Folge ist aus Vertrauensschutzgründen, die letztlich im Rechtsstaatsprinzip wurzeln, vom Gesetzgeber gewollt. Warum dies im Verhältnis der Träger untereinander anders sein sollte, ist nicht ersichtlich.
Der Berufung war daher stattzugeben, weil die Klägerin am 14. März 2006 zu Unrecht 4 677,72 € an die Beklagte in der Annahme eines entfallenden Erstattungsanspruchs überwiesen hat. Vielmehr stehen der Klägerin die streitigen Anrechnungsbeträge nach § 93 SGB VI auch für den Fall zu, dass sich die bestandskräftige Leistung aus der Unfallversicherung nachträglich als rechtswidrig, aber nicht zurücknehmbar erweist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie berücksichtigt, dass im Verfahren 4.677,72 € im Hinblick auf die Versichertenrente und 13 293,51 € im Hinblick auf die Witwenrente streitig waren und die Klägerin lediglich in Höhe des erstgenannten Betrages obsiegt hat.
Der Streitwert war nach der Höhe der insgesamt im Berufungsverfahren streitig gewesenen Beträge auf 17.971, 23 Euro (§§ 52, 40 Gerichtskostengesetz-GKG-).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.Urteil: