Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 29. Senat | Entscheidungsdatum | 06.02.2014 | |
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Aktenzeichen | L 29 AL 348/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 313 SGB 3, § 45 SGB 10, § 48 SGB 10 |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen
Die Beteiligten streiten über die Rücknahme bzw. Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeiträume Juni 2003 und Juli 2003 sowie vom 1. August 2003 bis 23. Oktober 2003 und 1. Februar 2004 bis 31. Dezember 2004 sowie damit verbunden die Erstattung überzahlter Arbeitslosenhilfe zzgl. der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 8.275,40 Euro.
Der 1975 geborene Kläger ist gelernter Fliesenleger. Seit 1992 befand er sich wiederholt im Leistungsbezug bei der Beklagten.
Am 2. Januar 2001 meldete sich der Kläger nach einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Durch seine Unterschrift bestätigte der Kläger mit Datum vom 2. Januar 2001 den Erhalt und die Kenntnisnahme des Merkblattes Nr. 1 für Arbeitslose „Ihre Rechte - Ihre Pflichten“. Die Beklagte gewährte ihm daraufhin bis zum 30. August 2001 (Erschöpfung des Anspruches) Arbeitslosengeld. Schon während des Bezuges von Arbeitslosengeld übte der Kläger eine Nebentätigkeit als Zusteller für die Pvertriebs GmbH aus und legte entsprechende Bescheinigungen über Nebeneinkommen für die Monate März 2001 bis Juni 2001 vor.
Am 27. Juli 2001 beantragte der Kläger im Anschluss an das Arbeitslosengeld die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe. Auch bei dieser Antragstellung bestätigte der Kläger mit seiner Unterschrift vom 27. Juli 2001 den Erhalt und die Kenntnisnahme des Merkblattes Nr. 1 für Arbeitslose. Außerdem gab er an, eine Beschäftigung/Tätigkeit nicht auszuüben. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 31. August 2001 Arbeitslosenhilfe ab dem 31. August 2001 nach der Leistungsgruppe A, dem Kindermerkmal 0 in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 32,49 € (wöchentlich 227,43 €).
Am 5. August 2002 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe, gab an, eine Beschäftigung nicht auszuüben und quittierte durch seine Unterschrift mit Tagesdatum vom 26. Juli 2002 den Erhalt und die Kenntnisnahme des Merkblattes 1b „Arbeitslosenhilfe“. Die Beklagte bewilligte und gewährte ihm daraufhin auch für den Zeitraum vom 31. August 2002 bis zum 30. August 2003 durchgehend Arbeitslosenhilfe; für den Zeitraum vom 31. August 2002 bis zum 31. Dezember 2002 in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 17,79 € und für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 30. August 2003 in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 17,70 €.
Am 16. Juni 2003 ging bei der Beklagten eine Bescheinigung über Nebeneinkommen der PR-S G (im Folgenden: P G) vom 11. Juni 2003 ein. In dieser Bescheinigung wurde dem Kläger für die 22. Kalenderwoche (vom 26. Mai 2003 bis zum 30. Mai 2003) ein Arbeitsentgelt in Höhe von 32,12 € bei vier Arbeitsstunden mit einer Arbeitsaufnahme am Montag, den 26. Mai 2003, bescheinigt. Am 16. Juli 2003 ging bei der Beklagten eine weitere Bescheinigung über Nebeneinkommen der P GmbH ein, diesmal für den Monat Juni 2003 mit einem bescheinigten Arbeitsentgelt von 158,99 € bei wöchentlich nicht mehr als fünf Arbeitsstunden und einer monatlichen Arbeitszeit von 19,80 Stunden. Auch für den Monat Juli 2003 ging schließlich am 13. August 2003 eine solche Bescheinigung der P GmbH bei der Beklagten ein, nunmehr mit max. 5,39 Arbeitsstunden/Woche, einer monatlichen Arbeitszeit von insgesamt 19,98 Stunden und einem monatlichen Arbeitsentgelt von 160,44 €.
Im Folgeantrag auf Fortzahlung von Arbeitslosenhilfe, bei der Beklagten am 5. August 2003 statistisch erfasst, gab der Kläger an, weiterhin eine Beschäftigung als Arbeitnehmer unter 15 Stunden wöchentlich und zwar seit dem 28. Mai 2003 als Reiniger bei „P“ mit einem monatlichen Bruttolohn von 160 € auszuüben. Außerdem gab er die „wöchentliche Stundenzahl“ mit „15“ an und bestätigte mit seiner Unterschrift unter dem Datum 29. Juli 2003 erneut den Erhalt und die Kenntnisnahme des Merkblattes Nr. 1 für Arbeitslose.
Am 24. Oktober 2003 teilte der Kläger der Beklagten bei einer persönlichen Vorsprache seinen Umzug zum 17. November 2003 mit, übergab eine entsprechende Veränderungsmitteilung, und übergab am 28. Oktober 2003 der Beklagten einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 21. Oktober 2003 bis zum 24. Oktober 2003.
In der Folgezeit gingen bei der Beklagten weitere Bescheinigungen über Nebeneinkommen der P GmbH ein, und zwar am 15. September 2003 für den Monat August 2003 (Wochenarbeitszeit maximal 4,75 Stunden, Monatsarbeitszeit 19,95 Stunden, Monatseinkommen 160,20 €), am 15. Oktober 2003 für den Monat September 2003 (Wochenarbeitszeit max. 4,50 Stunden, Monatsarbeitszeit 13,50 Stunden, Monatseinkommen 108,41 €), am 15. März 2004 für den Monat Februar 2004 (Wochenarbeitszeit max. 5 Stunden, Monatsarbeitszeit 20 Stunden, Monatseinkommen 160,60 €), am 16. April 2004 für den Monat März 2004 (Wochenarbeitszeit max. 5 Stunden, Monatsarbeitszeit 20 Stunden, Monatseinkommen 160,60 €), am 13. Mai 2004 für den Monat April 2004 (Wochenarbeitszeit, Monatsarbeitszeit und Einkommen 0, Zusatz: „im März ausgetreten“) und am 16. August 2004 für den Monat Juli 2004 (Wochenarbeitszeit max. 5,25 Stunden, Monatsarbeitszeit 20,5 Stunden, Monatseinkommen 157,44 €). In diesen Bescheinigungen wurden dem Kläger wöchentliche Arbeitszeiten von max. 5,25 Stunden und monatliche Einkünfte von max. 160,60 € bescheinigt.
Schließlich teilte der Kläger der Beklagten mit Veränderungsmitteilung vom 24. Februar 2004 zum 1. Februar 2004 eine Arbeitsaufnahme als Reiniger für die Firma P mit.
Ausweislich der von der Beklagten geführten „Kundenhistorie“ für den Kläger erschien dieser im Zeitraum von Oktober 2003 bis zum 31. Dezember 2004 nur am 24. Oktober 2003 und am 28. Oktober 2003 persönlich bei der Beklagten. Ab 2005 beantragte er Leistungen nach dem SGB II.
Im Zeitraum vom 28. Mai 2003 bis zum 31. Dezember 2004 erhielt der Kläger von der Beklagten Arbeitslosenhilfezahlungen von insgesamt 10.320,27 €.
Mit Schreiben vom 6. November 2007, bei der Beklagten eingegangen am 8. November 2007, teilte das Hauptzollamt Frankfurt (Oder) der Beklagten die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen die Geschäftsführer der P G G mit. Außerdem wurde die Beklagte aufgefordert, eventuelle Arbeitnehmer des Unternehmens zu benennen, die im Leistungsbezug standen. Daraufhin teilte die Beklagte dem Hauptzollamt Frankfurt (Oder) mit Schreiben vom 15. November 2007 mit, dass der Kläger im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe von insgesamt 12.992,17 € erhalten habe.
Mit Schreiben vom 18. März 2009, bei der Beklagten eingegangen am 20. März 2009, teilte daraufhin das Hauptzollamt Frankfurt (Oder) der Beklagten mit, während des Zeitraums des Arbeitslosenhilfebezuges habe der Kläger vom 26. Mai 2003 bis zum 31. Juli 2004 bei der Firma PR GmbH gearbeitet und es seien für diesen Zeitraum Unterlagen der doppelten Lohnbuchführung und Stundenaufzeichnungen beschlagnahmt worden.
Dem Schreiben war eine monatliche Auflistung beigefügt, die für den Monat Mai 2003 an tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden 24 enthielt, für Juni 2003 tatsächlich geleistete 35 Stunden, für Juli 2003 tatsächlich geleistete 26,50 Stunden, für August 2003 tatsächlich geleistete 79,50 Stunden, für September 2003 tatsächlich geleistete 64,50 Stunden, für Februar 2004 tatsächlich geleistete 105,75 Stunden, für März 2004 tatsächlich geleistete 85,75 Stunden und für Juli 2004 tatsächlich geleistete 108 Stunden. Außerdem enthielt diese Auflistung tatsächliche Entgelte bis zu monatlich 665,21 € (für den Monat Februar 2004).
Dem Schreiben war außerdem beigefügt folgender
„Aktenvermerk
Am 19. Dezember 2005 meldete sich ein Arbeitnehmer der Firma P beim Hauptzollamt Berlin um über die Praktiken der Firma bezüglich der Lohnabrechnungen zu reden, da ihm sein Geld nicht komplett ausgezahlt wurde.
Daraufhin wurde am 11. Januar 2006… Mit dem Arbeitnehmer eine Zeugenaussage durchgeführt, in der er die Firma schwer belastete. Der Arbeitnehmer erklärte, dass er seit November 2005 bei dieser Firma arbeitete. Als Lohn erhielt er 99 € auf sein Konto überwiesen und den Rest (434,44 €) verspätet Schwarz in bar ausgezahlt.
Im Folgenden wurden Ermittlungsverfahren… gegen die Geschäftsführer der Firma P G GmbH eingeleitet…(und) Durchsuchungsbeschlüsse… vollstreckt.
Die Auswertung der Unterlagen ergab, dass die Firma P eine doppelte Lohnabrechnung betrieb, durch die erhebliche Steuer- und Sozialabgaben hinterzogen wurden.
Die Arbeitsstunden Mitarbeiter wurden erfasst und auf einer Liste „vor Kürzung“ für den jeweiligen Personalnummer Bereich dokumentiert. Aus dieser Liste wurden dann Stunden entfernt, so dass eine zweite Liste „Schluss“ ohne die gekürzten Stunden für die offizielle Lohnabrechnung übrig blieb. Der dabei fällige Monatslohn stimmt mit den sichergestellten Lohnzetteln überein.
Die aus der Liste „vor Kürzung“ entfernten Stunden wurden dann im Computer monatlich erfasst. Diese Erfassung lief unter dem Namen Selbstkosten (SK). So konnten in den Computerdaten der Firma vollständige SK- Dateien von 1998 bis zum August 2006 sichergestellt werden, die die Abrechnung der Schwarzzahlungen an die jeweiligen Arbeitnehmer dokumentieren.
Für jeden schwarz auszuzahlenden Arbeitnehmer wurden aus der Liste „vor Kürzung“ entfernten Stunden den jeweiligen Personalnummergruppen und der jeweiligen Kostenstelle zugewiesenen und ein Gesamtbetrag SK für den Arbeitnehmer errechnet. Dieser entspricht dem Unterschiedsbetrag aus dem Monatslohn aus der Liste „vor Kürzung“ und dem der endgültigen Lohnabrechnung (Liste „Schluss“).
Weiter wurden diese SK -Beträge auf einer monatlichen Gesamtliste in dieser Datei zusammengetragen und den jeweiligen Auszahlungstermin zugewiesen. Bestandteil dieser Tabelle ist auch ein Feld „Unterschrift für den Empfang des Betrages“.
Diese Liste wurde ausgedruckt und bei Auszahlung durch den Mitarbeiter oder den zuständigen Bereichsleiter für den Empfang quittiert. Es konnten auch Listen in den Akten sichergestellt werden, die dokumentieren, wie die bar ausgezahlten Beträge (für Arbeitnehmer ohne Konto) und die schwarz gezahlten Beträge in Münzen und Scheinen auszuzahlen waren.
Den Arbeitnehmern, die im Zeitraum ihrer Beschäftigung Leistungsempfänger waren, wurde der Lohn auf die jeweilige Hinzuverdienstgrenze gekürzt und falsche Nebenverdienstbescheinigungen ausgefüllt, durch die die Arbeitnehmer bei verschiedenen Sozialleistungsträgern zu Unrecht Leistungen kassierten.
Die Auswertung der Unterlagen ergab, dass Herr ... in den Monaten Mai 2003 bis September 2003, Februar 2004, März 2004 und Juli 2004 falsche Angaben bezüglich Umfang der Nebentätigkeit und Höhe des Nebenverdienstes gegenüber dem Leistungsträger machte (siehe anliegende Aufstellung).
E...“
Schließlich waren dem Schreiben Kopien zahlreiche Listen beigefügt, auf denen sich der Name des Klägers fand und aus denen sich andere Arbeitszeiten und Einkünfte als in den Nebenverdienstbescheinigungen der Firma P fanden. So wurde beispielsweise in den Listen für den 28. Mai 2003 eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden, für den 30. Mai 2003 von 8,5 Stunden und für den 31. Mai 2003 von 7,5 Stunden bescheinigt.
Die Beklagte hörte daraufhin den Kläger mit insgesamt drei Schreiben vom 27. April 2009 zu einer beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung von Leistungen an.
Gegen diese Schreiben erhob der Kläger mit Schreiben vom 29. April 2009 „Widerspruch“ mit der Begründung, es sei der Beklagten bekannt dass er im Zeitraum 2003 und 2004 nur eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt habe; dies sei so dem Arbeitsamt, Finanzamt usw. gemeldet worden. Hierzu legte er außerdem entsprechende Bescheinigungen der P GmbH vom 15. August 2003 und 29. Dezember 2004.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2009 verwarf die Beklagte den Widerspruch gegen die Anhörungsschreiben als unzulässig.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27. Mai 2009 hob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Monate Juni 2003 und Juli 2003 teilweise auf, rechnete erzieltes Nebeneinkommen in Höhe von 56,88 € gemäß § 198 in Verbindung mit § 141 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) an und forderte den Kläger zur Erstattung dieses Betrages auf.
Außerdem hob die Beklagte mit weiteren zwei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 27. Mai 2009 die Leistungsbewilligung für die Zeiträume vom 1. August 2003 bis zum 23. Oktober 2003 und vom 1. Februar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 ganz auf, weil der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich gestanden habe und nicht mehr arbeitslos gewesen sei. Hierbei ging sie von einer erneuten Arbeitslosmeldung des Klägers am 24. Oktober 2003 aus. Für den ersten Zeitraum (August 2003 bis Oktober 2003) verlangte die Beklagte Erstattung überzahlter Arbeitslosenhilfe in Höhe von 1.475,46 € zuzüglich der Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 62,35 € und der Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 6,84 €, insgesamt mithin 1.544,65 €. Für den zweiten Zeitraum (Februar bis Dezember 2004) verlangte die Beklagte die Erstattung überzahlter Arbeitslosenhilfe in Höhe von 5.933,22 € zuzüglich der Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 252,20 € und 415,25 € sowie der Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 27,66 € und 45,54 €, insgesamt mithin 6.673,87 €. Die Rückforderungssumme aus allen drei Bescheiden vom 27. Mai 2009 betrug insgesamt einschließlich verlangter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge 8.275,40 €.
Gegen diese drei Bescheide vom 27. Mai 2009 erhob der Kläger mit drei Schreiben vom 20. Juni 2009 jeweils Widerspruch und beantragte vorsorglich eine Aussetzung des Mahnverfahrens und das Ruhen der Zahlung. Zur Begründung führte er mit weiteren drei Schreiben vom 11. Juli 2009 jeweils aus, bei der Firma seien Stundenzettel und andere Unterlagen ohne Angaben der Stunden und in mehrfacher Ausführung unterschrieben worden. Er habe darauf vertraut, dass dies seine Richtigkeit habe, da die Auszahlungen ja den geleisteten Stunden entsprochen hätten. Nach einer gewissen Zeit habe er ein ungutes Gefühl gehabt, dort weiter als Springer zu arbeiten und deshalb eine angebotene Festeinstellung abgelehnt. Über die offensichtlich kriminellen Machenschaften der Firma könne er aufgrund der doch kurzen Zeit seiner Tätigkeit keine Auskunft geben. Wer seine Stundenzettel und die Auszahlungslisten manipuliert habe, wisse er nicht. Er widerspräche dem Vorwurf, einen Betrug begangen zu haben. Im Übrigen verweise er auf die noch laufenden Ermittlungen „anderer Stellen“ und beantrage nochmals eine Aussetzung des Mahnverfahrens und ein Ruhen der Zahlung.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit insgesamt drei Widerspruchsbescheiden vom 27. Juli 2009 und 28. Juli 2009 zurück. Zur Anrechnung von Nebeneinkünften und dem Rückforderungsbetrag von 56,88 € führte sie im Wesentlichen aus, der Kläger habe im Juni 2003 ausweislich der vorliegenden Nachweise ein Arbeitsentgelt in Höhe von 220,18 € erzielt, welches nach Abzug des Freibetrages von 165 € zu einem Anrechnungsbetrag von 55,18 € führe (§ 141 Absatz 1 S. 1 in Verbindung mit § 198 SGB III). Im Juli 2003 habe er ein Arbeitsentgelt in Höhe von 166,70 € erzielt, so dass 1,70 € anzurechnen seien. Die Aufhebung folge aus § 48 Abs.1 S. 2 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), weil das Einkommen nach Antragstellung erzielt worden sei.
Für die Zeiträume vom 1. August 2003 bis zum 23. Oktober 2003 und vom 1. Februar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 sei die Aufhebung und Rückforderung erfolgt, weil der Kläger eine mehr als 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausgeübt habe und daher nicht mehr arbeitslos im Sinne von § 118 Abs. 1 SGB III gewesen sei. Da er diese Beschäftigung nicht mitgeteilt habe, sei zudem seine Arbeitslosmeldung nach § 122 Abs. 2 SGB III erloschen. Dies habe ihm alles auch nach der Lektüre des ausgehändigten Merkblattes, dessen Kenntnisnahme er ausdrücklich bestätigt habe, bekannt sein müssen, so dass gemäß § 48 Absatz 1 S. 2 Nr. 4 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III die Bewilligungsentscheidung für diesen Zeitraum aufzuheben sei.
Gegen diese Bescheide der Beklagten hat der Kläger am 19. August 2009 Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben. Entsprechend der Nebenverdienstbescheinigungen habe er für die Firma P gearbeitet und nur im Rahmen der Hinzuverdienstgrenze Einkünfte erzielt. Die von der Beklagten angeführten Unterlagen des Hauptzollamtes kenne er nicht. Den pauschalen Vermutungen widerspräche er.
In der öffentlichen Sitzung der 58. Kammer des Sozialgerichts Berlin am 9. Oktober 2009 hat der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift erklärt (Bl. 9 der Gerichtsakten), er habe für die Firma P ca. zweimal die Woche und nur weniger als 15 Stunden wöchentlich gearbeitet und das bescheinigte Einkommen erhalten. Ab April 2004 habe er wegen der Geburt eines Kindes gar nicht mehr bei P gearbeitet; die Nebenverdienstbescheinigungen für Zeiträume ab April 2004 seien nicht von ihm. Die Veränderungsmitteilung in der Akte habe er nicht unterschrieben. Die Unterschrift müsse gefälscht sein.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Schreiben vom 15. Oktober 2009 beim Hauptzollamt Frankfurt (Oder) um Auskünfte zu den sichergestellten Unterlagen gebeten. Das Hauptzollamt hat mit Schreiben vom 23. Oktober 2009 mitgeteilt, im Rahmen der Ermittlungsverfahren keine Erkenntnisse gewonnen zu haben, wonach Unterlagen für die Mitarbeiter fiktiv ausgefüllt worden seien. Es seien keine Belege aufgefunden worden, in denen der Kläger eigenhändig Arbeitszeiten oder den Empfang von Geld quittiert habe. Als Zeugen könnten der ehemalige Personalleiter der Firma P, Herr T T, sowie die Bereichsleiter Sch. und R vernommen werden.
Mit Schriftsatz vom 3. November 2009 hat der Kläger erklärt, das Hauptzollamt habe einseitig ermittelt und er habe keine Schwarzarbeit geleistet. Es sei nur eine fiktive Führung seines Namens auf den Listen denkbar; eine Summe von 9.000 € würde sich lohnen. Er bitte um Übersendung der Beweismittel, um gegebenenfalls dort genannte Termine widerlegen zu können.
Das Sozialgericht Berlin hat daraufhin mit Schreiben vom 3. März 2010 dem Kläger die für Februar 2004 aufgelisteten Stunden mitgeteilt und ihn aufgefordert, insbesondere die Objekte, in denen er im Februar gearbeitet hat sowie das Aktenzeichen des Strafverfahrens/der Staatsanwaltschaft mitzuteilen.
Daraufhin hat der Kläger mit Schreiben vom 15. März 2010 mitgeteilt, ein Strafverfahren von Seiten der Staatsanwaltschaft gebe es nicht und dementsprechend auch kein Aktenzeichen. Eine Arbeitszeit von 63,5 Stunden im Monat habe er nie erreicht. Die Objekte wisse er nicht mehr. Die Arbeitszeit sei von der Firma kontrolliert worden. Zu den mitgeteilten Terminen könne er sagen, dass er am 16. Februar 2004 den ganzen Tag bei einem Bekannten verbracht habe und am 5. Februar 2004 einen Bekannten zum Gericht begleitet habe, der dies auch bezeuge.
In der Folge hat der Kläger eine schriftliche Erklärung des Herrn ... vom 9. Oktober 2011 zu den Akten gereicht. In dieser erklärt Herr ... mit dem Kläger am 5. Februar 2004 mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu einem Gerichtstermin zum Sozialgericht gefahren zu sein, der allerdings nicht dort, sondern beim Verwaltungsgericht (VG 9 A 110.02) stattgefunden habe. Am 16. Februar 2004 habe er den Kläger vormittags zu „Einkäufen (1 Bierkasten usw.)“ gefahren.
Das Sozialgericht Berlin hat in der öffentlichen Sitzung am 21. Oktober 2011 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S und T zu Schwarzgeldzahlungen und Arbeitsstundenerfassungen der Firma P. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlagen 1 und 2 der Sitzungsniederschrift vom 21. Oktober 2011 (Bl. 35 und 36 der Gerichtsakten) Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Bescheide vom 27. Mai 2009 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 27. Juli und 28. Juli 2009 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 21. Oktober 2011 die Klage abgewiesen. Die Bescheide seien rechtmäßig, da der Kläger in den streitigen Zeiträumen keinen Anspruch auf Leistungen gehabt habe, weil er nicht arbeitslos gewesen sei. Die Zeugen hätten die Feststellungen der Beklagten im Wesentlichen bestätigt. Demgegenüber seien die Einlassungen des Klägers widersprüchlich und nicht überzeugend. So sei beispielsweise nicht nachvollziehbar, weshalb er sich angeblich vollkommen den Vorgaben des Arbeitgebers unterworfen habe, sich um Details seiner Arbeitseinsätze nicht gekümmert haben wolle und sich daran auch nicht erinnern könne, andererseits aber genau wissen wolle, dass er weniger als 15 Stunden gearbeitet habe. Auch die Behauptung des Klägers, die Eintragungen unter seinem Namen seien jemand anderem zugute gekommen, hätte sich nicht beweisen lassen. Vielmehr hätten die Zeugen übereinstimmend ausgesagt, eine Übertragung von Stunden einzelner Reinigungskräfte auf andere Arbeitnehmer oder Alias-Arbeitnehmer könnten ausgeschlossen werden. Soweit Eintragungen für einzelne Tage nicht zutreffend sein sollten, sei dies nach der Aussage des Zeugen T. damit zu erklären, dass dem Arbeitsamt Mehrarbeit habe verheimlicht werden sollen und daher die tatsächlich geleistete Arbeit auch auf weitere Tage verteilt worden sei. Insgesamt seien die abgerechneten Stunden aber zutreffend abgerechnet worden.
Gegen das dem Kläger am 5. November 2011 zugestellte Urteil hat er am 5. Dezember 2011 Berufung eingelegt. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Beweismittel der Beklagten. Nach der Aussage des Zeugen Sch seien auch Personen aufgeführt worden, welche nie in der Firma gearbeitet hätten (Familienangehöriger unter anderem). Nach einem Zeitraum von 5-7 Jahren sei es ihm nicht mehr möglich, sich an Details zu erinnern und weitere Zeugen zu benennen. In diesem Zeitraum sei sein zweites Kind geboren worden und er habe sich unterstützend um die Mutter seiner Kinder und um sein erstes Kind gekümmert; er könne in dieser Zeit also gar nicht gearbeitet haben. Da eine Erfolglosigkeit einer Strafverfolgung allen Beteiligten klar gewesen sei, sei diese auch gar nicht erst angestrebt worden.
Der Senat hat die Akten aus einem Parallelverfahren vor dem 18. Senat des Landessozialgerichts Berlin Brandenburg (L 18 AL 135/11) beigezogen und ausgewertet. In einer dortigen schriftlichen Aussage hat ein Zeuge B erklärt, ihm sei angeboten worden, Schwarzarbeit zu leisten und nebenher weiterhin Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe vom Arbeitsamt zu kassieren, was er aber abgelehnt habe.
In der nichtöffentlichen Sitzung des erkennenden Senats vom 5. März 2013 hat der Kläger erklärt, ihm sei ein Angebot zur Schwarzarbeit nicht unterbreitet worden und er könne nicht sagen, wieso er in den Listen sei. Er könne aber auch keine Beweismittel benennen, die diese Listen oder die bisherigen Zeugenaussagen entkräften könnten.
Die Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Oktober 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Mai 2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27. Juli 2009 und 28. Juli 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zwei den Kläger betreffende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten beigezogen.
In dem Verfahren 63 Js 6670/09 ist gegen den Kläger aufgrund der oben genannten Vorgänge wegen des Verdachts des Betruges (§ 263 StGB) ermittelt worden. Im Schlussbericht vom 13. Oktober 2009 ist dort festgestellt worden, dass der Kläger wegen Überschreitens der zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden in den Zeiträumen ab dem 1. August 2003 und 1. Februar 2004 nicht mehr beschäftigungslos gewesen sei und daher keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt habe. Nach Abgabe dieses Verfahrens von der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) an die Staatsanwaltschaft Berlin hat die Staatsanwaltschaft Berlin das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO am 10. Dezember 2009 vorläufig eingestellt, weil gegen den Kläger in einer anderen Strafsache (2 St Js 363/09) durch das Amtsgerichts Tiergarten am 17. Februar 2009 rechtskräftig eine Geldstrafe verhängt worden sei und die im hiesigen Verfahren zu erwartende Strafe demgegenüber nicht beträchtlich ins Gewicht falle.
In dem Verfahren 2 St Js 363/09 ist gegen den Kläger am 17. Februar 2009 ein Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 200 € (20 Tagessätze zu je zehn Euro) wegen eines Verstoßes gegen § 374 Abs. 1 AO, § 15, 25 und 52 StGB verhängt worden, weil der Kläger russischen Kaviar in das Zollgebiet der europäischen Gemeinschaft gebracht hat, ohne Einfuhrabgaben in Höhe von 253,35 € geleistet zu haben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Strafakten und die beigezogene Verwaltungsakten der Beklagten (zwei Bände, 964 A 383667 ), die Gegenstand der Verhandlung und Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes jeweils 750 Euro, § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG übersteigt; der Kläger wendet sich gegen eine Rückforderung in Höhe von insgesamt 8.275,40 €.
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Berlin hat zu Recht mit Urteil vom 21. Oktober 2011 der Klage abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 27. Mai 2009 in Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2009 und 28 Juli 2009 sind rechtmäßig. Die Beklagte hat die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum Juni 2003 und Juli 2003 zu Recht gemäß § 48 SGB X ganz aufgehoben bzw. gemäß § 45 SGB X (Zeiträume 1. August 2003 bis 23. Oktober 2003 und 1. Februar 2004 bis 31. Dezember 2004) ganz zurückgenommen.
Nach § 48 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 S. 1). Der Verwaltungsakt ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 330 Abs. 3 SGB III), soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Abs. 1 S. 2 Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Abs. 1 S. 2 Nr. 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Abs. 1 S. 2 Nr. 4).
Nach § 45 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs. 1). Er darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Abs. 2 Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Abs. 2 Satz 2). Auf Vertrauen kann der Begünstigte sich nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Abs. 2 Satz 3 Nr. 2). Gleiches gilt, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 1. Halbsatz). Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser gemäß § 330 Abs. 2 SGB III auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs. 1 S. 1 SGB X).
Vorliegend kommt für den ersten Bewilligungszeitraum § 48 SGB X (bis zum 30. August 2003) zur Anwendung, weil nach der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vom Kläger Tätigkeiten ausgeübt und Einkünfte erzielt wurden, die zur Reduktion bzw. zum Wegfall des Leistungsanspruchs führten und der Kläger eine Beschäftigung aufgenommen hat, ohne dies der Beklagten mitzuteilen (für den ersten Bewilligungsabschnitt siehe Ausführungen zu Ziffer I.).
Für den zweiten Bewilligungsabschnitt (ab 1. September 2003) findet § 45 SGB X Anwendung, weil der Kläger aufgrund der ausgeübten Tätigkeiten nicht mehr arbeitslos im Sinne des Gesetzes war und daher die Leistungsbewilligung für diesen Zeitraum von Anfang an rechtswidrig war (für den zweiten Bewilligungsabschnitt siehe Ausführungen zu Ziffer II.).
Nach dem hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2004 geltenden § 190 Abs. 1 Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) (im Folgenden: a. F.) haben Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Arbeitnehmer, die
1. arbeitslos sind,
2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben,
3. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben,
4. in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist und
5. bedürftig sind.
Gemäß § 198 S. 2 Nr. 1 SGB III in Verbindung mit § 118 Abs. 2 SGB III, jeweils in den hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassungen (a.F.), ist ein Arbeitnehmer nicht arbeitslos, der eine Beschäftigung von 15 Stunden wöchentlich ausübt.
Nach § 198 S. 2 Nr. 2 SGB III in Verbindung mit § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III, jeweils in den hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassungen (a.F.), erlischt die Arbeitslosmeldung mit der Aufnahme einer Beschäftigung, wenn der Arbeitslose diese dem Arbeitsamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat.
Schließlich ist nach § 198 Nr. 6 in Verbindung mit § 141 Abs. 1 SGB III, jeweils in den hier anzuwendenden in den Jahren 2002 bis 2004 geltenden Fassungen (a.F.) erzieltes Einkommen abzüglich eines Freibetrages in Höhe von 165 € anzurechnen.
I. Aufhebung nach § 48 SGB X
Vorliegend hat die Beklagte dem Kläger auf seinen Fortzahlungsantrag von Arbeitslosenhilfe vom 5. August 2002 Arbeitslosenhilfe ab dem 31. August 2002 bis zum 30. August 2003 bewilligt und gezahlt.
Nach Bewilligung der Leistung hat der Kläger im Mai 2003 eine Beschäftigung für die Firma P aufgenommen, ohne dies der Beklagten unverzüglich mitzuteilen. Kenntnis von der Beschäftigungsaufnahme erhielt die Beklagte lediglich durch die Übersendung der Nebenverdienstbescheinigungen im Juni 2003 durch die Firma P. Durch diese unterlassene unverzügliche Mitteilung der Beschäftigungsaufnahme durch den Kläger erlosch nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a.F. seine Arbeitslosmeldung und damit auch sein Anspruch auf Arbeitslosengeld (vergleiche § 117 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a.F.). Schon aufgrund der unterlassenen Meldung der Beschäftigungsaufnahme durch den Kläger wurde mithin die ursprüngliche Leistungsbewilligung rechtswidrig im Sinne von § 48 SGB X.
Selbst wenn im Übrigen die Mitteilung einer Beschäftigungsaufnahme durch den Arbeitgeber als ausreichend im Sinne von § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III angesehen würde, wäre die Leistungsbewilligung ab dem Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme aufgrund der erzielten Einkünfte rechtswidrig.
Der Kläger erzielte nämlich aus seiner Tätigkeit für die Firma P GmbH ausweislich der vom Hauptzollamt Frankfurt (Oder) bei der Firma P GmbH sichergestellten Belege im Monat Juni 2003 nicht, wie in der Nebenverdienstbescheinigung vom 16. Juli 2003 bescheinigt 158,99 €, sondern 220,18 € und im Monat Juli 2003 nicht, wie in der Nebenverdienstbescheinigung vom 13. August 2013 bescheinigt 160,44 €, sondern 166,70 €.
Diese Feststellungen des Hauptzollamts Frankfurt (Oder) hält der Senat für nachvollziehbar und überzeugend. Sie werden letztlich bestätigt durch die Aussagen insbesondere der im hiesigen Verfahren in der ersten Instanz vernommenen Zeugen S und T.
Beide Zeugen gaben bei ihrer Vernehmung am 21. Oktober 2011 übereinstimmend allgemein an, die Firma P G habe die Nebenverdienstbescheinigungen entsprechend der erlaubten Hinzuverdienstgrenzen ausgestellt, so dass die dort im Leistungsbezug befindlichen Arbeitnehmer der Firma mit dem Arbeitsamt keine Schwierigkeiten bekommen sollten. Die in diesen Nebenverdienstbescheinigungen angegebenen Stunden hätten allerdings nichts mit den tatsächlichen Verhältnissen zu tun gehabt. Diese hätten sich vielmehr in den durch das Hauptzollamt Frankfurt (Oder) sichergestellten Unterlagen wieder gefunden. Die Entlohnung der Arbeitnehmer sei entsprechend der tatsächlich geleisteten Stunden erfolgt und Schwarzgeldzahlungen seien regelmäßig ohne Empfangsbescheinigung der Gelder erfolgt.
Konkret zu den sichergestellten Auflistungen des Klägers angesprochen, gab der Zeuge T. als ehemaliger Leiter im Personalbüro an, die Arbeitszeiten könnten realistisch sein. Die Angaben über die tatsächlichen Arbeitszeiten und die dadurch erwirtschafteten Schwarzgelder entsprächen seines Wissens den tatsächlichen Verhältnissen. Es sei insbesondere nicht so gewesen, dass andere oder fiktive Mitarbeiter mit entsprechenden Angaben versehen worden seien. Allerdings könne er nicht sagen, ob die Auszahlungen auch immer an die Arbeitnehmer in vollem Umfang erfolgt seien. Vor allem ab 2006 sei es teilweise zu eigenmächtigen Kürzungen gekommen. Die Entgegennahme der Schwarzgelder sei zwar durch die Bereichsleiter quittiert worden seien. Ob aber auch Empfangsbestätigungen der Arbeitnehmer quittiert worden, könne er nicht sagen.
Diese Feststellungen können durch die Behauptungen des Klägers nicht ansatzweise erschüttert werden.
Entgegen der Behauptung des Klägers hat der Zeuge Sch. ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 21. Oktober 2011 gerade nicht angegeben, es seien Personen in den Listen aufgeführt, welche in der Firma nie gearbeitet hätten. Nach der Sitzungsniederschrift hat er vielmehr bestätigt, dass die Nebenverdienstbescheinigungen nichts mit der Realität zu tun hatten; zu behaupteten fiktiven Arbeitnehmern hat er jedoch keinerlei Angaben gemacht. Hierzu hat allerdings der Zeuge T ausdrücklich erklärt, dass Buchungen für andere oder fiktive Mitarbeiter nicht vorgenommen worden seien. Soweit sich der Kläger bei seiner Behauptung auf ein „schriftliches Gedächtnisprotokoll“ beruft, so vermag dies den Urkundenbeweis durch die Sitzungsniederschrift nach § 415 der Zivilprozessordnung nicht zu erschüttern, weil ein solches angebliches schriftliches Gedächtnisprotokoll des Klägers nicht zum Nachweis des Gegenteils geeignet wäre. Eine solche Aussage des Zeugen Sch. stünde zudem im Widerspruch zu der Aussage des Zeugen T.
Insoweit ist zudem anzumerken, dass die Angaben des Klägers schon in sich zumindest teilweise widersprüchlich und nachweislich unwahr sind.
So hat bereits das Sozialgericht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass widersprüchlich und nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Kläger sich einerseits an keinerlei Details erinnern will, andererseits aber behauptet, keinesfalls 15 Stunden gearbeitet zu haben. Nachweislich wahrheitswidrig sind zumindest die Angaben des Klägers auf Nachfragen des Gerichts zu den Aktenzeichen vorhandener Strafverfahren. Hierzu gab er mit Schreiben vom 15. März 2010 an, es gebe kein Strafverfahren und damit auch kein Aktenzeichen. In seiner Berufungsschrift vom 25. Januar 2012 behauptete der Kläger sogar, die Erfolglosigkeit einer Strafverfolgung sei allen Beteiligten klar gewesen, so dass diese auch gar nicht erst angestrebt worden sei. Tatsächlich wurde gegen den Kläger jedoch unter anderem wegen des hier im Streit befindlichen unrechtmäßigen Leistungsbezuges ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet (63 Js ), welches letztlich am 10. Dezember 2009 von der Staatsanwaltschaft Berlin nur im Hinblick auf die Verurteilung in einem weiteren Strafverfahren (2 St Js ) vorläufig nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO eingestellt worden ist.
Soweit der Kläger schließlich behauptet, an bestimmten Tagen in den sichergestellten Listen ab Februar 2004 gar nicht habe arbeiten zu können, vermag auch dies nicht zu überzeugen. So steht weder der Besuch einer Gerichtsverhandlung am Vormittag des 5. Februar 2004 noch ein Einkauf für eine Geburtstagsfeier am 16. Februar 2004 einer Erwerbstätigkeit des Klägers in den übrigen Stunden dieser Tage entgegen. Auch die Geburt eines weiteren Kindes im April 2004 steht grundsätzlich einer Erwerbstätigkeit nicht entgegen, da die Betreuung des Kindes selbst nach dem Vortrag des Klägers in erster Linie durch die Kindesmutter erfolgte und schon die Geburt des ersten Kindes den Kläger nicht gehindert hat, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Es kann daher dahinstehen, ob diese vom Kläger behaupteten Ereignisse überhaupt eingetreten sind.
Schließlich ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass der Kläger selbst nach seinen eigenen Angaben in seinem Widerspruchsschreiben vom 11. Juli 2009 Zweifel am korrekten Verhalten des Arbeitgebers gehabt haben wolle. So seien dort Stundenzettel und andere Unterlagen ohne Angaben der Stunden und in mehrfacher Ausführung unterschrieben worden. Gleichwohl habe er darauf vertraut, dass alles seine Richtigkeit habe, da die Auszahlungen den geleisteten Stunden entsprochen hätten. Er habe nach einer gewissen Zeit „ein ungutes Gefühl (gehabt) dort weiter als Springer zu arbeiten“ und deshalb eine angebotene Festanstellung abgelehnt. Einzelheiten der „offensichtlich kriminellen Machenschaften dieser Firma“ wisse er aber nicht.
Unter Berücksichtigung dieser Angaben des Klägers ist umso weniger nachvollziehbar, weshalb er trotz der bestehenden Zweifel am korrekten Verhalten des Arbeitgebers, die ihn angeblich sogar veranlasst haben, eine Festanstellung abzulehnen, weiterhin auf ein korrektes Verhalten des Arbeitgebers vertraut haben will und keine eigenen Aufzeichnungen angefertigt haben will, die ihm den Nachweis seiner tatsächlich geleisteten Arbeiten ermöglichen würden.
Selbst wenn im Übrigen noch Zweifel hinsichtlich der tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten und erzielten Einkünfte bestehen würden, so würden diese zulasten des Klägers gehen.
Der Senat gewinnt seine Überzeugung aus allen entscheidungserheblichen Tatsachen, die unter der Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten von Amts wegen zu ermitteln sind (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG). Lässt sich dies unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung nicht feststellen, kommt es auf die objektive Beweislast an, die im Rahmen des § 45 SGB X (und auch § 48 SGB X) grundsätzlich die Beklagte für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Bewilligungsbescheide trägt (BSG ). Der 11a-Senat des BSG hat allerdings in seinen Urteilen vom 24. Mai 2006 (BSG vom 13. September 2006 (B 11 a AL 19/06 R) sowie vom 21. März 2007 (B 11a AL 21/06 R - alle zitiert nach juris), für den erkennenden Senat zutreffend und überzeugend dargelegt, dass eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sein kann, wenn in der Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind. Dieser Rechtsprechung hat sich der 7. Senat des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 8. weitesten August 2007 (B 7/7a AL 10/06 R, zit. nach juris) angeschlossen.
Hiervon ausgehend ergibt sich eine dem Kläger anzulastende Beweisnähe daraus, dass er durch seine mehrfach unterbliebenen beziehungsweise unwahren Angaben im Zusammenhang mit den Antragstellungen eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts unmöglich gemacht hat (BSG vom 24. Mai 2006 - ). So hat der Kläger bei seiner Antragstellung im August 2002 erklärt, er übe keine Beschäftigung aus und er hat die (spätere) Beschäftigungsaufnahme der Beklagten nicht unverzüglich mitgeteilt. Zwar hat die Beklagte ab dem 16. Juni 2003 aufgrund der Nebenverdienstbescheinigung der P GmbH für den Monat Mai 2003 Kenntnis gehabt. Der Kläger selbst hat diese Beschäftigung der Beklagten jedoch erst bei seinem weiteren Fortzahlungsantrag vom 5. August 2003, also mehr als zwei Monate nach der Aufnahme der Tätigkeit, angegeben. Im Übrigen wären selbst die Angaben des Klägers vom 5. August 2003 nach der von ihm als wahr angesehenen Nebenverdienstbescheinigung der P GmbH für den Monat Mai 2003 wahrheitswidrig. Während nämlich der Kläger als Datum der Beschäftigungsaufnahme den 28. Mai 2003 (einen Mittwoch) angibt, wird in der Nebenverdienstbescheinigung eine Arbeitsaufnahme für Montag, den 26. Mai 2003, bescheinigt. Die vom Hauptzollamt sichergestellten Unterlagen bescheinigen allerdings in Übereinstimmung mit dem Vortrag des Klägers für Montag und Dienstag (26. und 27. Mai 2003) keine Arbeitsstunden, dafür am 28. Mai 2003 allein acht Arbeitsstunden.
Zur Umkehr der Beweislast hat der 18. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 24. April 2013 in einem Parallelverfahren (L 18 AL 135/11, zitiert nach juris) die Ansicht vertreten, eine Beweislastumkehr käme in der vorliegenden Fallgestaltung nicht in Betracht, weil die Frage einer für den Arbeitslosenhilfe-Anspruch wesentlichen Aufnahme einer Beschäftigung sowohl die Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wie die der Beklagten gleichermaßen betreffe. Die Beklagte wäre aufgrund der eingereichten Nebenverdienstbescheinigung in der Lage gewesen, sich angesichts „der gekünstelt wirkenden Angaben der Arbeitszeiten aufdrängenden Frage nach dem tatsächlichen Umfang der Beschäftigung des Klägers zeitnah nachzugehen“.
Diese Einschätzung vermag der erkennende Senat nicht zu teilen.
Zum einen dürfte die zeitnahe wahrheitsgemäße Mitteilung einer Arbeitsaufnahme schon deshalb allein in den Verantwortungsbereich des Leistungsbeziehers fallen, weil er nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) zur Mitteilung einer jeden Veränderung der Verhältnisse, die für den Leistungsbezug erheblich ist, verpflichtet ist. Dass eine Arbeitsaufnahme beim Bezug von Lohnersatzleistungen erheblich ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung und müsste grundsätzlich jedem Leistungsbezieher ohne weiteres einleuchten. Entsprechend knüpft das Gesetz mit der gesetzlichen Regelung des § 122 SGB III a. F. weitreichende Folgen an das Unterlassen einer solchen Mitteilung. Nach dieser Regelung führt das Unterlassen einer solchen Mitteilung zum Erlöschen der Meldung und damit letztlich sogar des Leistungsanspruches (vergleiche § 117 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a. F.).
Zum anderen sieht der Senat die Beklagte auch nicht bei Vorlage einer Nebeneinkommensbescheinigung regelmäßig in der Pflicht, weitere Ermittlungen diesbezüglich durchzuführen. Vielmehr trifft auch hier nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen den Leistungsbezieher die Pflicht, eine wahrheitsgemäße Bescheinigung vorzulegen. Nach § 313 Abs. 2 SGB III ist der Leistungsbezieher verpflichtet, dem Dienstberechtigten den für die Bescheinigung des Arbeitsentgelts vorgeschriebenen Vordruck unverzüglich vorzulegen. Der Dienstberechtigte ist dann nach § 313 Abs. 1 S. 1 SGB III verpflichtet, „diesem (dem Leistungsbezieher) unverzüglich Art und Dauer der Beschäftigung… sowie die Höhe des Arbeitsentgelts… zu bescheinigen“. Die Bescheinigung über das Nebeneinkommen ist dann dem Bezieher der Leistung vom Dienstberechtigten unverzüglich auszuhändigen (§ 313 Abs. 1 S. 3 SGB III), der sie wiederum an die Beklagte weiterzuleiten hat.
Auch diese gesetzlichen Regelungen führen nach Ansicht des Senats zu der Einschätzung, dass wahrheitswidrige Angaben bei der Nebenverdienstbescheinigung und damit insbesondere wahrheitswidrige Angaben zum tatsächlichen Tätigkeitsumfang und zum erzielten Arbeitsentgelt (vergleiche notwendiger Inhalt der Bescheinigung nach § 313 Abs. 1 S. 1 SGB III) grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Leistungsbeziehers fallen. Dass diese Angaben seiner (der des Leistungsbeziehers) Sphäre zuzurechnen sind, ist zudem schon deshalb naheliegend und geboten, weil außer dem Arbeitgeber allein der Arbeitnehmer/Leistungsbezieher die notwendigen Kenntnisse von den tatsächlichen Gegebenheiten im Beschäftigungsverhältnis hat. Allein er ist in der Lage, die Angaben des Arbeitgebers zu den geleisteten Arbeitsstunden und erzielten Arbeitsentgelten zeitnah auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und kann gegebenenfalls Unkorrektheiten aufzeigen und auf die Richtigstellung hinwirken.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Umkehr der Beweislast greift und deshalb die Unaufklärbarkeit insbesondere hinsichtlich der Einzelheiten der im streitigen Zeitraum geleisteten Tätigkeiten des Klägers zu seinen Lasten geht. Bestätigt der Kläger - wie im vorliegenden Fall - ihm schon zeitnah bekannte „offensichtlich kriminelle Machenschaften“ und eine manipulative Buchführung des Arbeitgebers und behauptet gleichwohl lediglich pauschal die Fehlerhaftigkeit der ihn betreffenden Angaben in den sichergestellten Firmenunterlagen, so müssen die sichergestellten Firmenunterlagen im Zweifel als wahr unterstellt werden.
Anhand der sichergestellten Unterlagen ergibt sich schon ab dem 28. Mai 2003 eine Tätigkeit des Klägers von mehr als 15 Stunden/wöchentlich und daher eine fehlende Arbeitslosigkeit im Sinne von § 117, 118 SGB III a. F. Danach hat der Kläger allein in seinen ersten drei Arbeitstagen vom 28. Mai bis zum 31. Mai 2003 24 Stunden gearbeitet, was zur Beendigung der Arbeitslosigkeit im Sinne vom § 118 Abs. 2 SGB III a. F. und - mangels Mitteilung der Arbeitsaufnahme - zum Erlöschen der Arbeitslosmeldung nach § 122 Abs. 2 SGB III a. F. schon mit der Arbeitsaufnahme am 28. Mai 2003 führte. Entsprechend hatte der Kläger schon ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner erneuten Meldung am 5. August 2003 keinen Leistungsanspruch mehr. Zu seinen Gunsten hat die Beklagte aber nur die im Juni 2003 und Juli 2003 erzielten Arbeitsentgelte angerechnet.
I. Rücknahme nach § 45 SGB X
Für den Folgezeitraum vom 1. August 2003 bis zum 23. Oktober 2003 bestand ebenfalls kein Leistungsanspruch, weil der Kläger nach den sichergestellten Unterlagen am 1. August 2003 (Freitag) 6 Stunden, am 4. August 2003 (Montag) 5,5 Stunden und am 7. August 2003 (Donnerstag) 7,5 Stunden, zusammen mithin 19 Stunden in der Woche tätig und damit nicht arbeitslos war. Auch hier führte die nicht mitgeteilte Tätigkeit zum Erlöschen der Meldung und steht damit einem weiteren Leistungsanspruch bis zu einer erneuten Arbeitslosmeldung entgegen.
Eine solche erneute Arbeitslosmeldung hat die Beklagte zu Gunsten des Klägers für den 24. Oktober 2003 angenommen, obwohl eine solche aus den Akten nicht ersichtlich ist. Ersichtlich sind lediglich eine persönliche Vorsprache zum Umzug und die Veränderungsmitteilung des Klägers über einen Umzug mit einer Unterschrift und dem Datum „24. Oktober 2003“. Außerdem erschien der Kläger danach bis zum Ablaufen des Leistungsbezuges ein Jahr später (31. Dezember 2004) nur noch einmal persönlich am 28. Oktober 2003 bei der Beklagten zur Übergabe einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 31. Oktober bis zum 24. Oktober 2003. In keinem dieser Fälle erfolgte eine Wissensmitteilung in der Gestalt, dass die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses und der Eintritt von Arbeitslosigkeit im Sinne des SGB III mitgeteilt worden ist. Mitgeteilt worden lediglich ein Umzug und eine Arbeitsunfähigkeit. Eine erneute Arbeitslosmeldung ist mithin nicht ersichtlich.
Schließlich ist auch der dritte Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27. Mai 2009, für den Zeitraum vom 1. Februar 2004 bis zum 31. Dezember 2004, nicht zulasten des Klägers fehlerhaft.
Wie bereits dargestellt, führte seine nicht mitgeteilte Tätigkeit im August 2003 insbesondere zum Erlöschen der Meldung und zur Notwendigkeit einer erneuten Arbeitslosmeldung als Leistungsvoraussetzung für die bezogene Arbeitslosenhilfe. Eine solche erneute persönliche Arbeitslosmeldung ist jedoch aus den Akten bis zum Ablauf des Jahres 2004 nicht ersichtlich. Entsprechend bestand auf für den Folgezeitraum bis zum Ende 2004 kein Leistungsanspruch.
Insgesamt bleibt damit festzustellen, dass dem Kläger für den gesamten Zeitraum spätestens seit der dokumentierten Arbeitsaufnahme am 28. Mai 2003 bis zum 31. Dezember 2004 ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht zustand.
Die Beklagte hat deshalb zu Recht die Leistungsbewilligung aufgehoben und den überzahlten Betrag nach §§ 45, 48, 50 SGB X erstattet verlangt.
Der Kläger hat im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 3 SGB X und § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 und 3 SGB X zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, Einkommen erzielt, was zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde und er wusste oder wusste nicht, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Der Kläger hat zumindest grobfahrlässig gehandelt, indem er den tatsächlichen Arbeitsumfang und die tatsächlich erzielten Entgelte seiner Tätigkeit für die P GmbH gegenüber der Beklagten nicht angegeben hat.
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 zweiter Halbsatz SGB X). Grobe Fahrlässigkeit setzt also eine Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Ausmaßes, das heißt eine besonders grobe und auch subjektiv unentschuldbare Pflichtverletzung voraus, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteigt. Anzulegen ist bei der Prüfung des Vorliegens der groben Fahrlässigkeit nicht ein objektiver, sondern ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab (BSG - Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 m. w. N., in Arbeit und Beruf - AuB 1997, 282). Subjektiv unentschuldbar ist ein Verhalten, wenn schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Hierbei sind auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit und das Einsichtsvermögen des Betroffenen zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten hat der Kläger zumindest grob fahrlässig, wenn nicht gar vorsätzlich gehandelt. Der Kläger hat mehrfach den Erhalt und die Kenntnisnahme der entsprechenden Merkblätter der Beklagten quittiert. In diesen wurde auf die entsprechenden zeitlichen Grenzen und Mitteilungspflichten hingewiesen. Zudem stand der Kläger mit Unterbrechungen seit 1992 im Leistungsbezug bei der Beklagten und übte auch schon während dieser Zeiten teilweise Nebentätigkeiten aus, so dass ihm die Bedingungen durchaus bekannt waren. Schließlich zeigen die Schriftsätze des Klägers ein ausgeprägtes rechtliches Verständnis; so ist ihm bekannt, dass zwischen dem Entstehen einer Forderung, dem Niederschlagen dieser Forderung und fehlenden Vollstreckungsmöglichkeiten aufgrund von bestehenden Pfändungsfreigrenzen zu differenzieren ist. Dass der Kläger bei solchen Kenntnissen nicht in der Lage gewesen sein könnte, die Notwendigkeit einer Arbeitsaufnahme mitzuteilen und die Rechtswidrigkeit eines weiteren Leistungsbezuges trotz beendeter Arbeitslosigkeit zu erkennen, hält der Senat nicht für möglich.
Im Übrigen dürfte es aber auch grundsätzlich für jeden Leistungsbezieher einer Lohnersatzleistung wegen Arbeitslosigkeit nach ganz nahe liegenden Überlegungen ohne weiteres klar sein, dass die Aufnahme einer mehr als geringfügigen Tätigkeit mitteilungspflichtig ist und zum Erlöschen eines Leistungsanspruches und damit zur Rechtswidrigkeit entsprechender Bewilligungsbescheide führen kann.
Da die Aufhebung der Arbeitslosenhilfe-Bewilligung für die genannten Zeiträume nicht zu beanstanden ist, ist die für diese Zeiträume überzahlte Arbeitslosenhilfe von dem Kläger zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X).
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die zu erstattenden Arbeitslosenhilfebeträge durch die Beklagte zulasten des Klägers rechnerisch unzutreffend ermittelt worden sind.
Wie bereits dargestellt, bestand vom 28. Mai 2003 bis zum 31. Dezember 2004 kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Innerhalb dieses Zeitraumes erhielt der Kläger von der Beklagten allein an Zahlungen von Arbeitslosenhilfe 10.320,27 €. Schon allein dieser Betrag liegt mithin erheblich über dem Rückforderungsbetrag von 8275,40 €, so dass dahingestellt bleiben kann, ob die Berechnung des Rückforderungsbetrages für die Sozialversicherungsbeiträge zutreffend erfolgt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 nicht vorliegen.