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Personalvertretungsrecht der Länder


Metadaten

Gericht VG Potsdam 21. Kammer Entscheidungsdatum 14.05.2013
Aktenzeichen 21 K 1580/12.PVL ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 626 Abs 1 BGB, § 626 Abs 2 BGB, § 108 BPersVG

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Kostengrundentscheidung und Streitwertfestsetzung entfallen im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren; der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 4.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 1. zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 2.

Die Stadt ... ist Rechtsträger eines Eigenbetriebes im Sinne der §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 93 BbgKVerf. Dieser führt die Bezeichnung "Sozialer Eigenbetrieb der Stadt ... " und betreibt das Alten- und Pflegeheim "Karlslust"; bis Ende 2011 betrieb er hierneben auch Kindertageseinrichtungen unter der Bezeichnung "Kinderzentrum".

Die Beteiligte zu 2. ist seit dem 15. Februar 2000 Tarifbeschäftigte in Vollzeit (40 Wochenstunden) im Eigenbetrieb der Stadt ... . Sie ist als Buchhalterin beschäftigt und wird aus der Entgeltgruppe E8 TVÖD vergütet.

Die Antragstellerin beabsichtigt, der Beteiligten zu 2. wegen fehlerhafter Behandlung von Abwesenheitszeiten der Heimbewohner, wegen des Vorhandenseins von Bargeldkassen unklarer Bedeutung und wegen fehlerhafter Zuordnung von Personalkosten zu den Betriebsteilen Altenheim und Kita außerordentlich zu kündigen.

In den Vergütungsvereinbarungen, die zwischen dem Eigenbetrieb und den Pflegversicherungen abgeschlossen worden sind, ist vereinbart, dass dem Eigenbetrieb bei Abwesenheiten von Heimbewohnern wegen Krankenhausaufenthalt und wegen stationärer Rehabilitationsmaßnahmen ab dem ersten Tage und wegen Urlaubs ab dem vierten Tage kein Entgelt zusteht. Diese Regelung beruht auf der Umsetzung sozialrechtlicher Vorschriften und findet sich ähnlich auch in Richtlinien der Dachverbände der Heimbetreiber usw. Die Heimaufsichtsbehörde geht davon aus, dass für Zeiträume, in denen die Pflegeversicherungsträger gemäß vorgenannter Regelung nicht zur Zahlung des Heimentgelts verpflichtet sind, auch den Heimbewohnern keine Kosten in Rechnung gestellt werden dürfen. Im Pflegeheim der Antragstellerin ist diese Regelung nicht beachtet worden; Heimbewohnern wurden Kosten für Zeiträume in Rechnung gestellt, für die ein Vergütungsanspruch des Eigenbetriebes nicht bestand. Die von den Heimbewohnern unzulässig geforderten und bezahlten Heimentgelte beliefen sich im Jahre 2010 auf 12.326,97 EUR, im Jahre 2011 auf 9.442,75 EUR und im Jahre 2012 auf 7.174,30 EUR. Das Landesamt für Soziales und Versorgung – Heimaufsichtsbehörde – führte am 3. Juli 2012 eine anlassbezogene Sonderprüfung durch und beanstandete die Rechnungsstellungspraxis der Antragstellerin mit Schreiben vom 4. Juli 2012. Dieser Sonderprüfung waren bereits stichprobenartige interne Kontrollen vorausgegangen, wobei sich die dem Gericht vorgelegten Unterlagen nicht über das genaue Datum dieser Kontrollen verhalten. Allerdings sah sich die Antragstellerin bereits am 21. Juni 2012 in der Lage, der Beteiligten zu 2. Hausverbot zu erteilen und sie mit sofortiger Wirkung zu beurlauben, und zwar "aufgrund von festgestellten Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung gegenüber Heimbewohnern".

Die Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 3. Juli 2012 die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 2. Mit weiterem Schreiben vom 11. Juli 2012 beantragte die Antragstellerin erneut die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 2. In diesem Schreiben führte die Antragstellerin aus: Der Beteiligten zu 2. seien die Vergütungsvereinbarungen mit den Pflegekassen und die Rahmenrichtlinien hierzu bekannt gewesen, sie habe diese mehrfach mit handschriftlichen Vermerken versehen und abgezeichnet. Aus den Buchungstexten der einzelnen Buchungen habe die Beteiligte zu 2. erkennen können, dass es sich um unzulässige Entgeltforderungen für Abwesenheitszeiten handle. Indem die Beteiligte zu 2. die entsprechenden Beträge gleichwohl verbucht habe, habe sie sich des Betruges und weiterer Straftaten zu Lasten der Heimbewohner schuldig, hilfsweise dringend verdächtig gemacht. Der Beteiligte zu 1. lehnte die begehrte Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung ab.

Am 15. Oktober 2012 wurde im Zuge von Umbaumaßnahmen der im Büro der Beteiligten zu 2., welches diese mit der weiteren Arbeitnehmerin Frau ... teilte, befindliche Wandtresor geöffnet. In dem Tresor wurden vier Geldkassetten und eine Metalldose vorgefunden. Die erste Geldkassette war mit "Kita" beschriftet und leer; die zweite Geldkassette war mit "Mitarbeiter-Essen" etikettiert und enthielt 110,00 EUR in bar sowie ein Kassenbuch; die dritte Geldkassette war unbeschriftet und enthielt 35,00 EUR in bar sowie eine auf den 11. Mai 2012 datierte Quittung über 208,00 EUR; die vierte Geldkassette war unbeschriftet und enthielt 2.294,00 EUR in bar, eine Quittung vom 25. November 2003 über 3.368,65 EUR und einen Briefumschlag, in dem wiederum sich 435,00 EUR in bar, ein Lebensmittel-Einkaufsbeleg in Höhe von 50,00 EUR und ein Pfandbon befanden; die Metalldose enthielt 56,19 EUR in bar. Die Antragstellerin hörte die Beteiligte zu 2. mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 zu diesem Befund an. Die Beteiligte zu 2. ließ mit Schriftsatz vom 1. November 2012 mitteilen, dass sich in der Metalldose Kaffeekassen-Geld von ihr und der weiteren Mitarbeiterin ... befunden habe, dass sie die Zuständigkeit für Kita-Abrechnungen Ende 2011 abgegeben und ordnungsgemäß Schlussrechnung gelegt habe, weshalb die mit „Kita“ beschriftete Kassette leer gewesen sei, und dass sie für die weiteren Geldkassetten nicht zuständig gewesen sei und über deren Inhalt nichts wisse.

Die Antragstellerin wandte sich mit Schreiben vom 2. November 2012 an den Beteiligten zu 1. und beantragte die Zustimmung zu einer vorsorglichen weiteren außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 2. Zur Begründung führte die Antragstellerin aus, dass das Vorhandensein mehrerer Bar-Kassen in dem Tresor einen schwerwiegenden Verstoß gegen haushaltsrechtliche und buchhaltungstechnische Vorschriften darstelle, dass die sog. Kaffeekasse den Verdacht der verbotenen Entgegennahme von Geldgeschenken begründe und dass der Verdacht bestehe, dass die weiteren, nicht nachvollziehbaren Bargeldbeträge auf strafbare Handlungen zum Vermögensnachteil des Eigenbetriebs zurückzuführen seien. Der Beteiligte zu 1. verweigerte die Zustimmung mit Schreiben vom 8. November 2012.

Im Zusammenhang mit der "Freigabe" des Jahresabschlusses für 2011 des Eigenbetriebs wurden am 4. März 2013 die Angaben zum Verlustausgleich für das Kinderzentrum geprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die tatsächlichen Personalkosten für den Betriebsteil "Kinderzentrum" des Eigenbetriebes regelmäßig um knapp 40.000 EUR zu niedrig ermittelt worden waren mit der Folge, dass die Personalkostenzuschüsse der Gemeinde und des Trägers der örtlichen Jugendhilfe gemäß §§ 15, 16 des Kindertagesstättengesetzes – 2. Gesetz zur Ausführung des SGB VIII – in entsprechender Größenordnung zu niedrig ausgefallen sind und dem Eigenbetrieb ein Verlust entstand.

Mit Schreiben vom 4. März 2013 hörte die Antragstellerin die Beteiligte zu 2. zu den neuen Vorwürfen an. Mit Schreiben vom 11. März 2013 beantragte die Antragstellerin die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zu einer vorsorglichen weiteren außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 2. Zur Begründung führte die Antragstellerin aus, dass die Personalkostendifferenzen ihre Ursache darin haben müssten, dass die Grundsätze der Richtigkeit, der Willkürfreiheit und der Vollständigkeit in der Buchhaltung missachtet worden seien, und dass die unkorrekten Personalkostenmeldungen an die Zuschussgeber und die nicht korrekte Zusammenstellung des Datenmaterials für den Jahresabschluss auf fehlende Übersicht in der Buchhaltung schließen ließen, was der Antragstellerin das Festhalten an dem Arbeitsverhältnis unzumutbar mache. Der Beteiligte zu 1. verweigerte die Zustimmung mit Schreiben vom 11. März 2013.

Die Antragstellerin hat am 19. Juli 2012 wegen des Kündigungsgrundes der unberechtigten Heimentgelte das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und dieses am 19. Dezember 2012 wegen des Kündigungsgrundes der Geldkassetten und am 20. März 2013 wegen des Kündigungsgrundes der Personalkostenzuordnung erweitert.

Die Antragstellerin trägt vor:

Entgegen den verbindlichen Vorgaben aus den Heimpflegevergütungsvereinbarungen, und obwohl alle Anwesenheits- und Abwesenheitszeiten im EDV-System dokumentiert seien, habe die Beteiligte zu 2. Rechnungen im Soll und Zahlungseingänge im Haben verbucht, die verbotswidrig Abwesenheitszeiten eingeschlossen hätten. Hierdurch hätte sie die Heimbewohner um erhebliche Beträge betrogen. Zum Nachteil Dritter begangene Straftaten rechtfertigten eine außerordentliche Kündigung jedenfalls dann, wenn sie Ausdruck tiefgehender Missachtung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers seien; das sei hier wegen des Imageverlustes und der zusätzlichen Kontrollen durch die Heimaufsicht der Fall. Es treffe zwar zu, dass die Abrechnung der Heimkosten nicht durch die Beteiligte zu 2., sondern durch die Arbeitnehmerin ... erfolgt sei. Dies entlaste die Beteiligte zu 2. jedoch nicht. Als Buchhalterin treffe diese eine qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht, derzufolge die Beteiligte zu 2. verpflichtet gewesen sei, die Arbeitnehmerin ... zu überwachen, deren Arbeitsergebnisse als fehlerhaft zu erkennen und die fehlerhaften Arbeitsergebnisse der ... zu beanstanden, anstatt diese einfach zu verbuchen. Zwar könne die Antragstellerin keine Arbeitsplatzbeschreibungen für die Beteiligte zu 2. und die Mitarbeiterin ... vorlegen, weil solche nicht existierten. Allerdings ergebe sich der Aufgabenbereich und die hierarchische Einordnung aus der Tätigkeitsbezeichnung und der Eingruppierung; die Beteiligte zu 2. sei als Buchhalterin in der Entgeltgruppe 08 tätig gewesen, Frau ... als Sachbearbeiterin in der Entgeltgruppe 06. Dies gelte umso mehr, als sich die Beteiligte zu 2. in einem Höhergruppierungsantrag selbst besonderer Fachkenntnisse und besonders selbständigen Arbeitens berühmt habe. Der Kündigungsgrund sei auch nicht verfristet geltend gemacht worden. Die Antragstellerin habe noch Ermittlungen durchgeführt, indem sie den früheren Eigenbetriebsleiter befragt hätte, dies sei erst am 4. Juli 2012 geschehen.

Am 15. Oktober 2012 sei im Zuge von Umbaumaßnahmen der im Büro der Beteiligten zu 2., welches diese mit der weiteren Arbeitnehmerin Frau ... teilte, befindliche Wandtresor geöffnet worden. In dem Tresor seien vier Geldkassetten und eine Metalldose vorgefunden worden. Die erste Geldkassette sei mit "Kita" beschriftet und leer gewesen; die zweite Geldkassette sei mit "Mitarbeiter-Essen" etikettiert gewesen und habe 110,00 EUR in bar sowie ein Kassenbuch enthalten; die dritte Geldkassette sei unbeschriftet gewesen und habe 35,00 EUR in bar sowie eine auf den 11. Mai 2012 datierte Quittung über 208,00 EUR enthalten; die vierte Geldkassette sei unbeschriftet gewesen und habe 2.294,00 EUR in bar, eine Quittung vom 25. November 2003 über 3.368,65 EUR und einen Briefumschlag, in dem wiederum sich 435,00 EUR in bar, ein Lebensmittel-Einkaufsbeleg in Höhe von 50,00 EUR und ein Pfandbon befunden hätten, enthalten; die Metalldose habe 56,19 EUR in bar enthalten. Die Antragstellerin sei auch deshalb zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, weil das Vorhandensein mehrerer Bar-Kassen in dem Tresor einen schwerwiegenden Verstoß gegen haushaltsrechtliche und buchhaltungstechnische Vorschriften darstelle, die sog. Kaffeekasse den Verdacht der verbotenen Entgegennahme von Geldgeschenken begründe, und der Verdacht bestehe, dass die weiteren, nicht nachvollziehbaren Bargeldbeträge auf strafbare Handlungen zum Vermögensnachteil des Eigenbetriebs zurückzuführen seien.

Im Zusammenhang mit der "Freigabe" des Jahresabschlusses für 2011 des Eigenbetriebs seien am 4. März 2013 die Angaben zum Verlustausgleich für das sog. "Kinderzentrum" geprüft worden. Dabei sei festgestellt worden, dass die tatsächlichen Personalkosten für den Betriebsteil "Kinderzentrum" des Eigenbetriebes regelmäßig um knapp 40.000 EUR zu niedrig ermittelt worden seien mit der Folge, dass die Personalkostenzuschüsse der Gemeinde und des Trägers der örtlichen Jugendhilfe gemäß §§ 15, 16 des Kindertagesstättengesetzes (2. Gesetz zur Ausführung des SGB VIII) in entsprechender Größenordnung zu niedrig ausgefallen seien und dem Eigenbetrieb ein Verlust entstanden sei. Diese Differenzen müssten ihre Ursache in Buchungsfehlern haben, die dadurch entstanden seien, dass die Beteiligte zu 2. in rechtswidriger Weise die Arbeitsvergütungen der Mitarbeiter des Kinderzentrums zu Lasten des Kontos des Pflegeheims verbucht und Zuschüsse Dritter, die zugunsten des Kinderzentrums gezahlt worden seien, nach Zahlungseingang vom Kinderzentrum auf das Pflegeheim umgebucht habe. Hierin liege eine grob pflichtwidrige Handlung zum Vermögensnachteil des Arbeitgebers, die ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis unzumutbar mache.

Die Antragstellerin beantragt,

die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 2. zu ersetzen.

Die Beteiligten beantragen jeweils,

den Antrag abzulehnen.

Der Beteiligte zu 1. trägt vor: Der Antrag sei schon deshalb abzulehnen, weil die Anhörung des Beteiligten zu 1. nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Der Mitbestimmungsvorlage vom 11. Juli 2012 seien keinerlei Unterlagen beigefügt gewesen, die die behaupteten Vorwürfe bestätigten. Die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt; die Antragstellerin sei spätestens am 3. Juli 2012 zur Kündigung entschlossen gewesen, wie sich aus der ersten Mitbestimmungsvorlage ergebe, der Antrag sei jedoch erst am 19. und nicht schon am 17. Juli 2012 bei Gericht eingegangen. Ferner sei überhaupt nicht ersichtlich, woraus sich der Betrugstatbestand ergebe. Die Beteiligte zu 2. sei nur für die Verbuchung bereits erfolgter Rechnungen und Zahlungseingänge zuständig gewesen. Im Übrigen seien manche Abwesenheitszeiten auch heimentgeltpflichtig. Es sei unstreitig, dass es keine Stellenbeschreibungen für die Beteiligte zu 2. und Frau ... gegeben habe und gäbe; eindeutig sei, dass erstere nicht Vorgesetzte der letzteren war. Allein aus den unterschiedlichen Entgeltgruppen ließe sich eine Vorgesetztenstellung nicht herleiten. Die nachgeschobenen Kündigungsgründe seien unzulässig. Zum einen sei die Zwei-Wochen-Frist offenkundig nicht eingehalten, zum anderen sei die Anhörung des Beteiligten zu 1. nicht korrekt gewesen, insbesondere seien dem Zustimmungsantrag vom 2. November 2012 keine Anlagen beigefügt gewesen. Es werde bestritten, dass die Beteiligte zu 2. alleinigen Zugriff auf den Tresor gehabt habe; jedenfalls aber rechtfertige das Geschehen allenfalls eine Abmahnung und keine Kündigung ohne vorangegangene Abmahnung. Ferner sei auch der mit Schriftsatz vom 20. März 2013 nachgeschobene Kündigungsgrund zurückzuweisen. Zum einen sei erneut die Zwei-Wochen-Frist nicht gewahrt; zum anderen sei die Anhörung nicht ordnungsgemäß erfolgt. Vor allem aber seien die der Beteiligten zu 2. gemachten Vorwürfe gänzlich pauschal und unkonkret; sie trügen eine Kündigung ohne vorangegangene Abmahnung keinesfalls. Zu den tatsächlichen Buchungsabläufen bestätige der Beteiligte zu 1. das Vorbringen der Beteiligten zu 2. aus deren Schriftsatz vom 4. April 2013. Im Übrigen ergebe sich aus den zeitlichen Abläufen, dass insoweit beide Beteiligte nicht ordnungsgemäß angehört worden seien.

Die Beteiligte zu 2. trägt vor: Unzutreffend behaupte die Antragstellerin, erst am 15. Oktober 2012 Kenntnis von den Geldkassetten erlangt zu haben; bereits im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht im Kündigungsschutzprozess der Frau ... am 30. August 2012 habe die Antragstellerin die Geldkassetten erwähnt. Es treffe nicht zu, dass die Beteiligte zu 2. die alleinige Schlüsselgewalt über den Tresor habe. Zu Beginn ihrer Tätigkeit habe sie mit der ... das Büro geteilt, und diese habe ebenfalls einen Schlüssel gehabt. Eine ordnungsgemäße Schlüsselübergabe habe nie stattgefunden. Die Geldkassette "Kita" sei in die Zuständigkeit der Beteiligten zu 2. gefallen, sie habe sie ordnungsgemäß abgerechnet, entsprechend sei diese Kassette auch leer gewesen. Die Geldkassetten "Mitarbeiter-Essen" und "Fahrscheinverkauf" seien nicht in die Zuständigkeit der Beteiligten zu 2. gefallen, damit habe sie nichts zu tun gehabt. Die Bürokasse sei von Frau ... geführt worden, die Beteiligte zu 2. habe nur gelegentlich vertretungsweise Ein- oder Auszahlungen gegen Beleg durchgeführt. In die Kaffeekasse hätten Frau ... und die Beteiligte zu 2. regelmäßig selbst eingezahlt, um davon ihren Bürokaffee usw. zu bestreiten. Es habe im Übrigen für die Stelle der Beteiligten zu 2. keine Stellenbeschreibung existiert. Die Beteiligte zu 2. habe wiederholt die Betriebsleitung auf fehlende Plausibilitäten in den Abrechnungen hingewiesen, diese habe jedoch nur teilweise für Abhilfe gesorgt; es sei mindestens treuwidrig, wenn dies jetzt der Beteiligten zu 2. vorgehalten werde. Die Beteiligte zu 2. habe die Abrechnungen der Heimbewohner nicht vorgenommen, das sei die Aufgabe der Frau ... gewesen; die Beteiligte zu 2. habe lediglich deren Arbeitsergebnisse verbucht. Die Jahresabschlüsse bis 2010 seien ordnungsgemäß und beanstandungsfrei geprüft und abgenommen worden. Auch der nunmehr vorgetragene, dritte Kündigungsgrund könne keinen Erfolg haben. Zunächst sei die Zwei-Wochen-Frist nicht eingehalten. Ferner stelle die Antragstellerin die tatsächlichen Abläufe fehlerhaft dar. Die Beteiligte zu 2. habe die vorbereitenden Tätigkeiten für die Aufstellung des Jahresabschlusses mit größter Sorgfalt und nach bestem Wissen vorgenommen und die Antragstellerin selbständig auf Ungereimtheiten hingewiesen. Die Lohnabrechnung für den gesamten Eigenbetrieb sei durch einen externen Dienstleister, die Firma AgroData in Cottbus, erfolgt. Dabei sei die gesamte Lohnabrechnung einheitlich behandelt worden; erst durch Initiative der Beteiligten zu 2. sei überhaupt eine Unterteilung nach Kostenstellen eingeführt worden. Die damalige Betriebsleitung habe entschieden, dass die gesamte Lohnabrechnung zu Lasten des Pflegeheimkontos gebucht werden solle. Die Beteiligte zu 2. habe die auf das Kinderzentrum entfallenden, anteiligen Lohnkosten akribisch ausgerechnet und dem Pflegeheim die "verauslagten" Lohnkosten durch Umbuchung erstattet, wenn und soweit auf dem Kinderzentrumskonto nach Zuschuss-Eingang Geldmittel vorhanden gewesen seien. Die Deckung auf dem Kinderzentrumskonto habe jedoch nie ausgereicht, um die vom Alten- und Pflegeheim verauslagten Lohnkosten vollständig auszugleichen. Mit dem Trägerwechsel des Kinderzentrums zum 1. Januar 2012 habe diese Praxis nicht mehr fortgeführt werden können. Die Beteiligte zu 2. habe die Antragstellerin, d.h. die Eigenbetriebsleiterin, und die Kämmerin der Stadt ... wiederholt nachdrücklich auf dieses Problem hingewiesen und darauf gedrungen, dass dieses Verrechnungsproblem im Jahresabschluss für 2011 unbedingt gelöst werden müsse. Diese Informationen und Gespräche hätten im Mai 2012 stattgefunden. Durch Eintragungen im Terminkalender der Beteiligten zu 2. – dessen Herausgabe der Antragstellerin abzuverlangen sei, weil die Beteiligte zu 2. selbst wegen des Hausverbots auf diesen Kalender keinen Zugriff mehr habe – seien diese Besprechungen auch nachweisbar.

Die Beteiligte zu 2. hat wegen des Hausverbotes vom 21. Juni 2012 ein personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren – VG 21 K 1566/12.PVL – und ein einstweiliges Verfügungsverfahren – VG 21 L 362/12.PVL – anhängig gemacht; diese Verfahren sind durch Prozessvergleich einvernehmlich beendet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakten VG 21 L 362/12.PVL, VG 21 K 1566/12.PVL und VG 21 K 1580/12.PVL Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 1. zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 2.

1. Die beabsichtigte außerordentliche Kündigung der Beteiligten zu 2. scheitert hinsichtlich aller drei Kündigungsgründe bereits daran, dass die Antragstellerin die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten hat.

a) Gemäß § 626 Abs. 2 BGB kann die außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung nur innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen erklärt werden. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen Kenntnis erlangt. Kenntnis in diesem Sinne besteht nicht schon bei Kenntnis vom Kündigungsanlass, sondern erst dann, wenn der Kündigungsberechtigte alles in Erfahrung gebracht hat, was als notwendige Grundlage für die Entscheidung über den Fortbestand oder die Auflösung des Dienstverhältnisses anzusehen ist; der Beginn der Ausschlussfrist ist so lange gehemmt, wie der Kündigungsberechtigte mit der gebotenen Eile aus verständlichen Gründen noch Ermittlungen anstellt (vgl. Henssler in Münchner Kommentar zum BGB, 5. Auflage, Band 4, § 626 Randnr. 297 u. 298, m.w.N.). Der Fristbeginn ist ferner bis zur Anhörung des Arbeitnehmers gehemmt, wenn eine Anhörung erforderlich ist und unverzüglich durchgeführt wird (ebenda Randnr. 313). Bedarf die beabsichtigte Kündigung aufgrund gesetzlicher Vorgaben – hier § 108 BPersVG – der Zustimmung der Personalvertretung, so ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nur gewahrt, wenn innerhalb der Frist der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung bei Gericht eingeht; die erforderliche Anhörung der Personalvertretung hemmt den Fristlauf nicht (ebenda Randnr. 324 f. m.w.N.). Werden im Verlauf des Verfahrens neue Kündigungsgründe nachgeschoben, so muss auch bezüglich dieser neuen Kündigungsgründe jeweils die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt sein (ebenda Randnr. 321 m.w.N.).

b) Hinsichtlich des ersten Kündigungsgrundes – Heimentgelte trotz Abwesenheit der Heimbewohner – hat die Antragstellerin am 19. Juli 2012 das Gericht angerufen. Die Frist wäre also nur gewahrt, wenn der Fristbeginn frühestens am 5. Juli 2012 gewesen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Frist ist spätestens am 3. Juli 2012 in Lauf gesetzt worden.

Die Antragstellerin sah sich bereits am 21. Juni 2012 in der Lage, der Beteiligten zu 2. Hausverbot zu erteilen und sie vom Dienst zu suspendieren, und zwar bereits mit derselben Begründung, die der späteren Kündigungsabsicht zugrunde lag. Daraus folgt, dass die Antragstellerin bereits am 21. Juni 2012 jedenfalls in groben Zügen gewusst haben muss, was sie der Beteiligten zu 2. vorwirft. In dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – VG 21 L 362/12.PVL –, welches die Beteiligte zu 2. wegen des ihr erteilten Hausverbots geführt hat, sah sich die Antragstellerin in der Lage, mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26. Juni 2012 die der Beteiligten zu 2. gemachten Vorwürfe detailliert zu beschreiben. Dem Vorbringen der Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, dass diese in der Zeit zwischen dem 26. Juni und dem 3. Juli 2012 noch notwendige Ermittlungen geführt hat. Nach alledem spricht viel dafür, dass die Frist bereits am 26. Juni 2012 in Lauf gesetzt wurde. Dies kann jedoch dahinstehen, denn jedenfalls ist die Frist am 3. Juli 2012 in Lauf gesetzt worden. Denn die Antragstellerin hat an diesem Tage erstmals die Zustimmung des Beteiligten zu 1. beantragt und damit klargestellt, dass sie alle Voraussetzungen für die Kündigungsentscheidung als vorliegend ansah; danach ggf. noch durchgeführte weitere Ermittlungen dienten allenfalls noch der Abrundung, aber nicht mehr der Schaffung der notwendigen Grundlage für die Entscheidung über den Fortbestand oder die Auflösung des Dienstverhältnisses.

c) Hinsichtlich des zweiten Kündigungsgrundes – Geldkassetten und Bargeldbestände im Wandtresor – ist die Frist offensichtlich nicht gewahrt. Die Antragstellerin hat die Beteiligte zu 2. mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 angehört und am 2. November 2012 die Zustimmung des Personalrats beantragt, also das Ende ihrer Ermittlungen bekundet. Die Frist ist spätestens am 2. November 2012 in Lauf gesetzt worden. Der diesen Kündigungsgrund in das Verfahren einführende Schriftsatz ist jedoch erst am 19. Dezember 2012 (als Vorabfax ohne Anlagen) und damit weit außerhalb der Zwei-Wochen-Frist bei Gericht eingegangen. Auf die von der Beteiligten zu 2. aufgeworfene Frage, ob die Antragstellerin tatsächlich erst seit dem 15. Oktober 2012 Kenntnis von dem Tresorinhalt hatte, kommt es nicht mehr an.

d) Hinsichtlich des dritten Kündigungsgrundes – fehlerhafte Ermittlung der Personalkosten des Betriebsteils Kinderzentrum – ist die Frist wie beim ersten Kündigungsgrund um zwei Tage versäumt. Die Frist ist am 4. März 2013 in Lauf gesetzt worden. Denn die Antragstellerin selbst geht davon aus, dass sie am 4. März 2013 alle erforderlichen Informationen beisammen hatte; von Ermittlungstätigkeiten nach dem 4. März 2013 ist nicht die Rede. Auch der Versuch der Antragstellerin, die Beteiligte zu 2. anzuhören, hemmte den Fristbeginn nicht, weil es keine notwendige Anhörung war. Die Antragstellerin hatte Gewissheit über den Inhalt des Jahresabschlusses und über die Buchungsvorgänge; Verdachtsmomente, die auszuräumen eine Anhörung hätte erforderlich und geeignet sein können, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Der diesen Kündigungsgrund in das Verfahren einführende Schriftsatz ist jedoch erst am 20. März 2013 und damit um zwei Tage verspätet bei Gericht eingegangen.

2. Unabhängig von der mangelnden Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist erweisen sich die Kündigungsgründe der fehlerhaften Abrechnung der Heimentgelte und der fehlerhaften Ermittlung der Personalkosten auch inhaltlich nicht als tragfähig; bezüglich des Kündigungsgrundes der Geldkassetten im Wandtresor sind Ausführungen zur materiellen Rechtslage wegen der Offensichtlichkeit der Verfristung nicht veranlasst.

a) Die Antragstellerin hat eine schwerwiegende Pflichtverletzung der Beteiligten zu 2. im Zusammenhang mit der unrechtmäßigen In-Rechnung-Stellung von Heimentgelten bei Abwesenheit der Heimbewohner schon nicht schlüssig vorgetragen.

Die Antragstellerin räumt ein, dass die Erstellung der Abrechnungen gegenüber den Heimbewohnern nicht Aufgabe der Beteiligten zu 2., sondern Aufgabe der kaufmännischen Sachbearbeiterin Frau ... war. (Erst) Nachdem im Verlauf der gewechselten Schriftsätze diese Klarstellung erfolgt war, konkretisiert die Antragstellerin ihren Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens dahingehend, dass die Beteiligte zu 2. verpflichtet gewesen wäre, die Arbeitsergebnisse der Frau ... auf Richtigkeit zu prüfen und zu beanstanden, anstatt diese ungeprüft zu verbuchen.

Angesichts dieser Klarstellungen fehlt es zunächst an einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Beteiligten zu 1. Denn weder in dem Zustimmungsantrag vom 3. Juli 2012 noch in dem Zustimmungsantrag vom 11. Juli 2012 war davon die Rede, dass die Pflichtverletzung, die der Beteiligten zu 2. vorgeworfen wird und die das Festhalten an dem Arbeitsverhältnis für die Antragstellerin unzumutbar machen soll, in dem Unterlassen der Nachprüfung der Arbeitsergebnisse der Mitarbeiterin ... bestehen soll; vielmehr war immer von einem aktiven Tun der Beteiligten zu 2. die Rede.

Unabhängig davon fehlt es für die Rechtsmeinung der Antragstellerin, die Beteiligte zu 2. sei zu einer selbständigen Nachprüfung und Beanstandung der Arbeitsergebnisse der Mitarbeiterin ... verpflichtet gewesen, an einem rechtlich tragfähigen Anknüpfungspunkt. Den Arbeitsvertrag der Beteiligten zu 2. hat die Antragstellerin nicht vorgelegt; sie hat ferner ausdrücklich zugestanden, dass weder für die Beteiligte zu 2. noch für Frau ... eine Stellenbeschreibung bzw. Arbeitsplatzbeschreibung existiert, und behauptet nicht einmal, dass die Beteiligte zu 2. Vorgesetzte der Frau ... und dieser gegenüber weisungsbefugt gewesen wäre. Angesichts dessen bleibt unklar, woraus sich die behauptete Überwachungspflicht ergeben soll; allein die unterschiedlichen Berufsbezeichnungen – Buchhalterin gegenüber Sachbearbeiterin – und die unterschiedlichen Entgeltgruppen – E 08 gegenüber E 06 – ergeben eine solche Überwachungspflicht nicht.

b) Die Antragstellerin hat eine Pflichtverletzung der Beteiligten zu 2. im Zusammenhang mit der Verbuchung der Personalkosten für die Betriebsteile Pflegeheim und Kinderzentrum ebenfalls nicht schlüssig vorgetragen. Das Vorbringen der Antragstellerin erschöpft sich in der Vermutung, dass die Beteiligte zu 2. Falschbuchungen vorgenommen habe. Dem sehr detaillierten Vortrag der Beteiligten zu 2., wonach ein externer Dienstleister die Lohnabrechnung vorgenommen habe, die Beteiligte zu 2. auf eine Unterteilung nach Kostenstellen gedrungen habe, das Konto des Kinderzentrums zu keinem Zeitpunkt die zum Ausgleich der Lohnzahlungen erforderliche Deckung aufgewiesen habe und die Beteiligte zu 2. gegenüber der Eigenbetriebsleiterin und der Stadtkämmerin auf eine Bereinigung der Zahlungsströme gedrungen habe, tritt die Antragstellerin nicht entgegen. Angesichts dessen bleibt völlig offen, welches Fehlverhalten der Beteiligten zu 2. im Zusammenhang mit der Ermittlung der Personalkosten für den Jahresabschluss 2011 denn nun konkret vorgeworfen werden soll.

Kostengrundentscheidung und Streitwertfestsetzung entfallen im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren. Die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit folgt aus § 33 Abs. 1, § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).