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Entscheidung 7 TaBV 2744/10


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 7. Kammer Entscheidungsdatum 08.02.2011
Aktenzeichen 7 TaBV 2744/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 82 ArbGG, § 38 ArbGG, Art 2 EGV 44/2001, Art 23 EGV 44/2001, § 177 Abs 2 BetrVG

Leitsatz

1. Es spricht viel dafür, dass die Verordnung (EG) Nr 44/2001 v. 22.12.2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) auf kollektivrechtliche Streitigkeiten nach dem Betriebsverfassungsgesetz nicht anwendbar ist und sich die internationale Zuständigkeit daher nach der örtlichen Zuständigkeit bestimmt (im Ergebnis offen gelassen).

2. Die örtliche Zuständigkeit für Streitigkeiten einer auf der Grundlage eines Tarifvertrages gewählten Arbeitnehmervertretung für einen Flugbetrieb nach § 117 Abs. 2 BetrVG richtet sich nach der Zuständigkeit bezüglich des Flughafens, von dem aus der Flugbetrieb durchgeführt wird.

3. Der Tarifvertrag mit "E." zur Errichtung einer Personalvertretung für die an der Base Berlin-Sch. eingesetzten Mitarbeiter des Cockpit- und Kabinenpersonals vom 11. Mai 2010 enthält eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 23 EuGVVO. Die Tarifvertragsparteien haben dort die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte in zulässiger Weise vorgesehen

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 29.11.2010 - 4 BV 86/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1. Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit den Regelungsgegenständen „Urlaubsgrundsätze und Urlaubsverfahren“ für das Kabinen- und Cockpitpersonal der Arbeitgeberin auf dem Flughafen Berlin-Sch..

Die Beteiligte zu 2 (im Folgenden Arbeitgeberin) ist eine international tätige Fluggesellschaft nach englischem Recht mit Sitz in London-L.. Sie unterhält am Flughafen Berlin-Sch. eine Base, der Arbeitnehmer des fliegenden Personals zugeordnet sind, die mittlerweile jedenfalls zum Teil deutsche Arbeitsverträge haben.

Die Arbeitgeberin schloss mit Datum vom 11. Mai 2010 mit der Gewerkschaft ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft auf der Grundlage des § 117 Abs. 2 BetrVG einen Tarifvertrag zur Errichtung einer Personalvertretung für die an der Base Berlin-Sch. eingesetzten Mitarbeiter des Cockpit- und Kabinenpersonals (im Folgenden TV PV). In der Einleitung dieses Tarifvertrages wird auszugsweise ausgeführt:

„Es besteht Uneinigkeit zwischen den Parteien, ob an der Base der Gesellschaft in Berlin-Sch. ein Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes existiert. Nach Auffassung von E. dient dieser Tarifvertrag jedenfalls nicht der Anerkennung der deutschen Base in Berlin-Sch. als Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.“

„Der Tarifvertrag wird geschlossen unter Beachtung der E. Werte („E. Values“), die als Anlage diesem Vertrag beigefügt sind und die in Zweifelsfällen zur Auslegung herangezogen werden sollen“.

Im TV PV ist ferner auszugsweise bestimmt:

„§ 30 Einigungsstelle

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen E. und Personalvertretung ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus insgesamt 6 Beisitzern (je 3 pro Partei)…Die Parteien haben sich einen der genannten Vorsitzenden als Vorsitzende/n der Einigungsstelle zu verständigen. Sollte eine Einigung über die Errichtung einer Einigungsstelle nicht zustande kommen, entscheidet das Arbeitsgericht…Bis zum Abschluss einer solchen Vereinbarung gilt zunächst das Folgende: Die Einigungsstelle besteht aus insgesamt 6 Beisitzern (je 3 pro Partei) und Ri’in LAG Berlin…, Ri LAG Berlin … oder Ri’in Arbeitsgericht Berlin… als Vorsitzende bzw. Vorsitzenden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen E. und Personalvertretung ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben von einer Seite genannte Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheidet der Vorsitzende und die erschienen Mitglieder nach Maßgabe des Abs. 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch die E. oder Personalvertretung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht beantragt werden. …

III. Soziale Angelegenheiten

§ 42 Mitbestimmungsrechte

(1) Die Personalvertretung hat sofern gesetzliche, tarifliche Regelungen oder sonstige kollektiv-rechtliche Regelungen europäischer Arbeitnehmervertretungen, Betriebsräte oder Gewerkschaften nicht bestehen, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:


5. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und eines Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Mitarbeiter, wenn zwischen E. und dem beteiligten Mitarbeiter kein Einverständnis erzielt wird.;

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Personalvertretung

(3) Die bei Abschluss dieses Tarifvertrages bestehenden Einrichtungen und Verfahren in Angelegenheiten, die nach diesem Tarifvertrag unter die Mitbestimmung fallen würden, bleiben bis auf weiteres bestehen. Ihre Anwendung verletzt die Mitbestimmungsrechte nicht. Gleiches gilt auch für Erneuerungen bzw. Ersetzungen von Einrichtungen oder Verfahren in den vorgenannten Angelegenheiten, die lediglich turnusmäßige Anpassungen an technische Gegebenheiten sind, die keine wesentlichen Änderungen in den Auswirkungen auf die Arbeitnehmer zur Folge haben. Dies gilt insbesondere für die jährliche Anpassung der Schichtpläne zum Ausgleich von auftretenden Abweichungen („roster-imbalances“).

§ 73 Gerichtsstand

Der Gerichtsstand ist Berlin.“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Tarifvertrages wird auf die Ablichtung Bl. 7- 16 d.A. Bezug genommen.

Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden Personalvertretung) ist die im Juni 2010 auf der Grundlage des TV PV an der Base Berlin-Sch. gewählte Personalvertretung mit 7 Mitgliedern.

Die Personalvertretung forderte mit Mail vom 16. September 2010 die Arbeitgeberin unter Fristsetzung auf, einen Entwurf für eine Betriebsvereinbarung „Urlaub“ vorzulegen (Bl. 235 d.A.). Daraufhin wurden zwischen den Beteiligten verschiedene E-Mails übersandt, die zu keinem Ergebnis führten und mit der Übersendung eines Entwurfs einer Betriebsvereinbarung über Urlaub in einer Mail der Personalvertretung vom 24.09.2010 verbunden mit einer Fristsetzung zur Stellungnahme endeten. Für den Inhalt der zwischen den Beteiligten in diesem Zusammenhang gewechselten E-Mails wird auf die eingereichten Kopien (Bl. 235 bis 241 d.A.) Bezug genommen. Zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über Urlaub kam es nicht.

In einer außerordentlichen Sitzung vom 24. September 2010, die von der Personalvertretung bereits in der Sitzung vom 7. September 2010 festgelegt worden war und zu der mit Mail vom 20.09.2010 unter Bekanntgabe der vorgesehenen Tagesordnung (Bl. 185 d.A.) eingeladen wurde, beschloss diese mit den Stimmen der zum Zeitpunkt des Beschlusses noch anwesenden 6 Mitglieder zum Tagesordnungspunkt „Betriebsvereinbarung Urlaub“, der Arbeitgeberin den Entwurf einer Betriebsvereinbarung zu übersenden, ihr eine Frist zur Stellungnahme bis zum 28.09.2010 einzuräumen und für den Fall, dass bis zum 29.09.2010 eine Einigung nicht zustande kommen sollte, das Scheitern der Verhandlungen zu erklären. Weiterhin beschloss die Personalvertretung für den Fall, dass die Arbeitgeberin der Einrichtung der Einigungsstelle nicht zustimmen sollte, die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens und beauftragte damit die Verfahrensbevollmächtigte der Personalvertretung.

Da es zu einer Einigung zwischen den Betriebsparteien über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung ebenso wenig kam wie zu einer Einigung über die Einrichtung der Einigungsstelle, leitete die Personalvertretung mit dem beim Arbeitsgericht Berlin am 1. Oktober 2010 eingegangenen Antrag das vorliegende Beschlussverfahren zur Einrichtung der Einigungsstelle ein.

Die Arbeitgeberin hat zunächst die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Berlin und unter Hinweis auf die Zuständigkeitsregelungen der aus Sicht anwendbaren EuGVVO die internationale Zuständigkeit gerügt, den Antrag für unbestimmt und mangels ausreichender Verhandlungen für unzulässig gehalten, die ordnungsgemäße Einleitung des Beschlussverfahrens beanstandet und die Einigungsstelle im Hinblick auf die tariflichen Regelungen insbesondere in § 42 Abs.3 TV PV für offensichtlich unzuständig gehalten.

Nachdem das Arbeitsgericht Berlin mit Beschluss vom 5. November 2010 das Verfahren mangels örtlicher Zuständigkeit an das Arbeitsgericht Cottbus verwiesen hat, hat das Arbeitsgericht Cottbus mit Beschluss vom 29. November 2010 den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg Dr. G. B. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit den Regelungsgegenständen „Urlaubsgrundsätze und Urlaubsverfahren“ für das Kabinen- und Cockpitpersonal an der Base Berlin-Sch. bestellt und die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf 3 festgesetzt. Es hat dabei insbesondere die internationale Zuständigkeit bejaht und den Anwendungsbereich der EuGVVO nach Art. 1 für den Streit der Beteiligten über die Ausübung eines kollektiven Mitbestimmungsrechts für nicht eröffnet angesehen. Weiterhin hat es den Antrag insgesamt für zulässig erachtet und eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle verneint. Für die Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen diesen der Arbeitgeberin am 9. Dezember 2010 zugestellten Beschluss richtet sich ihre Beschwerde, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 23. Dezember 2010 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und zugleich begründet hat.

Die Arbeitgeberin hält auch im Beschwerdeverfahren daran fest, dass die internationale Zuständigkeit für den vorliegenden Rechtsstreit nicht gegeben sei. Diese bestimme sich nach der EuGVVO, da die Beteiligten ihren Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten hätten und es sich bei dem vorliegenden Streit der Betriebsparteien um eine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art 1 EuGVVO handeln würde. Da die EuGVVO in ihrem Anwendungsbereich den innerstaatlichen Regelungen vorgehe, bestimme sich der Gerichtsstand ausschließlich nach ihrem Sitz. Aus der EuGVVO ergebe sich nämlich weder aus Art. 5 Ziffer 1 a EuGVVO noch aus Art 5 Ziff. 5 EuGVVO ein inländischer Gerichtsstand. Jedenfalls aber bedürfe es einer Vorabentscheidung des EuGH. Eine Gerichtsstandsvereinbarung im Tarifvertrag könne ebenfalls nicht angenommen werden. § 72 TV PV regele allenfalls den Gerichtsstand bei Streitigkeiten der Tarifvertragsparteien. Weiterhin hält die Arbeitgeberin die Anträge – wie schon erstinstanzlich für zu unbestimmt und mangels Rechtsschutzinteresses für unzulässig – und zudem die Einigungsstelle für offensichtlich unzuständig. Die tarifliche Regelung räume der Personalvertretung kein Initiativrecht ein.

Die Arbeitgeberin beantragt,

1. Den Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 29.11.2010, 4 BV 86/10 aufzuheben.

2. Die Anträge der Antragsstellerin und Beschwerdegegnerin (Beteiligte zu 1) zurückzuweisen.

Die Personalvertretung beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Personalvertretung verteidigt unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages zur ordnungsgemäßen Beschlussfassung über die Einleitung des hiesigen Verfahrens die erstinstanzliche Entscheidung mit Rechtsausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in dem mündlichen Anhörungstermin Bezug genommen.

2. Die nach § 98 Abs. 2 Satz 1 ArbGG statthafte und nach § 98 Abs. 2 Satz 2 ArbGG zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist in der Sache unbegründet. Das Arbeitsgericht Cottbus hat im Ergebnis und in der Begründung zu Recht dem Antrag der Personalvertretung auf Einrichtung einer Einigungsstelle mit dem beantragten Regelungsgegenstand stattgegeben. Dieser Antrag der Personalvertretung erweist sich als zulässig und begründet.

2.1 Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit gegeben (2.1.1). Auch ist er nicht aus anderen Gründen unzulässig (2.1.2).

2.1.1 Die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit war für die Entscheidung über den Antrag der Personalvertretung auf Einsetzung eines Vorsitzenden der Einigungsstelle und Festlegung der Zahl der Beisitzer international zuständig.

2.1.1.1 Die internationale Zuständigkeit richtet sich - sofern sie nicht durch ein internationales Abkommen oder einen bilateralen Vertrag geregelt ist - grundsätzlich nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (BAG vom 18.04.2007 – 7 ABR 30/06 - AP Nr 1 zu § 18 EBRG, vom 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - BAGE 113, 327). Die örtliche Zuständigkeit indiziert die internationale Zuständigkeit. Dies gilt auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. Für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit ist daher § 82 ArbGG maßgeblich (BAG vom 18.04.2007 – 7 ABR 30/06 – a.a.O.).

2.1.1.1.1 Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Betrieb liegt. Der Begriff des Betriebs nach § 82 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bestimmt sich nach materiellem Betriebsverfassungsrecht (BAG 19.06.1986 - 6 ABR 66/84 - AP ArbGG 1979 § 82 Nr. 1; LAG Baden-Württemberg 7. August 2009 – 3 SHa 2/09). Das Betriebsverfassungsgesetz findet aber aufgrund der Bestimmung in § 117 Abs. 2 BetrVG auf die Angelegenheiten der Personalvertretung keine Anwendung. Daher kommt es bei der Anwendung des § 82 Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht darauf an, ob und wo die Arbeitgeberin einen Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn errichtet hat. Maßgebend für die örtliche Zuständigkeit ist vielmehr, für welchen Bereich die Personalvertretung errichtet wurde (ArbG Berlin Beschluss vom 21. Oktober 2010 - 31 BV 13906/10).

2.1.1.1.2 Daraus ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Cottbus. In dessen Zuständigkeitsbereich liegt die Base auf dem Flughafen Sch.. Die Personalvertretung wurde für diese Base errichtet. Nach § 1 Abs. 1 TV PV erstrecken sich die Aufgaben und Befugnisse der Personalvertretung auf die Base Berlin-Sch., gemäß § 1 Abs. 2 TV PV gilt der Tarifvertrag in persönlicher Hinsicht für alle Mitarbeiter des Cockpit- und Kabinenpersonals der Arbeitgeberin, die an der Base Berlin-Sch. eingesetzt sind. Die hier streitigen Angelegenheiten der Personalvertretung und der Arbeitgeberin aus dem TV PV beziehen sich damit allein auf die Base Berlin-Sch. (so schon Arbeitsgericht Berlin Beschluss vom 21.10.2010 – 31 Bv 13906/10).

2.1.1.1.3 Ob die Tarifvertragsparteien in § 72 TV PV eine anderweitige Zuständigkeitsvereinbarung in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit getroffen haben, kann im Hinblick auf den nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG nicht anfechtbaren Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin dahinstehen. Auch dann wäre die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit gegeben, da bei einer solchen Auslegung von § 72 TV PV die örtliche Zuständigkeit dem Arbeitsgericht Berlin zugewiesen worden wäre.

2.1.1.2 Vorrangige Internationale Vereinbarungen stehen dieser Zuständigkeitsbestimmung nicht entgegen. Insbesondere bestimmt sich die Internationale Zuständigkeit für das vorliegende Beschlussverfahren entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht gemäß Art 2, Art. 60 Abs. 1 a der Verordnung (EG) Nr 44/2001 v. 22.12.2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) nach dem Sitz der Beklagten. Dabei kann dahinstehen, ob der Anwendungsbereich dieser Verordnung nach Art. 1 eröffnet ist. Jedenfalls haben die Tarifvertragsparteien eine nach Art. 23 EuGVVO zulässige Gerichtsstandsvereinbarung getroffen, mit der sie die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit zugewiesen haben.

2.1.1.2.1 Die EuGVVO ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat außer Dänemark (Art. 249 Abs. 2 EG, Art. 1 Abs. 3 EuGVVO). Soweit nationale Bestimmungen der Verordnung widersprechen, werden sie durch die Verordnung verdrängt (Geimer/Schütze EuZVR 2. Aufl. A 1 - Einl. Rn. 53; BAG vom 23. Januar 2008 - 5 AZR 60/07 - Rn. 12, AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 22 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 1).

Der Anwendungsbereich der EUGVVO setzt voraus, dass es sich bei dem hier vorliegenden Streit zwischen Personalvertretung und Arbeitgeberin über die Ausübung kollektiver Mitbestimmungsrechte um eine „Zivil- oder Handelssache“ im Sinne von Art. 1 EuGVVO handeln würde, was das Arbeitsgericht mit ausführlicher Begründung verneint hat. Dabei ist dieser Begriff nach der Rspr. des EuGH, der für die einheitliche Auslegung der EuGVVO zuständig ist, als autonomer Begriff anzusehen, bei dessen Auslegung die Zielsetzungen und die Systematik dieser Verordnung sowie die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die sich aus der Gesamtheit der nationalen Rechtsordnungen ergeben, berücksichtigt werden müssen (std. Rspr. des EuGH z.B. Urteil vom 28.04.2009 – Rs C-420/07 – Apostolides; Urteil vom 15.3.2003 – Rs C-266/01 - Préservatrice foncière TIARD m.w.N.). Diese Abgrenzung der „Zivil- und Handelssachen“ von den nicht unter die EuGVVO fallenden öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten wird vom EuGH im Hinblick auf das unterschiedliche Verständnis der Mitgliedstaaten dazu, was dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, im Regelfall danach vorgenommen, ob eine der Parteien des Rechtsstreits Hoheitsrechte ausübt (vgl. z.B. EuGH vom 28.04.2009 – Rs C-420/07 – Apostolides). Dies wäre bei Rechtsstreitigkeit – wie hier - zwischen dem Arbeitgeber und den vorhandenen Arbeitnehmervertretungen über die Ausübung von Mitbestimmungsrechten aus dem Betriebsverfassungsgesetz oder vergleichbaren Regelungen grundsätzlich nicht der Fall. Da die Verordnung auch für die Verfahren vor den Arbeitsgerichten gilt, wird daher zum Teil ihr Anwendungsbereich auch für kollektivrechtliche Streitigkeiten aus dem Betriebsverfassungsrecht, dem die Regelungen des hier maßgeblichen Tarifvertrages nachgebildet sind, bejaht (so Geimer/Schütze EuZVR 3. Aufl. 2010 A 1 Art. 1 Rz. 71).

Das Arbeitsgericht Cottbus hat indes zu Recht darauf hingewiesen, dass das kollektive Arbeitsrecht nicht undifferenziert den „Zivil- und Handelssachen“ im Sinne von Art. 1 EuGVVO zugeordnet werden kann. Jedenfalls Streitigkeiten über die Wahrnehmung kollektiver Rechte wie z.B. der Mitbestimmungsrechte aus der Betriebsverfassung können bei einer nicht nur am Wortlaut haftenden Betrachtungsweise dem Anwendungsbereich des Art. 1 EuGVVO nicht zugeordnet werden (Birk „Die internationale Zuständigkeit in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten nach dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen“ in RdA 1983, 143 ff. ; Fischer „Internationales Prozessrecht für den Internationalen Betrieb in der Betriebsverfassung“ in 50 Jahre Bundesarbeitsgericht, S. 1293, 1298). Die EuGVVO regelt nach ihrem gesamten Inhalt nur solche Ansprüche, die unmittelbare schuldrechtliche Rechtsverhältnisse der Rechtspersonen zueinander betreffen. Bei der Betriebsverfassung geht es aber um die Repräsentanz und Vertretung von kollektiven Erscheinungsformen. Zudem zeigen die Spezialregelungen für die Individualarbeitsverhältnisse im 5. Abschnitt der EuGVVO, denen die betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten unzweifelhaft nicht zugeordnet werden können, dass echte kollektive Streitigkeiten zwischen Betriebsrat bzw. vergleichbaren Arbeitnehmervertretungen und Arbeitgeber nicht unter den Anwendungsbereich der EuGVVO fallen sollen (vgl.Fischer a.a.O. S. 1298).

2.1.1.2.2 Einer endgültigen Entscheidung über diese Frage bedurfte es indes nicht. Insofern schied auch eine Vorlage an den EuGH aus, der für die Auslegung des Begriffs der Zivil- und Handelssachen zuständig ist. Denn auch bei einer Anwendung der EuGVVO ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte nach § 23 EuGVVO gegeben. Die Tarifvertragsparteien haben nämlich für diese Streitigkeit in zulässiger Weise eine entsprechende Zuständigkeitsvereinbarung für die hiesige Arbeitsgerichtsbarkeit getroffen.

2.1.1.2.2.1 Nach Art. 23 EuGVVO können die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates hat, die Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedsstaates vereinbaren. Die in Art. 23 EuGVVO geforderte Einigung ist erzielt, wenn die Regelung, welche die besondere gerichtliche Zuständigkeit begründen soll, Gegenstand einer Willenseinigung zwischen den Parteien war und dies klar und deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Die Formerfordernisse, die Art. 23 Abs. 1 Satz 2 insoweit aufstellt, sollen gewährleisten, dass die Einigung zwischen den Parteien tatsächlich feststeht (EuGH Urteil v. 9.11.2000 Rs C 387/98 – Coreck Maritime GmbH/Handelsveem BV u.a. - NJW 2001, 501; BGH v. 09.03.1994 - VIII ZR 185/92 – NJW 1994, 2699 noch zu Art 17 EuGVÜ). Die Vereinbarung muss dabei nicht ausdrücklich getroffen werden. Es reicht z.B. auch aus, wenn in den Formen des Art. 23 EUGVVO auf Allgemeine Geschäftsbedingungen verwiesen wird, die ihrerseits eine Gerichtsstandsklausel enthalten (BGH vom 9.3.1994 – VIII ZR 185/92 a.a.O.) oder wenn die Klausel nur die objektiven Kriterien nennt, über die sich die Parteien bei der Bestimmung des Gerichts oder der Gerichte, die über ihre bereits entstandenen oder künftigen Rechtsstreitigkeiten entscheiden sollen, geeinigt haben (EuGH Urteil v. 9.11.2000 Rs C 387/98 – Coreck Maritime GmbH/Handelsveem BV u.a.).

Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung ist auch zugunsten eines Dritten als Erweiterung von dessen Klagemöglichkeiten zulässig (Geimer/Schütze EuZVR 3. Aufl. 2010 A 1 Art 23 Rz. 205), wobei der Beklagte an der Zuständigkeitsvereinbarung beteiligt gewesen sein muss, weil seine Gerichtspflichtigkeit nicht gegen seinen Willen erweitert werden kann. Daneben ist auch die Begründung eines Anspruchs durch Vertrag zugunsten eines Dritten mit der Maßgabe möglich, dass dieser Anspruch nur vor einem bestimmten Gericht eingeklagt werden kann. Der materiellrechtliche Anspruch besteht dann nur mit der „Einschränkung“, dass er „nur“ vor dem forum prorogatum einklagbar ist. Hier ist dem Anspruch die Gerichtsstandsabrede inhärent, so dass der Dritte hieran gebunden ist, sofern die Gerichtsstandsklausel nicht erst nach Entstehen der Rechte des Dritten vereinbart wurde (Geimer/Schütze a.a.O. Rz. 205).

2.1.1.2.2.2 Nach diesen Maßstäben sind die tariflichen Regelungen als eine solche Gerichtsstandsvereinbarung auszulegen. Die Tarifvertragsparteien haben dort die Rechte und Pflichten der Betriebsparteien zueinander festgelegt und zugleich bestimmt, dass diese vor den deutschen Arbeitsgerichten geltend zu machen sind. Sie haben damit auch unter Wahrung der in Art. 23 EuGVVO vorgesehenen Formalien im Tarifvertrag eine Vereinbarung über die Internationale Zuständigkeit getroffen und diese der Deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit zugewiesen.

Die formellen Voraussetzungen der EuGVVO sind jedenfalls gewahrt, da der Tarifvertrag von beiden Seiten eigenhändig unterschrieben und die die internationale Zuständigkeit begründenden Vereinbarungen aus dem von den Unterschriften abgedeckten Text klar und deutlich zum Ausdruck gekommen sind.

Die Tarifvertragsparteien haben auf der Grundlage des Tarifvertrages vom 11. Mai 2010 die Personalvertretung für den Flugbetrieb in Sch. ins Leben gerufen und deren Verhältnis zur Arbeitgeberin nach deutschem Recht geregelt. Sie haben dabei für die Rechte und Pflichten der Betriebsparteien zueinander deutsches Recht vereinbart und zugleich für sich daraus ergebende Konflikte das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren in Bezug genommen. Bereits im Eingangssatz verweisen die Tarifvertragsparteien als Grundlage für die Einrichtung der Personalvertretung auf das Betriebsverfassungsgesetz, nämlich § 117 Abs. 2. Auch die folgenden Regelungen greifen das Betriebsverfassungsgesetz auf, indem sie entweder ausdrücklich von ihm abweichen wie z.B. in § 3 Abs. 1 hinsichtlich der Zahl der Mitglieder der Personalvertretung (“Die Personalvertretung besteht abweichend von den Schwellenwerten des § 9 BetrVG aus …) oder in § 4 hinsichtlich des Zeitpunkts der Personalvertretungswahlen („abweichend von den Regelungen des § 13 BetrVG...“) oder aber dessen Regelungen in Bezug nehmen bzw. diese mehr oder weniger wortgleich übernehmen (vgl. nur beispielsweise § 6, § 14 „Verletzung gesetzlicher Pflichten“, § 42 Abs. 1 „Mitbestimmungsrechte“, § 54 „Mitbestimmung bei personellen Angelegenheiten“, § 55 „Vorläufige personelle Maßnahmen“, § 56 „Anrufung des Arbeitsgericht“, § 57 „Mitbestimmung bei Kündigungen“, § 62 „Betriebsänderung“, § 63 „Interessenausgleich, Sozialplan“). Schon diese Regelungen, die offensichtlich das deutsche Betriebsverfassungsrecht widerspiegeln, legen eine entsprechende Zuständigkeitsvereinbarung nahe.

Auch die Konfliktmechanismen, die die Tarifvertragsparteien für Streitigkeiten zwischen den Betriebsparteien vorgesehen haben, entsprechen denen des Betriebsverfassungsgesetzes. So ist in Rechtsstreitigkeiten die Entscheidung des „Arbeitsgerichts“ vorgesehen, in Regelungsstreitigkeiten die Einigungsstelle (§ 30, § 42 Abs. 2, § 63). Hier deutet bereits der Wortlaut des Tarifvertrages auf die Vereinbarung der Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte hin. So heißt es in der deutschen Fassung zwar „Arbeitsgericht“, womit theoretisch auch ein englisches Arbeitsgericht gemeint sein könnte. Die englische Fassung verwendet indes nicht den für die englischen Arbeitsgerichte geltenden Fachbegriff „employment tribunal“ (vgl. Employment Rights (Dispute Resolution) Act 1998), sondern die für alle Arbeitsgerichte gültige Übersetzung „labour court“.

Für die hier vorgenommene Auslegung des Tarifvertrages spricht aber insbesondere der im Tarifvertrag mit seinen Parallelen zum Betriebsverfassungsgesetz vorgenommene Verweis auf das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren. So wird der Personalvertretung, der es an sich an einer Rechtsfähigkeit fehlt, eine Beteiligtenstellung nach den §§ 80 ff. ArbGG eingeräumt. Ihr wird zum einen das Recht eingeräumt, das Arbeitsgericht anzurufen, zum anderen kann sie aber auch quasi „Gegnerin“ eines arbeitgeberseitigen Antrages sein. Weiterhin haben die Tarifvertragsparteien mit der § 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nachgebildeten Regelung zur Entscheidung über den Vorsitzenden der Einigungsstelle zugleich auch das Verfahren nach § 98 ArbGG ebenso in Bezug genommen wie mit den dem Betriebsverfassungsgesetz nachgebildeten Verfahren zur Zustimmungsersetzung bei personellen Einzelmaßnahmen, den vorläufigen personellen Einzelmaßnahmen (§§ 56 und 57 TV) und den Regelungen zur Zustimmungsersetzung bei außerordentlichen Kündigungen von Mitgliedern der Personalvertretung.

Eine solche Bezugnahme macht indes nur Sinn, wenn auch die Internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit zugewiesen sein soll. Denn läge die Zuständigkeit bei dem für den Sitz der Arbeitgeberin zuständigen englischen Arbeitsgericht, kämen all diese Vereinbarungen nicht zum Tragen. Denn das englische Arbeitsgericht müsste für das Verfahren sein nationales Prozessrecht anwenden, nicht das deutsche arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren. Die Parteien können sich nur im Rahmen des materiellen Rechts über das maßgebliche Recht einigen, nicht über das vor einem staatlichen Gericht anwendbare Prozessrecht. Damit wäre aber der Personalvertretung, der keine Rechtspersönlichkeit zukommt, der Weg zum Arbeitsgericht, so wie er im Tarifvertrag vorgesehen ist, von vorneherein versperrt. Dass dies von den Tarifvertragsparteien nach den gesamten Regelungen des Tarifvertrages nicht gewollt ist, liegt auf der Hand.

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die Wahl der für die Auslegung des Tarifvertrages maßgeblichen deutschen Version des Vertragstextes auf eine solche Zuständigkeitsregelung ebenso wie die Festlegung der drei in Frage kommenden Vorsitzenden, die alle dem Arbeitsgericht Berlin bzw. dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg angehören, auf eine entsprechende Regelung der Tarifvertragsparteien hinweist. Auch die in § 72 TV PV getroffene Gerichtsstandsvereinbarung zeigt, unabhängig von der Frage, ob sich diese nur auf Streitigkeiten der Tarifvertragsparteien beziehen soll oder eine – bei Anwendung der EuGVVO den Regelungen der ZPO und des ArbGG vorgehende - örtliche Gerichtsstandsvereinbarung für die Streitigkeiten zwischen Personalvertretung und Arbeitgeberin sein soll, dass die Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag insgesamt der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit unterstellen wollten.

2.1.1.2.2.3 Aus diesen Gründen ist auch bei Anwendung der EuGVVO von einer Zuständigkeit der hiesigen Arbeitsgerichtsbarkeit aufgrund einer entsprechenden Gerichtsstandsvereinbarung auszugehen. Diese Vereinbarung war zulässig. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin stellt der Tarifvertrag – wie schon der Begriff zeigt - eine einvernehmliche Regelung dar. Die evtl. mögliche Durchsetzung solcher Tarifverträge mit Arbeitskampfmaßnahmen schränkt den Vertragscharakter nicht ein. Sie stellt nur das Gleichgewicht der Verhandlungspartner her. Die Arbeitgeberin, deren Gerichtsstand für das vorliegende Verfahren in Abweichung von Art. 2 EuGVVO geregelt wird, war auch selbst an der Vereinbarung beteiligt. Dass die Personalvertretung an der Vereinbarung nicht beteiligt war, ist unschädlich. Die Personalvertretung ist nämlich erst auf der Grundlage des Tarifvertrages gewählt worden. Ihre Rechte und Pflichten wurden nach diesem Tarifvertrag und damit zugleich mit der Maßgabe begründet, dass sie nur vor den deutschen Arbeitsgerichten geltend gemacht werden können. Im Übrigen handelt es sich insoweit um eine für die Personalvertretung offensichtlich günstigere Regelung, da schon aufgrund des maßgeblichen Verfahrensrechts eine sinnvolle Geltendmachung vor den englischen Arbeitsgerichten ausscheidet.

2.1.2 Der Antrag der Personalvertretung ist auch nicht aus anderen Gründen unzulässig.

2.1.2.1 Die Personalvertretung ist in dem Beschlussverfahren gemäß § 10 ArbGG beteiligtenfähig. Zwar ist sie keine unmittelbar nach dem Betriebsverfassungsgesetz oder einer dazu ergangenen Rechtsverordnung gebildete Stelle. Ihre Errichtung beruht jedoch auf einem durch § 117 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zugelassenen Tarifvertrag. Die danach gebildeten Vertretungen sind im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren beteiligtenfähig (BAG vom 22.11.2005 – 1 ABR 49/04 - AP Nr 7 zu § 117 BetrVG 1972; 5. November 1985 - 1 ABR 56/83 - AP BetrVG 1972 § 117 Nr. 4)

2.1.2.2 Der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Aus ihm ergibt sich hinreichend konkret der Regelungsgegenstand über den die Einigungsstelle verhandeln soll, nämlich eine Betriebsvereinbarung im Sinne von § 42 Abs. 1 Nr 5 TV PV über die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und eines Urlaubsplans. Der Einwand der Arbeitgeberin, im Hinblick auf die Regelung in § 42 Abs. 3 des Tarifvertrages bedürfe der Antrag einer weitergehenden Einschränkung, greift nicht. Abgesehen davon, dass die Regelung entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nicht einschränkt (s.u.), könnte ein solches Verständnis von § 42 Abs. 3 TV PV allenfalls dazu führen, den Antrag teilweise oder insgesamt abzuweisen, weil die Regelungskompetenz der Einigungsstelle in der Sache nicht gegeben wäre. Ob und inwieweit die Einigungsstelle ihrerseits entgegenstehende unternehmensweite Regelungen zu berücksichtigen hat, liegt in der Kompetenz der Einigungsstelle.

2.1.2.3 Der Antrag ist auch nicht mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, weil es an den notwendigen Verhandlungen fehlen würde.

Ein Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle kann dann unzulässig sein, wenn zuvor nicht einmal der Versuch einer Einigung unter den Betriebspartnern unternommen wird. Allerdings dürfen die Anforderungen an das Verhandeln nicht überspannt werden. Für die Bejahung des Rechtschutzinteresses ist es nicht erforderlich, dass die Betriebsparteien schon ernsthaft, aber erfolglos verhandelt haben. Vielmehr ist dem Beschleunigungszweck des § 98 ArbGG Rechnung zu tragen, wonach beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung stehen soll. Insofern reicht es aus, wenn eine der Betriebsparteien aufgrund des bisherigen Verhaltens der anderen Seite die weitere Führung von Verhandlungen für aussichtslos hält, das Scheitern der Verhandlungen erklärt und die Einigungsstelle anruft. Andernfalls läge es in der Hand der verhandlungsunwilligen Partei, die Einsetzung einer Einigungsstelle längere Zeit zu blockieren (LAG Hamm vom 11.02.2008 – 10 TaBV 141/07 in juris; LAG Baden-Württemberg 16.10.1991 - 12 TaBV 10/91 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 21).

Nach diesen Grundsätzen kann das Rechtsschutzinteresse nicht verneint werden. Die Personalvertretung hat ernsthafte Versuche der innerbetrieblichen Einigung über den Regelungsgegenstand unternommen, die auf Seiten der Arbeitgeberin auf keine Verhandlungsbereitschaft gestoßen sind. Dabei kann dahinstehen, ob zwischen den Betriebsparteien bereits seit Juni 2010 Gespräche über die Urlaubsplanung stattgefunden haben, wovon das Arbeitsgericht ausgegangen ist. Denn auch nach dem von der Arbeitgeberin vorgetragenen zeitlichen Ablauf ab dem 16.09.2010 lässt sich eine Verhandlungsbereitschaft der Arbeitgeberin über den hiesigen Streitgegenstand nicht erkennen. So hat die Arbeitgeberin mit ihrer Mail vom 22.09.2009 betriebliche Regelungen unter Hinweis auf unternehmensweite Regelungen zunächst abgelehnt. Auch der Schlusssatz deutet nicht wirklich auf eine Verhandlungsbereitschaft hin. Auf den Entwurf einer Betriebsvereinbarung seitens der Personalvertretung hat die Arbeitgeberin nicht weiter reagiert und etwa die Verhandlungen darüber eröffnet. Vielmehr hat sie in ihrer Mail vom gleichen Tag, die zeitlich kurz davor lag, zwar einen Gesprächstermin vorgeschlagen, dafür aber der Personalvertretung nur ein Fragerecht, nicht eine Verhandlungsmöglichkeit eingeräumt („This would enable you to ask questions around what is and what is not possible in terms of leave…“).

Die Arbeitgeberin kann sich nicht darauf berufen, die Personalvertretung habe ihr für ernsthafte Verhandlungen eine zu kurze Frist gesetzt. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Frist im Hinblick auf die kurze Zeit, die für den Abschluss von Vereinbarungen zur Urlaubsplanung verblieb, gerechtfertigt war. Die Arbeitgeberin hatte es zudem in der Hand, ihrerseits durch entsprechende Erklärungen und Vorschläge die Verhandlungen zu eröffnen, was sie indes nicht getan hat.

Bei dieser Sachlage durfte die Personalvertretung die Verhandlungen für gescheitert ansehen, die Einigungsstelle anrufen, und da eine Einigung darüber offensichtlich nicht zu erzielen war, das Arbeitsgericht anrufen. Die Einschätzung der Personalvertretung wird durch den weiteren Verlauf bestätigt. Den Beteiligten ist es bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht gelungen eine Einigung zu erzielen, vielmehr hat die Arbeitgeberin im Verfahren die Zuständigkeit der Einigungsstelle mit dem Hinweis gerügt, der Personalvertretung stehe im Hinblick auf die tariflichen Regelungen in Bezug auf die Urlaubsgrundsätze kein Initiativrecht zu. Hier kann der Personalvertretung für ihren Antrag nicht das Rechtsschutzinteresse abgesprochen werden.

Unbeachtlich ist, dass die Arbeitgeberin im Laufe des Verfahrens einen Entwurf zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung vorgelegt hat. Dies führt nicht zum Wegfall des Rechtschutzinteresses (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 16.10.1991 - 12 TaBV 10/91 – a.a.O.). Dem Vortrag der Personalvertretung, die Arbeitgeberin habe diesen Entwurf mit dem Bemerken übersandt, Verhandlungen darüber seien nicht möglich, musste nicht nachgegangen werden.

2.1.2.4 Der Antrag der Personalvertretung ist auch nicht deshalb unzulässig, weil der Einleitung des gerichtlichen Beschlussverfahrens ein unwirksamer Beschluss zugrunde liegen würde.

2.1.2.4.1 Mit der Rechtsprechung des BAG (vgl. z.B. BAG vom 06.12.2006 – 7 ABR 62/05 - AP Nr 5 zu § 21b BetrVG 1972 m.w.N.) ist davon auszugehen, dass zur Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens und zur Beauftragung eines Rechtsanwalts ein ordnungsgemäßer Beschluss des Betriebsrats erforderlich ist. Ist die Beschlussfassung unterblieben oder fehlerhaft erfolgt, ist der Betriebsrat in dem Beschlussverfahren nicht wirksam vertreten und ein Prozessrechtsverhältnis kommt nicht zustande. Der für den Betriebsrat gestellte Antrag ist als unzulässig abzuweisen (BAG 18. Februar 2003 - 1 ABR 17/02 - BAGE 105, 19; vom 19. Januar 2005 - 7 ABR 24/04 – n.v.). Der Nachweis über die bis zum Zeitpunkt der Prozessentscheidung erfolgte Beschlussfassung kann noch im Rechtsmittelverfahren geführt werden (BAG v. 06.12.2006 – 7 ABR 62/05 – a.a.O.). Nicht jeder Mangel in der Beschlussfassung führt zur Unwirksamkeit. Sie ist nur bei groben Verstößen gegen Vorschriften und Grundsätze gegeben, deren Beachtung unerlässliche Voraussetzung einer Beschlussfassung sind.

2.1.2.4.2 Diese Grundsätze sind auch auf die Personalvertretung anwendbar. Die Tarifvertragsparteien haben in §§ 17, 22 TV PV mit dem Betriebsverfassungsgesetz vergleichbare Regelungen zur Beschlussfassung und der Vertretungsbefugnis des Vorsitzenden ausschließlich im Rahmen der Beschlussfassung des Gremiums getroffen.

2.1.2.4.3 Fehler, die Auswirkungen auf die Zulässigkeit des Antrages hätten, lagen indes nicht vor. Das Arbeitsgericht ist mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass das Beschlussverfahren wirksam eingeleitet und der Verfahrensbevollmächtigten wirksam Prozessvollmacht erteilt wurde.

Die außerordentlichen Sitzungen am 23.09.2010/24.09.2010, in der der entsprechende Beschluss getroffen wurde, wurden bereits in der Sitzung vom 7. September 2010 mit den Stimmen aller Mitglieder der Personalvertretung festgelegt. Soweit in dem Protokoll für den 24.09.2010 eine außerordentliche Sitzung des Wirtschaftsausschusses vorgesehen ist, ist dies unschädlich, da insoweit Identität der beiden Gremien besteht (§ 61 TV PV). Damit entfällt die Rüge der Arbeitgeberin, der Vorsitzende könne nach den tariflichen Regelungen keine außerordentliche Sitzung einberufen. Die Einladung zu diesen Sitzungen erfolgte rechtzeitig an alle Mitglieder der Personalvertretung per Mail vom 20. September 2010 unter Mitteilung der Tagesordnung. Dies war schon deshalb rechtzeitig, da ihnen bereits aufgrund des Beschlusses vom 7. September 2010 der Zeitpunkt der Sitzungen bekannt war. Es sind auch alle Mitglieder erschienen.

Weiterhin wurde auch der hier im Streit stehende Tagesordnungspunkt den Teilnehmern rechtzeitig und ordnungsgemäß bekannt gegeben. Der Einladung vom 20.09.2010 war die maßgebliche Tagesordnung, für die auf Bl. 186 d.A. Bezug genommen wird, beigefügt. Dabei war der Tagesordnungspunkt „Betriebsvereinbarung Urlaub“ hinreichend konkret bestimmt, um die Teilnehmer ausreichend zu informieren und ihnen die Vorbereitung zu diesem Tagesordnungspunkt zu ermöglichen. Einer detaillierten Darstellung des Themas bedurfte es nicht, zumal die Teilnehmer aufgrund der vorangegangenen Sitzungen (vgl. Protokoll vom 14. Juli 2010 Bl. 416 ff. d.A.) über die anstehende Problematik informiert waren. Auch war es nicht erforderlich, bereits in der Tagesordnung einen konkreten Antrag zu formulieren, über den in der Sitzung beschlossen werden soll (vgl. BAG vom 1.10.1991 – 1 ABR 81/90 –in juris -). Die Einladung machte jedem Personalvertretungsmitglied deutlich, dass auf der Sitzung die Vorgehensweise und die im Zusammenhang mit einer Betriebsvereinbarung Urlaub zusammenhängenden Fragen behandelt werden sollen. Die konkrete Entscheidung darüber, was und wie zu unternehmen ist, ist dann das Ergebnis der Sitzung und muss nicht bereits vom Vorsitzenden vorweggenommen werden.

Zudem wurde die Tagesordnung ausweislich des Protokolls von allen Mitgliedern genehmigt. Damit waren etwaige Mängel in der Einladung geheilt.

Die Beschlussfassung ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Der Beschluss wurde mit den Stimmen aller anwesenden Mitglieder getroffen. Dass ein Mitglied die Sitzung zu diesem Zeitpunkt verlassen hat, ist unschädlich. Es war nicht erkennbar, dass dies dem Vorsitzenden so rechtzeitig mitgeteilt worden wäre, dass dieser ein Ersatzmitglied für diesen Teil der Sitzung hätte laden können.

Der Beschluss ist auch nicht deshalb unzulässig, weil schon im Vorfeld für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen die Einleitung des Beschlussverfahrens beschlossen und die Verfahrensbevollmächtigte damit beauftragt wurde. Die dafür erforderlichen Bedingungen waren eindeutig durch das Gremium festgelegt. Voraussetzung für das Scheitern der Verhandlungen war eine fehlende Einigung bis zum 29.09.2010. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, war durch den Vorsitzenden einfach und ohne eigenen Entscheidungsspielraum feststellbar ebenso wie die weitere Voraussetzung, nämlich das fehlende Einverständnis der Arbeitgeberin zur Bildung einer Einigungsstelle.

2.1.3 Aus diesen Gründen lagen die Voraussetzungen für einen zulässigen Antrag der Personalvertretung vor.

2.2 Der Antrag der Personalvertretung auf Entscheidung über die Besetzung der Einigungsstelle ist in der Sache auch begründet. Das Arbeitsgericht hat mit ausführlicher und überzeugender Begründung, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, die Einigungsstelle nicht für offensichtlich unzuständig gehalten.

2.2.1 Nach § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG kann ein Antrag auf Bestellung des Vorsitzenden der Einigungsstelle und Festlegung der Zahl der Beisitzer nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand subsumieren lässt (Germelmann ArbGG § 98 Rz. 8).

Dieser Maßstab ist auch auf die im Tarifvertrag unter § 30 Abs. 2 Satz 3 geregelte Entscheidung des Arbeitsgerichts zur Bestellung der Einigungsstelle anzuwenden. Diese Regelung greift die in § 76 BetrVG vorgesehene Entscheidungsbefugnis der Arbeitsgerichte auf, ohne dass die Tarifvertragsparteien einen anderen Beurteilungsmaßstab vereinbart hätten. Für die Bestellung des Vorsitzenden der Einigungsstelle gilt aber das Verfahren nach § 98 ArbGG und damit der Beurteilungsmaßstab nach § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG.

2.2.2 Im vorliegenden Fall war die Einigungsstelle insbesondere nicht deshalb offensichtlich unzuständig, weil – wie die Arbeitgeberin meint – der Personalvertretung nach § 42 Abs. 3 TV PV kein Initiativrecht zustünde.

2.2.2.1 Nach § 42 Abs. 1 Nr 5 TV PV hat die Personalvertretung bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und eines Urlaubsplans mitzubestimmen. Was Mitbestimmung im Sinne dieser Norm bedeuten soll, regelt zum einen § 42 Abs. 2 TV PV, der ebenso wie der Absatz 1 mit der wortgleichen Wiedergabe der Mitbestimmungstatbestände, § 87 BetrVG nachgebildet ist. Danach entscheidet die Einigungsstelle, sofern eine Einigung nicht zustande kommt. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Zustimmung zwischen Arbeitgeber und Personalvertretung. Zum anderen sieht § 30 Abs. 3 TV PV für diesen Fall vor, dass die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig wird.

Soweit sich aus dem Gegenstand der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG keine Beschränkungen ergeben, beinhaltet Mitbestimmung nach § 87 BetrVG aber gleiche Rechte für beide Teile mit der Folge, dass sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat die Initiative für eine erstrebte Regelung ergreifen und zu deren Herbeiführung erforderlichenfalls die Einigungsstelle anrufen können, (vgl. BAG vom 28.11.1989 - 1 ABR 97/88 - BAGE 63, 283-292; BAG v. 21.07.2009 – 1 ABR 42/08 - DB 2009, 1993-1995). Dies gilt auch für die der Personalvertretung eingeräumten identischen Mitbestimmungsrechten. Die Gleichberechtigung der Betriebsparteien bei der Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte zeigt sich insbesondere auch daran, dass beiden Seiten, also auch der Personalvertretung der Weg der Einigungsstelle eröffnet wird.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Regelungen des Tarifvertrages. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien den Mitbestimmungskatalog des § 87 BetrVG und die Regelung zur Einigungsstelle in § 42 Abs. 1 und 2 TV PV wortgleich übernommen. Sie haben diesen Mitbestimmungsrechten keinen eigenständigen tariflichen Inhalt beigemessen. Mit der Wiederholung bzw. im Falle der Abänderung der ausdrücklichen Abgrenzung zum Betriebsverfassungsgesetz im gesamten Tarifvertrag haben die Tarifvertragsparteien deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Vergleichs- und Auslegungsmaßstab das Betriebsverfassungsgesetz sein soll, sofern sich aus dem Tarifvertrag nicht anderweitige Regelungen ergeben. Sie haben damit aber auch deutlich gemacht, dass sie diesen Mitbestimmungsrechten die gleiche Wirkung beimessen wie den Mitbestimmungsrechten nach § 87 BetrVG.

2.2.2.2 Eine Einschränkung des Mitbestimmungsrechts der Personalvertretung folgt – entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin – weder aus § 42 Abs. 3 TV PV noch aus der Präambel zum Tarifvertrag, in der auf die „E. Values“ Bezug genommen wird.

Das Arbeitsgericht hat die Regelung zu § 42 Abs. 3 TV PV in zutreffender Weise dahingehend ausgelegt, dass der Sinn dieser Regelung darin besteht, dass die bereits bei der Arbeitgeberin bestehenden Einrichtungen und Verfahren übergangsweise – bis es zu einer anderweitigen Regelung kommt – bestehen bleiben, also die Arbeitgeberin nach den bisher bestehenden Regelungen vorgehen kann, ohne ihrerseits für alle mitbestimmungspflichtigen Tatbestände ihr Initiativrecht ausüben zu müssen, um ein mitbestimmungswidriges Verhalten, das Unterlassungsansprüche der Personalvertretung auslösen könnte, zu vermeiden. Eine solche Übergangsregelung ist insbesondere im Hinblick z.B. auf möglicherweise bei der Arbeitgeberin anfallende Überstunden etc. nicht überflüssig. Die sich aus der Formulierung „bis auf weiteres“ ergebende zeitliche Begrenzung macht deutlich, dass diese bestehenden Einrichtungen und Verfahren einer Abänderung durch die Betriebsparteien zugänglich sind. Dazu bedarf es nicht erst einer maßgeblichen Änderung der Einrichtungen und Verfahren durch die Arbeitgeberin, um ein Initiativrecht der Personalvertretung zu eröffnen. In einem solchen Fall wäre es ohnehin die Arbeitgeberin, die die Verhandlungen vorher mit der Personalvertretung abschließen müsste. Für ein sinnvolles Initiativrecht seitens der Personalvertretung ist in diesen Konstellationen kaum Raum.

Dass die Tarifvertragsparteien der Personalvertretung ein Initiativrecht nur dann einräumen wollten, wenn die Arbeitgeberin ihre Einrichtungen und Verfahren wesentlich ändern will, folgt auch nicht aus § 42 Abs. 3 Satz 3 und 4 TV PV. Gerade mit dem Einleitungswort „Gleiches gilt…“ bringen die Tarifvertragsparteien nur zum Ausdruck, dass auf turnusmäßige Anpassungen an technische Gegebenheiten, die keine wesentlichen Änderungen in den Auswirkungen auf die Arbeitnehmer zur Folge haben, die Regelungen in Satz 1 und 2 zur Anwendung kommen, also solche Anpassungen auf der Grundlage bestehender Verfahren von der Arbeitgeberin vorgenommen werden können, ohne zuvor mit der Personalvertretung eine Einigung zu erzielen. Dies schließt indes Änderungen der bestehenden Verfahren auch auf Initiative der Personalvertretung nicht aus. Ein anderes Verständnis der Mitbestimmungstatbestände würde auch in Anbetracht der kurzen Laufzeit des Tarifvertrages bis zum 31.12.2012 wenig Sinn machen.

2.2.2.3 Den in der Präambel zum Tarifvertrag in Bezug genommenen „E. Values“ vermochte das Beschwerdegericht ebenfalls keine Einschränkung des hier im Streit stehenden Mitbestimmungsrechts entnehmen. Die Arbeitgeberin wird nicht ernsthaft aus diesen Grundsätzen entnehmen wollen, dass die Tarifvertragsparteien der Personalvertretung eine nur sehr eingeschränkte Verhandlungskompetenz für den Mitbestimmungskatalog einräumen wollten. Dagegen steht schon die Betonung der Bedeutung der Mitarbeiter und deren Meinung in diesen Grundsätzen (vgl. dort Unterpunkt „People Agenda“). Die auf der Grundlage des Tarifvertrages gewählte Personalvertretung repräsentiert indes genau diese Mitarbeiter.

Auch die von der Arbeitgeberin angeführten Kostengesichtspunkte schließen nicht von vorneherein ein Initiativrecht der Personalvertretung aus. Es steht nicht schon vor Abschluss entsprechender Regelungen fest, dass die auf Initiative der Personalvertretung abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen zu höheren Kosten führen würden als die bestehenden Regelungen.

2.2.3 War die Einigungsstelle aber nicht offensichtlich unzuständig, war dem Antrag der Personalvertretung stattzugeben. Gegen die Person des vorgeschlagenen Vorsitzenden bestanden keine Einwände. Er war einer der drei Personen, die die Tarifvertragsparteien bis zu einer anderweitigen Vereinbarung als Vorsitzenden vorgesehen haben. Die Person ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Die Zahl der Beisitzer ergibt sich ebenfalls aus den tariflichen Regelungen in § 30 Abs. 2 Satz 5 TV.

3. Aus diesen Gründen war die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus zurückzuweisen.

4. Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da das Beschlussverfahren gerichtskostenfrei ist.