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Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen; Phönix-Insolvenz; Sonderzahlung 2010; ernstliche Zweifel; Altkredit; Anknüpfung an Jahresbeitrag; Kreditvertrag; rechtmäßige Kreditaufnahme; Ermächtigung zur Kreditaufnahme; etwaiger Verstoß gegen Haushaltsrecht; Budgethoheit des Parlaments; Haushaltsbewilligungsrecht; außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung; unbillige Härte; (kein) Erstattungsrisiko


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 19.12.2013
Aktenzeichen OVG 1 S 113.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 80 Abs 2 S 1 Nr 1 VwGO, § 8 Abs 4 EAEG, § 8 Abs 6 EAEG, § 8 Abs 8 EAEG, §§ 1ff KredAnstWiAWPHEV, Art 110 GG

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 727.819,32 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das für die Prüfung des Oberverwaltungsgerichts nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO maßgebliche Beschwerdevorbringen rechtfertigt eine Änderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine mit Bescheid der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) vom 30. August 2010 zu ihren Lasten festgesetzte Sonderzahlung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) in Höhe von 2.911.277,27 €. Ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit Bescheid vom 16. Februar 2011 ab. Das Verwaltungsgericht hat die Anordnung der gemäß § 8 Abs. 9Satz 3 EAEG, §80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung des (noch nicht beschiedenen) Widerspruchs der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 9. September 2010 mit dem Beschluss vom 25. Juli 2012 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Antrag sei nach dem Maßstab des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO unbegründet. Die Vollziehung des Sonderzahlungsbescheides führe zum einen nicht zu einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte für die Antragstellerin. Zum anderen bestünden auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides. Die Erhebung der streitigen Sonderzahlung finde ihre Rechtsgrundlage - wie von der Kammer bereits im Beschluss vom 12. Juli 2012 - VG 4 L 88.12 - dargetan- in § 8 Abs. 4 Satz 2 EAEG. Die Höhe der Sonderzahlung beurteile sich nach § 8 Abs. 6 Satz 1 EAEG; diese Norm sei hinreichend bestimmt. Auch der Einwand, der nicht bestandskräftige Jahresbeitragsbescheid sei wegen der Berücksichtigung von Bruttoprovisionserträgen aus der Verwaltung fremder Sondervermögen rechtswidrig, führe die Antragstellerin nicht zum Erfolg. Denn es sei unbedenklich, dass die Sonderzahlung an den noch nicht bestandskräftigen Jahresbeitragsbescheid für 2009 anknüpfe. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, böte der Vortrag der Antragstellerin keinen Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs insgesamt anzuordnen. Es fehle hier an jeder Konkretisierung, in welchem Umfang die Antragstellerin Bruttoprovisionserlöse aus der Verwaltung fremder Sondervermögen erzielt habe. Auch wenn man dies nicht für hinderlich halten wollte, scheitere das Begehren der Antragstellerin insoweit an der durch die 4. Änderungsverordnung vom 17. August 2008 (BGBl. I, 2881) geänderten Rechtslage in § 2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 6 der Verordnung über die Beiträge zu der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (EdW-Beitragsverordnung – EdWBeitrV).

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin das vorläufige Rechtsschutzbegehren weiter. Sie macht geltend: Das bestehende Prozess- und Kostenrisiko begründe eine unbillige Härte für sie. Denn das Verwaltungsgericht beantworte die Frage nicht, wer das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin zu tragen habe. Es sei nicht geklärt, wie die Antragstellerin im Falle ihres Obsiegens im Widerspruchs- oder Hauptsacheverfahren ihr Geld zurückbekomme. Insoweit bestünden mehrere denkbare Ansätze - beispielsweise eine nur quotale Befriedigung der entschädigungsberechtigten Anleger sowie der rückforderungsberechtigten Wertpapierhandelsunternehmen unmittelbar durch die Antragsgegnerin oder eine vollständige Befriedigung aller Gläubiger durch den Bund -, ohne dass klar sei, welchem der Vorzug gebühre. Zudem überzeugten die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Bestehen einer wirksamen Rechtsgrundlage für die Kreditaufnahme nicht. Dabei könne offenbleiben, ob es überhaupt angehe, Sonderzahlungen zur Refinanzierung eines bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 25. Juni 2009 aufgenommenen Kredits zu erheben. Jedenfalls könne ein mit Sonderzahlungen refinanzierbarer Kredit im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 EAEG nur ein rechtmäßig aufgenommener, dass heißt von einer gesetzlichen Ermächtigung gedeckter Kredit sein. Daran fehle es in Bezug auf den am 18./19. Dezember 2008 aufgenommenen Kredit der Antragsgegnerin. Mangels hinreichender Bestimmtheit könne nämlich § 8 Abs. 2 Satz 4 EAEG in der seinerzeit geltenden Fassung keine wirksame Rechtsgrundlage für die Kreditaufnahme der Antragsgegnerin darstellen. Das Verwaltungsgericht Berlin habe zu dieser früheren Rechtslage bereits in seinem Beschluss vom 17. September 2008 - VG 1 A 74.08 - festgestellt, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmtheit der Beitragsregelungen einschließlich der Verordnungsermächtigung bestehen, soweit es die Alternative Sonderbeitragserhebung und Kreditaufnahme für die Finanzierung von Entschädigungsansprüchen angeht, für die die Mittel der Entschädigungseinrichtung nicht ausreichen. Das Fehlen einer wirksamen gesetzlichen Ermächtigung zur Kreditaufnahme führe zu einem Verstoß gegen Art. 115 GG in der damals geltenden Fassung. Hinzu komme, dass der Kredit unter Verstoß gegen das Haushaltsrecht gewährt worden sei. So habe das Bundeshaushaltsgesetz 2008 keine Kreditaufnahmeermächtigung für die Antragsgegnerin oder eine spezifische Kreditvergabeermächtigung für den Bund bzw. das Bundesministerium der Finanzen vorgesehen. Der Deutsche Bundestag und dessen Haushaltsausschuss seien bei der Kreditgewährung an die Antragsgegnerin umgangen worden. Das gewährte Darlehen sei auf der Grundlage einer außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigung gewährt worden. Insgesamt sei der Kreditvertrag damit unter Verletzung der Budgethoheit und des Haushaltsbewilligungsrechts des Deutschen Bundestages geschlossen worden, was sowohl dem Bund, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen, als auch der Antragsgegnerin bekannt gewesen sei. Weil das im Grundgesetz verankerte Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments nicht nur der Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Legislative und Exekutive, sondern gleichzeitig der Konkretisierung des Demokratie- und auch des Rechtsstaatsprinzips und damit den Interessen der Allgemeinheit sowie der einzelnen Bürger diene, müsse ein Verstoß hiergegen die Nichtigkeit des geschlossenen Vertrages nach sich ziehen. Denn ein effektiver Schutz des Haushaltsbewilligungsrechts des Parlaments könne nur gewährleistet werden, wenn ein Vertrag, dem die nötige Bewilligung fehle, den Haushalt auch nicht belaste. Die Nichtigkeitsfolge ergebe sich aus den §§ 134, 138 BGB. Darüber hinaus gingen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die Einbeziehung der Bruttoprovisionserträge aus der Verwaltung fremder Sondervermögen in die Bemessungsgrundlage des Jahresbeitrags 2009 am Vorbringen der Antragstellerin vorbei. Denn sie, die Antragstellerin, stelle den zeitlichen Anwendungsbereich der 4. Änderungsverordnung zur EdW-Beitragsverordnung nicht in Frage. Vielmehr komme es der Antragstellerin darauf an, dass unabhängig vom Wortlaut der EdW-Beitragsverordnung Erträge aus der Verwaltung fremder Sondervermögen nicht in die Bemessungsgrundlage der Jahresbeiträge einbezogen werden dürften. Dies ergebe sich sowohl aus verfassungs- als auch aus europarechtlichen Erwägungen. Denn der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verlange, dass fremdverwaltende Kapitalanlagegesellschaften bei der Einbeziehung von Erträgen aus der Verwaltung von Sondervermögen in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des EdW-Jahresbeitrags nicht anders behandelt werden dürften als eigenverwaltende Kapitalanlagegesellschaften. Denn in beiden Fällen handele es sich bei der Geschäftstätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft um die Verwaltung von Sondervermögen. Hinzu komme, dass die Verwaltung fremder Sondervermögen durch eine Kapitalanlagegesellschaft als Auslagerungsunternehmen keine Wertpapierdienstleistung im Sinne der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 93/22/EWG) darstelle. Damit unterfiele die Verwaltung fremder Sondervermögen auch nicht der Anlegerentschädigungsrichtlinie (Richtlinie 97/9/EG), weshalb diese Dienstleistung nicht in den Anwendungsbereich des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes fallen könne, weil dieses Gesetz die Anlegerentschädigungsrichtlinie lediglich umgesetzt habe.

II.

Nach dem in Bezug auf die angegriffene Sonderzahlung anzulegenden Prüfungsmaßstab gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO bestehen auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Sonderzahlungsbescheides vom 30. August 2010 (unter 1.) noch stellt dessen Vollziehung für die Antragstellerin eine unbillige Härte dar (nachfolgend 2.).

1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Abgabenforderung sind erst dann gegeben, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (ständige Rechtsprechung des beschließenden Senats, vgl. etwa Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2013 - OVG 1 S 235.13 -, Abdruck S. 2 f. m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

Rechtsgrundlage des Sonderzahlungsbescheides vom 30. August 2010 ist § 8 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EAEG in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2009 (BGBl. I, 1528). Danach hat die Antragsgegnerin einen Kredit aufzunehmen, soweit sie ihren Mittelbedarf durch die Erhebung von Sonderbeiträgen nicht rechtzeitig zur Erfüllung ihrer Pflichten nach § 5 Abs. 4 EAEG decken kann. Kann sie den Kredit voraussichtlich nicht aus dem verfügbaren Vermögen bedienen, hat sie für Tilgung, Zins und Kosten Sonderzahlungen zu erheben, deren Höhe sich gemäß § 8 Abs. 6 Satz 1 EAEG nach dem Verhältnis des zuletzt fälligen vollen Jahresbeitrags des einzelnen Instituts zur Gesamtsumme der Jahresbeiträge, der einmaligen Zahlungen und, in den Fällen des Satzes 3, der fiktiven Jahresbeiträge aller nach Absatz 5 beitrags- oder zahlungspflichtigen Institute bemisst. Gemäß § 8 Abs. 8 Satz 1 EAEG ist das Nähere über die Jahresbeiträge, die einmaligen Zahlungen, die Sonderbeiträge und die Sonderzahlungen in der EdW- Beitragsverordnung geregelt; hinsichtlich der Jahres- und Sonderbeiträge sowie der Sonderzahlungen sind Art und Umfang der gesicherten Geschäfte, das Geschäftsvolumen und die Anzahl, Größe, Geschäftsstruktur und das Risiko der der Entschädigungseinrichtung zugeordneten Institute, einen Entschädigungsfall herbeizuführen, zu berücksichtigen. Die Berechnung der Jahresbeiträge folgt hier aus §§ 1 ff. EdWBeitrV in der Fassung des Artikel 1 der Verordnung vom 17. August 2009 (BGBl. I, 2881), wobei die Summe der Sonderbeiträge und Sonderzahlungen sowie einer gegebenenfalls erhobenen einmaligen Zahlung eines Instituts in einem Abrechnungsjahr zusammen mit dem zuletzt festgesetzten Jahresbeitrag insgesamt 45 Prozent des nach § 1 Absatz 1 Satz 2 und 3 EdWBeitrV ermittelten Jahresüberschusses nicht übersteigen darf (Belastungsobergrenze, § 5 Abs. 2 Satz 1 EdWBeitrV).

Die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind bei summarischer Prüfung erfüllt:

Die Antragsgegnerin hat im Zusammenhang mit der „P...“ erhebliche Entschädigungsleistungen gemäß § 3 Abs. 1 EAEG zu erbringen und benötigt die angefochtene Sonderzahlung zur Refinanzierung des in diesem Zusammenhang gewährten Darlehens des Bundes vom 18./19. Dezember 2008. Die Feststellung des Entschädigungsfalles durch die BaFin nach § 5 Abs. 1 EAEG mit Bescheid vom 15. März 2005 - gemäß § 1 Abs. 5 Satz 4 EAEG im Bundesanzeiger (Nr. 54 vom 18. März 2005, S. 4095) veröffentlicht - dürfte einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung im Sinne von § 35 Satz 2 VwVfG darstellen und inzwischen auch bestandskräftig geworden sein. Die Frage nach Bestandskraft und inhaltlicher Reichweite der Feststellung der BaFin im Hinblick auf die gesetzliche Definition des Entschädigungsfalles in § 1 Abs. 5 EAEG bedarf hier keiner Entscheidung. Hierauf kommt es für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht entscheidungserheblich an, weil die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Entschädigungsfalles nach dem EAEG nach Ansicht des Senats vorliegen (ausführlich Senatsbeschlüsse vom 4. Januar 2012 - OVG 1 S 151.11 -, Abdruck S. 7 f. und vom 5. Januar 2012 - OVG 1 S 135.11 -, Abdruck S. 6, - OVG 1 S 136.11 -, Abdruck S. 6 f. sowie - OVG 1 S 140.11 -, Abdruck S. 5). Der Senat geht daher in ständiger Rechtsprechung vom Vorliegen eines (festgestellten) Entschädigungsfalles in Bezug auf die „P...“ aus (vgl. Urteile vom 15. April 2010 - OVG 1 B 22.09 - und vom 31. August 2011 - OVG 1 B 47.09 sowie OVG 1 B 49.09 -) und folgt der gefestigten Rechtsprechung, wonach es sich bei dem Anlagemodell PMA der P... um Finanzkommissionsgeschäfte im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG und somit um Wertpapiergeschäfte nach § 1 Abs. 3 EAEG gehandelt hat (vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. September 2011 - XI ZR 434/10 -, juris Rn. 15, 22 ff., vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 67/11 -, juris Rn. 17 sowie bereits vom 23. November 2010 - XI ZR 26/10 -, juris Rn. 12 f.). Auch die Erhebung von Sonderzahlungen zur Refinanzierung eines - wie hier - bereits vor dem Inkrafttreten am 30. Juni 2009 aufgenommenen Kredits (Altkredit) begegnet keinen Bedenken, sondern lässt sich auf § 8 Abs. 4 Satz 2 EAEG stützen. Denn der Wortlaut der Norm enthält keine Einschränkung und systematische Gründe - vor allem die Übergangsvorschrift in § 19 Abs. 3 Nr. 2 EAEG -, teleologische Erwägungen sowie ihre Entstehungsgeschichte zwingen zur Einbeziehung auch der Altkredite (ausführlich Senatsbeschluss vom 27. November 2013 - OVG 1 S 101.12 - Abdruck S. 9 ff.; im Ergebnis ebenso bereits Senatsbeschlüsse vom 4. Januar 2012 - OVG 1 S 151.11 -, Abdruck S. 6 f. und vom 5. Januar 2012 - OVG 1 S 135.11 -, Abdruck S. 5 f., - OVG 1 S 136.11 -, Abdruck S. 5 f. sowie - OVG 1 S 140.11 -, Abdruck S. 4 f.).

Der Senat teilt nicht die Auffassung der Antragstellerin, Sonderzahlungen gemäß § 8 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EAEG dürften nur der Refinanzierung eines in jeder Hinsicht rechtmäßigen und wirksamen Kredits dienen, woran es hier fehle. Es kann dabei offen bleiben, ob die der Antragsgegnerin zugeordneten Wertpapierhandelsunternehmen nicht auch eine Finanzierungsverantwortung für einen rechtswidrigen, etwa unter Verstoß gegen das Haushaltsrecht beim Bund aufgenommenen, und - wie hier - unstreitig bereits zur unions- und bundesrechtlich geforderten Anlegerentschädigung verwandten, Kredit träfe, ob mithin der Ausgangspunkt der Antragstellerin überhaupt trägt. Für eine Finanzierungsverantwortung auch in diesem Fall spräche zumindest, dass ein solcher Kredit andernfalls von der Antragsgegnerin mangels verfügbarer Mittel nicht an den Bund zurückgezahlt werden könnte, mithin letztlich der Bundeshaushalt mit den Folgen der Anlegerentschädigung belastet wäre, obwohl der Gesetzgeber in § 8 Abs. 1 Satz 1 EAEG ausdrücklich geregelt hat, dass die Finanzierung dieser Entschädigung vollständig durch Beiträge der Institute stattzufinden hat (ähnlich BVerwG, Urteil vom 23. November 2011 - 8 C 20.10 -, juris zur Umlagefähigkeit von Kosten aus Amtspflichtverletzungen bei der BaFin). Diese Frage braucht hier deshalb nicht entschieden zu werden, weil es im vorliegenden Fall - anders, als die Antragstellerin meint - zum Zeitpunkt der Aufnahme des Kredits am 18./19. Dezember 2008 eine wirksame Ermächtigungsgrundlage zugunsten der Antragsgegnerin gegeben und die Kreditaufnahme somit nicht gegen Art. 115 Abs. 2 GG in der bis 2009 geltenden Fassung verstoßen hat (Änderungen durch Gesetz vom 29. Juli 2009, BGBl. I, 2248; dazu a.). Für eine Verletzung haushaltsrechtlicher Bestimmungen im Zusammenhang mit der Kreditgewährung an die Antragsgegnerin durch den Bund am 18./19. Dezember 2008 gibt es ebenfalls keine Anhaltspunkte; überdies hätte sie nicht die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Kreditvertrages nach den §§ 134, 138 BGB zur Folge (sogleich unter b.).

a. Ermächtigungsgrundlage für die Aufnahme eines Kredits durch die Antragsgegnerin war § 8 Abs. 2 Satz 4 EAEG in der zur Zeit der Kreditaufnahme am 18./19. Dezember 2008 geltenden Fassung (Satz 4 unverändert seit dem Gesetz vom 21. Juni 2002, BGBl. I, 2010, zuvor Satz 3). Danach durfte die Entschädigungseinrichtung Sonderbeiträge erheben und Kredite aufnehmen, wenn dies zur Durchführung des Entschädigungsverfahrens erforderlich war. Diese Vorschrift war bis zu ihrem Außerkrafttreten durch das Gesetz vom 25. Juni 2009 (BGBl. I, 1528) gültig, insbesondere nicht von dem dafür ausschließlich zuständigen Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG für ungültig erklärt worden. Dass das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Beschluss vom 17. September 2008 (- 1 A 74.08 -, juris Rn. 85) in Bezug auf diese Vorschrift verfassungsrechtliche Bedenken geäußert hat, verhilft der Antragstellerin insoweit nicht zum Erfolg. Ob die in dem Beschluss begründeten Zweifel an der Bestimmtheit der Norm dieses Gericht tatsächlich zu einer Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG veranlasst hätten, erscheint deshalb zweifelhaft, weil die als solche formulierten Bedenken an der Verfassungsgemäßheit terminologisch und auch vom inhaltlichen Gewicht kein Überzeugtsein von der Verfassungswidrigkeit sind, das es neben weiteren Voraussetzungen für die konkrete Normenkontrolle braucht. Es ist anerkannt, dass bloße Bedenken oder Zweifel an der Verfassungsgemäßheit einer Vorschrift nicht für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG genügen, vielmehr erforderlich ist, dass das vorzulegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit überzeugt ist (Meyer, in: von Münch/Kunig, GG, 6. Auflage 2012, Art. 100 Rn. 25 m.w.N.). Diese Überzeugung fehlt selbst dann (noch), wenn es sich im Sinne eines „non liquet“ nicht entscheiden lässt, ob die Norm ungültig ist; auch dann ist sie anzuwenden (Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Loseblattsammlung, Stand Mai 2013, Art. 100 Rn. 35). Zudem ist zu berücksichtigen, dass dieser Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin, auf den sich die Antragstellerin maßgeblich stützt, zu Sonderbeiträgen zur Entschädigungseinrichtung ergangen ist, mithin (lediglich) „ernstliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der die Sonderbeitragspflicht begründenden Regelungen“ im Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz sowie in der EdW-Beitragsverordnung belegen mag (wörtlich VG Berlin, Beschluss vom 17. September 2008 - 1 A 74.08 -, juris Rn. 22, ähnlich in Rn. 60, 67, 70), nicht aber solche in Bezug auf die Kreditermächtigung in § 8 Abs. 2 Satz 4 EAEG a.F., um die es hier geht. Der Beschluss endet demgemäß mit dem Hinweis des Gerichts, dass die Antragsgegnerin gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 EAEG a.F. die Möglichkeit habe, die Entschädigungszahlungen zunächst durch eine Kreditaufnahme zu finanzieren (VG Berlin, Beschluss vom 17. September 2008 - 1 A 74.08 -, juris Rn. 99), was deutlich macht, dass die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht (auch) auf eine Kreditaufnahme bezogen waren. Nach alledem war von dem Vorliegen der Voraussetzungen für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG in Bezug auf die Kreditermächtigung in § 8 Abs. 2 Satz 4 EAEG a.F. nicht auszugehen, erst Recht ist ungewiss, ob das Bundesverfassungsgericht diese Norm tatsächlich für nichtig erklärt hätte, ob mithin ihre nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige, mit der Verfassung vereinbare Auslegung nicht möglich gewesen wäre (Vorrang des Normerhalts durch verfassungskonforme Auslegung, ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. etwa Beschluss vom 3. Juni 1992 - 2 BvR 1041/88, 2 BvR 78/89 -, juris Rn. 102 m.w.N.). Der Senat geht daher von der Gültigkeit der Norm aus und sieht in ihr die Ermächtigung zur Kreditaufnahme, da die Antragsgegnerin bekanntlich zu dieser Zeit nicht über genügend eigene Mittel zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrages zur Entschädigung der Anleger im Zusammenhang mit der „P...“ verfügt hatte und die Deckung des Finanzbedarfs durch die Erhebung von Sonderbeiträgen der zugeordneten Institute vom Verwaltungsgericht Berlin in dem zitierten Beschluss zuvor für rechtswidrig erklärt worden war.

b. Nicht zu folgen vermag der Senat der Antragstellerin auch, soweit diese - erstmals im Beschwerdeverfahren - aus einem angeblichen Verstoß gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen, vor allem gegen das Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments gemäß Art. 110 GG, auf eine zivilrechtliche Unwirksamkeit des geschlossenen Kreditvertrages vom 18./19. Dezember 2008 nach den §§ 134, 138 BGB schließt.

Der Senat lässt zunächst offen, ob sich die Antragstellerin überhaupt auf haushaltsrechtliche Verstöße zu ihren Gunsten berufen kann. Es gibt im vorliegenden Zusammenhang schon keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kreditaufnahme der Antragsgegnerin vom 18./19. Dezember 2008 gegen das Haushaltsrecht des Bundes verstoßen hat. Der bloße Umstand, dass dem Kreditvertrag haushaltsrechtlich eine außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung zugrundeliegt, beinhaltet jedenfalls keinen solchen Verstoß, sondern ist zwangsläufige Folge der zeitlichen Abläufe. Außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen stellen das haushaltsrechtliche Mittel für unvorhergesehene Verpflichtungen des Bundes dar, die zu Ausgaben in späteren Haushaltsjahren führen, Art. 112 GG und § 38 Abs. 1 Satz 2 BHO. Sie tragen damit dem Umstand Rechnung, dass auch bei umsichtiger Planung des kommenden Haushaltsjahres zum Zeitpunkt der Aufstellung des Haushaltsplans und Verabschiedung des Haushaltsgesetzes nicht alle Umstände bekannt sein können und sich mitunter erst im laufenden Haushaltsjahr ein weiterer Bedarf für Verpflichtungsermächtigungen ergibt. So war es hier: Ende 2007, bei Aufstellung des Haushaltsplans für 2008, bestand (noch) keine Notwendigkeit für die Aufnahme einer (regulären) Verpflichtungsermächtigung i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 1 BHO für den Abschluss dieses Kreditvertrages mit Zahlungspflichten des Bundes in zukünftigen Haushaltsjahren oder gar einer Kreditermächtigung mit Ausgaben des Bundes bereits in 2008. Vielmehr gab es zu dieser Zeit noch die Aussicht, den Finanzbedarf der Antragsgegnerin für die Anlegerentschädigung mittels Sonderbeiträgen decken zu können. Erst nach dem soeben zitierten, die Erhebung von Sonderbeiträgen für rechtswidrig erklärenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. September 2008 (- 1 A 74.08 -, juris) ist die Kreditgewährung durch den Bund unvorhergesehen relevant geworden, um kurzfristig in anderer Weise sicherstellen zu können, dass die Antragsgegnerin die Anleger aufgabengemäß entschädigen kann. Ein weiteres Abwarten hätte das Vertrauen in das System der Anlegerentschädigung nachhaltig erschüttert, nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. September 2008 bestand angesichts des überragenden öffentlichen Interesses an der Funktionsfähigkeit der Entschädigungseinrichtungen dringender Handlungsbedarf. Das Bedürfnis für die Verpflichtungsermächtigung war unter diesen Umständen auch unabweisbar i.S.d. Art. 112 Abs. 1 Satz 2 GG, §§ 38 Abs. 1 Satz 2, 37 Abs. 1 Satz 3 BHO. Weil die außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung für den Kreditvertrag mit der Antragsgegnerin eine bestimmte, im Haushaltsgesetz 2008 definierte, Größenordnung - nämlich 10.000.000 Euro - überschritten hat, war der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hier zwingend zu beteiligen, § 4 Abs. 2 Sätze 1 und 4 HaushaltsG 2008 (Gesetz vom 22. Dezember 2007, BGBl. I, 3227). Diese Beteiligung hat - wenngleich angesichts der Dringlichkeit offenbar als ausnahmsweise zulässige „Nachunterrichtung“ i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 4 a.E. HaushaltsG 2008 - auch stattgefunden (siehe Antwort der Bundesregierung vom 26. Juni 2009, BT-Drs. 16/13570, S. 9 f.). Vor diesem Hintergrund kann die von der Antragstellerin in der Beschwerde behauptete (rechtswidrige) Übergehung des Haushaltsausschusses nicht nachvollzogen werden. Mit Blick auf die Informationspflichten gegenüber Bundestag und Bundesrat, die das Haushaltsgesetz 2008 in seinem § 4 Abs. 2 Satz 5 i.V.m. § 37 Abs. 4 BHO zwingend vorsah, kann im Übrigen auch keine Rede von der Umgehung des Bundestages sein. Nach alledem handelte es sich bei der in Rede stehenden Kreditvergabe aufgrund einer außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigung um einen typischen haushaltsrechtlichen Vorgang, mag er hier auch politisch umstritten gewesen sein. Für dieses Verständnis spricht, dass der Bundesrechnungshof, dem gemäß Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG gerade die Aufgabe zukommt, die (Wirtschaftlichkeit und) Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes zu überprüfen, an jenem Kreditvertrag, soweit ersichtlich, ebenfalls nichts Bemerkenswertes fand, er jedenfalls in keinem seiner jährlichen Berichte seit 2008 hierzu etwas ausgeführt hat. Gegenstand der Überprüfung durch den Bundesrechnungshof ist die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Staates, insbesondere auch der Sondervermögen des Bundes (vgl. Kisker, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 89 Rn. 106 m.w.N.). Mit Ordnungsmäßigkeit ist die Rechtmäßigkeit gemeint, insofern wird vor allem die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben sowie der einfachen Gesetze überprüft, darüber hinaus aber auch die Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlagen (Kisker, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 1990, Rn. 110). Von daher ist anzunehmen, dass dann, wenn es die von der Antragstellerin skizzierte bewusste Umgehung des Parlaments und des Haushaltsausschusses gegeben hätte, dies dem umfassend Einsicht nehmenden und prüfenden Bundesrechnungshof nicht verborgen geblieben wäre und er es - seiner verfassungsrechtlichen Aufgabe gemäß - dann auch beanstandet hätte. Das Fehlen entsprechender Feststellungen des Bundesrechnungshofes erlaubt für den Senat allein die Schlussfolgerung, dass die von der Antragstellerin aus einzelnen Dokumenten, nämlich einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion vom 22. Januar 2009, der daraufhin ergangenen Antwort der Bundesregierung vom 6. Februar 2009 sowie dem Bericht des Haushaltsausschusses vom 12. Februar 2009 zum Nachtragshaushaltsgesetz 2009, somit durchweg aus Unterlagen aus der Zeit nach der streitigen Kreditaufnahme, indirekt hergeleitete bewusste Umgehung so nicht stattgefunden hat. Hierfür lässt sich auch anführen, dass die Bundesregierung für den Haushalt des Jahres 2008 entlastet worden ist (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses vom 7. Juli 2010 in BT-Drs. 17/2492, amtliches Protokoll der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 16. September 2010, abrufbar unter http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/amtlicheprotokolle/2010/ap17059.html). Insofern vermochte ganz offensichtlich auch die politische Finanzkontrolle der Bunderegierung durch den (angeblich übergangenen) Bundestag sowie den Bundesrat gemäß Art. 114 Abs. 1 GG keinen Verstoß gegen das Haushaltsrecht festzustellen.

Selbst wenn man die Verletzung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen in der von der Antragstellerin beschriebenen Weise annähme, hätte dies nicht die Nichtigkeit des abgeschlossenen Kreditvertrages gemäß §§ 134, 138 BGB zur Folge. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Die Antragstellerin begründet die geltend gemachte Nichtigkeitsfolge mit dem Schutz des grundgesetzlichen Haushaltsbewilligungsrechts des Parlaments. Deshalb müsse ein Verstoß hiergegen die Nichtigkeit des geschlossenen Vertrages nach sich ziehen, damit der Haushalt nicht durch das Rechtsgeschäft belastet werde (in diesem Sinne - in anderem Zusammenhang - auch Wolf, NJW 2012, 812 ff.). Diese Schutzerwägungen überzeugen jedoch bereits im Ansatz nicht. Denn wie eingangs dargelegt, würde der Kredit, der hier unstreitig zur Anlegerentschädigung verwendet worden ist, letztlich gerade den Bundeshaushalt belasten, könnte die Antragsgegnerin sich wegen angenommener Nichtigkeit des Vertrages nicht bei der Antragstellerin und anderen Wertpapierhandelsunternehmen mit der Erhebung von Sonderzahlungen refinanzieren, mithin den Kredit nicht zurückzahlen. Die vorgeblich dem Schutz des Haushalts dienende Nichtigkeitsfolge käme demnach gar nicht dem Haushalt, sondern allein der Antragstellerin und den anderen von der Antragsgegnerin herangezogenen Instituten zugute. Das kann aber nicht richtig sein, immerhin ziehen sämtliche der Antragsgegnerin zugeordneten Unternehmen Vorteile aus einer funktionierenden Anlegerentschädigungspraxis und sollen diese deshalb die Mittel für die Durchführung der Entschädigung vollständig durch eigene Beiträge aufbringen, § 8 Abs. 1 Satz 1 EAEG.

Darüber hinaus hat der Senat auch im Übrigen Bedenken gegen die Heranziehung des § 134 BGB im vorliegenden Zusammenhang. Ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB ist dann gegeben, wenn das Rechtsgeschäft durch die infrage stehende Rechtsnorm ausdrücklich oder ihrem Sinn und Zweck nach verboten wird (vgl. etwa Mayer-Maly, in: MüKo-BGB, 3. Auflage 1993, § 134 Rn. 38; Looschelders, in: Nomos-Kommentar BGB, 2. Auflage 2012, § 134 Rn. 41). Die verfassungsrechtlichen Bestimmungen zum Haushalt verhalten sich demgegenüber weder ausdrücklich noch der Sache nach zu einzelnen Rechtsgeschäften. Vielmehr betreffen sie allein das Verhältnis zwischen Verfassungsorganen, nämlich in erste Linie dem Bundestag und der Regierung. Es geht in den Art. 110-115 GG um das Haushaltswesen des Bundes, um die Haushaltsverfassung und um die Zuweisung von Organkompetenzen auf der Ebene des Bundes (vgl. Heintzen, in: von Münch/Kunig, GG, 6. Auflage 2012, Vorb Art. 110-115 Rn. 1). Gerade das Budgetrecht des Parlaments in Art. 110 GG ist dabei ein wesentliches Element parlamentarischer Regierungskontrolle. Im Verhältnis zu den anderen an der Feststellung des Haushaltsplans beteiligten Verfassungsorganen kommt dem gewählten Parlament eine überragende verfassungsrechtliche Stellung zu, was auch daran deutlich wird, dass Bundestag und Bundesrat berechtigt und verpflichtet sind, nach Art. 114 GG den Haushaltsvollzug der Bundesregierung zu kontrollieren (BVerfG, Urteile vom 7. September 2011 - 2 BvR 987/10, 2 BvR 1485/10, 2 BvR 1099/10 -, juris Rn. 122 und vom 14. Januar 1986 - 2 BvE 14/83, 2 BvE 4/84 -, juris Rn. 126 jeweils m.w.N.). Dass Art. 110 GG daneben auch den Abschluss von Rechtsgeschäften verbieten will, die unter Verletzung der Budgethoheit des Parlaments vereinbart worden sind, lässt sich nicht feststellen. Diese Norm richtet sich ihrem Sinn und Zweck nach nicht gegen die Geltung einzelner, unter Verstoß gegen das Haushaltsbewilligungsrecht geschlossener Verträge, von einzelnen Rechtsgeschäften ist (auch) in Art. 110 GG nicht einmal die Rede. Es geht ausschließlich um den Haushaltsplan, seinen Inhalt und seine Reichweite in zeitlicher Hinsicht (sogenanntes Vorherigkeitsprinzip), das Haushaltsgesetz sowie die Kompetenzen der Verfassungsorgane in diesem Zusammenhang. Darüber hinaus enthält das Grundgesetz zum Teil ausdrückliche Regelungen dazu, welche Folgen die Verletzung einzelner Grundsätze des Art. 110 GG haben soll; damit würde die Anwendung des § 134 BGB in dieses System eingreifen. So gilt etwa in Bezug auf das Vorherigkeitsprinzip in Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG, das der Sicherung der Budgethoheit in zeitlicher Hinsicht dient, dass bei einer Verletzung lediglich das Nothaushaltsrecht nach Art. 111 GG eingreift; die Wirksamkeit des Haushaltsgesetzes bleibt hiervon unberührt (BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 -, juris Rn. 79 f.). Auch im Übrigen ist anerkannt, dass Verstöße gegen Art. 110 GG grundsätzlich nur zur Verfassungswidrigkeit, nicht aber zur Nichtigkeit von Haushaltsgesetz und Haushaltsplan führen (siehe etwa Heintzen, in: von Münch/Kunig, GG, 6. Auflage 2012, Art. 110 Rn. 46 m.w.N.). Zutreffend wird dabei darauf abgestellt, dass eine Rückabwicklung im Zeitpunkt der verbindlichen Feststellung eines Verstoßes meist nicht mehr möglich und eine in die Zukunft gerichtete rechtliche Wirkung einer Nichtigkeitsfeststellung wegen des Annuitätsprinzips kaum vorstellbar ist. Dann aber besteht erst Recht keine Notwendigkeit, einzelne zivilrechtliche Verträge, die unter Verstoß gegen Art. 110 GG geschlossen worden sind, für nichtig zu halten. Denn diese Verträge stehen einem etwaigen Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Haushaltsbestimmungen noch ferner als das Haushaltsgesetz und der Haushaltsplan. Ihre Nichtigkeit bedeutete somit einen Wertungswiderspruch hierzu. Abgesehen davon dürfte es - insoweit über die eingangs angesprochene Rügefähigkeit einer Verletzung von Haushaltsrecht im (subjektiven) Rechtsschutzverfahren hinaus - für private Vertragspartner nahezu ausgeschlossen sein, die Einhaltung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen und damit die Frage der Wirksamkeit des in Aussicht genommenen Vertrages zu überprüfen; dies wäre der Rechtssicherheit in erheblichem Umfang abträglich. Zwar gibt die Öffentlichkeit des Haushaltsplans eine Prüfmöglichkeit (hierauf abstellend Wolf, NJW 2012, 812 [S. 817]), sie endet indessen dort, wo es darum geht, abschätzen zu können, ob noch ausreichend vom Parlament bewilligte Mittel für den konkret angestrebten Vertrag vorhanden sind oder ob nicht etwa der spezielle Haushaltstitel in diesem Haushaltsjahr durch andere Verträge bereits ausgeschöpft worden ist.

Soweit die Antragstellerin im vorliegenden Zusammenhang (daneben) § 138 BGB zur Anwendung bringen will, bestehen hiergegen ebenfalls Bedenken. Denn im allgemeinen reicht der bloße Verstoß gegen eine gesetzliche Norm - hier Art. 110 GG -, selbst wenn er vorsätzlich geschehen sein sollte, für einen Sittenverstoß nicht aus; anderenfalls liefe § 134 BGB leer (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97 -, juris Rn. 35 m.w.N.). Gründe, hiervon ausnahmsweise abzuweichen, legt die Antragstellerin in den hierauf bezogenen knappen Ausführungen der Beschwerde nicht dar, sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass § 8 Abs. 6 Satz 1 EAEG für die Berechnung der Höhe der Sonderzahlung an den zuletzt fälligen vollen Jahresbeitrag des einzelnen Instituts auch dann anknüpft, wenn der entsprechende Jahresbeitragsbescheid - wie hier - noch nicht bestandskräftig ist (ausführlich Senatsbeschluss vom 27. November 2013 - OVG 1 S 101.12 -, Abdruck S. 11 ff.). Auf die Einwendungen, die von der Antragstellerin gegen den der streitigen Sonderzahlung zugrundeliegenden Jahresbeitragsbescheid 2009 erhoben werden, kommt es bei der Erhebung der Sonderzahlung nicht an; dieser Bescheid ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Wenn die Antragstellerin meint, ihr Jahresbeitrag für 2009 sei zu hoch bemessen, weil unabhängig vom Wortlaut der EdW-Beitragsverordnung Erträge aus der Verwaltung fremder Sondervermögen aus verfassungs- und europarechtlichen Erwägungen nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien, ist dies allein im Verfahren gegen den Jahresbeitragsbescheid zu klären. Wird in diesem Verfahren der Jahresbeitragsbescheid geändert, korrigiert die Antragsgegnerin nach der Erfahrung des Senats aus vergleichbaren Fällen dann auch den Sonderzahlungsbescheid (vgl. Senatsbeschluss vom 27. November 2013 - OVG 1 S 101.12 -, Abdruck S. 11 ff.).

2. Es gelingt der Antragstellerin auch nicht, eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte durch die Vollziehung des Sonderzahlungsbescheides darzulegen. Eine unbillige Härte im Sinne von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO besteht dann, wenn durch die sofortige Vollziehung wirtschaftliche Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder kaum wiedergutzumachen sind, etwa wenn die Zahlung die Insolvenz herbeiführt oder sonst zur Existenzvernichtung führen kann (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - OVG 1 S 59.10 -, Abdruck S. 3 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Antragstellerin befürchtet nicht ihre eigene Insolvenz oder Existenzvernichtung, sondern leitet die unbillige Härte aus dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin ab. Daraus folge ein Prozess- und Kostenrisiko, sollte die Antragsgegnerin berechtigten Rückforderungsansprüchen der Antragstellerin nach deren Obsiegen im Widerspruchs- bzw. Hauptsacheverfahren ihre Entreicherung bzw. mangelnde Leistungsfähigkeit entgegenhalten können. Dabei übersieht die Antragstellerin jedoch, dass es ein solches Erstattungsrisiko nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht gibt (vgl. ausführlich Senatsbeschluss vom 27. November 2013 - OVG 1 S 101.12 - Abdruck S. 16 f. m.w.N. sowie bereits Senatsbeschlüsse vom 4. Januar 2012 - OVG 1 S 151.11 -, Abdruck S. 5 f. und vom 5. Januar 2012 - OVG 1 S 135.11 -, Abdruck S. 4 f. sowie - OVG 1 S 136.11 -, Abdruck S. 4 f.). Denn die Haftungsbeschränkung der Antragsgegnerin auf ihr Vermögen gemäß § 8 Abs. 10 Satz 1 EAEG gilt allein für die Entschädigungsansprüche der Anleger gemäß § 3 Abs. 1 EAEG, nicht aber für ihre sonstigen Verbindlichkeiten, zu denen auch die in Rede stehenden Erstattungsansprüche gehören würden. Insoweit bleibt der Bund immer für seine Sondervermögen verantwortlich und ist ein Insolvenzrisiko der Antragsgegnerin nicht erkennbar (ebenso LG Berlin, Urteil vom 11. Februar 2009 - 23 O 44/08 -, juris Rn. 25). Auf die von der Antragstellerin in der Beschwerde aufgezeigten verschiedenen Ansätze, in welcher Reihenfolge und Höhe rückforderungsberechtigte Wertpapierhandelsunternehmen neben entschädigungsberechtigten Anlegern im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin von dieser oder direkt vom Bund Befriedigung erlangen könnten, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Im Übrigen gibt es auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte, dass die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung zur Erstattung zu Unrecht vereinnahmter Beiträge an die jeweils betroffenen Institute nicht nachkäme.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m.Ziff. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327), wonach in Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO lediglich ein Viertel des Betrages der streitigen Abgabe festzusetzen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Juni 2008 - OVG 1 S 82.07 -).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).