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Naturschutzrecht, Landschaftsschutzrecht einschl. Artenschutzrecht


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 05.12.2013
Aktenzeichen 5 L 462/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäße Antrag des Antragstellers vom 04. Dezember 2013,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm die Fällung der im anliegenden Lageplan mit den Nummern 3 – 8 bezeichneten Bäume zu genehmigen,

hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund, mithin die Eilbedürftigkeit, und einen Anordnungsanspruch, d.h. ein subjektives öffentliches Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln, glaubhaft gemacht hat.

Dabei ist das Gericht entsprechend dem Sicherungszweck des Anordnungsverfahrens grundsätzlich auf den Ausspruch einer vorläufigen Regelung beschränkt, die der Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vorgreifen darf. Nur ausnahmsweise ist eine Vorwegnahme der Hauptsache wegen des von Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz geforderten effektiven Rechtsschutzes zulässig. Mit seinem Antrag begehrt der Antragsteller eine Vorwegnahme der von ihm erhobenen Verpflichtungsklage VG 5 K 1245/13. Bei Stattgabe seines vorliegenden Antrages gem. § 123 VwGO wäre der Antragsteller faktisch so gestellt, als hätte er bereits jetzt mit der auf Erteilung der Genehmigung für die Fällung der im Fällantrag vom 13. Mai 2013 bezeichneten 8 Fichten gerichteten Verpflichtungsklage obsiegt. Der Erlass einer die Hauptsache vorwegnehmenden einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt im Rahmen des Anordnungsgrundes voraus, dass die gerichtliche Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, weil durch einen Verweis auf das anhängige Hauptsacheverfahren für den Antragsteller unzumutbare und irreparable Nachteile entstünden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Mai 2011 – 2 S 16.11, juris, Rn.5). Sind wirtschaftliche Nachteile betroffen, ist dies in der Regel nur dann anzunehmen, wenn dem Antragsteller, über die mit jeder Verzögerung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile hinaus, die durch einen späteren Schadensersatzanspruch ausgeglichen werden können, existenzieller Schaden droht, etwa der Zusammenbruch seiner wirtschaftlichen Existenz (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Mai 2011 – 2 S 16.11, a. a. O.; Finkelburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2007, Rn. 1278)

Neben dem Erfordernis einer besonderen Dringlichkeit setzt eine die Hauptsache vorwegnehmende einstweilige Anordnung weiter voraus, dass der geltend gemachte Anordnungsanspruch mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit besteht.

Hiervon ausgehend hat der Antrag keinen Erfolg. Der Antragsteller hat bereits nicht glaubhaft gemacht, dass der geltend gemachte Anordnungsanspruch mit dem für eine die Hauptsache vorwegnehmende einstweilige Anordnung erforderlichen hohen Grad der Wahrscheinlichkeit besteht. Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen und auch nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller eindeutig ohne jeden Zweifel vom Antragsgegner die Erteilung der Genehmigung zur Fällung der 8 Fichten auf dem Grundstück ... in ... verlangen und er somit in dem Hauptsacheverfahren VG 5 K 1245/13 obsiegen könnte.

Insbesondere kann der Antragsteller sein Begehren nicht auf § 6 Absatz 3 der Satzung zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung des Baumbestandes der Gemeinde Petershagen/Eggersdorf vom 10. November 2005 in der Fassung der dritten Änderungssatzung vom 08. Mai 2008 (Baumschutzsatzung) mit der erforderlichen Eindeutigkeit stützen. Nach § 6 Abs. 1 Baumschutzsatzung bedürfen Ausnahmen von den Verboten nach § 5 der vorherigen Genehmigung durch die Gemeinde. Gem. § 5 Abs. 1 Baumschutzsatzung ist es verboten, geschützte Bäume oder Teile von ihnen zu beseitigen, zu zerstören, zu beschädigen, abzuschneiden, ihren Aufbau wesentlich zu verändern oder auf sonstige Weise in ihrem Weiterbestand zu beeinträchtigen. Bei den streitgegenständlichen 8 auf dem Grundstück ... in ... befindlichen Bäumen handelt es sich gem. §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr.1 Baumschutzsatzung um geschützte Bäume, weil ihr jeweiliger Stammumfang in einer Höhe von 130 cm mehr als 120 cm beträgt.

Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 Baumschutzsatzung ist die Genehmigung nach Absatz 1 zu erteilen, wenn ein nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässiges Vorhaben sonst nicht oder nur unter unzumutbaren Beschränkungen verwirklicht werden kann. Einem Anspruch auf Erteilung der begehrten Fällgenehmigung nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 Baumschutzsatzung steht schon entgegen, dass das von dem Antragsteller geplante Bauvorhaben auf dem Grundstück ... in ... nach den bauplanungsrechtlichen Vorschriften des BauGB unzulässig ist, weil die Gemeinde Petershagen/Eggersdorf ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB in der Stellungnahme vom 18.07.2013 nicht erteilt hat. Dass der Antragsteller die Lage der Stellplätze im laufenden Baugenehmigungsverfahren – wie von der Gemeinde gefordert – ändern will, ändert nichts an dem derzeitigen Fehlen des Einvernehmens der Gemeinde nach § 36 BauGB. Nach dem Vortrag des Antragsgegners hat der Antragsteller einen hinsichtlich der Lage der Stellplätze geänderten Lageplan bislang nicht zum Gegenstand des Bauantrages gemacht. Deswegen habe der Antragsgegner bislang auch keine Stellungnahme zu einem etwaig geänderten Bauvorhaben abgegeben.

Ein Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Genehmigung zur Fällung der auf seinem Grundstück befindlichen sieben Fichten und einer Douglasie ergibt sich auch nicht aus § 6 Abs. 3 Nr. 3 Baumschutzsatzung oder aus § 6 Abs. 5 Nr. 2 Baumschutzsatzung oder aus § 6 Abs. 5 Nr. 3 Baumschutzsatzung. Insoweit ist auf die zutreffenden Ausführungen des Antragsgegners in dem angefochtenen Teilaufhebungs- und Teilwiderspruchsbescheid vom 25. September 2013 zu verweisen.

Im Übrigen hat der Antragsteller auch den erforderlichen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die Fällung der acht Bäume ist nicht dringend geboten. Soweit der Antragsteller darauf abstellt, dass die in dem Lageplan mit der Nr. 3 bezeichnete Fichte der zeitnahen Realisierung des von ihm geplanten Wohnhauses und der damit einhergehenden „Familienzusammenführung“ entgegenstehe, rechtfertigt dies nicht die Vorwegnahme der Hauptsache. Dieser ideelle Nachteil, der mit dem Abwarten des Hauptsacheverfahrens verbunden ist, ist dem Antragsteller zumutbar. Ebenso wenig rechtfertigt eine Zahlungsverpflichtung von Bereitstellungszinsen für einen Kredit oder der Verlust von derzeit günstigen Kreditkonditionen die Vorwegnahme der Hauptsache. Das Entstehen eines existenziellen Schadens vermag die Kammer nicht zu erkennen. Ein Anordnungsgrund ergibt sich insbesondere nicht aus den konkreten Prognosen des Deutschen Wetterdienstes für Donnerstag den 5. Dezember 2013 und Freitag den 06. Dezember 2013, die für das gesamte Land Brandenburg Sturmböen, teilweise sogar schwere Sturmböen, voraussagen. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass die sieben Fichten und die Douglasie den angekündigten Sturmböen nicht standhalten werden. Das vom Antragsteller in Auftrag gegebene und vorgelegte Gutachten des Baumsachverständigen ... vom 01. November 2013 rechtfertigt die Annahme einer fehlenden aktuelle Standsicherheit der 8 auf dem Grundstück des Antragstellers befindlichen Bäume nicht. Abgesehen davon, dass der Gutachter die Standfestigkeit der 7 Fichten und der Douglasie nicht nach den herkömmlichen, der Kammer aus einer Vielzahl von Baumschutzgutachten bekannten Methoden geprüft, sondern nur anhand ihm überlassener Fotographien eine Beeinträchtigung der Standfestigkeit der Bäume, verzeichnet im Lageplan mit den Nummern 5, 6 und 7, geschlussfolgert hat, geht aus dem Gutachten hervor, dass die Bäume auf dem Grundstück des Antragstellers zur Zeit noch standsicher sein dürften. Zwar gelangt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass die Standsicherheit der unmittelbar an der Pappelstraße befindlichen Fichten, im Lageplan verzeichnet mit den Nummern 5, 6 und 7, mit der straßenseitigen Abtrennung bzw. Beschädigung statisch wirksamer Wurzeln im größeren Ausmaß bei der Herstellung der Entwässerungsmulden vor dem Grundstück Nr. 46 im erheblichen Maße beeinträchtigt worden sei. Zugleich führt der Gutachter aber aus, „aus sachverständiger Sicht kann nicht ausgeschlossen werden, dass die geschädigten Wurzeln von Wurzelfäule befallen werden, die in naher Zukunft bis in den Wurzelstock vordringen kann. Danach sind die 3 Nadelbäume nicht mehr ausreichend standsicher für einen weiteren Erhalt in Reichweite zur öffentlichen Straße.“ Soweit demgemäß lediglich prognostisch eine Schädigung der Wurzeln durch Wurzelfäule nicht auszuschließen ist und danach die Bäume mit den Nr. 5, 6 und 7 nicht mehr ausreichend standsicher sein könnten, ist damit aber nicht zugleich glaubhaft gemacht, dass ein evtl. Anspruch des Antragstellers auf Erteilung der beantragten Fällgenehmigung gefährdet ist, noch dass ihm sonstige unzumutbare Nachteile drohen, wenn die beantragte einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, zumal er noch nicht auf dem Grundstück wohnt. Zwar hat der Antragsteller als Grundstückseigentümer grundsätzlich die Pflicht, auch die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um von seinem Grundstück ausgehende Gefahren für Dritte bzw. von Dritten abzuwenden. Damit er dieser ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht nachkommen kann, bedarf es jedoch nicht des Erlasses der beantragten einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Beseitigung der streitgegenständlichen Fichten und der Douglasie. Denn der Sachverständige ... hält die fraglichen Bäume erst bei einer Schädigung der Wurzeln durch Wurzelfäule nicht mehr für standsicher („danach“, vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 17. Februar 1998 – 9 CE 95.2228 – juris Rdn.20).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Hierbei hat das Gericht wegen der auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichteten Antrags den vollen Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR zugrunde gelegt.