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Veranlagungsbescheid; Gefahrentarif 2007; Gefahrtarifstelle; Versicherungmakler


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 03.11.2011
Aktenzeichen L 3 U 246/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 157 SGB 7, § 158 SGB 7, § 159 SGB 7

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Einstufung in eine andere Gefahrtarifstelle.

Der Kläger ist Versicherungsmakler, welcher laut Gewerbeanmeldung vom 16. August 1995 in den Bereichen Finanzberatung und Versicherungsvermittlung tätig ist. Er ist seit 12. Oktober 1996 Mitglied der freiwilligen Versicherung der Beklagten. Ab 2001 wurde er nach dem damals geltenden Gefahrentarif der Beklagten in die Gefahrtarifstelle 27 – Versicherungsvertreter, -fachmann, -makler – mit der Gefahrklasse 0,92 ab 2001, 1,04 ab 2002 und 1,16 ab 2003 eingestuft.

Der Gefahrtarif 2007 der Beklagten zur Berechnung der Beiträge vom 01. Januar 2007 an sieht unter anderem folgende Gefahrtarifstellen vor:

Gefahrtarifstelle

Unternehmensart

Gefahrklasse

13    

Makelndes und vermittelndes Unternehmen

1,09   

19    

Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler

Nur für Bausparkassenvertreter: 2007
2008
2009
ab 2010

1,53

0,52
0,59
0,67
0,74

Die „Hinweise zur Branchenzuordnung – Abgrenzung der Gefahrengemeinschaften“ der Beklagten zum Gefahrtarif 2007 (Hinweise 2007) nennen zur Gefahrtarifstelle 13 Arbeitsvermittlungen, Auktionshäuser, Flugvermittlungen, Handelsagenturen, Handelsmakler, Handelsvertreter, Immobilienmakler, Industrievertretungen, Leihhäuser, Medienvertretungen (Werbezeitvermittlungen), Mitfahrzentralen, Mitwohnzentralen, Partnervermittler, Pfandleihen, Taxizentralen und Versteigerer. Die Hinweise 2007 nennen zur Gefahrtarifstelle 19 Finanz- und Anlagenvermittler, Versicherungsfachleute und Versicherungsmakler. Der Gefahrtarif 2007 enthält unter „II. Grundlegende Bestimmungen“ folgende Regelung:

1. (1) Die Veranlagung eines Unternehmens zur Gefahrklasse wird durch seine Zugehörigkeit zu einer Unternehmensart bestimmt. Die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensart richtet sich ausschließlich nach Art und Gegenstand des Unternehmens. Die Zuordnung zu einer spezielleren Unternehmensart geht der Zuordnung zu einer allgemeineren Unternehmensart vor.

Die Beklagte ging für die Gefahrtarifstelle 19 unter Zugrundelegung des Beobachtungszeitraum von 2003 bis 2005 von Entschädigungsleistungen in Höhe von 10.512.713,66 € sowie Entgelt- und Versicherungssummen in Höhe von 6.891.667.590 € aus und errechnete hieraus mit der Formel 10.512.713,66 € x 1.000/ 6.891.667.590 € eine Belastungsziffer von 1,5254, welche sie für die Gefahrklasse auf 1,53 rundete. Der so gebildete Gefahrtarif wurde vom Bundesversicherungsamt am 18. Dezember 2006 genehmigt.

Die Beklagte ordnete den Kläger mit Bescheid vom 27. Juni 2007 der Gefahrtarifstelle 19 zu. Der Kläger erhob hiergegen am 10. Juli 2007 Widerspruch und verwies darauf, dass er nicht Versicherungsvertreter, sondern –makler sei. Unverständlich sei die günstigere Einordnung von Bausparkassenvertretern und Immobilienmaklern. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2007 zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass, auch wenn es Unterschiede im Status und Tätigkeitsbild von Versicherungsvertretern und –maklern gebe, sich dies nicht im Gefährdungsrisiko niederschlage. Daher sei es sachgerecht, Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter unter einer Unternehmensart zusammenzufassen.

Der Kläger hat sein Begehren mit der am 18. Oktober 2007 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und zunächst sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren vertieft. Er hat überdies im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die Zuordnung in eine bestimmte Gefahrtarifstelle gerichtlich überprüfbar sei, die Genehmigung des Tarifs durch das Bundesversicherungsamt nicht die Nachprüfung durch das Gericht hindere und der Gefahrtarif durch das Gericht auf seine Rechtsgültigkeit überprüfbar sei. Bestritten werde, dass die Gefahrklasse 1,53 für die Gefahrtarifstelle zutreffend berechnet worden sei, weil die angegebenen Zahlen nicht nachprüfbar seien. Aus dem Vortrag der Beklagten ergebe sich nicht, dass auch die Gefahrklasse oder die Belastungsziffer der Versicherungsmakler dabei berücksichtigt worden sei. Die Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 19 erschließe sich nicht.

Das SG Berlin hat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Klage mit Urteil vom 18. Februar 2008 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe den Kläger zutreffend der Gefahrtarifstelle 19 zugeordnet, die Gefahrklasse sei zutreffend berechnet worden, und es sei kein Verstoß gegen höherrangiges Recht erkennbar.

Der Kläger hat gegen das ihm am 28. Februar 2008 zugestellte Urteil am 28. März 2008 Berufung eingelegt. Er vertieft sein bisheriges Vorbringen dahingehend, dass insbesondere bei der Veranlagung zu beachten sei, dass der Versicherungsmakler gerade nicht nur der Vermittler von Versicherungen sei, sondern überwiegend Versicherungsberater. Er erhalte mit der Courtage eine wesensmäßig andere Entlohnung als eine Provision. Bestritten werde, dass der Beobachtungszeitraum 2003 bis 2005 die aktuellen Unternehmensdaten widerspiegele. Es bleibe offen, welche versicherungsmathematischen Überlegungen angestellt und welche Berechnungen vorgenommen worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, warum es zur Änderung der bisherigen Gefahrtarifstelleneinteilung gekommen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn mit Wirkung vom 01. Januar 2007 in die Gefahrtarifstelle 13 des Gefahrtarifs 2007 einzuordnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und legt auszugsweise die Genehmigungsvorlage des Gefahrtarifs 2007 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Beklagten vorgenommene Veranlagung ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht.

Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII), wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt.

Die von den Unternehmern allein aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaften, den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen (§§ 153 Abs. 1, 157 Abs. 1 S. 2 SGB VII). Um eine Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede Berufsgenossenschaft einen Gefahrtarif aufstellen. Dieser Gefahrtarif ist vom Unfallversicherungsträger als autonomes Recht festzusetzen, und in ihm sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen (§ 157 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB VII). Er ist nach Tarifstellen zu gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist. In den Tarifstellen sind unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs Gruppen von Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen (§ 157 Abs. 1 bis 3 SGB VII).

Hierbei können die Kriterien, die unter Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) aufgestellt worden sind, herangezogen werden, weil bei der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch als SGB VII im Wesentlichen das zuvor geltende Recht der RVO übernommen worden ist und auch die neu eingeführte Vorschrift des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII über die Bildung der Gefahrtarifstellen lediglich der bisherigen Praxis der Berufsgenossenschaften Rechnung trägt (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/2204, S. 111; Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 06. Mai 2003 – B 2 U 7/02 R -, zitiert nach juris Rn. 12 ff.). Angesichts dieser vom Gesetzgeber gewollten Kontinuität behält die Rechtsprechung zur Bildung von Gefahrtarifen nach der RVO auch für das geltende Recht ihre Bedeutung. Es ist daher davon auszugehen, dass Gefahrtarife durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unbeschadet der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. § 158 Abs. 1 SGB VII) überprüfbar sind, als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 157 SGB VII, §§ 33 ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch <SGB IV>) allerdings nur daraufhin, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar sind. Den Unfallversicherungsträgern ist als ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt vielmehr den Unfallversicherungsträgern. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihnen ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen. Die Bildung des Gefahrtarifs muss allerdings auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 – B 2 U 21/02 R -, zitiert nach juris Rn. 21).

Soweit die Beklagte diese gesetzlichen Vorgaben in ihrem am 01. Januar 2007 in Kraft getretenen Gefahrtarif in der Weise umsetzte, dass sie als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen entsprechend den Gewerbezweigen die Unternehmensarten wählte, unterliegt dies keinen rechtlichen Bedenken.

Ein solcher Tarif basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und die Unternehmensart deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach diesem Prinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar, wie das BSG für den dem Begriff der Unternehmensart vergleichbaren Terminus des Gewerbezweigs in zahlreichen Entscheidungen bekräftigt hat (etwa BSG, Urteil vom 21. März 2006 – B 2 U 2/05 R -, zitiert nach juris Rn. 20). Die Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr ist Ausdruck des Versicherungsprinzips, das im Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung konsequenter als in anderen Zweigen der Sozialversicherung verwirklicht ist. Die Veranlagung nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten (BSG a.a.O., Rn. 21). Anknüpfungspunkt für die Definition und den Zuschnitt von Gewerbezweigen sind Art und Gegenstand der zu veranlagenden Unternehmen. Da ein gewerbezweigorientierter Gefahrtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, die ihrerseits durch die hergestellten Erzeugnisse, die Produktionsweise, die verwendeten Werkstoffe, die eingesetzten Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen sowie die gesamte Arbeitsumgebung geprägt werden. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken, sondern muss alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen. Die Gliederung der Gewerbezweige nach dem klassischen Technologieprinzip, also in Anknüpfung an die Art der erzeugten Güter und die Art und Weise ihrer Herstellung oder Bearbeitung, verliert in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zunehmend an Bedeutung, weshalb für eine sachgerechte Abgrenzung auch andere Merkmale wie einschlägige berufsrechtliche Regelungen oder bestehende verbandsorganisatorische Strukturen herangezogen werden können. Dennoch bleiben auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt für den Zuschnitt der Gewerbezweige in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, weil sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben. Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss aber geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen „gewerbetypischen“ Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweigs erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einer anderen, „passenderen“ Gewerbezweig folgen (BSG a.a.O., Rn. 23). Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung von Gewerbezweigen sind jedoch Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs ergeben. Eine Unternehmensart kann nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (vgl. § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einer der im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft ausgewiesenen Unternehmensarten zugeordnet werden. Nach der einem solchen Tarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde. Insofern unterscheiden sich die Vorgaben für die Zusammenstellung von Gewerbezweigen von denjenigen bei der Bildung der Gefahrtarifstellen, in denen durchaus auch technologisch nicht verwandte Gewerbezweige nach dem Belastungsprinzip zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst werden können (BSG a.a.O., Rn. 24).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze begegnet die Bildung der Gefahrtarifstelle 19 mit der Gefahrklasse 1,53 keinen rechtlichen Bedenken, in welcher Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter und Finanzmakler zusammen erfasst werden (vgl. auch Landessozialgericht <LSG> Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Januar 2010 – L 1 U 2197/09 -, S. 7 ff. <bisher unveröffentlicht>; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 08. September 2011 - L 6 U 51/08 -, S. 6 ff. <bisher unveröffentlicht>).

Zunächst ist die Zusammenfassung der vorstehenden Berufsgruppen zu einer Gefahrtarifstelle rechtlich nicht zu beanstanden. Die in der Unternehmensart „Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter und Finanzmakler“ gebündelten Untenehmen sind durch Vermittlung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungsprodukten geprägt, deren Erbringung eben auch von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht einheitlich beaufsichtigt wird. Ihnen ist zudem typischerweise eine Kombination von innen- wie außendienstlichen Verrichtungen gemein sowie eine erfolgsabhängige Bezahlung, sei es begrifflich als Provision oder als Courtage. Gerade der bei dieser Unternehmensart regelmäßig tatsächlich feststellbare Anteil außendienstlicher Verrichtungen lässt die Annahme einer gegenüber der allgemeineren Gefahrtarifstelle 13 (Makelndes und vermittelndes Unternehmen) höheren Gefahrträchtigkeit und damit die Erfassung durch eine eigene Gefahrtarifstelle sachgerecht erscheinen. Auch haben die in der Gefahrtarifstelle 19 vereinten Berufe die Vermittlung von Finanzdienstleistungen gemein, was sie von den in der Gefahrtarifstelle 13 erfassten Berufen unterscheidet. Dafür, dass für einen der in der Gefahrtarifstelle 19 genannten Gewerbezweige vom Durchschnitt des Gewerbezweigs erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, liegen keine Anhaltspunkte vor; ein Anspruch auf Verselbständigung des einen oder anderen Gewerbezweigs als eigene Unternehmensart kommt nicht in Betracht. Im Übrigen schließen bereits diese tatsächlichen Anknüpfungspunkte eine ungerechtfertigte (Un-)Gleichbehandlung und damit einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) aus.

Auch die Ermittlung der Gefahrklasse unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Laut dem auf dem Beobachtungszeitraum 2003 bis 2005 beruhenden Unfallverzeichnis aus den Genehmigungsunterlagen beliefen sich die die Entschädigungsleistungen (Neulast) auf 10.512.713,66 € und betrug die Entgelt- und Versicherungssumme 7.891.667.590 €. Aus der Neulast x 1.000 ÷ die Arbeitsentgelte bzw. Entgeltsumme im Beobachtungszeitraum errechnet sich die Belastungsziffer (hier: 1,5354). Die gerundete Belastungsziffer ergibt die Gefahrklasse (hier: 1,54). Die Berechnung und ihre Grundlagen ergeben sich aus Abschnitt C Nr. 5, S. 9 f. und Nr. 6.2 S. 11 f. und 23 f. der Genehmigungsunterlagen sowie dem Unfallverzeichnis für den Beobachtungszeitraum 2003 bis 2005. Soweit der Kläger das der Berechnung zugrunde liegende Zahlenmaterial pauschal bestreitet, ist diesem Vorbringen angesichts der durch die Prüfung der Genehmigungsbehörde gegangenen Berechnung auch eingedenk der dem Senat gemäß § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) obliegenden Amtsermittlung nicht weiter nachzugehen.

Soweit sich der Kläger gegen seine Einordnung in die Gefahrtarifstelle 19 wendet und stattdessen die Einordnung in die Gefahrtarifstelle 13 begehrt, ist die Entscheidung der Beklagten ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Ein Unternehmen kann nur mit Aussicht auf Erfolg fordern, wegen eines erheblich abweichenden Grades der Unfallgefahr einer anderen Unternehmensart zugeteilt zu werden, wenn der Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft mehrere für die betreffende Unternehmensart in Betracht kommende Unternehmensarten ausweist und unklar ist, welchem von ihnen sie nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist. Steht dagegen die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann die Zugehörigkeit zu der Unternehmensart nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation in Frage gestellt werden. Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen. Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den Berufsgenossenschaften reicht (BSG a.a.O., Rn. 25).

Dies zugrunde gelegt lässt sich die Tätigkeit des Klägers als eines Versicherungsmaklers unschwer der Gefahrtarifstelle 19 zuordnen (vgl. so auch LSG Baden-Württemberg und LSG Sachsen-Anhalt, jeweils a.a.O.). Diese ist – wie gezeigt – gegenüber der Gefahrtarifstelle 13 für das Tätigkeitsfeld des Klägers spezieller und deshalb für ihn einschlägig (vgl. II. Nr. 1 (1) des Gefahrtarifs 2007). Dass die Veranlagung seines Unternehmens durch die Beklagte zutrifft, findet dadurch Bestätigung, dass er selbst seine Tätigkeit in seiner Gewerbeanmeldung gerade nicht nur mit Versicherungsvermittlung, sondern auch mit Finanzberatung angibt. Damit widerlegt er nicht nur die von ihm geforderte trennscharfe Abgrenzung zum Finanzmakler im Sinne der Gefahrtarifstelle 19, sondern belegt durch seine eigene (Misch-)Tätigkeit auch, dass er zu Recht dieser Gefahrtarifstelle zugeordnet wurde. Er ist beratend und vermittelnd tätig, wenn es um die Anbahnung bzw. den Abschluss von Versicherungsverträgen, mithin von Finanzdienstleistungsprodukten geht. Dementsprechend beziehen die Hinweise 2007 ausdrücklich auch Versicherungsmakler in die Gefahrtarifstelle mit ein. Dass Provisionen für Makler Courtage oder Kurtage genannt werden, führt nicht zu einem – unfallversicherungsrechtlich - wesensmäßigen Unterschied in der Tätigkeit eines Finanzberaters und Versicherungsvermittlers gegenüber derjenigen eines Versicherungsvertreters oder Finanzmaklers. Da hiernach kein Raum für eine anderweitige Veranlagung ist, kann der Kläger auch nicht mit seinem Vorbringen durchdringen, insbesondere einer gegenüber Versicherungsvertretern geringeren Belastungssituation ausgesetzt zu sein.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Dem nach §§ 197a Abs. 1 S. 1 Hs. 3 SGG, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) zu bildenden Streitwert ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG der einfache Auffangstreitwert zugrunde zu legen. Anhaltspunkte für eine darüber hinaus gehende, höhere Wertigkeit des Verfahrensgegenstands liegen nicht vor, weil es hier der Sache nach dem Kläger, einem Alleinunternehmer, darum geht, gegenüber dem - auf dem Gefahrentarif 2001 beruhenden - Beitrag für 2006 in Höhe von 442,06 € einen um 31,9 % höheren Jahresbeitrag auf der Grundlage des drei Jahre geltenden Gefahrentarifs 2007 abzuwenden, so dass eine Streitwertfestsetzung in Höhe des dreifachen Auffangwerts wie etwa im Beschluss des BSG vom 30. November 2006 – B 2 U 410/05 B – (zitiert nach juris Rn. 17) der weitaus geringeren Bedeutung des vorliegenden Sach- und Streitstands nicht gerecht würde.