Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 21. Senat | Entscheidungsdatum | 25.04.2013 | |
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Aktenzeichen | L 21 R 1212/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 9ff SGB 6, § 26 SGB 9, § 156 SGB 9 |
Fortführung ambulanter Langzeitpsychotherapie als Leistung der medizinischen Rehabilitation nicht möglich
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation in Form der Übernahme der Kosten einer ambulanten Psychotherapie ab November 2007.
Die als Krankenschwester (und „Kunsttherapeutin im psych. Bereich“) tätige Klägerin hatte bereits im April 2006 bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation, verbunden mit einer Kinderrehabilitation für ihre Tochter, beantragt. Die Beklagte hatte im Widerspruchsverfahren ein Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K vom 26. Mai 2006 eingeholt und die Maßnahme unter Berücksichtigung der Feststellungen in dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten nicht gewährt, weil die Störung eine stationäre Krankenhausbehandlung in einer psychiatrischen Abteilung erfordere und keine Rehabilitationsfähigkeit bestehe (Bescheid vom 18. April 2006 / Widerspruchsbescheid vom 07. Juli 2006).
Mit Schreiben vom 04. November 2007 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten ihrer Psychotherapie bei der Psychologin und Psychotherapeutin Frau Dr. M. Durch eine gesetzliche Änderung sei eine weitere Finanzierung der von ihr 1998 begonnenen Psychotherapie durch die Krankenkasse nicht mehr möglich. Ein Therapeutenwechsel sei nicht sinnvoll. Sie habe Jahre benötigt, um eine Beziehung zu ihrer Therapeutin zuzulassen. Die Klägerin übersandte am 13. November 2007 die Formulare für einen Antrag auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation bei der Beklagten. Bezüglich ihrer gesundheitlichen Probleme verwies sie auf das Gutachten des letzten Verfahrens aus dem Jahre 2006.
Die Beklagte zog einen Befundbericht der die Klägerin behandelnden Fachärztin für Psychiatrie B vom 28. September 2007 bei und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21. November 2007 ab. Die eingereichten medizinischen Unterlagen würden zeigen, dass die Klägerin an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung mit rezidivierender depressiver Symptomatik und suizidalen Krisen leide. Diese erfordere eine akutstationäre Behandlung. Dabei handele es sich nicht um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation.
Den hiergegen am 14. Dezember 2007 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 zurück. Die begehrte Psychotherapie falle in den Zuständigkeitsbereich der Krankenversicherung.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. April 2008 Klage zum Sozialgericht Berlin (SG) erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt hat. Sie befinde sich seit 1998 bei Frau Prof. Dr. M in psychotherapeutischer Behandlung, die zunächst von der Krankenkasse als tiefenpsychologisch fundierte Heilbehandlung finanziert worden sei. Inzwischen müsse sie wegen Auslaufens der Finanzierung durch die Krankenkasse - im Übrigen habe die Therapeutin keine Kassenzulassung - die Therapie selbst bezahlen. Es sei erforderlich, dass sie genau diese Therapie fortsetze. Ihre Erwerbsfähigkeit sei gefährdet.
Die Beklagte hat erstinstanzlich geltend gemacht, dass die von der Klägerin begehrte Psychotherapie nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der Rentenversicherung sei.
Auf Anforderung des Gerichts hat die Klägerin im Schriftsatz vom 26. September 2008 die derzeitig durchgeführte Therapie beschrieben, wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 36 und 37 der Gerichtsakte Bezug genommen, und unter anderem erneut darauf hingewiesen, dass sie aufgrund der Änderung des Therapeutengesetzes die Therapeutin hätte wechseln müssen, um der Krankenkasse eine Finanzierung ihrer Behandlung weiter zu ermöglichen. Dies sei ihr nicht zuzumuten gewesen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24. Oktober 2009 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung der Kosten der Therapie bei Prof. Dr. M durch die Beklagte, weil es sich hierbei nicht um eine Maßnahme zur Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, sondern nach der Beschreibung der Klägerin um eine medizinische Akutmaßnahme handele.
Insoweit heißt es zur Begründung im Wesentlichen, die Therapie sei, wie die Klägerin am 26. September 2008 beschrieben habe, bereits im Jahre 1998 eingeleitet worden. Grund sei nach Angaben der Klägerin die Reaktivierung eigener belastender Kindheitserlebnisse angesichts der Geburt der eigenen Kinder gewesen. Die von ihr geschaffenen Brücken über bestandene Mauern, um im täglichen Leben bestehen zu können und um andere an den Defiziten nicht zu sehr teilhaben zu lassen, drohten wegen Überlastung zusammenzubrechen. Sie habe nicht mehr lesen können und es sei ihr schwer gefallen, sich etwas zu merken. Sie habe massive Ängste und Visionen entwickelt. Ziel der Therapie sei somit nach Ansicht des SG die akute Behandlung der Gesundheitssituation der Klägerin gewesen. Ein unmittelbarer Bezug zur Erwerbstätigkeit sei nicht ersichtlich. Im Jahre 2006 habe Dr. K im Rahmen der Begutachtung festgestellt, dass die gesundheitliche Situation der Klägerin eine Akutbehandlung erfordere. Die Klägerin habe gegenüber Dr. K erklärt, dass sie Suizidgedanken habe und diese nur dadurch zu beherrschen seien, dass das „Suizidkästchen“ bei der Psychologin liege. Dr. K habe eine latente Suizidialität festgestellt, die eine Intensivierung der akut psychiatrischen Behandlung erfordere. Die Klägerin habe daraufhin die Therapie bei Frau Dr. M weitergeführt.
Eine Änderung des Inhaltes und der Zielrichtung der Therapie seit Beginn sei nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden. Vielmehr habe sie im Laufe der Zeit Vertrauen zu der Therapeutin gefasst und könne nunmehr gemeinsam mit ihr arbeiten. Die Klägerin habe ausgeführt, dass sie und Frau Dr. M daran arbeiteten, dass sie ihren Körper spüre und im Besitz ihres Körpers sei und die psychischen Schmerzen geringer würden. Vorrangiges Ziel sei damit die generelle Leistungsfähigkeit der Klägerin im täglichen Leben wiederherzustellen bzw. zu erhalten und die Suizidgedanken abzuwenden. Dies zeige auch eindeutig die von der Klägerin gesehene Notwendigkeit, die Therapie bei Prof. Dr. M und keinem anderen Therapeuten durchzuführen. Für die wesentlichen Inhalte einer Rehabilitationsmaßnahme - nämlich die Aktivierung von Selbsthilfepotentialen und die Hilfe bei der Verarbeitung der Krankheit lediglich zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit - sei eine solche tiefe innere Beziehung, wie sie nach Ansicht der Klägerin im Rahmen der Therapie notwendig sei, nicht erforderlich. Aus diesem Grund sei die Therapie von der Krankenkasse auch als tiefenpsychologisch fundierte Heilbehandlung finanziert worden.
Auch eine analoge Anwendung des § 14 SGB IX führe nicht zu einer Kostenübernahme durch die Beklagte. Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse für die Übernahme der Therapie bestehe nicht, da die Therapeutin nach dem Vorbringen der Klägerin keine Kassenzulassung besitze.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 30. Oktober 2009 zugestellten Gerichtsbescheid am 30. November 2009 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
Zur Begründung macht sie geltend, dass allein schon aus der Dauer der Therapiemaßnahmen folge, dass es sich nicht um eine Akutbehandlung im Sinne der Krankenversicherung handele, denn die Therapie sei bereits 1998 begonnen worden. Nach Durchführung der von der Krankenkasse übernommenen 300 Stunden Psychoanalyse sei zwar ein Ziel erreicht worden, aber keine umfassende „Heilung“. Die weitere durchgängige Behandlung bei Frau Dr. M habe der Sicherung des Erfolgs der seinerzeitigen Analyse gedient. Es sei bei der Therapie die ganzen Jahre darum gegangen, die Klägerin arbeitsfähig zu halten. Die schwere Abgrenzung zwischen einer Krankenbehandlung und einer Reha-Leistung könne nicht zulasten der Betroffenen gehen. Die Klägerin benötige eine über die Höchstgrenzen von Therapien erforderliche jahrelange und dauerhafte therapeutische Begleitung, die auch nicht durch eine stationäre Behandlung ersetzbar sei. Hierfür sei die Beklagte zuständig. Eine Weiterführung der ambulant laufenden Therapie sei auch im Rahmen der Reha im November 2009 empfohlen worden.
Die Klägerin nahm nach Implantation einer Knie-TEP in der Zeit vom 16. November 2009 bis 19. Dezember 2009 an einer orthopädischen Anschlussheilbehandlung in der Median Klinik für Orthopädie und Psychosomatik in Berggießhübel teil. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 23. Dezember 2009 heißt es: wir entlassen die Patientin noch arbeitsunfähig aus unserer stationären Heilbehandlung. Nach Erreichen der Arbeitsfähigkeit besteht Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen. Mit einer Arbeitsunfähigkeit von 4-6 Monaten ist zu rechnen. Als weiterführende Behandlungen werden krankengymnastische Übungen, weitere Gewichtsreduktion und psychologische Betreuung am Heimatort empfohlen. In dem zugehörigen psychologischen Befundbericht empfiehlt die die Klägerin während der Reha-Maßnahme betreuende Psychologin eine Fortführung der ambulant laufenden Psychotherapie, unter anderem auch zur Begleitung der während der Reha eingeführten verhaltenstherapeutischen Maßnahmen hinsichtlich des Essverhaltens der Klägerin.
Die Klägerin hat auf Anforderung des Senats das Ablehnungsschreiben der Krankenkasse (DAK) vom 9. September 2010 zur Akte gereicht. In diesem heißt es, die Kasse habe die Kosten einer Psychotherapie mit 300 Einzelsitzungen übernommen, der Fortführungsantrag für weitere Sitzungen sei am 15. Mai 2002 abgelehnt worden. Für analytische Psychotherapie betrage die Höchstgrenze 300 Stunden. „Wenn auch aus therapeutischer Sicht eine Weiterbehandlung wünschenswert ist, so ist unter Beachtung und Anwendung der in der Vereinbarung mit den Bundesverbänden der Krankenkassen enthaltenen Richtlinien - sie bilden die Grundlage für eine Leistungspflicht der DAK - keine Zuständigkeit der Kasse mehr gegeben.“
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin macht weiter geltend, dass im konkreten Einzelfall der Klägerin eine Langzeittherapie erforderlich sei. Es gebe im therapeutischen Bereich keine absolute Zeitgrenze. Nur aufgrund der Therapie habe die Klägerin in der Vergangenheit überhaupt funktionieren können. Die Stellungnahme der Frau Dr. K nach Aktenlage sei nicht geeignet, das Gutachten der Frau T-L zu widerlegen. Frau T-L müsse Gelegenheit gegeben werden, ihre medizinischen Ausführungen in einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme zur gutachterlichen Stellungnahme von Frau Dr. K darzulegen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten der ambulanten Psychotherapie bei Frau Prof. Dr. M seit November 2007 zu zahlen.
Hilfsweise,
gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz eine gutachterliche Stellungnahme der Sachverständigen T zur gutachterlichen Stellungnahme von Frau Dr. K vom 31. August 2012 einzuholen, des weiteren einen differenzierten Befundbericht von Frau Prof. Dr. M über die Therapieform, den Therapieinhalt und den Therapieverlauf für den Zeitraum ab Antragstellung,
sowie
ein weiteres Gutachten gem. § 109 SGG [einzuholen] zur Klärung, ob die Therapie bei Frau Prof. Dr. M ab Antragstellung und für welchen Zeitraum zur Aufrechterhaltung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Sinne einer Rehabilitationsmaßnahme der Beklagten erforderlich war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass eine medizinische Langzeittherapie keine Leistung des Rentenversicherungsträgers sei. Eine ambulante Psychotherapie erfülle nicht die essenziellen Kriterien eines integrativen Rehabilitationsansatzes der medizinischen Rehabilitation mit dem biopsychosozialen Modell von Krankheit und Gesundheit, der weit über eine Organ- und symptombezogene Therapie hinausreiche. Eine ambulante Psychotherapie könne rehabilitative Komponenten enthalten, erfülle jedoch nicht die essentiellen Kriterien eines interdisziplinären und multimodalen ganzheitlichen Rehabilitationseinsatzes sowie der Qualitätssicherung.
Ferner lägen auch die medizinischen Voraussetzungen für die Notwendigkeit eines psychosomatischen Heilverfahrens nicht vor. Die in dem Rehabilitationsentlassungsbericht empfohlene ambulante psychologische Betreuung am Wohnort könne im Sinne einer ambulanten Richtlinienpsychotherapie erfolgen. Nach den Ausführungen im Entlassungsbericht über die von November bis Dezember 2009 durchgeführte Anschlussheilbehandlung läge bereits eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 10 SGB VI nicht vor. Auch in dem Fachgutachten vom 27. Februar 2012 werde eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit nicht festgestellt. Es werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Heilverfahren im Sinne einer Rehabilitation des Rentenversicherungsträgers nicht für erforderlich gehalten werde. Aus dem psychiatrischen Fachgutachten ergebe sich aus Sicht der Beklagten das Vorliegen einer schweren chronischen seelischen Erkrankung, die trotz psychoanalytischer Behandlung zu schweren Dekompensationen geführt und stationäre Behandlung in der Akutpsychiatrie erfordert habe. Das Fachgutachten der Frau T-L stelle eine wesentliche Besserung des psychischen Zustands der Klägerin fest, ansonsten enthalte das Gutachten medizinisch keine wesentlich neuen Gesichtspunkte.
Des Weiteren vertritt die Beklagte die Auffassung, dass die Rehabilitationsmaßnahmen der deutschen Rentenversicherung primär ein sozialmedizinisches Anliegen beinhalten würden, welches sich auf die Auswirkung einer Gesundheitsstörung auf das Erwerbsleben beziehe, d.h. bei einer bestehenden Gesundheitsstörung eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit abgewendet oder eine bereits geminderter Erwerbsfähigkeit wiederhergestellt werden könne, auch diese Voraussetzungen seien laut dem vorliegenden Fachgutachten nicht gegeben. Die Übernahme einer berufs- und lebensbegleitenden ambulanten Richtlinienpsychotherapie gehöre nicht zu den originären medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen des Rentenversicherungsträgers, sondern sei seit jeher im Bereich der Regelversorgung der Krankenkassen angesiedelt. Wie diese dann die Probleme der Budgetierung bzw. „Endlichkeit“ entsprechender Maßnahmen handhabe, liege in deren eigenem Ermessen und könne demzufolge auch nicht im Falle einer negativen Entscheidung zu einer automatischen Kostenverlagerung in die Verantwortlichkeit des Rentenversicherungsträgers führen.
Auf Antrag der Klägerin hat die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Frau T- nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 24. Januar und 8. Februar 2012 am 27. Februar 2012 ein psychiatrisches Fachgutachten erstellt. In diesem führt die Gutachterin zusammenfassend aus, dass bei der Klägerin eine schwere seelische Erkrankung bestehe, wobei die Klägerin zu selbstdestruktiven Handlungen wie Fressanfällen und geringer Flüssigkeitszufuhr neige, weiterhin habe sie häufig Selbstmordgedanken. Die Gutachterin referiert die Angaben der Klägerin, dass diese häufig Rückzugstendenzen habe, wobei sie sich nur in ihr Bett verkriechen möchte, sowie Phasen, in denen sie sich seelisch überflutet fühle und dann Katastrophenfantasien habe. Eine akute Behandlung sei aus psychiatrischer Sicht nicht erforderlich. Dringend erforderlich sei die weitere psychotherapeutische Behandlung bei Frau Professor Dr. M. Ohne diese Behandlung könne es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erheblichen Verschlechterungen des psychischen Zustandes der Klägerin kommen. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei laut deren Angaben nicht beeinträchtigt. Der Eintritt von Erwerbsunfähigkeit könne mithilfe einer weiteren Psychotherapie abgewendet werden. Der Ausfall der unterstützenden Psychotherapie könne zu erheblicher Erwerbsminderung führen. Sie, die Gutachterin, halte übereinstimmend mit Frau Dr. K die Leistungsfähigkeit der Klägerin durch rezidivierende depressive Verstimmungen und affektive Instabilität sowie selbstschädigendes Verhalten und latente Suizidalität für gefährdet.
Der Senat hat einen Befundbericht der behandelnden Psychotherapeutin Professor Dr. M vom 18. Februar 2010 beigezogen und eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. K zu dem auf Antrag der Klägerin erstellten Gutachten der Frau T veranlasst.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 31. August 2012 führt die Sachverständige Frau Dr. K zusammenfassend aus, dass der Wunsch nach Weiterführung der ambulanten Psychotherapie medizinisch nicht zu begründen sei. Die Ausführungen der Frau T- seien nicht plausibel. Bei der Klägerin bestehe zur Zeit weder akute Behandlungsbedürftigkeit noch sei eine erhebliche Gefährdung ihrer Erwerbsfähigkeit zu begründen. Die Klägerin lasse nach der Darstellung der Gutachterin ein gutes soziales Funktionsniveau erkennen, erfülle ohne erkennbare Beeinträchtigung die Aufgaben ihres Berufes und ihrer Familie. Sie habe berufsbegleitend in den vergangenen Jahren ein Studium der Sozialpädagogik begonnen und arbeite zurzeit an ihrer Bachelorarbeit, ferner habe sie eine kunsttherapeutische Ausbildung absolviert (2004-2008). Im Übrigen sei eine Psychotherapie immer als eine mehr oder weniger vorübergehende Phase zu begreifen. Es gebe eine Endlichkeit jeder Psychotherapie. Vom Therapeuten müsse bei jeder Langzeittherapie regelmäßig überprüft werden, ob es sich bei der Therapie noch um eine Behandlung handele, in der sich der Patient mit sich und seinen Erfahrungen mit dem Ziel auseinandersetzt, sich zu verändern. Dabei müsse auch der Therapeut seine Ziele überprüfen. Das Vermeiden der therapeutisch notwendigen Beendigung einer Psychotherapie mit immer neu formulierter Notwendigkeit sei absurd.
Ferner hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Entlassungsbericht der Fachklinik für Psychiatrie M vom 6. September 2012 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 30. Mai bis 25. Juni 2012 sowie einen Arztbrief des I--K über eine Unterbringung der Klägerin dort in der Zeit vom 25. bis 26. Juni 2012 nach dem bayerischen Unterbringungsgesetz zur Akte gereicht. Die Patientin sei in die Klinik aufgenommen worden, nachdem sie von ihrem Arzt empfohlen bekommen habe, sich stationär behandeln zu lassen. Im Verlauf der Therapie seien Themen aufgekommen, die vor allem mit ihrer schon seit Jahren bestehenden Essstörung zu tun hätten. Der Entlassungsbericht beschreibt ferner eine akute suizidale Gefährdungssituation der Klägerin, wobei deren Distanzierung von Suizidalität von den Ärzten als nicht glaubhaft eingeschätzt worden sei und die Klägerin deshalb auf die geschlossen geführte Aufnahmestation des I- K verlegt worden sei. Nach dem Arztbrief des I—K vom 26. Juni 2012 sei sie von dort in ausgeglichener Affektlage und von akuter Suizidalität distanziert - gegen ärztlichen Rat - in die Obhut ihres Ehemannes entlassen worden. Als Behandlungsvorschlag werden empfohlen eine weitere psychotherapeutische und psychiatrische Behandlung der Patientin sowie eine Fortsetzung der Medikation.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten (3 Bände Reha-Akten Az. ) Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Sie ist statthaft und form- und fristgerecht erhoben. Sie ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 21. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2008 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die ambulante Psychotherapie bei Frau Prof. Dr. M.
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch sind §§ 9 ff SGB VI i.V.m. § 26 SGB IX. Nach § 9 SGB VI erbringt die Rentenversicherung unter anderem medizinische Leistungen zur medizinischen Rehabilitation um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wieder einzugliedern. Bei diesen Leistungen handelt es sich um Ermessensleistungen, die grundsätzlich nur für zukünftige, nicht zurückliegende Zeiträume gewährt werden können, sofern die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§§ 10 und 11 SGB VI) vorliegen. Der Träger der Rentenversicherung bestimmt im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeitsart, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 13 Abs. 1 SGB VI). Er erbringt nicht Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI). Im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbringt der Träger der Rentenversicherungsleistungen nach den §§ 26 bis 31 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – SGB IX – (§ 15 Abs. 1 SGB VI).
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfüllen u. a. Versicherte die persönlichen Voraussetzungen, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit erheblich gefährdet ist und bei denen voraussichtlich die erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit durch Leistung zur medizinischen Rehabilitation abgewendet werden kann.
Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, da sich das Klagebegehren auf eine im Ermessen der Beklagten liegende Leistung richtet. Zwar steht - trotz der Fassung des § 9 Absatz 2 SGB VI, dass bei Vorliegen der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine Leistung zur Rehabilitation erbracht werden kann - die Frage, ob überhaupt eine Rehabilitationsleistung gewährt wird, beim Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 10, 11 SGB VI nicht im Ermessen der Beklagten. Die in einem zweiten Schritt zu treffende Entscheidung, wie die Rehabilitation nach Art, Dauer, Umfang und Begründung durchzuführen ist, d.h. welche Leistungen in Betracht kommen, steht hingegen im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, wie es auch § 13 Absatz 1 SGB VI deutlich macht. Diese Entscheidung ist durch das Gericht nur hinsichtlich etwaiger Ermessensfehler überprüfbar und kann lediglich zu einem Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts führen. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung einer konkreten Maßnahme kommt nur bei einer so genannten Ermessensreduktion auf Null in Betracht.
Da die Klägerin ausdrücklich nicht – auch nicht hilfsweise - einen Neubescheidungsanspruch verfolgt, sondern ausschließlich einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die von ihr konkret durchgeführte Therapie bei Frau Professor Dr. M geltend macht, kann dahingestellt bleiben, ob die ablehnende Entscheidung der Beklagten unter Verfahrens- oder Ermessensfehlern litt.
Soweit die Klägerin die Erstattung der von ihr im Zeitraum von November 2007 bis heute für die Durchführung der Therapie aufgewendeten Kosten begehrt, ist Anspruchsgrundlage § 15 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch SGB IX (zur Frage, ob als unmittelbare Rechtsgrundlage oder in entsprechender Anwendung vgl. BSG Urteile vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R – m.w.N. und vom 20. Oktober 2009 -B 5 R 5/07 R -, jeweils veröff. in juris). Danach ist der Leistungsträger zur Erstattung der Kosten einer selbstbeschafften Leistung zuständig, wenn er diese zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die Klägerin hat und hatte keinen Anspruch gemäß § 9 ff SGB VI i.V.m. § 26 SGB IX auf Übernahme der Kosten für die ambulante Psychotherapie bei Frau Prof. Dr. Marx durch die Beklagte.
Die Klägerin hat schon deswegen keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Fortführung ihrer ambulanten Psychotherapie bei Frau Prof. Dr. M durch die Beklagte, weil die ambulante (Langzeit)-Psychotherapie bei Frau Professor Dr. M in dieser Form nicht zum Leistungskatalog der Beklagten gehört. Insoweit kann dahinstehen, ob und wenn ja wann im Laufe der Zeit seit 2007 akute Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin bestanden hat oder grundsätzlich die Voraussetzungen für die Einleitung von Maßnahmen der Rehabilitation, insbesondere eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit, vorgelegen haben. Eine weitergehende Befragung der von der Klägerin benannten Sachverständigen sowie von deren Psychotherapeutin war daher nicht erforderlich. Die insoweit in der mündlichen Verhandlung – hilfsweise - gestellten Beweisanträge waren abzulehnen. Die behaupteten Tatsachen zur Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin können als wahr unterstellt werden, weil sie für die rechtliche Bewertung unerheblich sind.
Bei der Fortsetzung der 1998 begonnenen ambulanten Psychotherapie bei Frau Prof. Dr. M, deren Gewährung bzw. Kostenübernahme allein von der Klägerin begehrt wird, handelt es sich nicht um eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation.
Nach der Gesetzesbegründung umfasst die medizinische Rehabilitation einen ganzheitlichen Ansatz, der über das Erkennen, Behandeln und Heilen einer Krankheit hinaus die aus einer Schädigung folgenden Funktions- bzw. Fähigkeitsstörungen oder drohenden oder bereits manifest Beeinträchtigungen in der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft einbezieht. Einzubeziehen, d.h. zu berücksichtigen sind auch die Kontextfaktoren und Risikofaktoren als Voraussetzung für einen bestmöglichen Rehabilitationserfolg im Hinblick auf die anzustrebende Integration in Arbeit Beruf und Gesellschaft. Dieser Rehabilitationseinsatz erfordert die Anwendung von komplexen Maßnahmen medizinischer, pädagogischer, beruflicher und sozialer Art und die interdisziplinäre Verzahnung insbesondere der ärztlichen, pflegerischen, psychotherapeutischen Versorgung unter Einschluss von Hilfen zur Bewältigung der Krankheitsfolgen zur Verhaltensänderung mit dem präventiven Ziel des Abbaus von gesundheitlichen Risikofaktoren (Gerke in Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 3. Aufl. § 26 Rn 4; Oppermann in Hauck/ Noftz, SGB IX, K § 26 Rn 13; Rahmenempfehlungen zur ambulanten Rehabilitation bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen vom 22. Januar 2004, BAR, Ziff. 2.3, http://www.bar-frankurt.de/fileadmin/dateiliste/publikationen/empfehlungen/downloads/ Rahmenempfehlung_psychische_Erkrankungen.pdf).
Ebenso wird in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen der medizinischen Rehabilitation (Rehabilitations-RL) vom 16. März 2004 (BAnz 2004 Nr 63, S. 6769) hinsichtlich der konzeptionellen und begrifflichen Grundlagen ausdrücklich auf die BAR-Rahmenempfehlungen Bezug genommen (§ 4 Abs 2 Rehabilitations-RL) und nochmals betont, dass medizinische Rehabilitation einen ganzheitlichen Ansatz umfasst, der über das Erkennen, Behandeln und Heilen einer Krankheit hinaus die wechselseitigen Beziehungen zwischen den Gesundheitsproblemen eines Versicherten berücksichtigt, um im Einzelfall den bestmöglichen Rehabilitationserfolg im Sinne der Teilhabe an Familie, Arbeit, Gesellschaft und Beruf zu erreichen (§ 4 Abs 1 Rehabilitations-RL). Die Rehabilitations-RL beruhen auf der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 8 SGB V und besitzen die Qualität untergesetzlicher Rechtsnormen (BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6; vgl auch Hess aaO § 92 SGB V RdNr 4 mwN).
Dem entsprechen die von der gemeinsamen Repräsentanz der Verbände der Rehabilitationsträger, der Bundesagentur für Arbeit, der Bundesländer, der Spitzenverbände der Sozialpartner sowie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Förderung und Koordinierung der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR), in ihren „Rahmenempfehlungen zur ambulanten Rehabilitation bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen“ (Rahmenempfehlung_psychische_Erkrankungen, a.a.O.) dargestellten Inhalte medizinischer Rehabilitation.
Nach den Rahmenempfehlungen umfasst die medizinische Rehabilitation insbesondere
– die Rehabilitationsdiagnostik, die die Körperfunktionen und Körperstrukturen,
Aktivitäten und Teilhabe sowie die Kontextfaktoren mit ihrem fördernden oder hemmenden Einfluss beschreibt und bewertet
– den Rehabilitationsplan mit Beschreibung des Rehabilitationsziels
– die Rehabilitationsdurchführung und ihre Überprüfung
– die Dokumentation des Rehabilitationsverlaufs und der -ergebnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Rehabilitationsziels. (Rahmenempfehlung psychische Erkrankungen, Ziff. 2.5 a.a.O.).
Zu den komplexen Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation heißt es ferner beispielsweise in den RPK- Empfehlungsvereinbarung (S. 23 f.): Die Rehabilitationseinrichtung stellt ein strukturiertes Rehabilitationskonzept auf der Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse, dieses beschreibt das Rehabilitationsverständnis, die angebotene Rehabilitationsdiagnostik und Behandlung sowie die personelle, räumliche und apparative Ausstattung der Einrichtung und enthält Angaben zur durchschnittlichen Behandlungsdauer. Die Rehabilitation erstreckt sich auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Sie greifen ineinander, wirken funktional im Rahmen einer Komplexleistung zusammen. Die Leistungserbringung erfolgt nicht additiv durch verschiedene nicht oder nicht enge Zusammenarbeit der einzelnen Leistungserbringer, sondern integriert durch ein multiprofessionelles Rehabilitationsteam (RPK- Empfehlungsvereinbarung a.a.O.).
Wesentliche Behandlungselemente der Rehabilitation bei psychischen Erkrankungen im Rahmen der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind nach den RPK-Empfehlungen: Die Behandlung durch den Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, die Psychotherapie durch ärztliche und/oder psychologische Psychotherapeuten, indikative Gruppen, Ergotherapie, Arbeitstherapie und Belastungserprobung, psychiatrische Krankenpflege, Physiotherapie/Sport-und Bewegungstherapie, psychosoziale Hilfen, Gesundheitsbildung (RPK Empfehlungen Seite 26).
Dem entsprechen auch die für den Bereich der Krankenversicherung geltenden Regelungen in der Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Rehabilitations-Richtlinie) vom 16. März 2004 (veröffentlicht im Bundesanzeiger 2004 S. 6769, zuletzt geändert am 22. Januar 2009, Bundesanzeiger 2009 S. 2131), die zwar nicht für Rehabilitationsleistungen gilt, die in den Zuständigkeitsbereich der Rentenversicherung fallen (§ 3 Abs. 3 der Richtlinie), die jedoch ebenfalls Aufschluss über den allgemein geltenden Begriff von Rehabilitationsmaßnahmen geben.
In dieser Richtlinie heißt es:
„§ 4 Inhaltliche Grundlagen
(1) 1Medizinische Rehabilitation umfasst einen ganzheitlichen Ansatz, der über das Erkennen, Behandeln und Heilen einer Krankheit hinaus die wechselseitigen Beziehungen zwischen den Gesundheitsproblemen einer Versicherten oder eines Versicherten berücksichtigt, um im Einzelfall den bestmöglichen Rehabilitationserfolg im Sinne der Teilhabe an Familie, Arbeit, Gesellschaft und Beruf zu erreichen. 2Die Gesundheitsprobleme werden beschrieben als Schädigungen, Beeinträchtigungen der Aktivität sowie der Teilhabe und den Kontextfaktoren der Versicherten im Sinne der Begriffsbestimmung der Anlage 1 dieser Richtlinie.
(2) 1Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation stützen sich inhaltlich auf die rehabilitationswissenschaftlichen Erkenntnisse und Definitionen von Zielen, Inhalten, Methoden und Verfahren der ambulanten und stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach den Prinzipien Finalität, Komplexität, Interdisziplinarität und Individualität.
2Konzeptionelle und begriffliche Grundlage sind
- die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verabschiedete Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF; siehe auch Anlage 1: "Erläuterungen und Begriffsbestimmungen"),
- die Rahmenempfehlungen zur ambulanten medizinischen Rehabilitation der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) sowie
- trägerspezifische Empfehlungen (z. B. Rahmenempfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkasse zur ambulanten geriatrischen Rehabilitation).
(3) Einzelne Leistungen der kurativen Versorgung (z. B. Heil- oder Hilfsmittel) oder deren Kombination stellen für sich allein noch keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Sinne dieser Richtlinie dar.
Ferner heißt es in der Richtlinie:
§ 13 Zusammenarbeit zwischen Rehabilitationseinrichtung, Vertragsärztin oder Vertragsarzt und Krankenkassen
(1) 1Ambulante und stationäre Rehabilitationseinrichtungen stellen zu Beginn der Leistung zur medizinischen Rehabilitation gemeinsam mit den Versicherten einen Rehabilitationsplan auf. 2Bei ambulanter Rehabilitation übersendet die Einrichtung auf Anfrage der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes diesem den aktuellen Rehabilitationsplan.
(2) 1Bei ambulanten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation stellt die Rehabilitationseinrichtung die medizinische Versorgung der rehabilitationsbegründenden Erkrankung und ihrer Folgen sicher. 2Die Mitteilung an die Versicherten erfolgt schriftlich. 3Im Übrigen verbleibt die Versicherte oder der Versicherte in der vertragsärztlichen Versorgung.“
Dass nicht jede ambulanten Psychotherapie (sei es auch mit dem Ziel des Erhalts der Arbeitsfähigkeit) bereits eine Rehamaßnahme sein kann, verdeutlicht im Übrigen auch der Umstand, dass in den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) das Ausreichen einer ambulanten Psychotherapie ausdrücklich als Ausschlusskriterium gegen eine Empfehlung zur Rehabilitation benannt wird (RPK- Empfehlungsvereinbarung, S. 20).
Der Senat schließt sich nach Maßgabe der gesetzlichen und der genannten untergesetzlichen Vorgaben daher den Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren an, die mit der Berufungserwiderung darauf hingewiesen hat, dass der vom Gesetzgeber vorgegebene integrative Rehabilitationsansatz ein umfassendes zielgerichtetes Vorgehen erfordert, wobei für das umfangreiche Leistungsspektrum ein multiprofessionelles Rehabilitationsteam erforderlich ist, welches eine differenzierte Rehabilitationsdiagnostik durchführt, in Abstimmung mit dem Rehabilitanden individuelle Rehabilitationsziele festlegt, einen Rehabilitationsplan formuliert, dieses während der interdisziplinären Therapiemaßnahme realisiert und den Rehabilitationsverlauf und Rehabilitationsergebnisse unter Orientierung an den Rehabilitationszielen dokumentiert. Zutreffend hat die Beklagte auch darauf verwiesen, dass zur Gewährleistung allgemeingültiger Standards ein bundesweites Qualitätssicherungssystem etabliert worden ist, welches mit dem § 20 SGB IX gesetzlich verankert wurde.
Bei einer medizinischen Rehabilitation psychisch Kranker kann daher die Psychotherapie durch ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten - gegebenenfalls auch in ambulanter Form - zwar ein wesentliches Behandlungselement sein. Dieses wird aber erst im Kontext der bereits von der Beklagten mit der Berufungserwiderung beschriebenen Maßnahmen zu einer Reha-Leistung (vgl. auch die RPK-Empfehlungsvereinbarung vom 29. September 2005 über die Zusammenarbeit der Krankenversicherungsträger und der Rentenversicherungsträger sowie der Bundesagentur für Arbeit bei der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe in Rehabilitationseinrichtungen für psychisch Kranke und behinderte Menschen [RPK], Seite 23).
All den nach den obigen Darlegungen erforderlichen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Psychotherapie als - Bestandteil einer - Reha-Leistung entspricht die bei Frau Professor Dr. M bereits 1998 als kurative Behandlung begonnene Psychotherapie offensichtlich nicht. Auch wenn sich, wie die Therapeutin in ihrem vom Gericht eingeholten Befundbericht - allerdings ohne jede Begründung - angibt, die Behandlung von einer ursprünglichen Akutbehandlung zu einer langfristigen Psychotherapie mit stützenden Effekten geändert haben sollte, erfüllt diese Behandlung erkennbar nicht die an eine Psychotherapie im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu stellenden Anforderungen.
Der Senat sah sich nicht veranlasst, wie von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeregt, von Amts wegen einen weiteren, differenzierten Befundbericht von Frau Professor Dr. M über die Therapieform, den Therapieinhalt und -verlauf ab Antragstellung einzuholen. Weder aus dem Vortrag im Klage- und Berufungsverfahren noch aus den Akten und insbesondere nicht aus dem durch den Senat bereits eingeholten Befundbericht der Frau Professor Dr. M ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass sich die bei dieser durchgeführte - ursprünglich als Richtlinientherapie begonnene – Therapie irgendwann in der Qualität dahingehend geändert hätte, dass sie nunmehr eine Reha-Leistung im Sinne des oben beschriebenen umfassenden Ansatzes gemäß den genannten Richtlinien als Bestandteil einer Komplexleistung durch ein multiprofessionelles Rehabilitationsteam darstellen würde.
Insoweit war auch der hilfsweise gestellten Beweisantrag auf Einholung eines weiteren Befundberichts der Therapeutin abzuweisen. Es handelt sich bereits um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Ein Ausforschungsbeweis liegt im sozialgerichtlichen Verfahren vor, wenn ihm die Bestimmtheit bei der Angabe der Tatsachen oder Beweismittel fehlt, oder aber der Beweisführer für seine Behauptung nicht mehr Anhaltspunkte angibt und erst aus der Beweisaufnahme die Grundlage für seine Behauptungen gewinnen will (vgl. BSG Beschluss vom 19. November 2009 - B 13 R 303/09 B – juris m.w.N.). Hier fehlt es bereits an der Angabe der Tatsachen, die durch die Einholung des Befundberichts aus Sicht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin belegt werden sollen. Der in dem Beweisantrag enthaltenen Anregung zu weiterer Sachverhaltsermittlung war wie oben ausgeführt nicht zu entsprechen.
Im Übrigen würde, selbst wenn es sich bei der ambulanten Psychotherapie um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation handeln würde, ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten der gerade bei Frau Professor Dr. M durchgeführten Therapie daran scheitern, dass es sich bei Leistungen gemäß § 9 Abs. 2 SGB VI um Ermessensleistungen handelt, wobei das „Wie“ der Leistung im Ermessen des Rentenversicherungsträgers steht (s.o.). Einen Rechtsanspruch auf die von ihr begehrte Kostenübernahme hätte die Klägerin - unter der Voraussetzung, dass die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen vorlägen – nur bei einer so genannten Ermessensreduktion auf Null, d.h. wenn es sich bei der bei Frau Professor Dr. M durchgeführten Therapie um die einzig wirksame Maßnahme zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin handeln würde. Dafür bietet aber weder das Vorbringen der Klägerin noch das auf ihren Antrag eingeholte Gutachten der Sachverständigen T hinreichende Anhaltspunkte. Vielmehr nährt gerade der neuerliche stationäre Krankenhausaufenthalt der Klägerin im Jahr 2012 erhebliche Zweifel an diesem Umstand.
Eine Verpflichtung der Beklagten auf der Grundlage des § 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) oder eine Beiladung der Krankenkasse hatte nicht zu erfolgen, weil eine Verpflichtung der Krankenkasse zur Übernahme der Behandlungskosten nicht in Betracht kommt. Soweit die Behandlungskosten als „Reha-Leistung“ geltend gemacht werden, gilt das oben Gesagte, dass es sich bei der begehrten Therapie nicht um eine Maßnahme der Rehabilitation handelt. Soweit die Kosten als Kosten einer ambulanten Richtlinientherapie geltend gemacht werden, gilt, dass Versicherte keinen Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 SGB V haben, wenn sie sich von Therapeuten behandeln lassen, die von den Krankenkassen nicht zugelassen sind (vgl. auch § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ist ein Therapeut nicht zur Behandlung der Versicherten zugelassen, kann er außerhalb von Notfällen regelmäßig keine Naturalleistungen innerhalb des Systems der GKV erbringen (BSG Urteil vom 18. Juli 2006 – B1 KR 9/05 R - juris).
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 1 und 2 Nr. 1 SGG zugelassen.