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Wasserrecht


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 26.09.2013
Aktenzeichen 5 K 1225/10 ECLI ECLI:DE:VGFRANK:2013:0926.5K1225.10.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 26. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2010 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, ein Gewässerunterhaltungsverband, wendet sich gegen eine wasserrechtliche Ordnungsverfügung, mit dem ihm die Sanierung der schadhaften Verrohrung einer Teilstrecke des Nuhnenfließes in ... aufgegeben wird.

Das Nuhnenfließ dient der Vorflut (Entwässerung) zahlreicher an seinem Lauf gelegener Grundstücke. Es ist im Bereich zwischen Bahndamm ... Straße und Bahndamm ...Straße seit Mitte der 1920´er Jahre verrohrt. Im Februar 2008 erfolgte eine gutachterliche Bauzustandsuntersuchung eines 72,5 m langen Abschnitts der Verrohrung auf den Grundstücken Flur ..., Flurstücke ..., ... und ... der Gemarkung ... Die dort vorhandene Verrohrung des Nuhnenfließes besteht aus Betonkanalrohr mit der Nennweite DN 1000, die in Einzelstücken von 0,50 m zusammengesetzt ist. Laut Gutachten weist die Verrohrung des Nuhnenfließes in dem untersuchten Bereich aufgrund der festgestellten baulichen Schäden in Sohle und Rohrwandungen erhebliche Mängel auf, durch welche ein ordnungsgemäßer Betriebszustand nicht mehr gegeben ist. Es besteht die Gefahr der Setzung des umliegenden Geländes, unkontrollierbarer Unterspülungen, von Hindernissen für den Wasserabfluss des Nuhnenfließes und Überflutungen durch Rückstau des Gewässers. Nach den gutachterlichen Feststellungen ist der Rohrkörper einsturzgefährdet.

Mit Verfügung vom 02. Juli 2008 gab der Beklagte dem Eigentümer des Grundstücks Flur ..., Flurstück ... der Gemarkung ... unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, im Bereich seines Grundstücks den einsturzgefährdenden Zustand der Verrohrung zu beseitigen. Einem dagegen erhobenen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gab die erkennende Kammer mit Beschluss vom 23. Januar 2009 (VG ... L .../08) im Wesentlichen mit der Begründung statt, eine Pflicht zur Unterhaltung der Verrohrung treffe nach dem Brandenburgischen Wassergesetz nicht den Nutzungsberechtigten sondern den Kläger als für die Unterhaltung des Nuhnenfließes pflichtigen Gewässerverband, weil die Verrohrung des Nuhnenfließes das Gewässerbett bilde und damit Teil dieses oberirdischen Gewässers sei. Die dagegen vom Beklagten erhobene Beschwerde wies das OVG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 24. Juli 2009 – OVG 2 S 19.09 - zurück.

Mit Verfügung vom 26. Juli 2010 ordnete der Beklagte gestützt auf §§ 124 Abs. 1 Nr. 3, 126 Abs.1 des Brandenburgischen Wassergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 08. Dezember 2004 (BbgWG a. F.) im Rahmen der Gewässeraufsicht gem. § 103 Abs. 1 und Abs. 2 i. V. m. § 82 Satz 3 BbgWG als untere Wasserbehörde gegenüber dem Kläger unter Hinweis auf dessen Gewässerunterhaltungspflicht nach vorangegangener Anhörung die Instandsetzung der einsturzgefährdeten Verrohrung des Gewässers Nuhnenfließ auf den Grundstücken Flur ..., Flurstücke ..., ..., ... der Gemarkung ... an und gab dem Kläger auf, die notwendigen Unterhaltungsmaßnahmen an der einsturzgefährdeten Verrohrung auf den Grundstücken Flur ..., Flurstücke ..., ..., ... der Gemarkung ... auf einer Gesamtlänge von 72,5 m durchzuführen. Die vorgenannten Unterhaltungsmaßnahmen seien dergestalt durchzuführen, dass die in der Tabelle 1 der Bauzustandsuntersuchung vom Februar 2008 dokumentierten baulichen Schäden in diesem 72,5 m langen Bereich der Verrohrung beseitigt würden und so ein ordnungsgemäßer Betriebszustand der Verrohrung wiederhergestellt werde (Ziffer 1 des Tenors). Ferner ordnete der Beklagte an, dass der Gewässer- und Deichverband Oderbruch die notwendigen Unterhaltungsmaßnahmen an der einsturzgefährdeten Verrohrung des Gewässers Nuhnenfließ auf den Grundstücken Flur ..., Flurstücke ..., ..., ... der Gemarkung ... innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Bekanntmachung dieser Anordnung abzuschließen habe.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 23. August 2008 Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2010 zurückwies. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gab der Kläger ein Sanierungsgutachten in Auftrag. Laut der im Gutachten vom 25. Oktober 2010 enthaltenen Zustandsklassifizierung des hier in Rede stehenden Rohrabschnitts lägen hinsichtlich der Bewertungskategorien „Dichtheit, Standsicherheit und Betriebssicherheit“ sehr starke Mängel vor, die einen „sofortigen Handlungsbedarf“ begründeten. Die Kosten für die Sanierung des schadhaften Rohrabschnitts schätzte der Gutachter auf ca. 128.000,00 Euro.

Der Kläger hat am 15. Dezember 2010 Klage erhoben, die er im Wesentlichen wie folgt begründet: Die erlassene Ordnungsverfügung sei rechtswidrig, weil sie ohne die erforderliche Ermächtigungsgrundlage ergangen sei. Unter Berücksichtigung des Gesetzesvorbehaltes und der Wesentlichkeitsrechtsprechung bedürfe es einer Ermächtigungsgrundlage, die nicht nur eine Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten regle, sondern auch hinreichend bestimmt sei. Dies gelte umso mehr, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein Hoheitsträger über einen Verwaltungsakt Pflichten einem anderen Hoheitsträger in dessen vermeintlichen Zuständigkeitsbereich auferlegen wolle. Nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz des Verwaltungsrechts dürfe eine Hoheitsverwaltung, von Sonderregelungen und Ausnahmenlagen, z. B. Gefahr im Verzug, abgesehen, nicht mit Anordnungen oder gar Zwang in die hoheitliche Tätigkeit einer anderen Hoheitsverwaltung, sei es derselben, sei es einer anderen Körperschaft eingreifen. Vorliegend stünden sich zwei Hoheitsträger gegenüber, zum einen der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder) als Untere Wasserbehörde und zum anderen der Gewässer- und Deichverband Oderbruch als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Beide Hoheitsträger übten hinsichtlich der streitgegenständlichen Fragen hoheitliche Tätigkeiten aus. Sonderregelungen, die die Anordnung der Sanierung der Verrohrung des Nuhnenfliesses rechtfertigten, lägen nicht vor. § 82 Brandenburgisches Wassergesetz berechtige die Untere Wasserbehörde lediglich zur Entscheidung von Streitfällen im Sinne des Satzes 1 und 2 dieser Vorschrift. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Wortlaut sondern auch aus dem systematischen Verhältnis zu § 86 des Gesetzes. Diese Bestimmung beinhalte ebenfalls keine Anordnungsbefugnis zum Eingriff in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers sondern lediglich eine Feststellungskompetenz. § 42 Wasserhaushaltsgesetz begründe allenfalls eine Kompetenz zum Erlass einer Festsetzungs- oder Duldungsverfügung.

Der Kläger beantragt,

die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 26. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2010 aufzuheben,

die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Klageabweisungsantrages nimmt er Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides und seines Widerspruchsbescheides.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Ordner) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die (Ordnungs-)Verfügung des Beklagten vom 26. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem nach § 1 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Wasser- und Bodenverbände - Wasserverbandsgesetz gewährleisteten Selbstverwaltungsrecht (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).

Als Rechtsgrundlage für die Sanierungsanordnung kommt grundsätzlich § 100 des am 01. März 2010 in Kraft getretenen Wasserhaushaltsgesetzes vom 31.07.2009 (WHG n. F.) in Betracht. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Anfechtungsklage gegen eine wasserbehördliche Anordnung ist jener der letzten Behördenentscheidung, hier also der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04. Juli 2013, juris, Rn. 24; Hess. VGH, Beschluss vom 20. April 2009 - 7 B 838/09 - ZfW 2010, 153). Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Erlass des Wasserhaushaltsgesetzes vom 9. Dezember 2009 von seiner konkurrierenden Regelungskompetenz umfassend Gebrauch gemacht. Lediglich etwaige weitergehende landesrechtliche Regelungen bleiben unberührt (vgl. VGH Baden-Württemberg, a. a. O.). Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG n. F. ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Nach Satz 2 ordnet die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen.

Dem Beklagten fehlt aber die Befugnis, die streitgegenständliche gewässeraufsichtliche Sanierungsanordnung nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG n. F. gegenüber dem Kläger zu treffen. Der Kläger kann gegen die Heranziehung zur Durchführung der Sanierungsmaßnahme mit Erfolg geltend machen, er sei als Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 Abs. 1 Wasserverbandsgesetz) selbst Hoheitsträger. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts über die Polizeipflichtigkeit von Hoheitsträgern sind Hoheitsträger auch bei der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben zwar materiell polizeipflichtig, also zur Beachtung besonderer ordnungsrechtlicher Vorschriften verpflichtet. Diese dürfen ihnen gegenüber durch die Gefahrenabwehrbehörden aber grundsätzlich nicht mit Befehl und Zwang durchgesetzt werden, wenn dadurch in ihre hoheitliche Tätigkeit eingegriffen wird (vgl. grundlegend: BVerwG, Urteil vom 16. Januar 1968 - I a 1.67 - BVerwGE 29 S. 52 ff. und juris, Rn. 29). Durch Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG - sind nämlich die Träger öffentlicher Verwaltung verpflichtet, sowohl die ihnen gesetzlich übertragenen hoheitlichen Aufgaben zu erfüllen, als auch dabei die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Gefahrenabwehr in eigener Verantwortung zu beachten, wie andererseits auch die zuständigen Gefahrenabwehrbehörden nach Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet sind, ihrerseits für die Einhaltung der ordnungsrechtlichen Vorschriften zu sorgen. Soweit der die jeweiligen Aufgabenzuweisungen regelnde Gesetzgeber zur Bewältigung dieses behördlichen Kompetenzkonflikts den Kompetenzbereich der Gefahrenabwehrbehörde nicht ausdrücklich durch besondere Eingriffsbefugnisse gegen andere Hoheitsträger erweitert hat, darf die Gefahrenabwehrbehörde die ihr nur allgemein verliehenen Befugnisse gegenüber anderen Hoheitsträgern nur insoweit ausüben, als sie damit nicht in deren hoheitlichen Tätigkeits- und Kompetenzbereich eingreift, so dass etwa die Wahrnehmung bloßer Zustimmungs-, Genehmigungs-, Auskunfts- oder Überwachungsrechte oder ein Hinweis auf Gesetzesverstöße durch die Gefahrenabwehrbehörde grundsätzlich zulässig ist (Hess. VGH, Beschluss vom 07. März 1996 – 14 TG 3967/95 -, juris, RN. 10 unter Berufung auf Gebhard, DÖV 1986 S. 545 ff. m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen durfte der Beklagte gegenüber dem Kläger nicht die Sanierung der unterirdischen Strecke des Nuhnenfließes im Bereich der schadhaften Verrohrung auf den Flurstücken ..., ... und ... der Flur ... in der Gemarkung ... anordnen, weil er damit unmittelbar regelnd in die hoheitliche Aufgabenwahrnehmung des Klägers im Bereich der Gewässerunterhaltung eingegriffen hat, ohne zu einem solchen Vorgehen durch das WHG oder das BbgWG ermächtigt zu sein. Dem Kläger obliegt als Gewässerunterhaltungsverband die Gewässerunterhaltung (auch) der unterirdischen Strecke des Nuhnenfließes im Bereich der schadhaften Verrohrung auf den Flurstücken ..., ... und ... der Flur ... in der Gemarkung ... Bei dem Nuhnenfließ handelt es sich um ein oberirdisches Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG n. F. Es dient der Vorflut (Entwässerung) zahlreicher an seinem Lauf gelegener Grundstücke. Da das Nuhnenfließ in der Anlage I zum Brandenburgischen Wassergesetz in der im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 08. Dezember 2004 (BbgWG a. F.) nicht genannt wird, handelt es sich gemäß § 3 Abs. 1 BbgWG a. F. um ein Gewässer II. Ordnung. Die Gewässerunterhaltung im Sinne des § 78 Satz 1 BbgWG a. F. obliegt bei Gewässern II. Ordnung grundsätzlich den Gewässerunterhaltungsverbänden (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG n. F., § 79 Abs. 1 Nr. 2 BbgWG a. F.), so auch dem Kläger als Gewässerunterhaltungsverband, dessen Mitglied die vom Beklagten vertretene Stadt ist. Nach § 78 Satz 1 BbgWG a. F. umfasst die Gewässerunterhaltung auch die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Gewässerbettes, mithin auch die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der schadhaften Verrohrung des Nuhnenfließes auf den Flurstücken ..., ... und ... der Flur ... in der Gemarkung ... Denn die Verrohrung bildet in diesem Bereich das Gewässerbett des Nuhnenfließes, weil sie auf dieser unterirdischen Teilstrecke die Funktion des Gewässerbettes vollständig übernimmt (vgl. Beschluss der erkennenden Kammer vom 23. Januar 2009 – 5 L 255/08, juris, Rn. 12; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Juli 2009, 2 S 19.09, juris, Rn. 3).

Für den vom Kläger hilfsweise geltend gemachten Einwand, die Pflicht zur Unterhaltung der schadhaften Verrohrung obliege gemäß § 82 Satz 1 BbgWG a. F. nicht ihm als Gewässerunterhaltungsverband, sondern den Nutzungsberechtigten der Grundstücke, über die die Verrohrung des Nuhnenfließes führt, besteht insofern kein Raum. § 82 Satz 1 BbgWG a. F. ordnet abweichend vom Grundsatz der Einheit der Gewässerunterhaltung an, dass Anlagen im Sinne des § 87 BbgWG a. F., sofern sie nicht Teil des Gewässers sind, von ihren Nutzungsberechtigten so zu erhalten sind, dass der ordnungsgemäße Zustand des Gewässers nicht beeinträchtigt wird. Die Voraussetzungen des § 82 Satz 1 BbgWG a. F. in Verbindung mit § 87 BbgWG a. F. sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zwar stellt die Verrohrung des Nuhnenfließes eine „Anlage in einem Gewässer“ im Sinne des § 87 BbgWG a. F. dar. Denn nach § 87 Abs. 1 Satz 2 BbgWG a. F. sind dies Anlagen, die sich ganz oder teilweise in, unter oder über dem Gewässer befinden. Das trifft auf das Betonrohr im Bereich der Flurstücke ..., ... und ... ohne weiteres zu, da es das Gewässer vollständig umschließt. Da die Verrohrung hier die Funktion des Gewässerbettes vollständig übernimmt, ist das Rohr Gewässerbett und damit zugleich „Teil des Gewässers“. Solche Anlagen, die Teil des Gewässers sind, unterliegen nach der ausdrücklichen Regelung des § 82 Satz 1 BbgWG a. F. nicht der besonderen Unterhaltungspflicht durch den „Nutzungsberechtigten“, sondern sind entsprechend dem Grundsatz der Einheit der Gewässerunterhaltung von dem allgemein Unterhaltspflichtigen, hier dem klagenden Gewässerunterhaltungsverband, zu erhalten (vgl. Beschluss der erkennenden Kammer vom 23. Januar 2009 – VG ... L .../08, juris, Rn. 13). Der klare Wortlaut des brandenburgischen Wassergesetzes lässt keinen Raum für eine zweck- oder interessenorientierte Bestimmung der Unterhaltspflicht für Anlagen, die Teil des Gewässers sind (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Juli 2009, 2 S 19.09 – juris, Rn. 2).

Sonderregelungen, die eine Anordnungsbefugnis des Beklagten als für die Gewässeraufsicht zuständige untere Wasserbehörde (vgl. §§ 124 Abs. 1 und 2, § 126 Abs. 1 BbgWG a. F.) gegenüber dem Kläger begründen, liegen nicht vor.

Eine ausdrückliche besondere Ermächtigung ergibt sich weder aus der allgemeinen Eingriffsermächtigung des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG n. F. noch aus § 42 Abs. 1 Nr. 1 WHG n. F. Nach letzterer Vorschrift kann die zuständige Behörde die nach § 39 WHG n. F. erforderlichen Unterhaltungsmaßnahmen sowie die Pflichten nach § 41 Absatz 1 bis 3 WHG n. F. näher festlegen. Eine über die der zuständigen Wasserbehörde eingeräumte Befugnis zur verbindlichen Festsetzung des Gegenstandes und des Umfangs der Gewässerunterhaltungspflicht hinausgehende Anordnungsbefugnis gegenüber dem Kläger als pflichtigen Gewässerunterhaltungsverband lässt sich der Bestimmung nicht entnehmen.

Die Vorschrift des § 82 Satz 3 i. V. m. § 82 Satz 1 BbgWG, auf die der Beklagte die Ordnungsverfügung vom 26. Juli 2010 mit ihrer Handlungsanordnung gestützt hat, eröffnet auch keine Anordnungsbefugnis gegenüber dem Kläger. § 82 Satz 1 BbgWG a. F. regelt – wie bereits dargelegt – die Unterhaltungspflicht bei Anlagen im Sinne des § 87 BbgWG a. F., über die im Streitfall nach § 82 S. 3 BbgWG die Wasserbehörde entscheidet. Die Vorschrift des § 82 S. 3 BbgWG a. F. enthält lediglich eine Zuständigkeitszuweisung an die (untere) Wasserbehörde für den Fall, dass Streit über die Gewässerunterhaltungspflicht besteht. Eine Anordnungsbefugnis – etwa zur Gefahrenabwehr - eröffnet diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut jedoch nicht.

Als Sonderregelung, die einen Eingriff in den Kompetenzbereich des Klägers rechtfertigen könnte, kommt schließlich auch nicht § 86 Abs. 1 Satz 2 BbgWG in Betracht. Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 BbgWG a. F. stellt die Untere Wasserbehörde im Streitfall auf Antrag eines Beteiligten fest, wem die Pflicht zur Gewässerunterhaltung oder eine besondere Pflicht im Interesse der Gewässerunterhaltung obliegt. Nach Satz 2 stellt sie den Umfang dieser Pflicht allgemein oder im Einzelfall fest. Eine über die der Unteren Wasserbehörde eingeräumte Feststellungsbefugnis hinausgehende Anordnungsbefugnis gegenüber dem Kläger lässt sich der Bestimmung nicht entnehmen.

Gefahr im Verzug, die den Eingriff in den Zuständigkeitsbereich des Klägers ausnahmsweise rechtfertigen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Januar 1968 - I a 1.67 - juris, Rn. 29), ist nicht gegeben. Gefahr im Verzug liegt vor, wenn die grundsätzlich vorgeschriebene Einschaltung einer Behörde nicht rechtzeitig vor Eintritt des zu erwartenden Schadens möglich ist, d. h. wenn ohne das sofortige Eingreifen der Behörde der drohende Schaden eintreten würde (vgl. z. B. Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 10. Aufl. § 10 I 2 m. w. N.). Zwar rechtfertigen die getroffenen Tatsachenfeststellungen des Beklagten und das Sanierungsgutachten vom 25. November 2010 die Annahme einer Einsturzgefahr an konkret benannten Stellen der Verrohrung des Nuhnenfließes auf den Flurstücken ..., ... und ... der Flur ... in der Gemarkung ... Es ist aber nicht ersichtlich, dass der für die Unterhaltung des Nuhnenfließes zuständige Kläger den Schaden an der Verrohrung nicht rechtzeitig beseitigen könnte oder dazu tatsächlich nicht in der Lage wäre.

Die angegriffene Verfügung des Beklagten verletzt zudem den Aufgabenbereich des für die Verbandsaufsicht zuständigen Beigeladenen, im Rahmen der Rechtsaufsicht sicherzustellen, dass der Kläger als Gewässerunterhaltungsverband die geltenden Gesetze beachtet (vgl. § 72 Abs. 1 Wasserverbandsgesetz – WVG -). § 72 Abs. 1 WVG gewährleistet damit, dass zu Eingriffen in die Selbstverwaltung des Verbandes grundsätzlich nur die staatlichen Aufsichtsbehörden befugt sind. Demgemäß können Kontroll- und Zwangsmittel gegenüber den Gewässerunterhaltungsverbänden nur von den zuständigen Aufsichtsbehörden wahrgenommen werden und können andere Behörden, wie etwa Fach- und Sonderaufsichtsbehörden, nicht selbst zwangsweise gegen einen Gewässerunterhaltungsverband vorgehen, es sei denn, es sind ihnen besondere Eingriffsbefugnisse verliehen. Insofern ist der Beklagte vielmehr darauf angewiesen, ein Ersuchen an die Aufsichtsbehörde auf Erlass einer verbandsaufsichtlichen Anweisung des Klägers zur Sanierung der schadhaften Verrohrung des Nuhnenfließes, falls erforderlich, mit anschließender zwangsweiser Durchsetzung nach dem brandenburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetz (vgl. § 76 WVG) zu richten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Dem Beigeladenen waren keine Kosten aufzuerlegen, weil er einen Antrag auf Abweisung der Klage nicht gestellt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.

Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für notwendig erklärt, weil es dem Kläger aus der Sicht einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei nicht zuzumuten war, den Rechtsstreit ohne anwaltliche Hilfe zu führen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung – ZPO -. Gründe, die Berufung nach § 124 a VwGO zuzulassen, sind nicht ersichtlich.