Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 09.02.2012 | |
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Aktenzeichen | 5 U 29/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. April 2011 – 14 O 401/10 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit der Kläger beantragt hat, die Beklagte zur Entfernung der Kiefernsetzlinge auf dem Flurstück 89 der Flur 9 der Gemarkung G… und auf den Flurstücken 59 und 103 der Flur 14 der Gemarkung H… zu verurteilen.
Die Beklagte wird verurteilt, die Umzäunungen auf dem Flurstück 89 der Flur 9 der Gemarkung G… und auf den Flurstücken 59 und 103 der Flur 14 der Gemarkung H… zu beseitigen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 6.001,00 €
I.
Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Flurstück 89 der Flur 9 der Gemarkung G… und der Flurstücke 103 und 59 der Flur 14 in der Gemarkung H…. Die Beklagte betreibt eine Abfallanlage. Die hierfür erforderliche Genehmigung des Landesumweltamtes vom 25. Januar 2008 enthält unter Ziff. VI. 9 “Nebenbestimmungen zur Umwandlung einer Waldfläche in Bauland”, wonach auf den vorbezeichneten Flächen wegen der Umwandlung von Wald eine Ersatzaufforstung vorzunehmen ist. Der Genehmigungsbescheid enthält unter Ziff. VIII. (Hinweise) Nr. 27 zur Waldumwandlung den Hinweis, dass die Waldumwandlungsgenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt wird und aufgrund anderer Vorschriften bestehende Verpflichtungen zum Einholen von Genehmigungen etc. unberührt lässt.
Der Kläger hatte dem Amt für Forstwirtschaft mitgeteilt, bereit zu sein, seine Flächen Bauherren zum sogenannten Grünausgleich zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte pflanzte spätestens ab Oktober 2009 auf diesen Grundstücken Kiefernsetzlinge und zäunte die Grundstücke ein. Zwischen den Parteien ist ein schriftlicher Nutzungsvertrag nicht abgeschlossen worden; direkte Verhandlungen mit dem Kläger in seiner Eigenschaft als Grundstückseigentümer sind vor Inanspruchnahme seiner Grundstücke durch die Beklagte nicht geführt worden. Der Kläger ist jedoch Förster und war als solcher dienstlich mit dem Fall befasst war, ohne sich gegenüber der Beklagten bzw. ihrer Beauftragten als Grundstückseigentümer zu erkennen zu geben.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Kiefernsetzlinge und Umzäunungen auf den Grundstücken der Gemarkung G…, Flur 9, Flurstück 89 und der Gemarkung H… Flur 14, Flurstücke 103 und Flurstück 59 zu entfernen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen laufenden Kosten freizustellen, die seit November 2009 auf den Flurstücken 59 und 103 der Flur 14 der Gemarkung H… und auf dem Flurstück 89 der Flur 9 der Gemarkung G… lasten und künftig für die Dauer von 30 Jahren lasten werden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung in Bezug auf den Hauptantrag ausgeführt, ein Anspruch aus § 862 BGB bestehe nicht, da die Beklagte keine verbotene Eigenmacht ausgeübt habe. Der Kläger habe einer Erstaufforstung auf seinen Grundstücken gegenüber dem Amt für Forstwirtschaft zugestimmt, die Zustimmung habe bei Setzen der Zäune und Kiefernpflanzen mangels Widerrufs noch fortbestanden. Es sei davon auszugehen, dass er zudem gegenüber der von der Beklagten beauftragten Frau T… nochmals konkludent seine Zustimmung erklärte, da diese mit ihm sämtliche Eckdaten zur Aufforstung abstimmte, ohne dass der Kläger angedeutet hätte, mit dem Grünausgleich nicht einverstanden zu sein. Auch dem Schreiben des Klägers vom 21. Oktober 2009 sei zu entnehmen, dass er von Anfang an mit der Einzäunung und Bepflanzung einverstanden war. Jedenfalls sei es dem Kläger nach § 242 BGB verwehrt, die Beseitigung der Aufforstungsmaßnahmen zu verlangen, da er diese geduldet und fachlich begleitet hatte, ohne den Maßnahmen zu widersprechen. Ein Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB sei jedenfalls gemäß § 254 BGB ausgeschlossen. Der Kläger habe die Aufforstung mit seiner Zustimmung gegenüber dem Amt für Forstwirtschaft erst ermöglicht; ihm habe es oblegen, die Maßnahmen zu unterbinden, indem er auf die fehlende Nutzungsvereinbarung hätte aufmerksam machen können.
Auch der hilfsweise geltend gemachte Feststellungsanspruch bestehe nicht. Die Beklagte habe aus §§ 989, 990, 988 BGB bzw. §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 BGB allenfalls für die gezogenen Nutzungen Wertersatz in Höhe des üblichen Pachtzinses zu leisten, die laufenden Grundstückskosten würden hiervon jedoch nicht umfasst.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er - unbestritten - vorträgt, dass die angepflanzten Kiefernsetzlinge zwischenzeitlich eingegangen sind. Zur Begründung des Rechtsmittels führt er im Wesentlichen aus, keine Zustimmung zur Aufforstung durch die Beklagte gegeben zu haben. Eine Zustimmung habe wirksam nur gegenüber der Beklagten erklärt werden können, woran es fehle. Es sei allgemein bekannt, dass landwirtschaftliche Agrarnutzflächen hoch begehrt seien und Ertrag bringen. Kein wirtschaftlich denkender Mensch komme auf die Idee, eine solche Fläche unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Er macht sich hilfsweise den Vortrag der Beklagten zueigen, wonach er selbst nie erwähnte, Grundstückseigentümer zu sein. Entsprechend habe die Beklagte nicht annehmen können, er stimme der Nutzung in seiner Eigenschaft als Eigentümer zu. Das gegenüber der Biologin T… erteilte Einverständnis zu Eckdaten der Aufforstung habe nur forstbiologische und -technische Fragen betroffen. Den Abschluss einer Nutzungsvereinbarung habe diese Abstimmung nicht entbehrlich gemacht.
Seinem Schreiben vom 21. Oktober 2009 sei nicht zu entnehmen, dass er mit einer Inanspruchnahme seiner Flächen durch die Beklagte ohne vertragliche Vereinbarung einverstanden gewesen wäre. Er habe auch nicht die Erstaufforstung durch seine Zustimmung gegenüber dem Amt ermöglicht, da die Einbringung der Grundstücke in den “Pool” nicht Dritte berechtige, diese ohne Nutzungsvereinbarung in Anspruch zu nehmen. Es sei auch nicht seine Sache gewesen, die Aufforstung durch die Beklagte zu unterbinden, vielmehr habe sich letztere um eine Nutzungsvereinbarung bemühen müssen. Eine etwaige Einwilligung sei zudem jederzeit widerrufbar und spätestens mit Klageerhebung widerrufen worden. Die Anpflanzungen stellten auch eine Eigentumsverletzung i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB dar, die die Beklagte zur Beseitigung (§ 249 BGB) verpflichte.
Der Kläger erklärtHauptsacheerledigung bezüglich des auf Entfernung der Kiefernsetzlinge gerichteten Hauptantrages. Für den Fall, dass die Beklagte sich der Erledigungserklärung nicht anschließt,
beantragt er,
festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit er beantragt hat, die Beklagte zur Entfernung der Kiefernsetzlinge auf dem Flurstück 89 der Flur 9 der Gemarkung G… und auf den Flurstücken 59 und 103 der Flur 14 der Gemarkung H… zu verurteilen,
ferner, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Entfernung der Umzäunungen auf dem Flurstück 89 der Flur 9 der Gemarkung G… und auf den Flurstücken 59 und 103 der Flur 14 der Gemarkung H… zu verurteilen,
hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen laufenden Kosten freizustellen, die seit November 2009 auf den Flurstücken 59 und 103 der Flur 14 der Gemarkung H… und auf dem Flurstück 89 der Flur 9 der Gemarkung G… lasten und künftig für die Dauer von 30 Jahren lasten werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus, der Kläger habe unstreitig handschriftlich gegenüber Frau T… vermerkt, dass gegen die detailliert dargelegten Eckdaten keine Einwendungen erhoben würden. Ferner habe er unstreitig das Abnahmeprotokoll ohne Beanstandungen unterzeichnet. Ein Anspruch aus § 823 BGB scheitere schon daran, dass der Grundbesitz durch die Aufforstungsmaßnahme im Wert gestiegen sei. In seinem Schreiben an die Beklagte vom 21. Oktober 2009 habe er ausdrücklich erklärt, die Grundstücke der Beklagten zur Verfügung gestellt zu haben. Der Ausschluss eines Anspruchs aus § 1004 BGB folge aus dem Aspekt unterlassener Abwehr, § 254 BGB und der Verwirkung, § 242 BGB.
II.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Nachdem die Beklagte sich der vom Kläger erklärten Hauptsacheerledigung bezüglich des die Kiefernsetzlinge betreffenden Beseitigungsverlangens nicht angeschlossen hat, beschränkt sich die Prüfung auf die Frage, ob die auf Beseitigung der Kiefernsetzlinge gerichtete Klage ursprünglich zulässig und begründet war. Diese Frage bejaht der Senat.
Der Kläger hatte insoweit gegen die Beklagte einen Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB. Nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB muss der Störer die fortdauernde Eigentumsbeeinträchtigung beseitigen. Er hat den dem Inhalt des Eigentums entsprechenden Zustand wiederherzustellen. Geschuldet ist die Beseitigung der Störungsquelle (BGH NJW 2005, 1366).
a) Der Kläger ist unstreitig Eigentümer der von der Beklagten in Anspruch genommenen Grundstücke.
b) Sein Eigentum wurde durch die Anpflanzung von Kiefernsetzlingen zum Zweck der Aufforstung auch beeinträchtigt. Maßstab für die Frage einer Beeinträchtigung ist § 903 BGB, wonach der Eigentümer mit seiner Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen kann. Unter einer Eigentumsbeeinträchtigung i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB ist jeder dem Inhalt des Eigentums widersprechende Zustand zu verstehen (BGH NJW 2005, 1366). Ob die Eigentumsstörung rechtmäßig oder rechtswidrig ist, ist für eine Eigentumsbeeinträchtigung nach § 1004 Abs. 1 BGB zunächst unerheblich. Nicht die Rechtswidrigkeit des Eingriffs, sondern der dem Inhalt des Eigentums widersprechende Zustand begründet den Abwehranspruch (BGH NJW 1976, 416). Es kommt deshalb in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Beklagte den Genehmigungsbescheid so verstehen durfte, dass die unter Ziff. IV. 9.3 für die Ersatzmaßnahmen „festgelegten“ Flächen im Eigentum der öffentlichen Hand stehen. Es ist ferner unerheblich, dass der Kläger Aufforstungsmaßnahmen grundsätzlich gutheißt, da die Entscheidungsbefugnis über Ob und Wie entsprechender Maßnahmen allein dem Grundstückseigentümer zusteht.
c) Die Beklagte war auch Handlungsstörerin, da sie das Eigentum des Klägers verletzt hat, indem sie die Anpflanzungen veranlasst hat.
d) Der Kläger war zur Duldung dieser Beeinträchtigung seines Eigentums nicht verpflichtet. Nach § 1004 Abs. 2 BGB ist der Beseitigungsanspruch ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist. In diesem Fall steht dem Beseitigungsanspruch eine anspruchshindernde Einwendung entgegen. Die Beweislast für die Voraussetzungen einer Duldungspflicht trägt der Störer als Anspruchsgegner (Palandt-Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 1004 Rn 52), hier die Beklagte. Einen entsprechenden Nachweis hat sie nicht geführt.
aa) Eine Duldungspflicht des Klägers kraft öffentlich-rechtlicher Vorschriften bestand nicht. Der Genehmigungsbescheid des Landesumweltamtes begründete keine Duldungspflicht des Klägers. Ein Verwaltungsakt gegenüber Dritten führt grundsätzlich nicht zur Pflicht des Grundstückseigentümers, ein bestimmtes Verhalten zu dulden, sofern der Inhalt des Verwaltungsaktes nicht gerade darauf gerichtet ist. Soweit anderen Personen eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis erteilt wird, werden hierdurch regelmäßig die privatrechtlichen Rechtsbeziehungen nicht berührt; entsprechende Erlaubnisse werden unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt. Wenn der Adressat der Erlaubnis hiervon Gebrauch macht und dabei eine Eigentumsstörung verursacht, kann er nicht geltend machen, der berechtigte Eigentümer sei aufgrund der Erlaubnis zur Duldung verpflichtet. Durch die Erlaubnis wird regelmäßig nur zum Ausdruck gebracht, dass der erlaubten Tätigkeit keine öffentlich-rechtlichen Bedenken entgegenstehen, es wird aber nicht im Verhältnis zu anderen festgestellt, dass die Ausübung der Erlaubnis im Verhältnis zu ihnen rechtmäßig ist. So liegt der Fall auch hier; der Genehmigungsbescheid des Landesumweltamtes richtet sich nicht (auch) an den Kläger und konnte entsprechend eine Duldungsverpflichtung des Grundstückseigentümers nicht begründen.
bb) Auch eine Einwilligung des Eigentümers lag nicht vor. Ein schuldrechtlicher oder dinglicher Vertrag über die Nutzung des Eigentums ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Auch die Beklagte behauptet eine vertragliche Einigung nicht.
Die Einwilligung des Eigentümers in die Eigentumsstörung erfordert allerdings nicht zwingend einen Vertrag, vielmehr genügt eine einseitige Gestattung, die sowohl mündlich als auch schriftlich oder sogar stillschweigend durch schlüssiges Verhalten erteilt werden kann. Eine derartige Einwilligung bzw. Gestattung des Klägers in seiner Eigenschaft als Eigentümer hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte indessen nicht vorgetragen.
Eine Einwilligung ist eine einseitige, empfangsbedürftige und bis zur Vornahme des betroffenen Rechtsgeschäfts bzw. der Handlung grundsätzlich widerrufliche Willenserklärung, §§ 182, 183 BGB. Möglich ist auch eine konkludente Einwilligung. Eine Einwilligung durch schlüssiges Handeln setzt jedoch voraus, dass das Verhalten des Zustimmungsberechtigten einem der möglichen Erklärungsempfänger als Zustimmung erkennbar ist. Bloßes Schweigen genügt nur, wenn der Zustimmungsberechtigte verpflichtet gewesen wäre, seinen abweichenden Willen zu äußern. Eine solche Pflicht besteht nur in besonderen Ausnahmefällen und wird nicht durch eine Anfrage des anderen Teils begründet (Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 182 Rn 3).
(1) Eine Einwilligung in die konkrete Eigentumsbeeinträchtigung ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger gegenüber der zuständigen Behörde die Bereitschaft erklärt hat, seine Grundstücke für einen sogenannten Grünausgleich zur Verfügung zu stellen. Diese Erklärung erfolgte ohne Bezug auf das Vorhaben der Beklagten und ist zudem nicht gegenüber der Beklagten als Erklärungsempfängerin abgegeben worden, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass die Behörde das Einverständnis des Klägers mit der Nutzung seiner Flächen als Empfangsbotin für die Beklagte entgegengenommen und dieser übermittelt hätte. Auch der Genehmigung des Landesumweltamtes vom 25. Januar 2008 lässt sich nicht entnehmen, dass der Grundstückseigentümer in die entschädigungslose Inanspruchnahme seiner Grundstücke durch die Beklagte eingewilligt hätte.
(2) Der Umstand, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Bediensteter der Forstbehörde sowohl die abgestimmten Eckdaten im Schreiben der Frau T… vom 5. Januar 2009 mit „OK“ gegengezeichnet und am 15. Oktober 2009 auch die Niederschrift der Abnahme unterzeichnet hat, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme einer Einwilligung in eine Eigentumsbeeinträchtigung. Diese Erklärungen hat der Kläger unstreitig im amtlicher Eigenschaft abgegeben und nicht als Eigentümer. Die Beklagte behauptet nicht einmal, sich nach dem Grundstückseigentümer erkundigt zu haben, geschweige denn, den Kläger als solchen erkannt zu haben. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Biologin T… von der Beklagten überhaupt in Bezug auf die Klärung der Eigentumsverhältnisse an den Flächen bevollmächtigt war.
(3) Auch dem Schreiben des Klägers vom 21. Oktober 2009 lässt sich keine Einwilligung in die konkrete Eigentumsbeeinträchtigung entnehmen. In dem Schreiben heißt es allerdings „für die Realisierung des B-Planes „K… IV“ Kraftwerk S…, habe ich drei in meinem Eigentum befindliche Flächen für E- und A-Maßnahmen Ihrem Unternehmen zur Verfügung gestellt“. Zugleich verweist der Kläger jedoch auf das Fehlen vertraglicher Regelungen zwischen ihm und der Beklagten und bittet um Übersendung eines Vertragsentwurfs. Da zwischen den Parteien unstreitig ist, dass es zu direkten Verhandlungen zwischen ihnen über die Inanspruchnahme der Grundstücke nie gekommen ist, kann dem zitierten Satz nur entnommen werden, dass der Kläger grundsätzlich damit einverstanden war, dass die Grundstücke von der Beklagten genutzt werden, jedoch nur bei entsprechender Regelung der konkreten Umstände.
Einen Vertrauenstatbestand hat möglicherweise die den Genehmigungsbescheid erteilende Behörde geschaffen, indem sie für die Ersatzaufforstung bestimmte Flächen „festlegte“; hierdurch mag bei der Beklagten der - unzutreffende - Eindruck entstanden sein, dass es sich um Eigentum der öffentlichen Hand handelte. Der Kläger müsste sich dies jedoch nicht zurechnen lassen.
(4) Im Streitfall liegen auch keine weiteren besonderen Umstände vor, aus denen im redlichen Geschäftsverkehr zu folgern gewesen wäre, dass das Schweigen des Klägers keine andere Deutung als die der Einwilligung in die entschädigungslose Nutzung seiner Grundstücke zulasse. Wer fremdes Eigentum für eigene Zwecke in Anspruch nehmen will, bedarf hierzu der Einwilligung des jeweiligen Eigentümers, von deren Vorliegen er sich – zur Vermeidung eines späteren Beseitigungsanspruchs – selbst zu vergewissern hat. Die Vertreter der Beklagten haben sich jedoch keine Gedanken darüber gemacht, ob eine Privatperson Grundstückseigentümer ist, sie konnten deshalb auch keine belastbaren Rückschlüsse aus dem Verhalten des Klägers ziehen.
cc) Der Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs stand nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegen. Der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB kann im Einzelfall allerdings auch dingliche Ansprüche wegen unzulässiger Rechtsausübung ausschließen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall jedoch nicht erfüllt.
Für die Frage einer etwaigen unzulässigen Rechtsausübung hat außer Betracht zu bleiben, dass die Setzlinge zwischenzeitlich eingegangen sind. Hätte die Aufforstungsmaßnahme demgegenüber Erfolg gehabt, so wäre der Kläger bei Annahme unzulässiger Rechtsausübung dauerhaft von der Ausübung seiner Eigentümerbefugnisse an den in Rede stehenden Grundstücken ausgeschlossen und auf die Geltendmachung von Nutzungsentschädigung verwiesen. Diese Rechtsfolge lässt sich nicht mit Gesichtspunkten von Treu und Glauben rechtfertigen, nachdem es im Ausgangspunkt der Beklagten oblag, vor Inanspruchnahme fremden Eigentums zu eigenen Zwecken zu prüfen, ob die Voraussetzungen hierfür vorlagen, und sie dieser Verpflichtung unstreitig nicht nachgekommen ist.
(1) Eine unzulässige Rechtsausübung kann weder aus dem Umstand, dass der Kläger aufgrund des Schreibens der Frau T… vom 5. Januar 2009 Kenntnis von der vorgesehenen Anpflanzung hatte, noch aus der von ihm am 15. Oktober 2010 erklärten Abnahme der Anpflanzung abgeleitet werden. Ein treuwidriges Verhalten des Klägers könnte sich insoweit allein unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) ergeben. Danach ist eine Rechtsausübung unzulässig, wenn das Verhalten des Berechtigten einen Vertrauenstatbestand begründet und der andere Teil im Hinblick hierauf Dispositionen getroffen hat.
Das Verhalten des Klägers und der Umstand, dass dieser trotz Kenntnis von den vorgesehenen Anpflanzungen einen Hinweis auf seine Eigentümerstellung unterlassen hat, begründeten auf Seiten der Beklagten jedoch keinen schützenswerten Vertrauenstatbestand. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, dass die Beklagte davon ausgegangen sei, es habe sich bei den zugewiesenen Flächen um Eigentum der öffentlichen Hand gehandelt. Ihre Dispositionen hat sie demnach nicht im Vertrauen auf ein bestimmtes Verhalten des Klägers, sondern aufgrund eines – möglicherweise nicht ohne weiteres erkennbar – falschen Verständnisses des Genehmigungsbescheides getroffen.
(2) Soweit die Beklagte sich schließlich auf Verwirkung (§ 242 BGB) des Beseitigungsanspruchs beruft, kann sie damit keinen Erfolg haben, weil es bereits an dem insoweit erforderlichen Zeitmoment fehlt. Der Kläger hat auf die nach Vortrag der Beklagten Anfang Oktober 2009 angelegte Pflanzung schon mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 reagiert, mithin keine Veranlassung zu der Annahme gegeben, die Eigentumsbeeinträchtigung dauerhaft hinzunehmen.
dd) Dem Beseitigungsanspruch stand schließlich auch nicht der Einwand der Mitverursachung entgegen. Zwar ist § 254 BGB grundsätzlich auch im Rahmen eines Beseitigungsanspruches nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB anwendbar. Soweit die Vorschrift eingreift, bringt dies allerdings nicht den Beseitigungsanspruch zu Fall, sondern beschränkt die Verurteilung zur Beseitigung durch die Feststellung, dass der beeinträchtigte Eigentümer sich in Höhe seiner Haftungsquote an den Kosten der Beseitigung zu beteiligen hat (BGHZ 135, 235).
Ungeachtet des Umstandes, dass die Beklagte eine entsprechende Beschränkung der Beseitigungskosten nicht begehrt hat, kann eine Mitverantwortung des Klägers an der Eigentumsbeeinträchtigung wegen unterlassener Vorkehrungen zur Schadensabwehr nicht festgestellt werden. Anders als in dem der von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung BGHZ 135, 235 zugrundeliegenden Fall hat der Kläger nicht durch Umgestaltung oder Einwirkung auf sein Grundstück zu dessen Beeinträchtigung beigetragen; ihm könnte demnach allenfalls vorgeworfen werden, nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt auf seine Eigentümerstellung hingewiesen und Abwehransprüche geltend gemacht zu haben. Dazu war er indessen nach Lage der Dinge nicht verpflichtet. Das Schreiben der Frau T… vom 5. Januar 2009 gab ihm hierzu noch keine Veranlassung, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch davon ausgehen konnte, dass die Beklagte sich vor Beginn der entsprechenden Maßnahmen pflichtgemäß an ihn wenden würde, um eine entsprechende Nutzungsvereinbarung abzuschließen. In diesem Zeitpunkt hatte der Kläger noch keine Veranlassung zu der Annahme, dass die Beklagte beabsichtigte, die Anpflanzung ohne Prüfung der Eigentumsverhältnisse und vertragliche Regelung der Modalitäten vornehmen zu lassen. Nachdem die Pflanzen im Oktober 2009 eingebracht worden waren, hat der Kläger unverzüglich zum Ausdruck gebracht, hiermit ohne vertragliche Grundlage nicht einverstanden zu sein, ihm kann deshalb auch insoweit nicht der Vorwurf gemacht werden, die drohende Beeinträchtigung seines Eigentums nicht durch schadensverhütende Maßnahmen verhindert zu haben.
2. Die Beklagte ist aus den unter 1. genannten Gründen aus § 1004 Abs. 1 BGB zur Beseitigung der auf den im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücken noch vorhandenen Umzäunungen verpflichtet.
Der Senat hat erwogen, ob diesem Beseitigungsverlangen der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegensteht, nachdem der Kläger zum Ausdruck gebracht hat, die Zäune könnten auch für eine etwaige spätere Nutzung durch Dritte auf dem Grundstück belassen werden. Allein diese in Aussicht gestellte Möglichkeit macht dieses Klagebegehren jedoch auch im Hinblick auf die Ungewissheit bezüglich der künftigen Nutzung der Grundstücke nicht rechtsmissbräuchlich bzw. schikanös i.S.v. § 226 BGB.
3. Da die Hauptanträge demnach Erfolg haben, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Grund hierfür nicht vorliegt (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).