Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 12.07.2013 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 N 82.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 8 Abs 1 Baumschutzsatzung der Gemeinde Groß Glienicke |
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 20. Juli 2011 wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Beklagte.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Durch Urteil vom 20. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die dem Kläger im Zusammenhang mit einer Genehmigung zur Fällung von zwei Kiefern erteilte Auflage zur Ersatzpflanzung von vier Bäumen mit der Begründung aufgehoben, dass die als Rechtsgrundlage allein in Betracht kommende Vorschrift des § 8 Abs. 1 der Baumschutzsatzung der Gemeinde Groß Glienicke vom 14. September 2000 in der Fassung der Änderungssatzung vom 10. Mai 2001 unwirksam sei, weil sie mit den höherrangigen Rechtsstaatsgeboten (Art. 20 Abs. 3 GG) der Bestimmtheit und Normenklarheit nicht vereinbar sei. Hiergegen richtet sich der auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung.
Der Antrag ist nicht begründet.
1. Der Beklagte macht geltend, die Berufung sei wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bezüglich der Bestimmtheitsanforderungen von dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 16. Januar 2008 – 8 A 976/07.OVG – (bei juris) abweiche. Dem ist nicht zu folgen.Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. August 2011 – 1 BvR 1764/09 –, bei juris). Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, hat der Beklagte nicht dargelegt. Abgesehen davon, dass es bereits an der Formulierung einer als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfrage fehlt, kommt die Grundsatzzulassung deshalb nicht in Betracht, weil das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz (naturgemäß) nicht die hier einschlägige Vorschrift der Baumschutzsatzung einer Gemeinde des Landes Brandenburg betrifft. Überdies divergieren die von beiden Gerichten beurteilten baumschutzrechtlichen Vorschriften bereits in ihrem Wortlaut. Während gemäß § 8 Abs. 1 der hier einschlägigen Baumschutzsatzung der G... die Genehmigung zum Beseitigen von Bäumen mit der Durchführung von Ersatzpflanzung verbunden werden soll, die dem „Wert“ des beseitigten Baumbestandes entsprechen, regelte die im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz wiedergegebene Vorschrift des § 5 Abs. 7 S. 2 BaumschutzVO MZ, dass sich die erforderliche Ersatzpflanzung jeweils nach der „Funktionsleistung“ des geschädigten bzw. entfernten Baumes bemesse. Dass beide Begriffe synonym zu verstehen sind, ist keineswegs zwingend.
Entgegen der Auffassung des Beklagten rechtfertigt sich die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung auch nicht daraus, dass die vom Verwaltungsgericht für unwirksam erklärte Norm im Wesentlichen der einen von zwei landes- und bundesweit üblichen und allgemein anerkannten baumschutzrechtlichen Regelungsvarianten zur Ersatzauflage entspreche, wonach Anknüpfungspunkt entweder der Stammumfang des beseitigten Baumes i.V.m. einem pauschalierten Ersatz sei oder – wie vorliegend – die ökologische Wertigkeit des beseitigten Baumbestandes, die wiederum im Wege der Einzelfallbeurteilung anhand allgemein anerkannter naturschutzfachlicher Kriterien – meist geregelt im Schutzgegenstand bzw. -zweck der Satzung –, insbesondere der Bedeutung des Schutzobjekts für das Orts- und Landschaftsbild, individuell bestimmt werde. Insoweit ist dem Beklagten bereits entgegenzuhalten, dass der Wortlaut des § 8 Abs. 1 der Baumschutzsatzung der Gemeinde Groß Glienicke nicht auf das Kriterium der „ökologischen Wertigkeit“, sondern schlicht auf den „Wert“ des beseitigten Baumes abstellt und auch nicht die in § 7 Abs. 1 Satz 1 der brandenburgischen Musterbaumschutzsatzung des Ministers für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung vom 24. Juni 1994 (abgedruckt bei Koch/Tolkmitt, Brandenburgisches Naturschutzgesetz, Anhang 8) enthaltenen Verweise auf die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach § 1 Abs. 1 BNatSchG aufweist. Gegenstand der Überprüfung der Bestimmtheit einer Norm ist aber in erster Linie deren Wortlaut. Hiervon abgesehen mag die Begründung des Beklagten zwar aufzeigen, dass dieser der Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Einzelfall hinaus Bedeutung beimisst. Für die zusätzlich erforderliche Darlegung obergerichtlichen Klärungsbedarfs hätte es aber einer Auseinandersetzung mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts bedurft, die der Beklagte mit dem bloßen Hinweis auf die von ihm für richtig gehaltene, aber zu einer anderen Rechtsvorschrift ergangene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz nicht leistet.
2. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils werden nicht nachvollziehbar dargelegt.
Soweit der Beklagte auch insoweit auf die benannte Entscheidung des OVG Koblenz verweist, ist - wie vorstehend ausgeführt - schon nicht erkennbar, inwiefern dieser angesichts des abweichenden Wortlauts der hier in Rede stehenden Satzung Bedeutung für den vom Verwaltungsgericht entschiedenen Fall zukommen sollte. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten, wonach die Frage, welche Anforderungen an die normativen Regelungen in Baumschutzverordnungen und -satzungen im Hinblick auf Bestimmtheit und Normenklarheit und damit zur Vorhersehbarkeit des Umfangs der Ersatzauflage zu stellen seien und ob diese im Einzelfall eingehalten würden, nicht nur kontrovers beurteilt werde, sondern vor allem Gegenstand der jeweiligen Einzelüberprüfung sei, die mit der Zulassung der Berufung beantragt werde, sind schon hinsichtlich ihres Aussagegehalts unklar und beinhalten jedenfalls keine substantiierte Auseinandersetzung mit der Argumentation des Urteils des Verwaltungsgerichts.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).