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Entscheidung 1 O 34/16


Metadaten

Gericht LG Neuruppin 1. Zivilkammer Entscheidungsdatum 28.02.2017
Aktenzeichen 1 O 34/16 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die an den Sachverständigen zu zahlende Vergütung für das von ihm erstellte schriftliche Gutachten vom 15.11.2016 wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die vom Sachverständigen für seine Tätigkeit zu beanspruchende Vergütung war gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG durch das Gericht festzusetzen, da der Sachverständige dies als Vergütungsberechtigter mit Schreiben vom 08.12.2016 (Bl. 168-169 d.A.) beantragt hat.

Die Höhe der festgesetzten Vergütung ergibt sich dabei aus § 8a Abs. 4 JVEG. Hiernach erhält der Sachverständige die Vergütung nur in Höhe des angeforderten Auslagenvorschusses, wenn die von ihm abgerechnete Vergütung diesen zur Verfügung stehenden Auslagenvorschuss erheblich übersteigt und der Sachverständige hierauf nicht rechtzeitig im Sinne des § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO hingewiesen hat.

Die vom Sachverständigen mit Abrechnung vom 15.11.2016 geltend gemachte Vergütung von 1.563,79 € überschreitet den vorliegend durch den Kläger eingezahlten Auslagenvorschuss von 1.000,00 € erheblich. Von einer solchen erheblichen Überschreitung ist dabei jedenfalls bei Überschreitungen um mehr als 25 % des Auslagenvorschusses auszugehen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.6.2016 – I-10 W 87/16; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.06.2016 - I-10 W 77/16; OLG Jena, Beschluss vom 01.08.2014 - 7 U 405/12; BayLSG, Beschluss vom 08.06.2015 - L 15 SF 255/14 E). Vorliegend überschreitet die vom Sachverständigen beanspruchte Vergütung den zur Verfügung stehenden Auslagenvorschuss sogar um mehr als 50 %.

Die Vergütung des Sachverständigen war daher nach der eindeutigen Intention des Gesetzgebers gem. § 8a Abs. 4 JVEG „mit dem Betrag des Vorschusses zu kappen“ (BT-Drucks. 17/11471 (neu), S. 260). Der Gesetzgeber hat sich insoweit bewusst für eine durchaus jedenfalls auch pönalisierende Wirkung der Vergütungskürzung gem. § 8a Abs. 4 JVEG entschieden (OLG Hamm, Beschluss vom 24.07.2014 - I-24 U 220/12; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2015 - I-10 W 137/15). Für eine Kausalitätsprüfung dergestalt, dass die Verletzung der Anzeigepflicht gerade in dem Sinne für die eingetretene Kostensteigerung kausal gewesen sein müsste, dass im Falle einer hypothetisch korrekten Anzeige auch tatsächlich mit einer Einstellung der weiteren Beweiserhebung anstelle einer Auslagenvorschusserhöhung und -einzahlung zu rechnen gewesen wäre, verbleibt damit kein Raum (OLG Hamm, a.a.O; OLG Düsseldorf, a.a.O.; LG Heidelberg, Beschluss vom 05.02.2015 - 3 T 4/15; OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.12.2014 - 11 W 64/14; OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2016 - 12 W 42/16; a.A. BeckOK KostR/Bleutge JVEG § 8a Rn. 30; OLG Dresden, Beschluss vom 26.09.2014 - 3 W 980/14; BW-LSG, Beschluss vom 30.04.2015 - L 12 KO 1307/13; OLG Jena, Beschluss vom 01.08.2014 - 7 U 405/12). Die vom Sachverständigen in seinem Festsetzungsantrag vom 08.12.2016 zitierte frühere Rechtsprechung etwa des OLG Naumburg (Beschluss vom 19.06.2012 - 1 W 30/12; ähnlich seinerzeit auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.3.2013 – 13 WF 121/12; OLG Hamburg VersR 1967, 450; KG JurBüro 1983, 1546; OLG Schleswig JurBüro 1997, 539; BW-LSG DS 2004, 270; OLG Celle DS 2008, 77; LG Osnabrück JurBüro 2013, 437) ist insoweit durch die gesetzgeberische Entscheidung für den seit dem 01.08.2013 geltenden § 8a Abs.4 JVEG als überholt anzusehen.

Ebensowenig kann es dogmatisch überzeugen, eine solche - ihrer Natur nach stets objektive - Kausalitätsprüfung nunmehr im Rahmen der gem. § 8a Abs. 5 JVEG vorzunehmenden Prüfung des - notwendigerweise subjektiven - Verschuldens des Sachverständigen vorzunehmen (so aber BeckOK KostR/Bleutge JVEG § 8a Rn. 30). Von einem Verschulden des Sachverständigen ist hier sodann auch im Übrigen auszugehen. Die seit dem 01.08.2013 geltende Regelung des § 8a Abs. 4 JVEG einschließlich der hierzu ergangenen neueren Rechtsprechung insbesondere des OLG Brandenburg (OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.12.2014 - 11 W 64/14; OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2016 - 12 W 42/16) musste dem Sachverständigen von Berufs wegen bekannt sein. Der Sachverständige war auch im Beauftragungsschreiben vom 24.06.2016 (Verfügung vom 23.06.2016, Bl. 122-124 d.A.; Leseabschrift Bl. 125-127 d.A.) auf die Höhe des zur Verfügung stehenden Kostenvorschusses im Fettdruck sowie auf die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Kostenerhöhungsanzeige an das Gericht ausdrücklich hingewiesen worden.

Den Sachverständigen kann insoweit auch nicht entlasten, das nach seiner Darstellung zunächst die angefallenen Nebenkosten vor oder während der Gutachtenerstellung nicht einzuschätzen gewesen seien. Zum einen hatte der Sachverständige im Laufe der Bearbeitung des Gutachtenauftrages selbstredend Kenntnis von den jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgelösten Nebenkosten, dies jedenfalls hinsichtlich einer gewissen jeweils erreichten Größenordnung, zum anderen dauert die Hinweispflicht über die gesamte Zeitdauer der Gutachtenbearbeitung fort und erschöpft sich nicht in einer Abschätzung zu Beginn der Begutachtung.

Den Sachverständigen kann weiterhin nicht entlasten, dass nach seiner Darstellung bei einer komplexen Gutachtenerstellung eine Einschätzung der Bearbeitungsdauer „zu keinem Zeitpunkt“ dahingehend möglich gewesen sei, ob die Gutachtenerstellung nun 7 oder 10 Stunden beanspruchen werde. Hält der Sachverständige, wie er selbst ausführt, den ihm mitgeteilten Auslagenvorschuss für angemessen, so muss er diesen zu Beginn der Bearbeitung - insbesondere wenn wie hier seine nach Stunden zu bemessende Vergütung ersichtlich den Großteil der abzurechnenden Gutachtenkosten ausmacht - für sich in ein für die Gutachtenerstellung zur Verfügung stehendes Stundenmaximum umrechnen. Wenn dies aber, wovon der Sachverständige offenbar selbst ausgeht, vorliegend bei etwa 7 Stunden gelegen hätte, so ist nicht ersichtlich, warum der Sachverständige nicht nach dem Aufbrauchen dieser 7 Stunden seine Tätigkeit zunächst eingestellt und auf eine Auslagenvorschusserhöhung durch das Gericht hingewirkt hat. So handelte es sich bei seiner Tätigkeit jedenfalls ersichtlich nicht um eine Begutachtung, die aufgrund eines besonderen Zeitdrucks zwingend ohne Unterbrechung an einem Stück zu Ende zu bringen war. Zwar mag eine solche Unterbrechung der Begutachtung oftmals etwas unwirtschaftlich erscheinen, weil im Ergebnis durch eine erneute Einarbeitung nach Eingang eines weiteren Kostenvorschusses insgesamt mehr Zeit benötigt wird, als dies bei durchgängiger Bearbeitung der Fall gewesen wäre. Der Gesetzgeber hat in § 8a Abs. 4 JVEG jedoch - was durch die Gerichte zu respektieren ist - der Möglichkeit der prozessökonomischen Kostenkontrolle durch das Gericht sowie durch die kostenvorschusspflichtigen bzw. am Ende kostenpflichtigen Parteien den Vorrang vor solchen anderen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen gegeben. Dem Sachverständigen kann schließlich zur Frage der von ihm aufgewendeten Bearbeitungszeit auch nicht darin gefolgt werden, die zusätzlich notwendigen 3 Stunden als „geringfügig höheren Zeitaufwand“ zu bewerten. Vielmehr erweisen sich diese drei Stunden, die ja im Ergebnis die Kostenüberschreitung um mehr als 50 % des Auslagenvorschusses zum größten Teil begründen, im Lichte des vom Gericht mit Blick auf den Streitwert von knapp über 5.000,00 € als unter prozessökonomischen Gesichtspunkten verhältnismäßig angesehenen Kostenvorschusses von 1.000,00 € gerade als eine durchaus gewichtige Überschreitung.

Schließlich ist bei einer nach § 8a Abs. 4 JVEG vorzunehmenden Festsetzung der Vergütung auch nicht etwa ein Zuschlag von bis zu 20-25 % auf den Kostenvorschuss vorzunehmen, den der Sachverständige als nicht erhebliche Kostenüberschreitung so hypothetisch erfolgreich hätte abrechnen können (OLG Hamm, Beschluss vom 24.07.2014 - 24 U 220/12; LG Hannover, Beschluss vom 07.08.2014 - 92 T 87/14; BayLSG BeckRS 2015, 6927; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.06.2016 - I-10 W 77/16; LG Heidelberg, Beschluss vom 05.02.2015 - 3 T 4/15; a.A. BeckOK KostR/Bleutge JVEG § 8a Rn. 30). Auch hierzu ist der Wortlaut des § 8a Abs. 4 JVEG eindeutig, der Gesetzgeber hat ersichtlich auch insoweit zulässigerweise eine gewisse pönalisierende Wirkung angestrebt. Der vom OLG Hamm entschiedene Sonderfall eines ausdrücklichen Unsicherheitshinweises des dortigen Sachverständigen, in dem eine zusätzliche Auszahlung von 20-25 % des Auslagenvorschusses als von einem Hinweis des dortigen Sachverständigen an das Gericht abgedeckt angesehen worden war (OLG Hamm, Beschluss vom 14.10.2014 - 10 U 104/11), ist vorliegend ersichtlich nicht gegeben, da der Sachverständige hier eben gerade keinerlei Mitteilungen zur Auskömmlichkeit des Auslagenvorschusses an das Gericht getätigt hat.