Gericht | OLG Brandenburg 6. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 14.04.2011 | |
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Aktenzeichen | 6 U 55/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufungen der Klägerin und des Beklagten gegen das am 30. Juni 2008 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 32 O 74/07 – werden zurückgewiesen. Der Klagehilfsantrag lit. b wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages leistet.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages leistet.
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung der Kommanditeinlage, hilfsweise auf Zahlung eines Verlustausgleichs in Anspruch.
Die Klägerin ist ein Immobilienfonds. Gemäß § 5 Abs. 3 ihres Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 23.11.2006 sind 200 % der jeweiligen Pflichteinlagen der Kommanditisten als Haftsumme (Hafteinlage) im Handelsregister eingetragen und bilden das Gesellschaftskapital. Nach § 6 Abs. 2 S. 3 des Gesellschaftsvertrages haben die Kommanditisten die Kommanditeinlage im Betrage der Differenz zwischen der Hafteinlage und der Pflichteinlage nach schriftlicher Aufforderung durch die Geschäftsführung innerhalb eines Monats nach Aufgabe zur Post zu zahlen. Das setzt voraus, dass die Gesellschaft mit der Begleichung ihrer Zahlungsverpflichtungen mindestens einen Monat in Verzug ist und sie über keine anderen Mittel zur Begleichung der Verbindlichkeiten verfügt. § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages ist durch Beschluss vom 21.7.2006 um Satz 4 ergänzt worden. Danach soll unabhängig von § 6 Abs. 2 S. 3 des Gesellschaftsvertrages die Gesellschaft berechtigt sein, eine Zahlung aus der Differenz zwischen der Haft- und der Pflichteinlage bis zur Höhe des Gesamtbetrages von 4,3 Mio. € (66,61 %) zu fordern.
Scheidet ein Kommanditist durch Kündigung oder Ausschluss aus der Gesellschaft aus, so hat er gemäß § 18 des Gesellschaftsvertrages einen Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben aus der zum Ende des Auseinandersetzungszeitpunktes vorangegangenen Geschäftsjahres zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz. Seit dem Bilanzstichtag angefallene Gewinne und Verluste sind zeitanteilig zu berücksichtigen.
Die T… GmbH vertrieb die Investition. Sie beauftragte die W… GmbH als Untervermittlerin.
Der beklagte Rechtsanwalt erklärte am 20.6.1994 schriftlich den Beitritt zur Klägerin mit einem Eigenkapital von 50.000 DM und einer Kommanditeinlage von 100.000 DM. Der Erklärung war eine den Gesetzeswortlaut wiedergebende Belehrung über das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz beigefügt. Diese wies die Klägerin als Widerrufsempfängerin aus. Beitrittserklärung und Widerrufsbelehrung unterzeichnete der Beklagte in B…. Auf der Beitrittserklärung befindet sich der Stempel einer weiteren, derzeit als I… mbH firmierenden Vermittlungsgesellschaft.
Der Beklagte zahlte die Pflichteinlage. Sein Kommanditanteil in Höhe von 100.000 DM macht einen Anteil von 0,296 % vom Gesellschaftskapital in Höhe von 12.910.210 € aus.
Mit vorab per Fax versandtem Schreiben vom 8.6.2005 erklärte der Beklagte den Widerruf seiner Beitrittserklärung. Das Widerrufsschreiben ging am gleichen Tag bei der Klägerin ein.
Die Parteien streiten, ob die Erklärung des Widerrufs der Beitrittserklärung wirksam ist.
Die Klägerin bat mit Schreiben vom 24.6.2005 den Beklagten, der Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz per 8.6.2005 zuzustimmen. Sie teilte weiter mit, sie gehe vom Einverständnis des Beklagten aus, wenn dieser sich bis zum 8.7.2005 nicht äußere.
DieKlägerin beschloss 2006, insgesamt 4,3 Mio. € der ausstehenden Kommanditeinlage einzufordern. Mit Schreiben vom 18.10.2006 forderte die Klägerin den Beklagten erfolglos auf, den auf ihn entfallenden Anteil von 66,61 %, nämlich 17.031,02 € bis zum 18.11.2006 zu zahlen.
Die Klägerin hat behauptet, die gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen für die Einforderung der ausstehenden Kommanditeinlage hätten vorgelegen. Sie hat deshalb gemeint, der Beklagte habe jedenfalls eine offene Kommanditeinlage in Höhe von 50.000 DM zu leisten. Auch im Falle des Widerrufs seien die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden. Unabhängig davon, dass das Geschäft und die Beitrittserklärung des Beklagten nicht auf eine Haustürsituation zurückgingen, habe der Beklagte ein Widerrufsrecht verwirkt. Im Schriftsatz vom 17.1.2008 führte die Klägerin aus, dass sie dem Beklagten mit Schriftsatz vom 24.6.2005 angeboten habe, zum 8.6.2005 auszuscheiden; damit habe sich der Beklagte einverstanden erklärt. Eine Umdeutung der Erklärung in eine Kündigung scheide mangels Zustimmung des Beklagten aus.
Sollte der Widerruf wirksam erklärt worden sein, habe sie, die Klägerin, einen Anspruch auf Verlustausgleich gegen den Beklagten aus den §§ 176 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB i. V. m. § 739 BGB in Höhe des Fehlbetrages nach dem Verhältnis seines Anteils am Verlust der Gesellschaft, beschränkt auf die Haftsumme abzüglich der bereits geleisteten Einlage. Bei einem Fehlbetrag in Höhe von ca. 7 Mio. € belaufe sich der von dem Beklagten zu tragende Anteil am Fehlbetrag auf 27.720,00 €. Da dieser Fehlbetrag höher als die ausstehende Kommanditeinlage sei, habe der Beklagte die ausstehende Kommanditeinlage in Höhe von 25.564,59 € zu leisten.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, 17.031,02 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2007 zu zahlen,
hilfsweise klageerweiternd durch am 9.1.2008 dem Beklagten zugestellten Schriftsatz vom 17.12.2007,
2. den Beklagten zu verurteilen, 25.564,59 € nebst Zinsen in Höhe von jährlich fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.1.2008 an die Klägerin zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat geltend gemacht, seine Erklärung des Beitritts zur Klägerin sei aus einer Haustürsituation heraus zustande gekommen. Er hat gemeint, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da die Hafteinlage Gläubigern der Klägerin zustehe. Der Hilfsantrag werde auf fehlerhafte Zahlen gestützt und eine Auseinandersetzungsbilanz liege nicht vor. Der Beklagte hat im Übrigen Verjährung eingewandt.
Das Landgericht hat die Ehefrau des Beklagten als Zeugin dazu vernommen, ob die Erklärung des Beitritts des Beklagten zur Klägerin in einer Haustürsituation zustande gekommen ist.
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich des Hauptantrages als unbegründet, hinsichtlich des Hilfsantrages als derzeit unbegründet abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klage sei abzuweisen, weil der Beklagte im Zeitpunkt der Ergänzung des Gesellschaftsvertrages um § 6 Abs. 2 S. 4 im Jahr 2006 und damit der Begründung des Forderungsrechts der Klägerin nicht mehr deren Gesellschafter gewesen sei. Zwar stehe der Gesellschafterstellung des Beklagten nicht bereits ein wirksamer Widerruf der Beitrittserklärung durch den Beklagten entgegen. Der Beklagte habe eine Haustürsituation nicht bewiesen. Auf das Schreiben des Beklagten vom 8.6.2005 hätten die Parteien jedoch das Gesellschafterverhältnis einvernehmlich zum 8.6.2005 beendet. Mit diesem Schreiben habe der Beklagte zu erkennen gegeben, dass er seine Gesellschafterstellung nicht aufrechterhalte. Auch die Klägerin sei entsprechend den Ausführungen in deren Schriftsatz vom 17.6.2008 von einer Kündigung der Gesellschafterstellung und damit von deren Beendigung ausgegangen.
Die Klage sei wegen des Hilfsantrages derzeit unbegründet. Der Anspruch sei derzeit nicht fällig, weil eine Auseinandersetzungsbilanz (noch) nicht erstellt worden sei.
Dagegen wenden sich die Klägerin und der Beklagte mit ihren jeweils selbständigen Berufungen.
Die Klägerin rügt, das Landgericht habe die Voraussetzungen verkannt, unter denen ein Gesellschaftsverhältnis einvernehmlich beendet werden könne. Die Aussage der Zeugin B… habe das Landgericht überzeugend dahin gewürdigt, dass eine Haustürsituation nicht bewiesen sei. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass das Gespräch auf Initiative des Beklagten stattgefunden habe. Den ihr, der Klägerin, hierfür obliegenden Beweis habe der Beklagte durch seine Weigerung, Namen und aktuelle Anschrift seines – nunmehr verstorbenen - Steuerberaters zu benennen, vereitelt. Der Beklagte habe den danach ihm obliegenden Beweis nicht erbracht, dass das Gespräch auf Initiative des Anlagevermittlers stattgefunden habe.
Überraschend sei das Landgericht jedoch davon ausgegangen, dass das Gesellschaftsverhältnis der Parteien einvernehmlich zum 8.6.2005 beendet worden sei. Es fehle an einem übereinstimmenden Aufhebungswillen der Geschäftsbesorgerin der Klägerin und des Beklagten, den das Landgericht auch nicht festgestellt habe. Der Wille des Beklagten als Rechtsanwalt sei unmissverständlich auf den Widerruf der Beitrittserklärung gerichtet gewesen. Feststellungen des Landgerichts zum Aufhebungswillen der Geschäftsbesorgerin der Klägerin fehlten völlig. Die durch die Geschäftsbesorgerin vorgenommene Umdeutung der Widerrufs- in eine Kündigungserklärung beinhalte nicht deren Willen, das Gesellschaftsverhältnis auch dann zu beenden, wenn diese die Voraussetzungen einer Umdeutung gemäß § 140 BGB verkenne. Im Übrigen habe ein – offensichtlich fortbestehender - Dissens der Parteien im Hinblick darauf bestanden, ob der Beklagte den Fehlbetrag der Klägerin per 8.6.2005 zu tragen habe. Schließlich habe das Landgericht übersehen, dass die Aufhebungsvereinbarung allenfalls zwischen sämtlichen Gesellschaftern geschlossen werden könne. Die Geschäftsbesorgerin der Klägerin sei insoweit nicht von den übrigen Gesellschaftern bevollmächtigt gewesen, eine entsprechende Aufhebungsvereinbarung abzuschließen.
Der Beklagte sei deshalb weiter ihr, der Klägerin, Gesellschafter und gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 des Gesellschaftsvertrages in Verbindung mit dem Aufforderungsschreiben vom 18.10.2006 verpflichtet, anteilig eine Zahlung aus den ausstehenden Kommanditeinlagen in Höhe der Klageforderung zu leisten.
Jedenfalls sei der Hilfsantrag Nr. 2 lit. a begründet. Sie, die Klägerin, habe im Falle der Annahme eines Widerrufs der Beitrittserklärung durch den Beklagten einen Zahlungsanspruch in Höhe von 25.564,59 €. Der anteilig von dem Beklagten zu tragende Fehlbetrag sei durch die Höhe der noch ausstehenden Kommanditeinlage gedeckelt.
Das Ausscheiden eines Gesellschafters sei in §§ 17, 18 des Gesellschaftsvertrages geregelt. Zwischen den Parteien sei keine Einigung über die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens zustande gekommen. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer … habe einen Wirtschaftsprüfer zum Schiedsgutachter bestellt. Dieser habe eine Abschichtungsbilanz zum 8.6.2005 erstellt, die gemäß § 18 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages verbindlich sei. Sie, die Klägerin, habe einen anteilig von dem Beklagten zu tragenden Fehlbetrag in Höhe von 27.720,00 € ermittelt. Dieser Betrag sei in Höhe der ausstehenden Kommanditeinlage gedeckelt. Der Beklagte habe den ermittelten anteiligen Fehlbetrag mehrfach bestritten.
Die Abschichtungsbilanz sei nicht offenbar unbillig. Der Schiedsgutachter habe hinsichtlich des für die Ermittlung des Gebäudeertragswertes maßgeblichen Jahresrohertrages auf alle bei ordnungsgemäßer und zulässiger Nutzung nachhaltig erzielbaren Einnahmen aus dem Grundstück abgestellt und in einer nachvollziehbaren Begründung mit einer nachhaltig erzielbaren Netto-Kaltmiete in Höhe von 500.000 € gerechnet. Das Schiedsgutachten sei auch nicht deshalb grob unbillig, weil im Jahr 2007 die Banken auf einen Teil der Darlehensrückzahlungsansprüche verzichtet hätten. Am maßgeblichen Stichtag sei weder vereinbart, noch absehbar gewesen, dass die Banken auf einen Teil ihrer Ansprüche verzichten würden. Ausweislich der Abschichtungsbilanz habe der Beklagte einen anteiligen Fehlbetrag in Höhe von 26.483,88 € zu tragen, der auf die Höhe der noch ausstehenden Hafteinlage in Höhe von 25.564,59 € begrenzt sei.
Der Beklagte habe außerdem gemäß § 18 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages die klageerweiternd von Hilfsantrag Nr. 2 lit. b erfassten Kosten des Schiedsgutachtens in Höhe von 2.166,34 € zu tragen, nämlich in dem Verhältnis, in dem das Auseinandersetzungsguthaben laut Gutachten von demjenigen abweicht, welches die Klägerin selbst ermittelt hat. Sie, die Klägerin, habe einen anteiligen Fehlbetrag in Höhe von 27.720,00 € ermittelt und diesen lediglich in Höhe der ausstehenden Kommanditeinlage von 25.564,59 € geltend gemacht. Ausweislich des Schiedsgutachtens habe der Beklagte anteilig einen Fehlbetrag in Höhe von 26.483,88 € ermittelt. Dieser Betrag liege höher als die noch ausstehende Kommanditeinlage, so dass der Beklagte die Kosten voll zu tragen habe. Für die Kostentragungspflicht komme es nicht darauf an, ob sie, die Klägerin, dem Beklagten eine Auseinandersetzungsbilanz vorgelegt habe. Zudem habe sie dem Beklagten eine Auseinandersetzungsbilanz vorgelegt. Sie habe im Rechtsstreit umfassend zu ihrem Aktiv- und Passivvermögen zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Beklagten vorgetragen. Sofern der Beklagte meine, die von ihr, der Klägerin, vorgelegte Auseinandersetzungsbilanz sei fehlerhaft, sei dies für die Kostentragungspflicht unerheblich. Ebenso unerheblich sei, ob die Auseinandersetzungsbilanz in einer ordnungsgemäßen Form erstellt worden sei.
Selbst wenn das Gutachten keines im Sinne des § 18 Abs. 4 S. 3 des Gesellschaftsvertrages wäre, hätte der Beklagte die Kosten für die Erstellung zu ersetzen. In diesem Fall wäre das Gutachten als Auseinandersetzungsbilanz i. S. d. § 18 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages anzusehen mit der Folge, dass der Beklagte die Kosten der Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz gemäß § 18 Abs. 2 S. 2 des Gesellschaftsvertrages zu tragen hätte.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) zum Aktenzeichen 32 O 74/07 vom 30.6.2008 zu verurteilen,
17.031,02 € nebst Zinsen in Höhe von jährlich fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2007 an die Klägerin zu zahlen,
hilfsweise,
a) 25.564,59 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen,
b) 2.166,34 € nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 30.6.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az: 32 O 74/07, die Klage auch hinsichtlich des Hilfsantrages als unbegründet abzuweisen sowie
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und die Klage im Hilfsantrag zu lit. b abzuweisen.
Der Hilfsantrag sei mit einer für ihn, den Beklagten, nachteiligen Einschränkung als „derzeit“ unbegründet abgewiesen worden. Dadurch sei er, der Beklagte, beschwert und die Berufung deshalb zulässig. Das Landgericht habe verkannt, dass er auf Grund eines wirksamen Widerrufs nicht mehr Gesellschafter der Klägerin sei. Die Beweisaufnahme über eine Haustürsituation sei nicht erforderlich gewesen. Er, der Beklagte, habe eine Haustürsituation schlüssig dargelegt. Dem sei die Klägerin nicht erheblich entgegengetreten. Mit ihrem Schreiben vom 24.6.2005 habe die Klägerin unter Bezugnahme auf sein, des Beklagten, Schreiben vom 8.6.2005 den Widerruf ausdrücklich anerkannt.
Der Beklagte meint, unabhängig davon habe er die Haustürsituation bewiesen. Ihm stehe daher ein Widerrufsrecht zu. Den Widerruf habe er wirksam erklärt. Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft dürfte dann nicht dazu führen, dass den faktischen Gesellschafter eine Nachschusspflicht treffe. Dies verstoße gegen die EU-Haustürgeschäftsrichtlinie, wie das OLG München (Urteil vom 23.11.2006) entschieden habe. Der BGH habe das Verfahren der gegen dieses Urteil eingelegten Revision (II ZR 292/06) ausgesetzt und die Vorlage der Sache an den EuGH beschlossen. Werde die Entscheidung des OLG München bestätigt, treffe ihn, den Kläger, keine Nachschusspflicht. Vor diesem Hintergrund sei die Entscheidung des Landgerichts über den Hilfsantrag nicht konsequent, weil die Klägerin den Hilfsantrag gestellt habe, falls die Widerrufserklärung auf Grund der Haustürsituation wirksam sein sollte. Sollte die Entscheidung des OLG München nicht bestätigt werden und wäre ein negatives Auseinandersetzungsguthaben zu erstatten, sei sowohl im Falle der Kündigung respektive der einvernehmlichen Aufhebung des Gesellschaftsverhältnisses als auch im Falle des wirksamen Widerrufs die Erstellung einer stichtagsbezogenen Auseinandersetzungsbilanz erforderlich. Da die Klägerin trotz gerichtlichen Hinweises keine Auseinandersetzungsbilanz vorgelegt habe, seien Hauptantrag und Hilfsantrag der Klage unbegründet.
Das von der Klägerin in der Berufung neu vorgelegte Gutachten sei bereits nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Unabhängig davon sei das Gutachten für ihn, den Beklagten, nicht verbindlich, weil die gesellschaftsvertraglich dafür festgelegten Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Klägerin habe nicht, wie in § 18 des Gesellschaftsvertrages vorgesehen, zunächst eine Auseinandersetzungsbilanz erstellt, die den Anforderungen des 18 Abs. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrages genüge. Außerdem sei nur dann ein Schiedsgutachten eines von dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer … zu bestellenden Wirtschaftsprüfers einzuholen, wenn eine Einigung über die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens auf Grundlage der Auseinandersetzungsbilanz nicht zustande komme. Diesen Weg habe die Klägerin nicht eingehalten. Die von der Klägerin eingereichte bilanzierte Darstellung sei auch als Auseinandersetzungsbilanz nicht verwertbar. Nach § 18 Abs. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrages seien in der Auseinandersetzungsbilanz sämtliche Aktiven und Passiven der Gesellschaft mit ihren wahren Werten zum Bilanzierungsstichtag anzusetzen. Daran fehle es. So werde im Gutachten auf Grund von Erkenntnissen aus den Folgejahren, auf die es bei der Aufstellung einer Auseinandersetzungsbilanz zum 8.6.2005 nicht ankommen dürfe, eine unzutreffend niedrige erzielbare Nettokaltmiete für die Gewerbe-Nutzflächen, die Kellerflächen und die Stellplätze in Höhe von 500.000 € angesetzt. Außerdem sei das von der Klägerin vorgelegte Gutachten nicht verbindlich, weil es offenbar grob unbillig sei. Es stütze sich auf ungeprüft übernommene Angaben der Klägerin und sei zudem auf der Grundlage einer einseitigen Betrachtung der Erkenntnisse über die Entwicklung des Objekts in den Jahren 2006 bis 2010 erstellt worden. Zu seinem, des Beklagten, Nachteil sei nicht berücksichtigt worden, dass im Jahr 2007 Banken auf Darlehensrückzahlungsansprüche gegenüber der Klägerin im Umfang von 3 Mio. € verzichtet hätten und die Klägerin zusätzlich angesparte liquide Mittel in Höhe von 1,5 Mio. € eingesetzt habe.
Auf die Berufung des Beklagten beantragt die Klägerin,
diese zurückzuweisen.
Die Klägerin hält die Berufung des Beklagten mangels formeller Beschwer bereits für unzulässig.
Der Senat hat durch Beschluss vom 31.3.2009 den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofes vom 5.5.2008, Az. II ZR 292/06 analog § 148 ZPO ausgesetzt.
Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 15.4.2010, Az. C-215/08 hat der Senat durch Beschluss vom 10.2.2011 das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet. Den Termin, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden konnten, hat der Senat festgesetzt auf Dienstag, den 22.3.2011.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässigen Berufungen der Parteien sind unbegründet.
1. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
a) Der Klägerin steht die Klageforderung im Hauptantrag auf Zahlung der Kommanditeinlage aus § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nicht zu. Der Beklagte ist vor der im Jahr 2006 beschlossenen Änderung von § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages aus der Klägerin ausgeschieden ist. Er hat am 8.6.2005 wirksam seine Erklärung des Beitritts zur Klägerin widerrufen.
aa) Der Beklagte hat mit der Erklärung seines Beitritts zur Klägerin am 20.6.1994 ein Haustürgeschäft abgeschlossen.
(1) Der Erwerb einer Beteiligung an einer Anlage- oder Publikumsgesellschaft ist ein entgeltlicher Vertrag im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 HWiG (Palandt-Grüneberg, BGB, 70. A., Rn. 7 zu § 312 BGB). Auf Grund der vom Landgericht dazu durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass der Beklagte als Verbraucher gemäß § 13 BGB und im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG die Beitrittserklärung nach mündlichen Verhandlungen in der Küche seines Wohnhauses abgegeben hat. Die damalige Ehefrau des Beklagten hat bekundet, dass zum betreffenden Zeitpunkt es an der Tür klingelte, ein Herr vor der Tür stand, der sich mit dem Beklagten unterhielt und sie beide in der Küche waren sowie, dass der Herr nach einiger Zeit wieder ging. Außerdem habe der Beklagte ihr, der Zeugin, im Nachhinein am selben Abend erklärt, dass er einen Anlagefonds unterzeichnet habe. Im Vorfeld sei über die Anlage nicht gesprochen worden. Dieses die Darlegungen des Beklagten bestätigende Ergebnis wird gestützt durch die schriftlichen Vertragsunterlagen.
(2) Hinsichtlich der Kausalität zwischen den Vertragsverhandlungen in der Haustürsituation und dem Vertragsschluss greift wegen des engen zeitlichen Zusammenhanges der Anscheinsbeweis, der von der Klägerin zu entkräften wäre (vgl. Palandt-Grüneberg, a. a. O., Rn. 11 zu § 312 BGB a.E.). Das ist hier nicht geschehen.
(3) Dem Widerrufsrecht des Beklagten steht nicht entgegen, dass die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Abschluss des Vertrages beruhte, auf vorhergehende Bestellung des Beklagten durchgeführt worden wären (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG).
Der Beklagte hat zwar zunächst erklärt, ein Mitarbeiter von „W…“ habe am 20.6.1994 an seiner Wohnung in der Abendzeit geklingelt, sich als freier Finanzdienstleister vorgestellt und erklärt, dass er auf besondere Empfehlung des Steuerbüros des Beklagten käme. Daraus ergibt sich jedoch keine vorhergehende Bestellung durch den Beklagten.
Die für diesen Ausnahmetatbestand darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat dazu nichts dargelegt. Die Klägerin hat schon nicht eine hinsichtlich des Gegenstandes der Vertragsverhandlungen, Ort und Zeit substantiierte Bestellung durch den Beklagten in einer dem Beweis zugänglichen Weise dargelegt. Das wäre jedoch erforderlich gewesen, weil beispielsweise eine Bestellung zu Informationszwecken oder ein Vorsprechen auf Empfehlung des Steuerberaters nicht ausgereicht hätten.
(4) Der Beklagte ist nicht wegen Beweisvereitelung dafür darlegungs- und beweispflichtig geworden, dass der Ausnahmetatbestand der vorhergehenden Bestellung nicht vorliegt, weil er seinen zwischenzeitlich verstorbenen Steuerberater nicht benannt hat. Die Klägerin war nicht auf die Angaben des Beklagten angewiesen, weil sie keine eigenen Erkenntnisse hätte haben können. Die Klägerin hat sich zum Vertrieb ihrer Gesellschaftsanteile einer Vertriebsorganisation bedient. Sie verfügte deshalb über entsprechende Quellen und konnte auf diese zugreifen. Dass sie dies wegen Zeitablaufs und aus tatsächlichen Gründen nicht mehr kann, ändert nichts daran, dass das Risiko hierfür bei ihr liegt. Der Beklagte ist unter diesen Umständen nicht verpflichtet, der Klägerin die Beweismittel zu liefern, wenn die Klägerin nicht die Person des letztlich für sie tätigen Vermittlers ermitteln kann.
bb) Der Beklagte hat den Widerruf auch fristgerecht erklärt (§ 361 a Abs. 1 S. 1 BGB a.F.).
(1) Der Widerruf ist nicht deshalb verfristet, weil der Beklagte ihn nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Belehrung über sein Widerrufsrecht erklärt hat. Die dem Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung entsprach nicht in vollem Umfang den Anforderungen aus § 361 a Abs. 1 S. 2 BGB a.F., so dass deren Erteilung nicht die Widerrufsfrist in Gang setzen konnte.
Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung muss unmissverständlich den Beginn der Widerrufsfrist kennzeichnen (BGH, Urteil vom 27.4.1994, VIII ZR 223/93, LS 1 und 2 – zitiert nach juris). Sie darf nicht den – wegen § 187 Abs. 2 BGB falschen – Eindruck entstehen lassen, die Widerrufsfrist beginne bereits am Tag der Aushändigung des Exemplars der Widerrufsbelehrung, was dazu führt, dass dieser Tag bei der Berechnung der Wochenfrist mitgezählt wird. Die Widerrufsfrist beginnt jedoch wegen § 187 Abs. 2 BGB erst mit dem auf den Tag der Aushändigung der Belehrung folgenden Tag (vgl. OLG Jena, Urteil vom 5.2.2003, 7 U 1305/01, LS 1 – zitiert nach juris).
Nach dem Wortlaut der dem Beklagten erteilten Widerrufsbelehrung beginnt die Widerrufsfrist „mit dem Tag der Aushändigung dieser Widerrufsbelehrung zu laufen“. Dadurch kann bei dem maßgeblichen objektiven Durchschnittsverbraucher der falsche Eindruck entstehen, der erste Tag der Frist sei der der Aushändigung der Belehrung, nicht der Tag danach.
(2) Das Widerrufsrecht ist nicht gemäß § 2 Abs. 1 S. 4 HWiG a.F. einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung erloschen.
Zu den Leistungen, mit deren vollständiger Erfüllung die Widerrufsfrist zu laufen beginnt, gehören auch die mit der Beteiligung angestrebten wirtschaftlichen Vorteile, insbesondere die Auszahlung von Gewinnanteilen bzw. die steuerlich relevante Zuweisung von Verlusten (BGH, Urteil vom 18.10.2004, II ZR 352/02, LS 2 – zitiert nach juris). Diese Vorteile wollte und sollte der Beklagte jedoch für die Dauer seiner Beteiligung an der Klägerin ziehen.
(3) Der Beklagte hat sein Widerrufsrecht nicht verwirkt.
Für die Verwirkung eines Rechts müssen ein Zeit- und ein Umstandsmoment vorliegen. Der Ablauf einer erheblichen Zeit allein reicht nicht aus und es ist für die Frage der Verwirkung eines Widerrufsrechts auch unerheblich, aus welchen Motiven der Widerrufende den Widerruf erklärt (BGH, NJW-RR 2005, 180, 182; NJW 1986, 1679, 1681). Hier kann jedenfalls das erforderliche Umstandsmoment nicht festgestellt werden. Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass es auch dann, wenn der Widerruf erst nach neun Jahren erklärt wird, für die Annahme der Verwirkung des Widerrufsrechts am Umstandsmoment fehlt, wenn es eine große deutsche Geschäftsbank in Kenntnis der Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung wegen fehlender Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist jederzeit in der Hand gehabt hätte, durch eine nachträglich erteilte wirksame Belehrung den Lauf der Frist in Gang zu setzen und den Schwebezustand damit endgültig zu beenden (Urteil vom 25.10.2000, 9 U 59/00 LS 3 und Rn. 31 – zitiert nach juris). Nach diesen vom Senat für richtig gehaltenen Maßstäben kann im hier zu entscheidenden Fall keine Verwirkung des Widerrufsrechts angenommen werden. Die Klägerin hätte jedenfalls in Kenntnis der Rechtsprechung, insbesondere des Urteils des BGH vom 27.4.1994 (VIII ZR 223/93 – zitiert nach juris), eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nachholen können, so dass dadurch die Widerrufsfrist in Gang gesetzt worden wäre. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass sich der Beklagte in einer Weise verhalten hätte, die die Klägerin berechtigt darauf hätte vertrauen lassen dürfen, dass der Beklagte sein noch bestehendes Widerrufsrecht künftig nicht mehr ausüben würde. Solches ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte unstreitig jedenfalls in den Anfangsjahren seiner Beteiligung an der Klägerin widerspruchslos Verlustzuweisungen steuerlich berücksichtigen ließ. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Klägerin ihr steuerliches Ergebnis direkt an das für die Klägerin zuständige Finanzamt gemeldet und dieses dann eigenständig das für den Wohnsitz des Beklagten zuständige Finanzamt benachrichtigt hat. Der Beklagte hat danach Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung nicht selbst geltend gemacht und hatte auf die Verlustzuweisungen keinen Einfluss.
b) Die Klage ist im Hilfsantrag zu lit. a aus § 18 des Gesellschaftsvertrages jedenfalls derzeit unbegründet. Zwar hat die Klägerin zwischenzeitlich entsprechend der Regelungen in §§ 17, 18 des Gesellschaftsvertrages vom Präsidenten der Industrie- und Handelskammer … einen Wirtschaftsprüfer zum Schiedsgutachter bestellen lassen, weil keine Einigung zwischen den Parteien über die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens zustande gekommen ist. Dieser als Schiedsgutachter bestellte Wirtschaftsprüfer hat auch eine Auseinandersetzungsbilanz zum Stichtag 8.6.2005 erstellt, die die Klägerin eingereicht hat. Daraus ergibt sich ein auf den Beklagten entfallender anteiliger Fehlbetrag in Höhe von 26.483,88 €, der die noch ausstehende Hafteinlage des Beklagten von 25.564,59 € übersteigt. Diese Auseinandersetzungsbilanz kann jedoch nicht berücksichtigt werden.
(1) Das gilt schon deshalb, weil der Gutachter nur von der Klägerin und nicht von den Parteien gemeinsam beauftragt wurde.
Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 14.2.2005, II ZR 365/02), der sich der Senat anschließt, kann zwar auch einer der Vertragspartner allein den Schiedsgutachtervertrag schließen, wenn dabei eindeutig klargestellt wird, dass es sich um ein für beide Seiten zu erstattendes Schiedsgutachten handelt. Das ist hier aber nicht der Fall.
(2) Zudem ist die Abschichtungsbilanz als Schiedsgutachten für den Beklagten mangels Einhaltung der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Verfahrensweise zur Auseinandersetzung bei Ausscheiden eines Gesellschafters nicht verbindlich.
Nach § 18 des Gesellschaftsvertrages hat bei Ausscheiden oder Ausschluss eines Kommanditisten die Klägerin zunächst eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen, aus dem sich das Auseinandersetzungsguthaben ergibt. Erst dann, wenn eine Einigung über das Auseinandersetzungsguthaben nicht zustande kommt, erstellt gemäß § 18 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages ein von dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer zu … zu bestellender Wirtschaftsprüfer ein Schiedsgutachten, das für die Klägerin und den ausgeschiedenen Kommanditisten verbindlich ist, es sei denn, es ist offenbar unbillig. Voraussetzung für die Einholung eines Schiedsgutachtens ist mithin, dass die Klägerin auf der Grundlage einer von ihr erstellten Auseinandersetzungsbilanz eine Einigung mit dem Beklagten versucht hat. Dadurch hat der Beklagte zum einen die Gelegenheit, Einwände gegen die Vollständigkeit und Richtigkeit der Ansätze in der Auseinandersetzungsbilanz geltend zu machen, die dann auch von einem eventuellen späteren Schiedsgutachter berücksichtigt werden können. Zum anderen hat er dadurch auch die Chance, sich mit der Klägerin über einen Betrag zu einigen, der möglicherweise unter dem liegt, wie er sich aus einem dann einzuholenden Schiedsgutachten ergibt.
Diese Möglichkeiten hat der Beklagte nicht gehabt, nachdem die Klägerin nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 15.4.2010 ohne Beteiligung des Beklagten einen Schiedsgutachter hat bestellen lassen. Die Klägerin hat auch nicht dadurch eine Auseinandersetzungsbilanz vorgelegt, dass sie in diesem Rechtsstreit zu dem Aktiv- und Passivvermögen der Klägerin vorgetragen hat. Die Darlegungen der Klägerin beschränkten sich auf die Darstellung des Ertragswertes der Immobilie, sowie der Verbindlichkeiten per 31.12.2005. Das ersetzt keine Auseinandersetzungsbilanz. Im Übrigen hat die Klägerin dies selbst so gesehen, wenn sie im Schriftsatz vom 1.9.2008 (Seite 5) angekündigt hat, erforderlichenfalls eine auf den 8.6.2005 bezogene Stichtagsbilanz vorzulegen.
c) Die Klage ist im Hilfsantrag zu lit. b unbegründet.
aa) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abschichtungsbilanz aus § 18 Abs. 4 S. 2 des Gesellschaftsvertrages, weil sie kein bindendes Schiedsgutachten beigebracht hat.
bb) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abschichtungsbilanz aus § 18 Abs. 2 S. 2 des Gesellschaftsvertrages.
Die Klägerin hat die vorgelegte Abschichtungsbilanz als von einem unabhängigen Dritten, d.h. nicht von ihr, erstelltes Schiedsgutachten vorgelegt. Die Auseinandersetzungsbilanz nach § 18 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages hat sie jedoch selbst zu erstellen, wie sich aus der Zusammenschau dieser Bestimmung mit § 18 Abs. 4 S. 3 a. E. des Gesellschaftsvertrages ergibt. Die Klägerin setzt sich jedoch zu ihrem eigenen Vorbringen in Widerspruch, wenn sie in Begründung ihres Hilfsantrages lit. a und in erster Linie auch in Begründung ihres Hilfsantrages lit. b geltend macht, die von ihr vorgelegte Abschichtungsbilanz sei ein von einem unabhängigen Dritten erstelltes und bindendes Schiedsgutachten, für den Fall des Misserfolges dieses Antrages bzw. des Nichtdurchgreifens der Hauptbegründung dagegen, sie könne die Kosten deshalb erstattet verlangen, weil es eine von ihr selbst erstellte Auseinandersetzungsbilanz sei.
2. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
2.1. Die Berufung des Beklagten ist allerdings zulässig. Der Beklagte ist durch das angefochtene Urteil beschwert, weil er die endgültige Klageabweisung erstrebt, die Klage jedoch mangels Fälligkeit der Forderung nur als derzeit unbegründet abgewiesen worden ist (BGH, Urteil vom 4.5.2000, VII ZR 53/99, Rn. 15 f. – zitiert nach juris).
2.2. Die Berufung des Beklagten hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klage kann nicht bereits endgültig abgewiesen werden.
a) Der Beklagte ist allerdings nach vorstehenden Ausführungen durch den wirksam erklärten Widerruf seiner Erklärung des Beitritts zur Klägerin mit Wirkung zum 8.6.2005 aus der Klägerin als Gesellschafter ausgeschieden.
Die Rechtsfolgen des Ausscheidens des Beklagten als Gesellschafter aus der Klägerin auf Grund des wirksam erklärten Widerrufs ergeben sich jedoch aus der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft. Diese Lehre soll entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten sichern und ist mit der Richtlinie 85/577/EWG vereinbar und deswegen auch in Fällen anwendbar, in denen jemand zu Anlagezwecken einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in einer sog. „Haustürsituation“ beitritt (BGH, Urteil vom 12.7.2010, II ZR 292/06, vgl. auch EuGH, Urteil vom 15.4.2010, C-215/08). Gleiches muss gelten, wenn – wie hier – zu Anlagezwecken einer Kommanditgesellschaft einer sog. „Haustürsituation“ beigetreten wird.
Danach hat der Beklagte keinen Anspruch auf vollständige Rückzahlung seiner Einlage, sondern allenfalls auf Zahlung eines eventuellen positiven Guthabens auf Grund einer zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz. Unter Umständen ist der Beklagte auch auf Grund der auf den Tag seines Ausscheidens zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz zur Verlustdeckung bis zur Höhe seiner noch offenen Hafteinlage verpflichtet.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO).