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Kindergartenrecht, Heimrecht


Metadaten

Gericht VG Potsdam 7. Kammer Entscheidungsdatum 13.06.2018
Aktenzeichen VG 7 L 423/18 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2018:0613.7L423.18.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 12 Abs 1 KomVerf BB, § 12 Abs 1 S 2 KitaG BB 2, § 24 SGB 7

Tenor

1. Dem Antragsgegner zu 2. wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller zu 1. unverzüglich bis zu Entscheidung im Hauptsacheverfahren einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte oder Kindertagespflege mit der Betreuungszeit von Montag bis Freitag täglich 10 Stunden und einer Kernbetreuungszeit 7.30 bis 16.30 Uhr in einem Radius von 20 Autofahrminuten vom Wohnort des Antragstellers zu 1. nachzuweisen.

Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu 1.. Im Übrigen trägt der Antragsgegner zu 2. die Kosten des Verfahrens zu einem Drittel und die Antragsteller zu zwei Dritteln.

Gründe

I.

Die Eltern, die Antragsteller zu 2. und 3., meldeten bei der Antragsgegnerin zu 1. im Mai 2017 den am geborenen Antragsteller zu 1. für einen Betreuungsplatz in einer kommunalen Kindertagesstätte an. Mit Schreiben vom 18. Januar 2018 stellten sie einen Antrag auf Rechtsanspruchsprüfung für einen Kita-Platz bei der Antragsgegnerin zu 1. ab dem 8. Mai 2018.

Hierauf antwortete die Antragsgegnerin zu 1. mit Schreiben vom 25. Januar 2018, dass in den kommunalen Kindertagesstätten der Stadt W... momentan zum gewünschten Zeitpunkt kein freier Platz vorhanden sei. Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag setzte sie gegenüber dem Antragsteller zu 1. einen Rechtsanspruch auf Betreuung von 6 Stunden täglich fest.

Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Antragsgegner zu 2. mit Bescheid vom 7. März 2018 in der Weise ab, dass er den Rechtsanspruch auf zehn Stunden erhöhte.

Die Antragsteller haben am 27. April 2018 den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und zugleich Klage erhoben (VG 7 K 1443/18).

II.

Der Berichterstatter kann nach § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - als Einzelrichter über den Rechtsstreit entscheiden, da der Rechtsstreit mit Beschluss vom 17. Mai 2018 nach vorheriger Anhörung der Beteiligten auf ihn zur Entscheidung übertragen worden ist.

Die Antragssteller beantragen,

1. den Antragsgegner zu 2. zu verpflichten, eine frühkindliche Förderung des Antragstellers zu 1. in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege mit Laufzeit ab dem 17. Mai 2018 zur Verfügung zu stellen, die den bewilligten Bedingungen im Abhilfebescheid des Antragsgegners zu 2. vom 7. März 2018 entspricht. Die Betreuung des Antragsstellers zu 1. ist in der Zeit von 7.30 bis 16.30 Uhr zu gewährleisten. Der Anspruch kann dadurch erfüllt werden, dass der Antragsgegner zu 2. auf die Antragsgegnerin zu 1. oder auf freie Träger oder eine Kindertagesmutter einwirkt, dass diese mit den Antragsstellern zu 2. und 3. einen Vertrag über die frühkindliche Erziehung des Antragsstellers zu .1 abschließen, der eine Betreuung im Zeitumfang von 10 h/täglich zu den v.g. Kernbetreuungszeiten gewährleistet.

2. die Antragsgegnerin zu 1. zu verpflichten, mit den Antragstellern zu 2. und 3. einen Vertrag über die frühkindliche Förderung des Antragstellers zu 1. in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege mit einer Laufzeit ab dem 17. Mai 2018 abzuschließen, der die bewilligten Bedingungen im Abhilfebescheid des Antragsgegners zu 2. vom 7. März 2018 entspricht und den Antragsteller zu 1. zu diesen Bedingungen in einer von ihr betriebenen Tageseinrichtung oder in Kindertagepflege zu betreuen, wobei die Kernbetreuungszeit von 7.30 bis 16.30 Uhr zu liegen hat.

Der Antrag zu 1. ist teilweise zulässig und insoweit auch begründet (hierzu 1.). Der Antrag zu 2. ist unbegründet (2.)

1.

a. Dem Antrag gegen den Antragsgegner zu 2. fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis an der Durchführung des Eilrechtschutzverfahrens. Aus dem Verwaltungsvorgang des Antragsgegners zu 2. ergibt sich, dass der Antragsteller zu 1., vertreten durch seine Eltern, bereits im Antrag vom 18. Januar 2018 eine Rechtsanspruchsprüfung nach dem Achten Sozialgesetzbuch zu allen Facetten begehrte. Zwar war erkennbar das Interesse zunächst allein auf einen Platz in einer der von der Antragsgegnerin zu 1. betriebenen städtischen Kindertagesstätten gerichtet, gleichwohl musste der Antrag in seiner weiten Fassung aus Sicht des Antragsgegners zu 2. auch auf alle übrigen Betreuungsmöglichkeiten erstreckt werden, die sich im Gebiet des Landkreises -befinden, da die vorrangig begehrten Plätze bei der Antragsgegnerin zu 1. belegt waren. Dies hatte schon die Antragsgegnerin zu 1. in ihrem Bescheid vom 25. Januar 2018 unter Punkt 3. erkennt, auch wenn eine konkrete Bescheidung fehlt. Infolgedessen hätte es dem Antragsgegner zu 2. im Rahmen des Widerspruchsverfahrens oblegen, über die eigentlich nur geregelte und angegriffene zeitliche Festsetzung des Rechtsanspruchs auf Kindertagesbetreuung nach § 1 des Kindertagesstättengesetzes (KitaG) hinaus auch andere Betreuungsmöglichkeiten in der Stadt W... und innerhalb des Landkreisgebietes nachzuweisen. Dies lag spätestens ab dem 6. März 2018 nahe, da sich der Antragsteller zu 2. zu diesem Zeitpunkt an den Antragsgegner zu 2. persönlich gewandt hatte, um die Erfüllung des Anspruchs auf Betreuung zu fordern (Email vom 6. März 2018 an den Antragsteller zu 2.). Der Antragsgegner teilte indessen dem Antragsteller zu 2. formlos mit, dass kein Bescheid ergehen könne, da dies nicht „Bestandteil“ des Bescheides der Antragsgegnerin zu 1. gewesen sei. So richtig diese Feststellung bezogen auf den Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheids und des darauf bezogenen Widerspruchsverfahrens war, hätte die konkrete Anfrage des Antragstellers zu 2. an jenem Tag Anlass dafür sein müssen, dem Antragsteller zumindest eine Erstbescheidung hinsichtlich der anderen Betreuungsmöglichkeiten in Aussicht zu stellen, falls er sich dafür entscheiden würde, auch mit anderen, nicht in kommunaler Regie der Antragsgegnerin zu 2. betriebenen Kindertagesstätten oder Tagespflegestellen vorlieb zu nehmen. Damit lag die erforderliche fruchtlose Vorbefassung der Antragsgegnerin zu 2. und damit auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für das Eilrechtsschutzverfahren vor.

b. Der Antrag ist indessen unzulässig, als die Antragsteller zu 2. und 3. nach wie vor als aktivlegimitierte Beteiligte benannt werden. Sie sind als Eltern nicht anspruchsberechtigt nach § 24 Abs. 2 SGB VIII, sondern allein ihr Kind, der Antragsteller zu 1., hat einen Anspruch auf frühkindliche Förderung.

c. Der Antrag ist, soweit zulässig, auch begründet. Dem Antragsteller zu 1. steht ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch bezüglich eines Betreuungsplatzes im oben tenorierten Umfang zur Seite.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig. Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung sind die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch auf den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung.

Der Antragsgegner zu 2. ist passiv legitimiert. Dies ergibt sich aus seiner Zuständigkeit als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 3 Abs. 1 des Achten Sozialgesetzbuchs - SGB VIII - in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes - AGKJHG -, der auch trotz Abschlusses eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nach §§ 1, 12 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes - KitaG - mit der Antragsgegnerin zu 2. eine flächendeckende Versorgung mit Betreuungsplätzen der frühkindlichen Jugendhilfe zu gewährleisten hat. Der zwischen den Antragsgegnern geschlossene Vertrag vom 5. Dezember 2016 (Amtsblatt des Landkreises P...-M...5/2017, S. 53) sieht nach seinem § 6 Abs. 1 in Übereinstimmung mit § 12 Abs. 1 Satz 2 KitaG keine Übertragung der Trägerschaft der öffentlichen Jugendhilfe auf die Antragsgegnerin zu 1. vor, sondern überträgt ihr allein einzelne Aufgaben der Jugendhilfe. So werden nach § 2 des Vertrags für die in der Stadt W... wohnhaften Kinder die Feststellung über das Bestehen und den Umfang des Anspruchs nach § 1 KitaG einschließlich der Gewährung längerer Betreuungszeiten und der Art und des Umfangs der Erfüllung des Anspruchs und zum Wunsch- und Wahlrecht nach § 5 SGB VIII hinsichtlich der Betreuung von Kindern in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung innerhalb und außerhalb des Landkreises auf die Gemeinde übertragen. Die Antragsgegnerin zu 1. ist nach § 3 Abs. 1 für die Vermittlung von geeigneten Tagespflegepersonen zuständig und erhebt Beiträge für die Kindertagespflege, § 3 Abs. 2 des Vertrags.

Hingegen verbleiben bei dem Antragsgegner zu 2. nach § 6 Abs. 2 Buchst. a die Leistungsverpflichtung zur Erfüllung des Rechtsanspruches auf Kindertagesbetreuung gemäß § 24 SGB VIII in Verbindung mit § 1 KitaG, die Bescheidung von Widersprüchen gegen die kommunalen Entscheidungen zu der Feststellung über das Bestehen und den Umfang des Anspruchs nach § 1 KitaG, aber auch die Bewilligung und Auszahlung der Zuschüsse nach § 16 Abs. 2 KitaG an freie Träger von Kindertagesstätten. Wird dadurch letztlich die Gesamtverantwortung des Landkreises für die Gewährleistung der frühkindlichen Förderung nicht in Frage gestellt, dann ist der Antragsgegner zu 2. im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch passivlegitimiert, dem Antragsteller zu seinem Recht zu verhelfen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. August 2017 - OVG 6 S 30.17; s. a. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. April 2006 - OVG 6 S 2.06 -).

Dass ein Anspruch der Antragstellerin aus § 24 Abs. 2 SGB VIII, aber auch aus § 12 Abs. 1 BbgKVerf dem Grunde nach besteht, ist unstreitig. Dieser wird nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KitaG für Kinder vom vollendeten ersten Lebensjahr bis zur Einschulung - in diese Gruppe fällt der einjährige Antragsteller - mit einer Mindestbetreuungszeit von sechs Stunden erfüllt. Längere Betreuungszeiten sind nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KitaG nur zu gewährleisten, wenn die familiäre Situation des Kindes, insbesondere die Erwerbstätigkeit, die häusliche Abwesenheit wegen Erwerbssuche, die Aus- und Fortbildung der Eltern oder ein besonderer Erziehungsbedarf dies erforderlich macht. Der weitergehende Anspruch auf frühkindliche Betreuung von zehn Stunden ist vorliegend aufgrund des bestandskräftigen Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Antragsgegners vom 6. März 2018 bindend festgestellt worden. Der konkrete Bedarf infolge der Erwerbstätigkeit der Eltern ist darüber hinaus im Verfahren durch Schriftsatz vom 16. Mai 2018 glaubhaft gemacht worden.

Der Einwand des Antragsgegners zu 2., er könne dem Antragsteller zu 1. keinen Platz zur Verfügung stelle, da er keine eigene Kindertagesstätten betreibe und alle anderen Platze in fremden Einrichtungen und in Kindertagesstätten belegt seien, ist unbeachtlich. Den Antragsgegner zu 2. trifft nicht die Pflicht, einen Betreuungsplatz selbst zur Verfügung zu stellen, sondern allen einen solchen im eigenen örtlichen Zuständigkeitsbereich nachzuweisen. Nach der Rechtsprechung des zuständigen 6. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg soll darüber hinaus dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Einrede fehlender Kapazitäten abgeschnitten sein, denn er sei verpflichtet, die vorhandenen Kapazitäten so zu erweitern, dass sämtlichen anspruchsberechtigten Kindern ein ihrem Bedarf entsprechender Betreuungsplatz nachgewiesen werden könne, selbst wenn der gesetzlich vorgeschriebene Betreuungsschlüssel zeitweilig nicht eingehalten werden könne (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. März 2018 - OVG 6 S 6.18 - juris Rn. 9 und 11).

Es kann dahinstehen, ob dieser Ansicht zu folgen ist, denn im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner zu 2. erkennbar noch keine eigene umfassende Prüfung des konkret-individuellen Anspruchs auf Betreuung vorgenommen. Damit ist es auch nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner zu 2. den Anspruch auf Nachweisung eines Betreuungsplatzes insbesondere im Rahmen der Tagespflege außerhalb der Gemeinde Werder entsprechen kann, so dass ihm jedenfalls aus diesem Grund ein Ausweichen auf den Einwand fehlender Kapazitäten verwehrt ist.

Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass die Betreuung des Antragstellers zu 1. seit dem 28. Mai 2018 nicht mehr gewährleistet ist und er einer durchgängigen und zuverlässigen Inobhutnahme und frühkindlichen Förderung bedarf.

2.

Der Antrag gegenüber der Antragsgegnerin zu 1. bleibt ohne Erfolg. Der Antragssteller zu 1. hat ihr gegenüber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, ihm einen Betreuungsplatz nachweisen oder zur Verfügung stellen zu müssen.

Die Pflicht, einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege nachzuweisen, trifft nach § 24 Abs. 2 SGB VIII allein den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, also den Antragsgegner zu 2. Das schließt es allerdings nicht aus, dass auch die Antragsgegnerin zu 2. nach Maßgabe des öffentlich-rechtlichen Vertrages vom 5. Dezember 2016 Aufgaben des örtlichen Trägers mit Außenwirkung übernommen hat (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. August 2017, a. a. O.). So liegt es hier, denn nach § 2 Abs. 1 und 2 des Vertrags ist die Gemeinde für die Feststellung des Bestehens und des Umfanges des Betreuungsbedarfs nach § 1 KitaG einschließlich der Gewährung längerer Betreuungszeiten und der Art und des Umfangs der Erfüllung des Anspruchs einschließlich des Wunsch- und Wahlrechts nach § 5 SGB VIII derjenigen Kinder zuständig, die in der Gemeinde wohnen. Für diese Auslegung spricht der Gesichtspunkt der Verwaltungspraxis in der Stadtverwaltung der Antragsgegnerin zu 1., wonach sich die Eltern der Leistungsberechtigten im Regelfall nicht an den Landkreis wenden, sondern nur an die Stadt. Sie entscheidet sodann über den Rechtsanspruch in eigener Regie. Der Antragsgegner zu 2. wird also im Falle, dass ein Anspruch durch die Stadt erfüllt wird, überhaupt nicht mit dem Vorgang befasst, sondern erst dann, wenn solche kommunalen Plätze nicht mehr zur Verfügung stehen.

Allerdings ist es mit Blick auf die fortbestehende Zuständigkeit des Antragsgegners zu 2. gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII naheliegend, die Aufgabe der frühkindlichen Förderung bezüglich § 1 KitaG nur auf diejenigen Betreuungsplätze zu beziehen, die in der kommunalen Trägerschaft stehen und daher von der Antragsgegnerin zu 1. tatsächlich zur Verfügung gestellt werden können. In diesem Umfang ist daher die Antragsgegnerin zu 1. im Wege des Eilrechtsschutzes passivlegitimiert.

Gleichwohl scheitert ein Anordnungsanspruch daran, dass sich die Antragsgegnerin glaubhaft auf die fehlenden Kapazitäten in den städtischen Kindertagesstätten berufen hat. Der Nachweis der Erschöpfung der Kapazitäten setzt zum einen voraus, dass er substantiiert dargelegt wird, zum anderen, dass ein sachgerecht ausgestaltetes und durchgeführtes Verfahren zur Vergabe der Kindergartenplätze stattgefunden hat. Der hoheitlichen Vergabe beschränkter Leistungen oder sonstiger Begünstigungen müssen sachgerechte Entscheidungskriterien zugrunde liegen. Das gilt auch für die Zuweisung der nur in bestimmtem Umfang bereitstehenden Betreuungsplätze in kommunalen Kindertageseinrichtungen.

Die Darlegungs- und Beweislast für ein fehlerfreies Vergabeverfahren trägt der betreffende Träger der öffentlichen Jugendhilfe, weil die insoweit maßgeblichen Umstände ersichtlich in seiner Verantwortungs- und Verfügungssphäre liegen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. August 2017 - OVG 6 S 30/17 -, juris sowie Beschluss vom 22. März 2018 - OVG 6 S 2.18 - Rn. 13 nach juris bezogen auf den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe). Gleiches trifft die Kommunen als Trägerin der Kindertageseinrichtungen. Dem wird der Vortrag der Antragsgegnerin zu 1. gerecht.

Unter Aufzählung aller acht kommunalen Kindertagesstätten und ihrem jeweiligen Platzangebot hat sie ausgeführt, dass in erster Linie der Wunsch der Eltern und des Kindes auf eine bestimmte Einrichtung berücksichtigt würde. Die Zuteilungskriterien bezögen sich hauptsächlich auf die persönlichen Belange einer Familie. So werde auf ein zu betreuendes Geschwisterkind Rücksicht genommen, um den Eltern das Anfahren verschiedener Einrichtungen zu ersparen, aber auch auf die Berufstätigkeit der Eltern. Ferner führte die Antragsgegnerin aus, dass derzeit alle Plätze der kommunalen Einrichtungen belegt seien und eine weitere Aufnahme von Kindern trotz einer bestehenden Ausnahmegenehmigung, weitere Kinder über den Betreuungsschlüssel hinaus aufzunehmen, nicht mehr möglich sei. Zum Stichtag 31. 12. 2018 werde es voraussichtlich 187 unerfüllte Rechtsansprüche geben.

Damit hat aus Sicht des erkennenden Gerichts die Antragsgegnerin zu 1. eine fehlerfreie Ausübung ihres Ermessens dargelegt, wie es ihr im Recht des kommunalen Zulassungs- und Benutzungsrechts bei der Auswahl derjenigen Personen, denen die öffentliche Einrichtung eröffnet werden kann, zusteht (vgl. VGH München, Beschluss vom 22. Februar 1990 - 4 AE 90.371 - juris, Rn. 23; VG Saarbrücken, Beschluss vom 15. September 2016 - 1 L 1512/16 - juris, Rn. 9). Insbesondere hat sie dargetan, dass tatsächlich keine weiteren Betreuungsmöglichkeiten in ihrem Zuständigkeitsbereich mehr erschlossen werden können, um dem gesetzlichen Betreuungsauftrag erfüllen zu können.

Der Antragsgegnerin zu 1. steht im Gegensatz zum Antragsgegner der Einwand fehlender Betreuungskapazitäten unter entsprechender genauerer Darlegung auf jeden Fall gegenüber den Antragstellern offen, denn sie steht nicht in der Gesamtverantwortung nach § 24 Abs. 2 SGB VIII, sondern hat nur nach Maßgabe des kommunalrechtlichen Benutzungsanspruchs nach § 12 der Brandenburgischen Kommunalverfassung - BbgKVerf - die Zuteilung bestehender Kapazitäten zu entscheiden (VG Potsdam, Beschluss vom 27. April 2018 - VG 7 L 296/18 - juris, Rn. 19). Nach § 12 Abs. 1 BbgKVerf ist jedermann im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen. Zu den öffentlichen Einrichtungen gehören auch die von der Antragsgegnerin zu 1. betriebenen städtischen Kindertagesstätten.

Die begehrte Regelungsanordnung ist auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet; der Antragsteller zu 1. möchte mit dem vorliegenden Verfahren sofort das erreichen, was ihm in einem Hauptsacheverfahren zugesprochen werden könnte. Eine solche einstweilige Anordnung ist grundsätzlich mit dem Zweck des Anordnungsverfahrens nicht vereinbar und kann nach einhelliger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) nur ausnahmsweise dann getroffen werden, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Hauptsacheverfahren nicht erreichbar ist, der Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung in schlechthin unzumutbarer Weise belastet würde und sie nach dem von ihr glaubhaft gemachten Sachverhalt im Hauptsacheverfahren voraussichtlich mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen wird.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung ist es sehr wahrscheinlich, dass dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner zu 2. ein Anspruch auf Nachweisung eines Betreuungsplatzes zur frühkindlichen Förderung im Umfang von 10 Stunden täglich zusteht.

Ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache würde für den Antragsteller auch zu schweren, nachträglich nicht mehr zu beseitigenden Nachteilen führen, aber auch zu Einschränkungen der Eltern in ihnen von Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes gewährleisteten Berufsfreiheit. Der Antragsteller zu 1. könnte nämlich ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung den mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bestehenden Anspruch bis auf weiteres nicht realisieren, so dass ihm für diesen Zeitraum eine Förderung endgültig verloren ginge. Bei dieser Sachlage ist die Vorwegnahme der Hauptsache gerechtfertigt und zugleich ein Anordnungsgrund gegeben.

Die Kostenentscheidung erfolgt im jeweiligen Prozessrechtsverhältnis, da ein Fall subjektiver Antragshäufung nach §§ 44, 123 VwGO vorliegt. Da die Antragsgegnerin zu 1. bezüglich des gegen sie gerichteten Antrags voll obsiegt, treffen die insofern unterliegenden Antragsteller die Kostenlast nach § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Antragsteller im tenorierten Umfang gegenüber dem Antragsgegner zu 1. teilweise obsiegen, waren die Kosten nach § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO verhältnismäßig zu teilen.

Die Kostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.