Gericht | FG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 01.06.2010 | |
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Aktenzeichen | 4 K 4132/06 B | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 37 Abs 2 AO, § 64 Abs 1 EStG, § 64 Abs 2 S 2 EStG, § 66 Abs 2 EStG |
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2006 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 06.06.2006 verpflichtet, der Klägerin gegenüber Kindergeld für die Kinder B und C in gesetzlicher Höhe ab dem 01.12.2005 festzusetzen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Klägerin ist verheiratet mit D und hat mit diesem die gemeinsamen Kinder B, geb. X.X.1984, und C, geb. X.X.1988.
Mit Schreiben vom 23.12.2005 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), der Rechtsvorgängerin der Beklagten, rückwirkend zum 01.12.2005 die Zahlung des Kindergeldes von D, beschäftigt bei den …betrieben, auf die Klägerin umzustellen. In einem angefügten Postskriptum wurde auf die fehlenden Kenntnisse über den ab dem 01.01.2006 in Kraft tretenden Tarifvertrag der BfA hingewiesen und daher der Vorbehalt erklärt, dass der Kindergeldanteil im Ortszuschlag (mindestens für die Dauer von drei Jahren) weiter gezahlt werde.
Die ...betriebe unterrichteten die Beklagte unter dem Datum vom 05.01.2006, dass der Ehemann der Klägerin im Dezember 2005 mitgeteilt habe, dass ab dem 01.12.2005 ein Berechtigtenwechsel für die Zahlung des Kindergeldes und die Zahlung der kindbezogenen Entgeltbestandteile erfolgen solle. Da eine entsprechende Mitteilung der Beklagten eingegangen sei, würden die Zahlungen zur Vermeidung von Überzahlungen mit Ablauf des 30.11.2005 eingestellt.
Am 09.01.2006 ging im Nachgang zu dem Antrag vom 23.12.2005 ein Antrag der Klägerin auf Kindergeld für die beiden Kinder bei der Beklagten ein. Angegeben wurde, dass die Eheleute nicht getrennt und die Kinder innerhalb des Haushalts leben, sowie, dass der Ehepartner bis November 2005 Kindergeld beantragt und erhalten habe.
Mit Schreiben vom 19.01.2006 teilten die ...betriebe der Beklagten mit, entgegen dem Schreiben vom 05.01.2006 sei die Zahlung des Kindergeldes und der kindbezogenen Entgeltbestandteile für die Kinder B und C zum 31.12.2005 eingestellt worden.
Durch Bescheid vom 30.01.2006 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin Kindergeld für die Kinder B und C ab 01.01.2006 fest.
Hiergegen erhob die Klägerin am 15.02.2006 mit der Begründung Einspruch, das Kindergeld sei bereits ab dem 01.12.2005 festzusetzen. Aufgrund ihres Antrages vom 23.12.2005 hätte ihr Ehemann lediglich bis zum 30.11.2005 Anspruch auf das Kindergeld gehabt. Eine Auszahlung des Kindergeldes für Dezember 2005 an ihn wäre rechtswidrig.
Durch Einspruchsentscheidung vom 06.06.2006 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine einvernehmliche Änderung der Berechtigtenbestimmung könne erst vom Beginn des Folgemonats an berücksichtigt werden. Eine rückwirkende Änderung komme nur in Betracht, soweit das Kindergeld noch nicht festgesetzt worden sei. Im Streitfall sei im Zeitpunkt der Erklärung der Änderung des Berechtigtenwechsels am 23.12.2005 das Kindergeld bereits zu Gunsten des Ehemannes festgesetzt gewesen und in dem Monat auch im Rahmen der regelmäßigen monatlichen Termine gezahlt worden. Abweichendes gelte nicht aufgrund der Verfahrensweise der ...betriebe. Deren Aufhebung der Festsetzung zum 01.12.2005 sowie die nachträgliche Einstellung und Rückforderung der Zahlung seien erst im Januar 2006 erfolgt.
Mit der am 19.06.2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ergänzend trägt sie vor, im Zeitpunkt der Antragstellung möge der Anspruch des Ehemanns auf Kindergeld zwar bereits nach § 66 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entstanden gewesen sein. Er sei zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht erfüllt gewesen, da der Arbeitgeber des Ehemanns das Kindergeld erst mit der Gehaltszahlung für den Monat Dezember 2005 zum Monatsende gezahlt hätte. Dies jedoch auch nur deshalb, weil die Auszahlung an ihn aus technischen Gründen nicht mehr habe verhindert werden können. Tatsächlich sei es jedoch erst aufgrund nachträglicher Festsetzung vom 19.01.2006 gezahlt worden. Eine Doppelzahlung werde dadurch verhindert, dass der rechtliche Grund für die Leistung gegenüber dem Ehemann mit der Bestimmung der Klägerin als Berechtigte nachträglich weggefallen sei, so dass diesem gegenüber eine Rückforderung erfolgen könne. Da der Kindergeldanspruch im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht erfüllt gewesen sei, habe die Umstellung der Kindergeldfestsetzung und -zahlung gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf die Klägerin zum 01.12.2005 vorgenommen werden müssen. Auch aus der - lediglich internen - Dienstanweisung, auf welche die Beklagte sich berufe, ergebe sich, dass die Festsetzung des Kindergeldes nach § 70 Abs. 2 EStG sofort aufzuheben sei, wenn gegenüber der Familienkasse die Änderung einer Berechtigtenbestimmung erklärt werde. Nach der Dienstanweisung 64.4. Satz 2 werde im Übrigen im Falle eines höheren Kindergeldanspruches bei der Änderung einer Berechtigtenbestimmung der Unterschiedsbetrag bereits in dem Monat ausgeglichen, in dem der Antrag gestellt werde. Für das Begehren der Klägerin bestehe ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis, weil der Klägerin aufgrund tarifvertraglicher Besitzstandsregelung bei einer Kindergeldberechtigung für den Monat Dezember 2005 ein unbefristeter Anspruch auf Ortszuschlag zustünde, während bei einer Kindergeldberechtigung des Ehemanns der Ortszuschlag zeitlich bis zum 31.12.2007 befristet wäre. Sie hätte keine Möglichkeit gehabt, auf die tarifvertragliche Änderung frist- und zeitgerecht zu reagieren, weil der Text den Beschäftigten bis zu dem Zeitpunkt ihrer Reaktion nicht bekannt gemacht worden sei. Die Beklagte lasse inzwischen für einen bestimmten Personenkreis, der aufgrund von Elternzeit, Sonderurlaub, Zeitrente wegen Erwerbsminderung oder Ablauf von Krankengeldbezugsfristen im Dezember 2005 kein Gehalt erhalten habe, einen Berechtigtenwechsel noch bis zum Februar 2009 zu. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ein Schreiben vom 26.04.2005 in Abschrift vorgelegt, mit dem sie bei ihrem Arbeitgeber beantragt hatte, rückwirkend ab 01.01.2005 den Verheirateten- und den Kinderanteil im Ortszuschlag bei ihrem Gehalt zu berücksichtigen, weil ihr Ehemann zeitgleich Ortszuschlag nicht mehr erhalte.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2006 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 06.06.2006 zu verpflichten, ihr gegenüber Kindergeld für die Kinder B und C in gesetzlicher Höhe ab dem 01.12.2005 festzusetzen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend trägt sie vor, die Arbeitgeberin des Ehemannes der Klägerin habe mit Schreiben vom 05.01.2006 erklärt, dass sie das Kindergeld mit Ablauf des 30.11.2005 einstellen "werde". Aus dem Datum des Schreibens folge damit, dass das Kindergeld für den Monat Dezember mit den Bezügen für diesen Monat tatsächlich zur Auszahlung gekommen sei. Dementsprechend habe der Ehemann sich in seinem Einspruchschreiben vom 12.02.2006 auf die "rückwirkend" eingestellte Zahlung berufen.
Auf Frage des Gerichts haben die ...betriebe mit Schriftsatz vom 17.04.2008 mitgeteilt, der Ehemann der Klägerin habe am 30.12.2005 (Zahltag) sein Gehalt einschließlich des Kindergeldes in Höhe von 308,- € erhalten. Die Kindergeldfestsetzung sei mit Bescheid vom 06.01.2006 zum 30.11.2005 aufgehoben und die daraus resultierende Überzahlung mit einer Korrekturabrechnung im Januar 2006 zurückgerechnet worden. Nach Weigerung der Beklagten, die Zahlung für die Klägerin ab Dezember 2005 aufzunehmen, sei das Kindergeld für Dezember 2005 mit Bescheid vom 19.01.2006 zu Gunsten des Ehemanns wieder festgesetzt und im Februar 2006 angewiesen worden.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid vom 30.01.2006 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 06.06.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Rechte der Klägerin. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass ihr Kindergeld für die Kinder B und C bereits ab 01.12.2005 gewährt wird, § 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten. Im Streitfall hatten die Klägerin und ihr Ehemann D, die nicht getrennt leben und ihre Kinder in den gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, ursprünglich eine Bestimmung dahingehend getroffen, dass der Ehemann kindergeldberechtigt sein sollte. Diesem gegenüber ist in der Folge unstreitig bis zum 30.11.2005 Kindergeld für die Kinder B und C festgesetzt und gezahlt worden. Diese Berechtigtenbestimmung bleibt grundsätzlich wirksam, solange sie nicht von einem Berechtigten widerrufen wird (Bundesfinanzhof [BFH], Beschluss vom 11.12.2001 - VI B 214/00 -, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2002, 484; Finanzgericht [FG] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.04.2000 - 5 K 2268/98 -, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst [DStRE] 2001, 134).
Ein solcher Widerruf ist hier durch das von der Klägerin und ihrem Ehemann unterzeichnete Schreiben vom 23.12.2005 erfolgt, das wohl am selben Tag per Fax bei der Beklagten eingegangen ist. Dieser Widerruf wirkt nach Auffassung des Senats bereits ab dem 01.12.2005, also auf den Zeitpunkt zurück, zu dem die Klägerin und ihr Ehemann übereinstimmend den Berechtigtenwechsel erklärt haben.
Dem steht im Streitfall weder die Regelung des § 64 Abs. 1 EStG noch das "Monatsprinzip" des § 66 Abs. 2 EStG entgegen. Aus § 64 Abs. 1 EStG folgt, dass für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt wird. Eine doppelte Inanspruchnahme sowohl durch den Vater als auch durch die Mutter kommt daher nach der gesetzlichen Regelung nicht in Betracht. § 64 Abs. 1 EStG verbietet zum einen, dass für dasselbe Kind für denselben Monat zweimal Kindergeld in voller Höhe an verschiedene Berechtigte gezahlt wird. Aus der Regelung folgt zum anderen aber auch, dass es auch nicht zulässig ist, abweichend von der in § 71 EStG angeordneten monatlichen Zahlung eine tageweise Aufteilung des Kindergeldbetrags für dieses Kind vorzunehmen und die anteiligen Beträge des monatlichen Kindergeldes an zwei Berechtigte auszuzahlen (BFH, Urteil vom 16.12.2003 - VIII R 76/99 -, BFH/NV 2004, 933). Dies wird bestätigt durch die Regelung des § 66 Abs. 2 EStG, wonach das Kindergeld vom Beginn des Monats gezahlt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen. Das sich aus dieser Regelung ergebende so genannte "Monatsprinzip" hat zur Folge, dass das Kindergeld für den gesamten Monat gezahlt wird, auch wenn die Anspruchsvoraussetzungen nicht während des ganzen Monats, sondern nur für einen Teil vorgelegen haben.
Die Erklärung des Berechtigtenwechsels durch die Eheleute zugunsten der Klägerin führt im Streitfall allerdings nicht dazu, dass Letztere für den Monat Dezember grundsätzlich neben ihrem Ehemann die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld erfüllt. Denn die Klägerin und ihr Ehemann haben den Berechtigtenwechsel auf den Beginn des laufenden Monats vorgenommen, so dass nur noch die Klägerin für Dezember 2005 berechtigt war.
Insofern besteht ein maßgeblicher Unterschied gegenüber dem Wechsel der Haushaltszugehörigkeit im Laufe eines Monats. Denn der Wechsel der Haushaltszugehörigkeit des Kindes während des laufenden Monats stellt eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dar, die mit dem Tag des Haushaltswechsels dazu führt, dass das Tatbestandsmerkmal der Haushaltsaufnahme im Sinne von § 64 Abs. 2 EStG von einem Berechtigten auf den anderen Berechtigten übergeht. Dies hat zur Folge, dass - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - beide Elternteile für den betreffenden Monat die Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld erfüllen, so dass sich die vorstehend erörterte Problematik stellt. Diese ist auf Grundlage von §§ 64 Abs. 1, 66 Abs. 2, 70 Abs. 2 EStG dadurch zu lösen, dass bei dem Haushaltswechsel eines Kindes während eines laufenden Monats dieser Wechsel erst mit Wirkung ab dem Folgemonat zugunsten des neuen Berechtigten berücksichtigt wird (vgl. BFH, Urteil vom 16.12.2003 - VIII R 76/99 -, a.a.O.).
Der Berechtigtenwechsel durch übereinstimmende Bestimmung nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG ermöglicht demgegenüber eine Gestaltung der Kindergeldberechtigung (Rechtsge-staltung) und entspricht damit eher der Ausübung eines steuerrechtlichen Wahlrechts, so dass ähnlich der Wahl der Veranlagungsart bei der Einkommensteuer nach § 26 EStG - grundsätzlich - eine Änderung rückwirkend vorgenommen werden kann. Denn mit einem übereinstimmend erklärten rückwirkenden Berechtigtenwechsel entfällt die materiellrechtliche Berechtigung des bisher Berechtigten für einen Kalendermonat vollständig, in dem der neu bestimmte Berechtigte durch die Erklärung an allen Tagen des Monats rückwirkend Berechtigter wird. In einem solchen Fall kommt es nicht zu einer Konkurrenz von Ansprüchen, die im Wege der Gesetzesauslegung gelöst werden müsste.
Einen solchen übereinstimmend erklärten Berechtigtenwechsel haben die Klägerin und ihr Ehemann im Streitfall mit Rückwirkung auf den 01.12.2005 wirksam vorgenommen. Allerdings kann ein Berechtigtenwechsel nur dann Auswirkungen für die Vergangenheit haben, wenn für den zurückliegenden Zeitraum - hier den bereits laufenden Monat - eine Rechtsgestaltung noch möglich ist. Dies ist der Fall, wenn für diesen Zeitraum das Kindergeld noch nicht an den bis dahin Berechtigten gezahlt worden ist (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 31.03.1999 - III 1493/98 -, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 1999, 786; FG München, Urteil vom 12.02.2008 - 10 K 275/07 -, zitiert nach Juris; FG München, Urteil vom 25.10.2006 - 10 K 483/05 -, EFG 2007, 423; Hessisches FG, Urteil vom 28.04.2008 - 2 K 814/08 -, zitiert nach Juris, zwischenzeitlich: Zulassung der Revision durch den BFH - III R 61/09 -; Hessisches FG, Urteil vom 25.01.2006 - 2 K 205/01 -, DStRE 2006, 1387; offen gelassen: Bergkemper, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 64 EStG Rn. 10 i.V.m. Rn. 9). Denn durch die Zahlung ist der Kindergeldanspruch des bis dahin Berechtigten erfüllt und damit erloschen, § 47 der Abgabenordnung (AO). Das an den Berechtigten gezahlte Kindergeld kann nicht mehr zurückgefordert werden, da es nicht, wie nach § 37 Abs. 2 AO für eine Rückforderung erforderlich, ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist.
Soweit demgegenüber die Auffassung vertreten wird, eine Änderung der Berechtigtenbestimmung könne rückwirkend nur berücksichtigt werden, soweit noch keine Festsetzung für das jeweilige Kind erfolgt ist (vgl. Dienstanweisung zur Durchführung des Familien-leistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes [DA-FamEStG], Stand Januar 2009, DA 64.4. Abs. 2; Felix, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 64 Rn. C 26; wohl auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.09.1998 - VI 788/97 -, EFG 1998, 1654), vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. Die Aufhebung der im Wege eines sogenannten Dauerverwaltungsaktes vorgenommenen Kindergeldfestsetzung wegen geänderter Berechtigtenbestimmung ist nach allgemeiner Meinung nach § 70 Abs. 2 EStG möglich. Nach dieser Vorschrift ist insoweit, als in den Verhältnissen, die für die Zahlung des Kindergeldes erheblich sind, Änderungen eingetreten sind, die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung an aufzuheben oder zu ändern. Die Vorschrift ermöglicht grundsätzlich auch eine rückwirkende Änderung der Festsetzung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, ohne dass nach Auffassung des Senats rechtliche Gründe eine Einschränkung für einen Akt der Rechtsgestaltung wie dem des einvernehmlichen Berechtigtenwechsels erfordern. Rechtlich ist die Rückwirkung daher nur insoweit begrenzt, als diejenigen Zeiträume (Kalendermonate), in denen die - gegenüber dem nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG Bestimmten getroffene -Kindergeldfestsetzung durch Zahlung erfüllt und der auf den betreffenden Monat entfallende Kindergeldanspruch dadurch erloschen ist.
Im Streitfall ist der Zeitpunkt der Änderung, ab dem die Kindergeldfestsetzung für den bisher Berechtigten aufzuheben ist, wegen des auf den 01.12.2005 erklärten Berechtigtenwechsels der Beginn des Dezember 2005. Dementsprechend war das Kindergeld zugunsten der Klägerin bereits ab Dezember 2005 festzusetzen. Denn im Streitfall ist das für den Monat Dezember 2005 festgesetzte Kindergeld erst Ende des Monats fällig geworden und laut der Mitteilung der ...betriebe dem Ehemann der Klägerin erst am 30.12.2005 (Zahltag) - und damit nach der Erklärung des Berechtigtenwechsels - mit seinem Gehalt ausgezahlt worden. Im Zeitpunkt der während des laufenden Monats erfolgten Erklärung des zum 01.12.2005 vorgenommenen Berechtigtenwechsels war der Kindergeldanspruch mithin nicht erfüllt und daher nicht für Dezember 2005 erloschen. Darauf, dass die ...betriebe nachfolgend im Januar 2006 gegenüber dem Ehemann rückwirkend eine Aufhebung zum 30.11.2005 vorgenommen, die daraus resultierende Überzahlung mit einer Korrekturabrechnung zurückgerechnet und später zu Gunsten des Ehemanns erneut festgesetzt und angewiesen haben, kann es nicht ankommen. Denn mit dem am 23.12.2005 wirksam erklärten Berechtigtenwechsel zum 01.12.2005 war das Kindergeld gegenüber der Klägerin festzusetzen; die Festsetzung gegenüber dem Ehemann war ab 01.12.2005 aufzuheben.
Abweichendes ergibt sich im Streitfall schließlich nicht aus dem Vorbehalt, den die Klägerin im Fuß des Schreibens an die Erklärung des Berechtigtenwechsels angefügt hat. Im Wege der Auslegung ist schon wegen des klaren Wortlauts der Berechtigtenbestimmung und wegen der Anordnung der Erklärung zum Ortszuschlag als Postskriptum und der unterschiedlichen Adressaten keine Einschränkung der zum Berechtigtenwechsel abgegebenen Erklärung gewollt. Vielmehr ist das Postskriptum dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin im Nachgang zu ihrem Schreiben vom 26.04.2005 daran erinnert hat, ihr vor dem Hintergrund des nunmehr durchgeführten Berechtigtenwechsels den Kinderanteil im Ortszuschlag zu gewähren. Das Begehren hinsichtlich des Kinderanteils im Ortszuschlag richtet sich auch nicht an die Beklagte - Familienkasse -, sondern an die Arbeitgeberin der Klägerin, mithin an verschieden Abteilungen der Deutschen Rentenversicherung …. Zudem war die Klärung eventueller Ansprüche auf Ortszuschlag erst durch den Tarifvertrag zu erwarten, dessen Inhalt noch nicht bekannt war und dessen Abschluss erst in der Zukunft bevorstand. Gleichwohl sollte die Klägerin eindeutig bereits zum 01.12.2005 Kindergeldberechtigte und der Ehemann für den Dezember 2005 nicht mehr berechtigt sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war wegen des beim BFH anhängigen Verfahrens III R 61/09 sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zur Frage des rückwirkenden Berechtigtenwechsels gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen.