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Beschwerde; Bundespolizei; gehobener Dienst; begrenzter Praxisaufstieg; Auswahlverfahren; Mindestalter verfassungswidrig; Befähigung und höheres Lebensalter; Mindeststehzeit von 4 Jahren


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 18.03.2014
Aktenzeichen OVG 7 S 26.14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 146 Abs 4 VwGO, § 17 Abs 2 BPolLV 2011, § 30 Abs 7 Nr 1 aF BPolLV 2011, § 30 Abs 7 Nr 2 aF BPolLV 2011, Art 33 Abs 2 GG

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Beschwerde.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die von der Antragsgegnerin eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Mit ihrem im Beschwerdeverfahren allein maßgeblichen Vorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) stellt sie die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch auf Berücksichtigung bei der Entscheidung über die Zulassung zum begrenzten Praxisaufstieg vom mittleren in den gehobenen Polizeivollzugsdienst unter Außerachtlassung der normierten Altersgrenze und der vierjährigen Stehzeit in einem Amt der Besoldungsgruppe A 9 glaubhaft gemacht, nicht durchgreifend in Frage.

1. Die von der Antragsgegnerin verteidigte Altersgrenze in § 30 Abs. 5 mit Abs. 7 Nr. 1 BPolLV a.F. steht nicht in Einklang mit höherem Recht. Nach der vom Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. Beschlüsse vom 11. März 2014 – OVG 7 S 25.14 – und vom 10. Februar 2014 – OVG 7 S 13.14 und OVG 7 S 14.14) geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt es gegen Artikel 33 Abs. 2 GG, Aufstiegsmöglichkeiten zur Laufbahn des gehobenen Dienstes von einem Mindestalter von 40 Jahren abhängig zu machen (Urteil vom 26. September 2012 – 2 C 74.10 – BVerwGE 144, 186 Rn. 22). Wegen des Verstoßes gegen Artikel 33 Abs. 2 GG kann auch das in § 30 BPolLV a.F. als Voraussetzung für den (begrenzten) Praxisaufstieg verlangte Mindestalter von 40 Jahren nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung keine Anwendung finden (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Dezember 2013 – OVG 6 S 28.13 – ; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 7. November 2013 – 2 B 457/13 – juris Rn. 20 ff.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 9. August 2013 – 6 CE 13.1354 – juris Rn. 14). Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. September 2012 (a.a.O.) einen saarländischen Landesbeamten betraf. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Begründung nicht im saarländischen Landesrecht, sondern im Grundgesetz gefunden. Vor dessen Artikel 33 Abs. 2 GG hat auch die hier einschlägige Verordnungsregelung keinen Bestand.

Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Verknüpfung eines höheren Lebensalters mit der für den begrenzten Praxisaufstieg notwendigen Befähigung im Sinn des Artikel 33 Abs. 2 GG findet in der gesetzlichen Definition dieses Merkmals keinen Anhalt. Nach § 2 Abs. 3 BLV umfasst die Befähigung die Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten und sonstigen Eigenschaften, die für die dienstliche Verwendung wesentlich sind. Die Befähigung ist gemäß §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 BLV Gegenstand jeder dienstlichen Beurteilung ohne Rücksicht auf das Alter des Beamten. Dessen Beurteilung ist zu entnehmen, wie hoch seine Befähigung einzuschätzen ist, nicht einer typisierenden Betrachtung nach dem Lebensalter.

Der begrenzte Praxisaufstieg lässt sich auch nicht aufgrund etwaiger Zielsetzungen des sogenannten Attraktivitätsprogramms II des Bundesministeriums des Inneren auf lebensältere Beamte beschränken. Steht die Laufbahnverordnung nicht im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG, so hätte erst recht eine Verwaltungsanordnung oder Verwaltungsvorschrift mit gleicher Regelung keinen Bestand.

Auch der Hinweis der Antragsgegnerin auf andere Möglichkeiten eines Laufbahnaufstiegs schließt nicht aus, dass der Antragsteller die daneben durch § 17 Abs. 2 BPolLV ausdrücklich bis zum 31. Dezember 2014 eröffnete Möglichkeit des (begrenzten) Praxisaufstiegs nach § 30 BPolLV a.F. beanspruchen kann.

2. Die Antragsgegnerin zieht auch die Würdigung des Verwaltungsgerichts, die in § 30 Abs. 7 Nr. 2 BPolV a.F. enthaltene Mindeststehzeit von vier Jahren in einem Amt der Besoldungsgrupppe A 9 dürfte sich vor dem Hintergrund des Art. 33 Abs. 2 GG ebenfalls als verfassungswidrig erweisen, nicht in Zweifel. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine über die Regelbeurteilungsperiode von zwei Jahren weit hinausgehende Wartezeit von vier Jahren sich als zu lang erweise und mit dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbar sei, weil nicht ersichtlich sei, dass sich hierfür aus der Spezifik des in Rede stehenden Amtes eines Polizeihauptmeisters und dem Umstand, dass es um einen Laufbahnaufstieg gehe, eine hinreichende sachliche Rechtfertigung gewinnen ließe. Hierzu verhält sich das Beschwerdevorbringen nicht. Der Verweis auf das Vorbringen in der Antragserwiderung genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. März 2012 – OVG 2 S 19.12 / OVG 2 M 12.12). Soweit sich die Antragsgegnerin für ihre Auffassung, bei der Mindeststehzeit von vier Jahren handele es sich um ein leistungsbezogenes Kriterium, auf eine mit der Antragserwiderung übersandte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg beruft, ist diese im Übrigen durch Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Februar 2014 – 5 ME 15/14 – (juris) abgeändert worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).