Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 30.10.2012 | |
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Aktenzeichen | L 9 KR 260/12 KL ER | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 137 Abs 3 SGB 5, § 29 Abs 4 Nr 3 SGG |
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12.500,- Euro festgesetzt.
I.
Der Antragsteller betreibt das O-Klinikum A als Eigenbetrieb. Er wendet sich im Eilrechtsschutz gegen die Heraufsetzung der Mindestmengenregelung für „Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus“ von 5 auf 10.
Das O-Klinikum A ist ein Plankrankenhaus im Sinne vom § 108 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V). In seiner „Chirurgischen Klinik I“ betreibt es allgemeinchirurgische Patientenversorgung (Bauch-, Gefäß-, Weichteil- und Brustkorbchirurgie). Dort wurden nach Angaben des Antragstellers im Jahre 2011 allein 1.098 Eingriffe am Verdauungssystem durchgeführt.
Mit dem Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauschalengesetz, FPG) vom 23. April 2002 (BGBl. I S. 1412) ermöglichte der Gesetzgeber als ein Element der Qualitätssicherung die Einführung von Mindestmengen für die Erbringung bestimmter Leistungen in zugelassenen Krankenhäusern. § 137 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) bestimmte in der Fassung des FPG u. a.:
(Abs. 1) Die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung vereinbaren mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft unter Beteiligung der Bundesärztekammer sowie der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe Maßnahmen der Qualitätssicherung für nach § 108 zugelassene Krankenhäuser einheitlich für alle Patienten. Dabei sind die Erfordernisse einer sektor- und berufsgruppenübergreifenden Versorgung angemessen zu berücksichtigen; dazu ist der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Vereinbarungen nach Satz 1 regeln insbesondere
(…)
(Nr. 3.) einen Katalog planbarer Leistungen nach den §§ 17 und 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist, Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Krankenhaus und Ausnahmetatbestände
(…)
Zum 31. Dezember 2003 trat auf dieser Grundlage eine „Mindestmengenvereinbarung“ in Kraft, die in Anlage 1 unter Nr. 3 für „Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus“ eine „jährliche Mindestmenge pro Krankenhaus/pro Arzt“ in Höhe von jeweils 5 vorsah.
Mit dem 1. Januar 2004 übertrug das Gesetz die Kompetenz für Maßnahmen der Qualitätssicherung im Rahmen von § 137 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (im Folgenden: Antragsgegner; Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Modernisierungsgesetz, GMG] vom 14. November 2003, BGBl. I S. 2190).
Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz,GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378, gültig ab 1. Juli 2008) wurde § 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB V zu § 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Die Vorschrift lautet nunmehr im Zusammenhang:
(Abs. 3)
1Der Gemeinsame Bundesausschuss fasst für zugelassene Krankenhäuser grundsätzlich einheitlich für alle Patienten auch Beschlüsse über
(…)
(Nr. 2) einen Katalog planbarer Leistungen nach den §§ 17 und 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist sowie Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Krankenhaus und Ausnahmetatbestände (…)
2Wenn die nach Satz 1 Nr. 2 erforderliche Mindestmenge bei planbaren Leistungen voraussichtlich nicht erreicht wird, dürfen entsprechende Leistungen nicht erbracht werden. 3Die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde kann Leistungen aus dem Katalog nach Satz 1 Nr. 2 bestimmen, bei denen die Anwendung von Satz 2 die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung gefährden könnte; sie entscheidet auf Antrag des Krankenhauses bei diesen Leistungen über die Nichtanwendung von Satz 2.
Mit Beschluss vom 16. November 2004 (BAnz. Nr. 246 vom 28. Dezember 2004, S. 24647) passte der Antragsgegner die Anlage 1 der Mindestmengenvereinbarung an die ab 1. Januar 2005 geltenden OPS-Ziffern an und beließ es für „Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus“ bei der Mindestmenge von jeweils 5.
Mit Beschluss vom 20. September 2005 (BAnz. Nr. 204 vom 27. Oktober 2005, S. 15659) änderte der Antragsgegner die Anlage 1 der Mindestmengenvereinbarung mit Wirkung vom 1. Januar 2006, indem er nun unter Nr. 3 für „Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus“ eine „jährliche Mindestmenge pro Krankenhaus“ von 10 vorsah; auch für andere Leistungsgruppen (Lebertransplantation, Nierentransplantation, Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas sowie Stammzelltransplantation) wurde die Mindestmenge erhöht. Dem war am 23. Mai 2005 ein vom Antragsgegner veranstaltetes Expertenhearing zum Thema „Rückblick und Ausblick zu den bestehenden Mindestmengen“ vorausgegangen. In der Sitzung des Antragsgegners vom 20. September 2005 wurde laut Protokoll als Begründung für die Heraufsetzung der Mindestmenge angeführt, „die Experten“ hätten sich „einheitlich für eine Anhebung der bestehenden Mindestmengen“ ausgesprochen. Eine weiter gehende Begründung für die Erhöhung der hier streitigen Mindestmenge für Eingriffe am Ösophagus von 5 auf 10 ist der vom Antragsgegner erstellten Normsetzungsdokumentation nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich.
Am 20. Dezember 2005 beschloss der Antragsgegner eine Neufassung der Mindestmengenvereinbarung und beließ es in der Anlage 1 für „Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus“ bei der Mindestmenge von 10 ab 1. Januar 2006 (BAnz. Nr. 43 vom 2. März 2006, S. 1373).
Mit Beschlüssen vom 19. Dezember 2006 (BAnz. Nr. 244 vom 19. Dezember 2006, S. 7417), 22. November 2007 (BAnz. Nr. 9 vom 17. Januar 2008, S. 128), 18. Dezember 2008 (BAnz. Nr. 198 vom 31. Dezember 2008, S. 4809), 17. Dezember 2009 (BAnz. Nr. 198 vom 31. Dezember 2009, S. 4582), 11. November 2010 (BAnz. Nr. 181 vom 30. November 2010, S. 3976) und 24. November 2011 (BAnz. Nr. 192 vom 21. Dezember 2011, S. 1373) nahm der Antragsgegner eine Anpassung der Anlage 1 der Mindestmengenvereinbarung an die ab 1. Januar des jeweiligen Folgejahres geltenden OPS-Ziffern vor; dabei blieb es bis heute bei der Mindestmenge von 10 für „Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus“.
Am 1. Juni 2012 hat der Antragsteller Klage erhoben mit dem Begehren festzustellen, „dass die Mindestmengenregelung des Beklagten vom 20. Dezember 2005, zuletzt geändert am 24. November 2011, nichtig ist, soweit sie in Anlage 1 Nummer 3 für komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus eine jährliche Mindestmenge von 10 pro Krankenhaus festlegt“ (L 9 KR 259/12 KL). Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Am 29. Mai 2012 hat der Antragsteller um Eilrechtsschutz nachgesucht. Er begehrt hier die „Außervollzugsetzung der Mindestmengenregelung des Antragsgegners vom 20. Dezember 2005“ für komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache. Der Einführung der in den Jahren 2004 und 2005 geltenden Mindestmenge von 5 und auch der Erhöhung auf 10 ab dem 1. Januar 2006 mangele es an jeglicher Begründung. Dass ein besonderer Zusammenhang zwischen der Häufigkeit durchgeführter Eingriffe und der Ergebnisqualität bestehe, sei nicht hinreichend belegt. Ein bloßer Hinweis auf Expertenmeinungen sei nicht ausreichend. Zudem sei die vom Antragsgegner noch kurz vor dem Beschluss vom 20. September 2005 initiierte Begleitforschung (öffentliche Ausschreibung vom 25. August 2005) zu dem Ergebnis gekommen, dass die vorliegenden Ergebnisse keine fundierte Aussage zur Angemessenheit der bisher eingeführten Mindestmengen zulasse; für Ösophagus-Eingriffe werde sogar vorgeschlagen, die Mindestmenge wieder auf 5 abzusenken (Hinweis auf Geraedts u.a., Deutsches Ärzteblatt 2008, S. 890). Es bestehe auch ein Bedürfnis für die vorläufige Außervollzugsetzung der Mindestmenge von 10, weil andernfalls erhebliche wirtschaftliche Nachteile in Gestalt von Erlöseinbußen drohten. So habe es die Barmer GEK im Oktober 2011 unter Hinweis auf die zu erbringende Mindestmenge abgelehnt, die Rechnung für einen im August 2011 vorgenommenen Ösophagus-Eingriff in Höhe von 16.707,61 Euro zu begleichen. Es drohe auch eine Beeinträchtigung des Ansehens der Klinik, wenn das erbringbare Leistungsspektrum eingeschränkt sei; Patientenklientel werde zu anderen Krankenhäusern abwandern.
Der Antragsteller beantragt,
die Mindestmengenregelung des Antragsgegners vom 20. Dezember 2005, zuletzt geändert am 24. November 2011, soweit sie in Anlage 1 Nummer 3 für komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus eine jährliche Mindestmenge von 10 pro Krankenhaus festlegt, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er bringt im Wesentlichen vor: Der Eilantrag sei schon unzulässig, denn ein Bedürfnis für die begehrte Normenkontrolle bestehe nicht. Der Antragsteller müsse vorrangig gegen Krankenkassen vorgehen, die die Begleichung der für den Ösophagus-Eingriff erstellten Rechnung ablehnten. Zudem fehle es am Anordnungsgrund. Bei Abwarten der Hauptsacheentscheidung drohten dem Antragsteller nämlich keine unumkehrbaren Nachteile, zudem die beanstandete Mindestmenge seit 2006 bestehe.
Auf Anfrage des Senats, wie viele mindestmengenrelevante komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus in der Klinik des Antragstellers seit 2004 erbracht worden seien, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 7. September 2012 erklärt: Auf Daten für das Jahr 2004 könne nicht zurückgegriffen werden. Im Zeitraum 2004 bis 2010 seien keine solchen Eingriffe durchgeführt worden. Im Jahr 2011 seien vier mindestmengenrelevante komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus erbracht worden, im Jahr 2012 bislang einer.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte zum Eilverfahren und zur Klage L 9 KR 259/12 KL sowie auf die vom Beklagten eingereichte Normsetzungsdokumentation (ein Ordner) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
II.
Der Eilantrag hat keinen Erfolg. Er ist in Ermangelung eines Anordnungsgrundes jedenfalls unbegründet.
A. Für den Antrag ist das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erstinstanzlich zuständig, § 29 Abs. 4 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn der Antragsteller wendet sich gegen eine Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses, hier in Zusammenhang mit der Festlegung von Mindestmengen für die Erbringung stationärer Leistungen nach § 137 Abs. 3 Nr. 2 SGB V.
Der Senat behandelt die Streitsache als eine Angelegenheit der Sozialversicherung (hier: des Krankenversicherungsrechts) im Sinne der §§ 10 Abs. 1, 31 Abs. 1 SGG und nicht als eine solche des Vertragsarztrechts im Sinne der §§ 10 Abs. 2 Nr. 1, 31 Abs. 2 SGG (anders noch Urteile vom 21. Dezember 2011, L 7 KA 77/10 KL [Mindestmenge Perinatalzentren], zitiert nach juris, dort Rdnr. 134 bis 137; siehe auch Abschnitt B II 1 b [4] des „zusammenfassenden Standpunktes des 1., 3. und 6 Senats des Bundessozialgerichts zu § 10 Abs. 2 SGG“).
B. Der Eilantrag ist gerichtet auf eine Außervollzugsetzung des Beschlusses des Antragsgegners vom 20. Dezember 2005, mit dem die Mindestmenge für komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus für die Zeit ab 1. Januar 2006 von 5 auf 10 erhöht wurde, später fortlaufend bestätigt durch jahresweise getroffene Beschlüsse des Antragsgegners. Der so verstandene Eilantrag zielt auf Erlass einer Regelungsanordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG und ist statthaft (vgl. nur Beschluss des Senats vom 26. Januar 2011, L 7 KA 79/10 KL ER [Mindestmenge Perinatalzentren], zitiert nach juris, dort Rdnr. 65).
C. Im Übrigen bestehen jedoch Bedenken an der Zulässigkeit des Eilantrages. Unklar erscheint nämlich das Rechtsschutzbedürfnis für das Betreiben des Eilverfahrens, denn die parallel geführte Hauptsacheklage L 9 KR 259/12 KL, zu deren „Flankierung“ das vorliegende Eilverfahren dienen soll, ist gegebenenfalls unzulässig. Grundsätzlich muss ein Eilverfahren als unzulässig angesehen werden, wenn das parallel geführte Hauptsacheverfahren seinerseits unzulässig ist; das gilt auch und erst recht in der vorliegenden Konstellation, in der das Hauptsacheverfahren auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit einer Mindestmengenregelung nach § 137 Abs. 3 Nr. 2 SGB V zielt und mit dem Eilverfahren die Aussetzung der betreffenden Regelung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage erreicht werden soll.
Das für die Zulässigkeit des Hauptsacheverfahrens erforderliche Feststellungsinteresse im Sinne von § 55 Abs. 1, letzter Halbs. SGG („berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung“) erscheint nämlich nicht ohne Weiteres gegeben. Das Feststellungsinteresse ist ein Sonderfall bzw. eine Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses. Es fehlt grundsätzlich, wenn die begehrte Entscheidung die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern würde oder wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann (vgl. nur Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 10. Aufl. 2008, Rdnr. 16 vor § 51; Pietzcker in Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Rdnrn. 32, 33, 39 zu § 43). Das Feststellungsinteresse verlangt ein vernünftigerweise gerechtfertigtes, als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse am Ausgang der Sache, das rechtlicher, aber auch bloß wirtschaftlicher oder ideeller Art sein kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2006, B 3 KR 5/06 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17; Urteil vom 2. August 2001, B 7 AL 18/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 11; Keller, a.a.O., Rdnr. 15 a zu § 55; Urteil des Senats vom 21. Dezember 2011, L 7 KA 93/11 KL [Mindestmenge Perinatalzentren], zitiert nach juris, dort Rdnr. 45).
Hieran gemessen steht nicht ohne Weiteres fest, dass ein stattgebendes Urteil in der Hauptsache die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Antragstellers verbessern würde.
Die Klage L 9 KR 259/12 KL richtet sich nach dem angekündigten Klageantrag nämlich nur gegen die Erhöhung der Mindestmenge für komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus für die Zeit ab 1. Januar 2006 von 5 auf 10. Dies schließt der Senat daraus, dass ausdrücklich lediglich die „Mindestmengenregelung des Beklagten vom 20. Dezember 2005“ angegriffen wird, nicht aber die vorangegangene Festsetzung einer Mindestmenge von 5 für die Zeit ab 1. Januar 2004, zuletzt in Gestalt des Beschlusses des Antragsgegners vom 16. November 2004. Ein Erfolg im Klageverfahren würde damit aber u. U. keinen Vorteil für die Rechtsstellung des Antragstellers mit sich bringen. Denn selbst wenn die Rechtswidrigkeit der Erhöhung der Mindestmenge von 5 auf 10 festgestellt würde, unterläge das vom Antragsteller betriebene Klinikum dem Verbot der Leistungserbringung aus § 137 Abs. 3 Satz 2 SGB V. Derzeit lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, dass das Klinikum auch nur die erforderliche Mindestmenge von 5 erreichen wird, bei der es im Falle des Erfolgs im Hauptsacheverfahren verbliebe.
Der Antragsteller hat insoweit angegeben, in den Jahren 2005 bis 2010 seien komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus gar nicht erbracht worden. Im Jahre 2011 sei es zu vier Eingriffen gekommen, im ersten Dreiviertel des Jahres 2012 nur zu einem Eingriff. Ob der Antragsteller von einer stattgebenden Entscheidung profitieren würde, ist damit zumindest zweifelhaft, denn es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass das vom Antragsteller betriebene Klinikum jetzt oder in greifbarer Zukunft die Mindestmenge von fünf erreichen wird.
D. Jedenfalls fehlt es aber für einen Erfolg des Eilantrags am erforderlichen Eilbedürfnis (Anordnungsgrund).
Dass die streitige Mindestmengenregelung die Existenz der Chirurgischen Klinik I des O-K A gefährdete oder auch nur bezüglich des Gesamtumsatzes des Klinikums erheblich ins Gewicht fiele, hat der Antragsteller nicht schlüssig dargelegt, geschweige denn nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht (insoweit vom Sachverhalt her anders: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Januar 2011, L 7 KA 79/10 KL ER, zitiert nach juris, dort Rdnr. 93 [Mindestmenge Perinatalzentren]). Im Jahre 2011 wurden nach dem Vorbringen des Antragstellers in der Chirurgischen Klinik I des O-K 1.098 Eingriffe am Verdauungssystem durchgeführt, darunter 108 komplexe Eingriffe der Organsysteme Ösophagus, Magen, Pankreas und Rektum; davon erfolgten nur vier Eingriffe am komplexen Organsystem Ösophagus. In den Jahren zuvor wurden Eingriffe am komplexen Organsystem Ösophagus gar nicht vorgenommen, im Jahre 2012 bislang einer. Damit ist die fachlich-chirurgische und die wirtschaftliche Bedeutung des von der Mindestmenge betroffenen Eingriffs für die Klinik des Antragstellers so gering – mit einem Eingriff werden rund 16.700,- Euro erlöst –, dass ein eiliges Regelungsbedürfnis für die begehrte sofortige Außervollzugsetzung der angegriffenen Regelung nicht erkennbar ist. Ebenso wenig erscheint nachvollziehbar, warum die Nichterbringung von Eingriffen am komplexen Organsystem Ösophagus Renommee und Stellung der Klinik nachhaltig beeinträchtigen sollten, wenn gleichzeitig allen betroffenen Akteuren des Gesundheitssystems klar sein wird, dass die Erbringbarkeit dieses Eingriffs vom Erreichen der Mindestmenge abhängt, die nach dem Willen des Gesetzgebers wiederum eine Maßnahme der Qualitätssicherung darstellt. Zudem ist die fragliche Leistung jahrelang in der Klinik gar nicht erbracht worden, seit 2011 dann nur in sehr geringem Umfang, so dass schon von daher ein nennenswerter Verlust an Renommee oder ärztlicher Routine nicht zu befürchten ist.
E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 52 Abs. 1 und Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Der Senat hat von seinem in § 52 Abs. 1 GKG vorgesehenen Ermessen Gebrauch gemacht und den Auffangwert aus § 52 Abs. 2 GKG mit fünf multipliziert, denn dies entspricht der Differenz von alter und neuer Mindestmenge. Für den Hauptsachestreit ergäbe sich daraus ein Streitwert von 25.000 Euro, der für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist.
Dieser Beschuss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.