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Ausbildungsförderung; Rückforderung; Vertrauensschutz; Nichtberücksichtigung eigenen Einkommens; Veränderungen nach Bewilligung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 25.03.2014
Aktenzeichen OVG 6 N 63.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 20 Abs 1 Nr 3 BAföG

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 27. März 2012 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat auf der Grundlage der insoweit allein maßgeblichen Zulassungsbegründung keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

1. Der Rechtsstreit betrifft die Rückforderung von Ausbildungsförderung. Die Klägerin hatte in den Bewilligungsanträgen jeweils angegeben, als Einkommen sowohl Waisenrente als auch Waisengeld zu beziehen. Der Beklagte hatte bei der Bewilligung nur die Waisenrente als Einkommen der Klägerin berücksichtigt. Nachdem dieser Fehler offenbar geworden war, forderte er Ausbildungsförderung, gestützt auf § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG, zurück. Mit der dagegen gerichteten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG nur dann Anwendung finde, wenn sich nachträglich im Bewilligungszeitraum Änderungen der Einkommensverhältnisse ergeben. Das Verwaltungsgericht ist dem nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG schon nach seinem eindeutigen Wortlaut bei jeder Nichtberücksichtigung von Einkommen bei der Bewilligung der Ausbildungsförderung eine Rückforderung vorsehe. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung greift die Klägerin diesen Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts erfolglos an.

Zum einen trifft es nicht zu, dass sich das Verwaltungsgericht, wie die Klägerin rügt, nur „am Rande“ mit der Anwendbarkeit des § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG befasst und die von der Klägerin angeführte anderslautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. Dezember 2010 (- 11 K 1902.10 -, juris) unberücksichtigt gelassen habe. Vielmehr hat sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung im Einzelnen mit der inmitten stehenden Rechtsfrage und den Einwendungen der Klägerin befasst. Zum anderen unterliegt der Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts in der Sache keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln. Dass § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur bei nachträglichen Einkommensveränderungen greift, entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Es hat mit Urteil vom 8. Juni 1989 (- 5 C 38.86 -, juris Rn. 16) zur Entstehungsgeschichte und zum Anwendungsbereich der Norm ausgeführt:

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG ist, wenn die Voraussetzungen für die Leistung von Ausbildungsförderung an keinem Tage des Kalendermonats vorgelegen haben, für den sie gezahlt worden ist, der Bewilligungsbescheid insoweit aufzuheben und der Förderungsbetrag zurückzuzahlen, als der Auszubildende Einkommen im Sinne des § 21 BAföG erzielt hat, das bei der Bewilligung der Ausbildungsförderung nicht berücksichtigt worden ist. Schon der frühere, zuletzt aus der Bekanntmachung vom 9. April 1976 (BGBl. I S. 989) ersichtlich gewesene, in § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG geregelte Rückforderungstatbestand stellte ebenso wie die übrigen früher in den Nummern 1, 2 und 4 getroffenen Bestimmungen eine eigenständige und in sich abgeschlossene Anspruchsgrundlage dar. Im Unterschied zu den früheren Nummern 1 und 2 des § 20 Abs. 1 BAföG, die ebenso wie die aufgrund von Art. II § 1 Nr. 2 SGB-VwVf an ihre Stelle getretenen §§ 45 und 48 SGB X das Entstehen des Rückforderungsanspruchs davon abhängig machten, daß beim Auszubildenden bestimmte subjektive Merkmale erfüllt sind, entsteht nach Nummer 3 des § 20 Abs. 1 BAföG der Rückforderungsanspruch dann, wenn zwei objektive Umstände vorliegen. Voraussetzung ist allein, daß der Auszubildende Einkommen erzielt und die Behörde dieses Einkommen bei der Bewilligung der Ausbildungsförderung nicht berücksichtigt hat. Subjektive Elemente spielen für das Entstehen des Rückforderungsanspruchs weder auf seiten des Auszubildenden noch auf seiten der Behörde eine Rolle. Ohne rechtliche Bedeutung ist demnach, ob der Auszubildende oder die Behörde gewußt hat oder hätte wissen müssen, der Auszubildende habe während des Bewilligungszeitraumes Einkommen erzielt oder werde in diesem Zeitraum Einkommen erzielen. Ferner kommt es nicht darauf an, ob dem Auszubildenden vorwerfbar ist, er habe die Behörde auf die Einkommenserzielung nicht hingewiesen, oder ob es in den Verantwortungsbereich der Behörde fällt, daß sie das Einkommen bei der Bewilligung unberücksichtigt gelassen hat. Dem Rückforderungsanspruch steht ferner nicht entgegen, daß der Auszubildende darauf vertraut hat, er habe die Förderung zu Recht erhalten, oder daß er den gezahlten Betrag für seinen Lebensunterhalt bereits verwendet hat. Die Bestimmung der Nummer 3 des § 20 BAföG stellt insgesamt eine für die Ausbildungsförderung geltende Sonderregelung zur Rückforderung von zu Unrecht gewährten Leistungen dar, die das Vertrauen des Auszubildenden auf die Beibehaltung einer rechtswidrigen Förderung nicht schützt und Grundsätze aus dem Bereicherungsrecht unberücksichtigt läßt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1981 - BVerwG 5 C 61.79 - <Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 14>). Daran hat sich durch das Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - nichts geändert (ebenso Humborg in Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 4. Aufl., Stand: März 1989, § 20 RdNr. 14).

Danach ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur die von der Klägerin in den Blick genommenen Fälle einer nachträglichen Änderung der Einkommensverhältnisse zur Anwendung der strengen Rückforderungsregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG führen, sondern jedweder Fall einer - aus welchen Gründen auch immer - unterbliebenen Berücksichtigung von eigenem Einkommen bei der Bewilligung von Ausbildungsförderung.

Soweit die Klägerin sich auf eine anderslautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart (a.a.O.) bezieht, hat bereits das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil dargelegt, dass und warum die dort zur Begründung eines engen Verständnisses des § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. April 1992 (- 5 C 41.88 -, juris) ein solche Interpretation nicht stützt. Auf die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die durch die Zulassungsbegründung nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden, wird Bezug genommen (vgl. im Übrigen VG Greifswald, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 2 A 242.13 -, juris Rn. 31; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Auflage, § 20 Rn. 4).

Dieses Verständnis der Norm verletzt entgegen der Auffassung der Klägerin kein Verfassungsrecht (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1989, a.a.O., Rn. 17). Der sachliche Grund dafür, die Bewilligung von Ausbildungsförderung unter den gesetzlichen Vorbehalt der zutreffenden Berücksichtigung des Einkommens des Auszubildenden zu stellen und die Rückforderung insoweit nicht von Fragen des Vertrauensschutzes abhängig zu machen, liegt in der zentralen Bedeutung des Vorhandenseins bzw. Fehlens eigenen Einkommens für die Bewilligung von Ausbildungsförderung.

2. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Sache zudem keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und ihr keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist. Die von der Klägerin angesprochene Frage nach dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG ist vor dem Hintergrund der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).