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Polizeibeamter; Kriminalkommissar; Disziplinarverfügung; Verweis; außerdienstliches Verhalten; Teilnahme an Veranstaltungen der rechten und rechtsextremen Szene; Verbotsirrtum (verneint); Unvermeidbarkeit des - (verneint); Grundrechte; Bedeutung der -; Verfahrensdauer


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 81. Senat Entscheidungsdatum 01.04.2014
Aktenzeichen OVG 81 D 2.12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 5 GG, Art 8 GG, Art 33 Abs 5 GG, § 6 DG BB, § 13 DG BB, § 19 S 3 aF BG BB, § 43 Abs 1 S 2 aF BG BB

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 12. April 2011 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleisung in Höhe von 120 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am in geborene, ledige und kinderlose Kläger erwarb 1989 in das Abitur. Von 1989 bis 1991 war er Offiziersanwärter, zunächst bei der Nationalen Volksarme, dann bei der Bundeswehr. Am 16. September 1991 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeikommissar-Anwärter ernannt. Am 30. August 1994 bestand er die Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Land Brandenburg mit dem Gesamtergebnis „befriedigend“. Mit Wirkung vom 16. September 1994 folgte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe die Ernennung zum Kriminalkommissar zur Anstellung. Zum 1. September 1994 wurde der Kläger zum Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg versetzt und fortan im Ermittlungsbereich verwendet. Mit Wirkung vom 16. März 1997 ernannte ihn der Beklagte zum Kriminalkommissar. Mit Wirkung vom 24. Januar 1998 verlieh er dem Kläger die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit.

Im Jahre 2000 war der Kläger als Verbindungsbeamter des LKA Brandenburg zu der abgeordnet. Seit 2001 war er der des LKA Brandenburg unterstellt. Am 15. Februar 2001 und 23. April 2004 erhielt er jeweils eine dienstliche Beurteilung mit dem Gesamturteil „Erkennbar über den Anforderungen“. Am 22. Januar 2007 wurde er mit Rücksicht auf die streitgegenständlichen Dienstpflichtverletzungen an das abgeordnet und im Schutzbereich am Dienstort im Sachgebiet Verkehrsdienste, Verkehrsüberwachung eingesetzt. Am 27. Februar 2007 wurde eine Wortbeurteilung über den Kläger erstellt. Hiernach zeigte er großen Einsatz sowie Eigeninitiative. Er könne mit seinem sich stetig steigernden Fachwissen kriminalistische Zusammenhänge in komplexen Ermittlungsverfahren erkennen und so seine Arbeit effektiv gestalten. Er sei einer der Leistungsträger der Ermittlungskommission und als möglicher Beförderungskandidat vorgeschlagen worden. Am 7. Juni 2007 erhielt der Kläger erneut eine dienstliche Beurteilung mit dem Gesamturteil „Erkennbar über den Anforderungen“. Am 24. April 2009 erfolgte eine Beurteilung mit der Notenstufe „Entspricht den Anforderungen“. Zum 1. Dezember 2009 wurde der Kläger zur Kriminalpolizei umgesetzt. Am 18. November 2011 erhielt er eine Beurteilung mit der Notenstufe „Entspricht den Anforderungen“. Ab 1. Dezember 2011 wurde er als Streifenbeamter im Wach- und Wechseldienst der Polizeiinspektion mit Dienstort eingesetzt. Am 21. Juni 2012, 11. Oktober 2012 und 13. Oktober 2013 erfolgten weitere Beurteilungen mit der Notenstufe „Entspricht den Anforderungen“.

Ausweislich eines Vermerks der K... und des K... stellten diese den Kläger am 18. November 2006 in Seelow als Teilnehmer der Veranstaltung „Die Vergangenheit strömt in hundert Wellen in uns fort“ fest. Ausweislich eines Vermerks des K... vom 24. November 2006 hatte dieser in der Woche vor dem 18. November 2006 mit dem Kläger ein privates Gespräch geführt. Die scherzhaft gemeinte Frage des K..., ob er, der Kläger, an der Versammlung am 18. November 2006 teilnehmen wolle, habe der Kläger bejaht. K... habe dies nicht ernst genommen.

Mit Verfügung vom 8. Januar 2007 leitete der Direktor des LKA Brandenburg gegen den Kläger ein Disziplinarverfahren ein. Der Kläger habe am 18. November 2006 in Seelow an einer Demonstration anlässlich des „Heldengedenkens 2006“ und darüber hinaus nach eigenem Bekunden auch an vorausgegangenen Veranstaltungen gleicher Art in Halbe teilgenommen. Dies korrespondiere mit dem Umstand, dass sein Kraftfahrzeug am 12. November 2005 im Versammlungsraum „Heldengedenken“ in Halbe festgestellt worden sei. Die Veranstaltungen und der Versuch, sie verbieten zu lassen, seien Gegenstand dienstlicher Erörterungen und einer breiten Medienberichterstattung gewesen. Von daher habe dem Kläger nicht verborgen bleiben können, dass es sich um Veranstaltungen der bundesweiten rechten und rechtsextremistischen Szene gehandelt habe. Der Kläger habe seine außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht nach §§ 19, 43 LBG a.F. sowie die Verpflichtung zur Verfassungstreue verletzt.

Ende Januar 2007 erschienen in der Presse Berichte über die Teilnahme eines Beamten des LKA Brandenburg an der Veranstaltung in Seelow. Gerüchte, wonach der Betreffende offen mit der NPD sympathisiere, wurden laut den Presseberichten vom LKA Brandenburg nicht bestätigt.

Nach polizeilichen Erkenntnissen war das Kraftfahrzeug des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen bereits am 12. November 2005 anlässlich der „Heldengedenkveranstaltung 2005“ im Bereich des Bahnhofsvorplatzes von Halbe abgestellt worden. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten und den europäischen Freiwilligen“. Anmelder war L..., Versammlungsleiter C.... Es nahmen etwa 1.700 Mitglieder der bundesweiten rechten und rechtsextremistischen Szene teil, darunter zahlreiche Führungspersönlichkeiten der deutschen rechtsextremistischen Szene sowie Mitglieder rechtsextremistischer Kameradschaften. Die Polizei stellte Plakate und Aufkleber mit Bezug zu Rudolf Heß sicher. Nachdem die geplante Wegstrecke des Aufzugs durch die hohe Zahl von Teilnehmern einer Ansammlung blockiert war, kam es zu mehreren Versuchen rechter Gruppierungen, Absperrungen zu durchbrechen. Laut einem von dem Beklagten zu den Gerichtsakten gereichten Ausdruck der Internetseite des „Kampfbund Deutscher Sozialisten“ mit dem Untertitel „Für einen nationalen Sozialismus“ hatten sich in der Veranstaltung etwa 2.000 „volkstreue“ Menschen aus Deutschland und vielen Ländern Europas eingefunden. Der Inhalt der Reden verschiedener „Kameraden“ wurde auf der Internetseite wiedergegeben. Abgebildet war ferner ein Foto von Teilnehmern, die ein großes Banner mit der Aufschrift „Den Kopf niemals senken … Seid stolz auf die Wehrmacht und ehret sie! Kampfbund deutscher Sozialisten“ trugen.

Die Veranstaltung vom 18. November 2006 in Seelow meldete C... unter dem Motto „Die Vergangenheit strömt in hundert Wellen in uns fort“ an. An der Auftaktkundgebung, dem Aufzug und der Abschlusskundgebung nahmen etwa 1.080 Personen der bundesweiten rechten und rechtsextremistischen Szene teil, darunter Mitglieder der NPD-Landtagsfraktionen aus Sachsen (...) und Mecklenburg-Vorpommern (...), Mitglieder der verbotenen Berliner Kameradschaften „Berliner Alternative Süd-Ost“ und „KS Tor“ sowie des Anfang November 2006 aufgelösten „Märkischen Heimatschutzes“. Als Redner traten neben C... noch ... (NPD Mecklenburg-Vorpommern) und fünf weitere Personen auf. Im Demonstrationszug wurden Kranz- bzw. Transparentaufschriften wie „Frei Nationalisten Altmark West“, „Thüringer Heimatschutz“, „Widerstand Ruhrgebiet“, „Nationalistische Jugend Berlin“ sowie der NPD festgestellt. Die erste Strophe der deutschen Nationalhymne wurde abgespielt.

Auf Befragen des Beklagten äußerten sich mehrere Kollegen über den Kläger. K... erklärte, der Kläger habe niemals Verhaltensweisen gezeigt, die auf eine Verbindung zur rechtsextremen Szene schließen ließen. Dass er, K..., die Ankündigung des Klägers nicht ernst genommen habe, an der Versammlung am 18. November 2006 teilzunehmen, führe er auf dessen Mimik zurück; er habe gelacht. K... erläuterte, der Kläger sei ein Provokateur. Er sei schon aus Spaß an der Freude zu jedem Thema in Kontrastellung gegangen. Er wisse überdurchschnittlich viel über das Dritte Reich, verherrliche dieses nicht, habe aber bei einer Diskussion im Rahmen einer längeren Dienstfahrt etwa im Jahre 2005 provokativ die Tötung von Juden und Parteifunktionären bzw. Zivilisten beim Russlandfeldzug mit der Begründung gerechtfertigt, es habe sich um Partisanen gehandelt. K... bekundete, im Vorfeld der Veranstaltung vom 18. November 2006 hätten sich Polizeibeamte, darunter der Kläger und K..., in einer kleineren Gruppe über die Veranstaltung unterhalten. Ergebnis sei gewesen, dass die Teilnahme für jeden Normalbürger legitim sei. Er, K..., rede „jetzt nicht von Beamten“. Anhaltspunkte für eine rechtsextreme Einstellung des Klägers seien nicht bekannt, dieser habe sich auch nicht als NPD-Anhänger gezeigt, provoziere jedoch immer.

Im Folgenden erhielten mehrere Beamte der des LKA Brandenburg einen Fragebogen zu der Person und dem Verhalten des Klägers. K... gab in dem Fragebogen an, der Kläger trete sehr selbstbewusst auf und interessiere sich sehr für die deutsche Geschichte. Es gebe jedoch keinen Grund für die Annahme, er lasse sich in seiner dienstlichen Verrichtung gegen Recht und Gesetz durch politische Überzeugungen beeinflussen oder werbe dafür. K... erinnerte sich an korrektes Verhalten des Klägers gegenüber Vorgesetzten und Kollegen. In Gesprächsrunden habe der Kläger kontrovers diskutiert. Er habe für keine Überzeugung geworben. K... gab an, das Auftreten des Klägers sei in der Regel korrekt gewesen, teilweise schon penibel. K..., der unmittelbare Dienstvorgesetzte des Klägers, beschrieb diesen als aufmerksamen, von hoher Einsatzbereitschaft geprägten Polizeibeamten, der seinen Dienstpflichten gewissenhaft nachkomme. K..., der Leiter des des LKA Brandenburg, wies auf über den Erwartungen liegende Leistungen des Klägers und dessen Einsatzbereitschaft und Kollegialität hin. K... hielt das Verhalten des Klägers für korrekt, er sei kritikfähig und hilfsbereit. K... ergänzte, das Verhalten des Klägers sei überwiegend korrekt, er diskutiere jedoch in allgemeinen Gesprächsrunden unabhängig vom Thema öfter kontrovers und provozierend. K... beschrieb den Klägers als fachkompetent, selbstbewusst, kommunikativ stark, aber auch streitbar. K... erlebte den Kläger als netten, aufgeschlossenen Kollegen mit oftmals kontroversen Ansichten. Es habe im Vorfeld der Veranstaltung im November 2006 eine Diskussionsrunde unter Kollegen zu der Frage gegeben, ob die Veranstaltung zuzulassen sei. Der Kläger habe die Auffassung vertreten, es stehe auch Personen der rechtsextremen Szene frei, ihre Meinung öffentlich kundzutun. Der Kläger habe dabei weder seine eigene politische Auffassung noch die Absicht erkennen lassen, selbst an der Veranstaltung teilzunehmen. K... ergänzte, das Auftreten des Klägers sei immer freundschaftlich, nett und korrekt gewesen. Er vertrete liberale bis rechtskonservative politische Meinungen, die nicht auf eine aktive oder organisierte Zugehörigkeit zur rechtsextremen Szene hindeuteten. K... hielt den Kläger für gebildet und fähig, er trete teilweise provokant auf. Radikale Äußerungen habe er in Gegenwart des K... nicht geäußert. K... bescheinigte dem Kläger, er sei ihr gegenüber immer freundlich, höflich und zuvorkommend gewesen, diskutiere gern kontrovers und äußere sich auch provokant.

K... gab im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Vernehmung an, er habe als Zivilbeamter an dem Demonstrationszug am 18. November 2006 teilgenommen. Der Kläger sei in bürgerlicher Kleidung, ohne Fahne oder Transparent, in der Mitte des Zuges gelaufen. In der Folgewoche habe er, K..., den Kläger auf seine Teilnahme angesprochen. Der Kläger habe darauf hingewiesen, er sei privat dort gewesen und habe sein Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wahrgenommen. K... bekundete bei ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung, sie sei zunächst als Zivilbeamtin an der Kontrollstelle eingesetzt gewesen und habe dann den Demonstrationszug von außen beobachtet. Den Kläger hat sie während des Aufenthalts der Teilnehmer auf dem Friedhof wahrgenommen. Er habe sich innerhalb des Demonstrationszuges befunden. Er sei so gekleidet gewesen, wie er jeden Tag zur Arbeit gehe, und habe sich weder durch sein Aussehen noch durch ein bestimmtes Auftreten hervorgehoben.

Zu einer von der Ermittlungsführerin gefertigten Zusammenfassung des Ermittlungsergebnisses äußerte der Kläger unter dem 18. April 2007, er habe im Kollegenkreis offen über seine Teilnahme an der Gedenkveranstaltung in Seelow gesprochen. Diese habe er ebenso wie die Gedenkveranstaltung in Halbe im Jahre 2005 im Rahmen seiner Meinungs- und Versammlungsfreiheit besucht, um aller Soldaten beider Weltkriege zu gedenken. Seine Äußerungen zur Rechtfertigung der Tötung von Juden und Parteifunktionären hätten sich darauf bezogen, dass nach dem Kriegsvölkerrecht die Tötung von Partisanen gerechtfertigt sei. Am 26. April 2007 erschien der Kläger ausweislich eines Aktenvermerks der Untersuchungsführerin in deren Dienstzimmer und erklärte „außerhalb des Protokolls“, er wolle über die Äußerung vom 18. April 2007 hinaus keine Erklärung abgeben, insbesondere nicht dahingehend, er werde an Veranstaltungen der in Rede stehenden Art nicht mehr teilnehmen.

Mit Disziplinarverfügung vom 26. Juli 2007 sprach der Direktor des LKA Brandenburg gegenüber dem Kläger einen Verweis aus. Der Kläger habe durch die Teilnahme an den von dem Rechtsextremen C... angemeldeten und organisierten Veranstaltungen vom 12. November 2005 und 18. November 2006 ein Verhalten an den Tag gelegt, das in besonderem Maße geeignet sei, die Achtung und das Vertrauen in einer für das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Er habe als Polizeibeamter an einer von einem bekannten Rechtsextremisten organisierten Veranstaltung teilgenommen, an der bekannte Mitglieder der rechten und rechtsextremen Szene mitgewirkt hätten. Dieses Verhalten könne für jeden außenstehenden Betrachter zu der Annahme führten, dass Polizeibeamte eine Nähe zur rechten und rechtsextremen Szene tolerierten oder gar suchten und mit ihr sympathisierten. Darüber hinaus könne der Eindruck entstehen, Polizeibeamte seien geneigt, Straftaten, die aus jener Szene heraus begangen würden, weniger konsequent zu verfolgen. Dies begründe die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens in das Beamtentum, die letztlich die Funktionsfähigkeit der Polizei beeinträchtigen könne. Der Kläger habe der Pflicht der §§ 19 Satz 3, 43 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. zum außerdienstlichen Wohlverhalten zuwider gehandelt. Bei der Bemessung der Maßnahme sei zu berücksichtigen, dass der Kläger keine besondere Nähe oder Sympathie zur rechten oder gar rechtsextremen Szene aufweise. Er sei in der Vergangenheit disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten und werde als engagierter, stets einsatzbereiter Beamter geschätzt.

Mit seinem Widerspruch gegen die Disziplinarverfügung machte der Kläger geltend, er sei bei keiner der beiden nicht verbotenen Veranstaltungen hervorgetreten Im Übrigen sei ihm angekündigt worden, er werde versetzt. Diese Maßnahme müsse in die Disziplinarverfügung aufgenommen werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2007 wies der Direktor des LKA Brandenburg den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung legte er über die Ausführungen in der Disziplinarverfügung hinaus dar, es sei nicht erkennbar, dass der Kläger sich im Vorfeld der beiden Veranstaltungen ernsthaft um eine Klärung der Frage bemüht habe, ob sein Handeln erlaubt sei. Sollte er einem Verbotsirrtum unterlegen gewesen sein, sei dieser vermeidbar gewesen. Gegen ihn spreche, dass er mehrfach an Veranstaltungen teilgenommen habe, die die Politiker und die Polizei unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten und besonderer Beobachtung durch die Medien mit Zuspruch der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung zu verhindern versucht hätten. Soweit er sich gegen seine Versetzung wende, handele es sich nicht um eine Disziplinarmaßnahme.

Mit seiner Klage vom 29. November 2007 gegen die Disziplinarverfügung hat der Kläger erstinstanzlich ausgeführt, er stelle die Teilnahme an den beiden Veranstaltungen nicht in Abrede, habe im Gegenteil im Kollegenkreis, insbesondere gegenüber K..., offen über seine Teilnahme und Beweggründe gesprochen. Dienstliche Reaktionen habe es nicht gegeben, so dass er davon habe ausgehen dürfen, er sei auch als Polizeibeamter zur Teilnahme an den Veranstaltungen berechtigt. Er habe sich außerhalb seines Dienstes befunden und nicht hervorgetan. Symbole oder Bekleidung, die ihn als Sympathisanten der rechten Szene ausgewiesen hätten, habe er nicht getragen. Die Wohlverhaltenspflicht könne seine Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht so weitgehend einschränken. Dass die Landesregierung versucht habe, die Veranstaltungen zu unterbinden, ändere hieran nichts. Art. 33 Abs. 5 GG sei zwar eine verfassungsrechtliche Regelung, jedoch kein Grundrecht wie Art. 8 GG.

Der Beklagte hat seine Erwägungen erstinstanzlich dahingehend vertieft, die Wahrnehmung der Grundrechte des Klägers sei unvereinbar gewesen mit den für die Erhaltung eines intakten Beamtentums unerlässlichen Pflichten, hier der Pflicht zum außerdienstlichen Wohlverhalten. Dem Kläger sei es zuzumuten gewesen, der Gefallenen der Weltkriege auf andere Art zu gedenken.

Durch Urteil vom 12. April 2011 hat das Verwaltungsgericht Potsdam die Disziplinarverfügung vom 26. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2007 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe zwar möglicherweise gegen seine Wohlverhaltenspflicht nach § 19 Satz 3 LBG a.F. verstoßen. Ihm sei jedoch ein unvermeidbarer Verbotsirrtum unterlaufen. Er habe seine Absicht an der Veranstaltung vom 18. November 2006 teilzunehmen im Vorfeld im Kollegenkreis angesprochen. Der Kollegenkreis habe die Teilnahme für rechtlich unbedenklich gehalten. Zu diesem Schluss führten auch die dienstlichen Äußerungen des K... und des K.... K... habe die Ankündigung des Klägers, an der Veranstaltung in Seelow teilzunehmen, scherzhaft aufgenommen. K... habe das Ergebnis der Diskussion einer kleinen Gruppe von Polizeibeamten, darunter des Klägers, über die bevorstehende Veranstaltung in Seelow dahingehend wiedergegeben, die Gruppe habe eine Teilnahme für jeden Normalbürger als legitim erachtet. Dem Kläger sei es nicht möglich gewesen, über den Umfang seiner Dienstpflichten weitere, verlässliche Informationen etwa von seinen Vorgesetzten einzuholen, denn die Rechtsprechung - das Verwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 29. November 2006 (M 9 K 05.3308, juris) einerseits, den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Mai 2001 (1 DB 15.01, juris) andererseits angeführt - zu der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht in Zusammenhang mit Veranstaltungen der rechten Szene sei uneinheitlich, Rechtsklarheit sei nicht zu erzielen gewesen. Die Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung in Halbe wiederum stehe nicht zweifelsfrei fest. Jedenfalls sei ein Verweis nicht zweckmäßig, da nicht erforderlich. Der Kläger habe in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung - von dem Verwaltungsgericht allerdings nicht in die Sitzungsniederschrift aufgenommen - erklärt, durch den Lauf des Disziplinarverfahrens erkannt zu haben, dass die Teilnahme an Veranstaltungen der in Rede stehenden Art nicht angezeigt sei. Er habe ferner weiterhin deutlich überdurchschnittliche Leistungen gezeigt, sei laut seiner letzten dienstlichen Beurteilung einer der Leistungsträger in der Ermittlungskommission und vom Kommissionsleiter als Beförderungskandidat vorgeschlagen worden.

Mit seiner von dem Senat wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassenen Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil macht der Beklagte geltend, aus der Reaktion des K... folge nicht, dieser habe die beabsichtigte Vorgehensweise des Klägers gebilligt. K... habe seine Äußerung ausdrücklich auf Normalbürger beschränkt und Polizeibeamte ausgenommen. Der Kläger hätte seine Dienstvorgesetzten zumindest befragen müssen. Im Übrigen habe das Bundesverwaltungsgericht die Rechtslage hinsichtlich der Teilnahme von Beamten an Veranstaltungen der in Rede stehenden Art geklärt. Sie seien gehalten, schon den Anschein einer Identifizierung oder Sympathie mit dem Nationalsozialismus zu vermeiden. An der Veranstaltung in Halbe habe der Kläger unstreitig teilgenommen. Was die Zweckmäßigkeit der Disziplinarverfügung angehe, habe der Kläger zwar in Aussicht gestellt, nicht mehr an gleichartigen Veranstaltungen teilzunehmen. Er berufe sich jedoch für die Veranstaltungen in Halbe und Seelow weiterhin auf seine Versammlungs- und Meinungsfreiheit, statt sich nachträglich zu distanzieren und damit eine Läuterung kundzutun. Er habe sich auch die in der Presse über ihn erschienenen Berichte zurechnen zu lassen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 12. April 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er unterstreicht nach wiederholter Verlängerung der ihm eingeräumten Stellungnahmefristen sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Die Erwartung des Beklagten, er müsse sich von seinem Verhalten distanzieren, sei daher widersinnig. An dem Vorhandensein des Grundrechts ändere die Presseberichterstattung nichts. Er sei auch deswegen nicht verpflichtet, sich von rechtsextremistischen Kreisen zu distanzieren, da er ihnen zu keinem Zeitpunkt nahegestanden habe. Er habe sich ausdrücklich von den beiden Veranstaltungen und seiner Teilnahme daran distanziert und sei bereit zuzugestehen, dass die Teilnahme pflichtwidrig gewesen sein könnte, sobald dies richterlich bestätigt werde.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist der Kläger ausgeblieben. Seine Prozessbevollmächtigte hat auf Befragen des Senats erklärt, er habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bekundet, es tue ihm persönlich leid, an den Veranstaltungen teilgenommen zu haben und welchen Eindruck er erweckt habe. Er gehe aber davon aus, dass er nicht widerrechtlich gehandelt habe, darauf lege er Wert. Er würde heute nicht mehr an derartigen Veranstaltungen teilnehmen, wolle aber klären lassen, ob seine damalige Teilnahme in rechtlicher Hinsicht falsch oder richtig gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge (Personalakte, Disziplinarakten) verwiesen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten, in deren Rahmen der Senat den Streitfall in demselben Umfang prüft wie das Verwaltungsgericht (§ 3 LDG, § 128 VwGO), ist begründet. Die Klage gegen die Disziplinarverfügung vom 26. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2007 ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts abzuweisen, denn die Disziplinarverfügung ist rechtmäßig, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Disziplinarverfügung ist formell ordnungsgemäß erfolgt. Gemäß § 34 Abs. 2 Landesdisziplinargesetz (LDG) ist jeder Dienstvorgesetzte, im Falle des Klägers der Direktor des Landeskriminalamtes, zu Verweisen gegen die ihm unterstellten Beamten befugt. Die Zuständigkeit des Direktors zum Erlass des Widerspruchsbescheides folgt aus § 42 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LDG i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung zur Übertragung von Zuständigkeiten für den Erlass von Widerspruchsbescheiden und für die Vertretung von Klagen aus dem Beamtenverhältnis im Bereich der Polizei (Widerspruchszuständigkeitsverordnung Polizei - PolWidZV -) vom 30. Juni 1995 (GVBl. II S. 498), geändert durch Verordnung vom 15. Juni 1998 (GVBl. II S. 442). Dass der Kläger seit 22. Januar 2007 zum abgeordnet war, ändert gemäß § 18 Abs. 4 Satz 1 LDG nichts.

Die Disziplinarmaßnahme ist auch in der Sache gerechtfertigt.

Der Beklagte legt dem Kläger zu Recht ein einheitliches Dienstvergehen in Gestalt zweier schuldhafter Dienstpflichtverletzungen durch Teilnahme an den Veranstaltungen am 12. November 2005 in Halbe und am 18. November 2006 in Seelow zur Last.

Für die Frage, ob ein Beamter seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zur Tatzeit maßgebend, soweit nicht im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB für den Beamten materiell-rechtlich günstigeres neues Recht gilt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 -, juris Rn. 33). Nach dem hier somit noch anwendbaren § 43 Abs. 1 Satz 1 LBG a.F. begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Dabei umfasst der gesetzliche Begriff des Dienstvergehens alle disziplinarrechtlich bedeutsamen Dienstpflichtverletzungen des Beamten, die eine Einheit darstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 -, juris Rn. 12).

Der Kläger verletzte schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten, indem er an zwei Veranstaltungen der rechten und rechtsextremen Szene am 12. November 2005 in Halbe und am 18. November 2006 in Seelow teilnahm. Die Teilnahme hat er im Verwaltungsverfahren sowie im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren eingeräumt. Bei der Veranstaltung in Seelow wurde er zudem durch K... und K... beobachtet. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Teilnahme an der Veranstaltung in Halbe stehe nicht zweifelsfrei fest, lässt sich nicht nachvollziehen.

Die Dienstpflichtverletzung bestand darin, dass das Verhalten des Klägers nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht wurde, die sein Beruf erfordert, § 19 Satz 3 LBG a.F.

Ein Polizeibeamter ist im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in eine dem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat verpflichtete Beamtenschaft gehalten zu vermeiden, dass er durch sein öffentliches außerdienstliches Verhalten in vorhersehbarer und ihm daher zurechenbarer Weise den Anschein setzt, sich mit dem Nationalsozialismus und rechtsextremen Strömungen zu identifizieren oder auch nur zu sympathisieren. Er ist im Interesse der Akzeptanz und der Legitimation staatlichen Handelns verpflichtet, bereits den Schein der Identifikation mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut und mit Vereinigungen zu vermeiden, die sich zu einem solchen Gedankengut bekennen. Schon das zurechenbare Setzen eines solchen Scheins stellt eine disziplinarrechtlich bedeutsame Dienstpflichtverletzung dar. Pflichtwidrig handelt also auch der, der zwar kein Gegner der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist, durch konkretes Handeln aber diesen Rechtsschein hervorruft. Das gilt in besonderem Maße für einen Polizeibeamten, zu dessen Amt gerade die Verhütung von Straftaten und die Abwehr drohender Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung gehört (vgl. zu allem BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2001, a.a.O., Rn. 36; Senatsurteil vom 20. Januar 2010 - OVG 81 D 3.08 -, UA S. 10 f.).

Durch die Teilnahme des Klägers an den beiden Veranstaltungen in Halbe und Seelow musste in diesem Sinne bei einem vorurteilsfrei wertenden Betrachter mangels anderweitiger Anhaltspunkte der Eindruck hervorgerufen werden, der Kläger bekenne sich zu den Zielen der Veranstaltungen. Sein öffentlich wahrnehmbares Auftreten zusammen mit Personen der bundesweiten rechten und rechtsextremen Szene auf Veranstaltungen, bei denen Parolen wie „Seid stolz auf die Wehrmacht und ehret sie!“ verwendet, die erste Strophe der deutschen Nationalhymne abgespielt und Plakate und Aufkleber mit Bezug zu Rudolf Heß sichergestellt wurden, ist unvereinbar mit der politischen Treuepflicht eines Polizeibeamten. Ein derartiges Verhalten schädigt das Ansehen der Polizei als einer tragenden Institution des freiheitlichen demokratischen Rechtsstaats. Daran ändert sich nichts durch den Umstand, dass der Kläger sich durch sein Auftreten nicht besonders hervorgehoben hat.

Es geht nicht darum, ob die für die Öffentlichkeit wahrnehmbaren Vorfälle tatsächlich von Dritten beobachtet wurden. Ebenso wenig ist maßgeblich, dass und in welcher Weise die Presse über den Fall des Klägers berichtet hat. Die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit der Beamte durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), inwieweit der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten belastenden und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde. Für die danach gebotene objektive Bewertung der Beeinträchtigung des Vertrauens ist es unerheblich, inwieweit das Dienstvergehen im konkreten Einzelfall in der Öffentlichkeit bekannt geworden und inwieweit hierüber berichtet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 -, juris Rn. 56).

Die von dem Kläger in den Vordergrund gestellte Meinungs- und Versammlungsfreiheit (Art. 5, Art. 8 GG) vermag sein Verhalten nicht zu rechtfertigen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinem Beschluss vom 17. Mai 2001 (a.a.O.) zu der Bedeutung der Grundrechte nicht ausdrücklich geäußert. Mit Urteil vom 27. Juni 2013 (2 A 2.12, juris Rn. 25, 28) hat es ausgeführt, in die Gesamtwürdigung des außerdienstlichen Verhaltens eines Beamten müsse auch einfließen, ob und inwieweit das Verhalten grundrechtlichen Schutz genieße. Ein grundrechtlich geschütztes Verhalten, etwa eine politische oder gewerkschaftliche Betätigung, könne aufgrund der ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) Beschränkungen und als solches auch einer disziplinarrechtlichen Ahndung unterliegen, soweit dies von Sinn und Zweck des konkreten Dienst- und Treueverhältnisses gefordert werde. Nicht nur die Meinungsfreiheit, sondern auch die Wohlverhaltenspflicht als Teilaspekt der beamtenrechtlichen Treuepflicht und das Disziplinarrecht, die ihrerseits zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG zählten, gründeten auf einer verfassungsrechtlichen Gewährleistung. Der Widerstreit von Verfassungsgütern sei im Sinne praktischer Konkordanz zu einem schonenden Ausgleich zu bringen.

Dass der Kläger von seiner Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht hat, führt hier aber nicht dazu, dass sein Verhalten disziplinarrechtlich folgenlos bleibt. Es geht dabei nicht um die Untersagung der politischen Betätigung oder der Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Dem Kläger wird nicht angelastet, dass er an Versammlungen teilgenommen oder seine Meinung kundgetan hat. Der disziplinare Vorwurf richtet sich nicht gegen die Wahrnehmung der grundrechtlichen Betätigung als solche, sondern gegen die in dem Zusammenhang erfolgte Begründung des Anscheins einer Identifizierung oder mindestens Sympathie mit rechten und rechtsextremen Strömungen. Pflichtwidrig ist dabei die Ansehensschädigung, die sich aus der Gesamtbetrachtung des Verhaltens ergibt. Ein Verhalten, das als politische Meinungsäußerung gewertet werden kann, ist nur dann verfassungsrechtlich durch Art. 5 GG gedeckt, wenn es nicht unvereinbar ist mit der in Art. 33 Abs. 5 GG geforderten politischen Treuepflicht des Beamten. In diesem Sinn sind die durch Art. 33 Abs. 5 GG gedeckten Regelungen des Beamten- und Disziplinarrechts allgemeine Gesetze nach Art. 5 Abs. 2 GG. Entsprechendes gilt für das Grundrecht des Art. 8 Abs. 1 GG, bei dem zwar ein ausdrücklicher Gesetzesvorbehalt fehlt, dem aber eine "immanente Schranke" innewohnt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 -, juris Rn. 96 f.).

Bei der Teilnahme an den Veranstaltungen handelte es sich um ein außerdienstliches Verhalten. Nach der gebotenen materiellen Betrachtung richtet sich die Bewertung eines Verhaltens als inner- oder außerdienstlich danach, ob es dem dienstlichen Aufgabenbereich des Beamten oder dem Bereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen ist. Außerdienstlich ist ein Verhalten, das sich als dasjenige einer Privatperson darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 1 D 55.99 -, juris, Rn. 57; Beschluss vom 20. November 2012 - 2 B 56.12 -, juris Rn. 14). Letzteres ist hier der Fall, weil der Kläger zur Zeit der Veranstaltungen nicht im Dienst war.

Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes erfüllt gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 LBG a .F. den objektiven Tatbestand eines Dienstvergehens, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beinträchtigen. Die Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens nach diesen Kriterien ist von der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 LDG zu unterscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 -, juris Rn. 11 ff.). Dieser - mit § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG identischen - Regelung liegt die Einschätzung des Gesetzgebers zugrunde, dass sich die gesellschaftlichen Anschauungen über die Stellung der Beamten gewandelt haben. Von ihnen wird grundsätzlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von anderen Bürgern. Die Frage, ob ein außerdienstliches Vergehen vorliegt, hängt namentlich von dem (konkret-funktionellen) Amt des Beamten sowie von der Notwendigkeit ab, das Ansehen des Berufsbeamtentums zu wahren, wenn dies nach heutigen Vorstellungen erforderlich erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O., Rn. 12).

Dabei bezieht sich das Merkmal "in besonderem Maße" in § 43 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. auf die Eignung zur Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung und ist nur erfüllt, wenn das Verhalten des Beamten in quantitativer oder qualitativer Hinsicht über das für eine jede Eignung vorausgesetzte Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung hinausgeht. Ist eine derart qualifizierte Möglichkeit der Beeinträchtigung gegeben, kommt es weiterhin darauf an, ob diese Beeinträchtigung bedeutsam wäre. Die zur Beeinträchtigung in besonderem Maße geeignete Pflichtverletzung weist Bedeutsamkeit auf, wenn sie in qualitativer oder quantitativer Hinsicht das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß an disziplinarrechtlicher Relevanz deutlich überschreitet (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O., Rn. 19; Urteil vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 D 20.00 -, juris). Die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens muss sich entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), das heißt auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O., Rn. 14 m.w.N.). Dabei ist der dienstliche Bezug nicht allein in den Fällen gegeben, in denen der Beamte auf seinem Dienstposten mit gerade denjenigen Aufgaben befasst war, die Gegenstand des ihm zur Last gelegten außerdienstlichen Fehlverhaltens sind (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 2 B 29.10 -, juris Rn. 7). Der Bezug zwischen einer außerdienstlichen Pflichtverletzung und dem Dienstposten des Beamten besteht vielmehr, wenn die Pflichtverletzung bei fallbezogener Würdigung nachteilige Rückschlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder wenn aufgrund des außerdienstlichen Verhaltens Zweifel bestehen, ob der Beamte seine innerdienstlichen Pflichten beachten wird. Die Dienstausübung ist auch betroffen, wenn zu befürchten ist, dass der Beamte wegen der gegen ihn bestehenden Vorbehalte nicht mehr die Autorität genießt, auf die er für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zwingend angewiesen ist. Ferner ist ein außerdienstliches Verhalten geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, wenn dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in das Beamtentum als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beeinträchtigt werden kann (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2010, a.a.O., Rn. 5; Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 -, juris Rn. 15; Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 -, juris Rn. 22).

Hieran gemessen, hat das für die Tätigkeit der Polizei unabdingbare Vertrauen der Bevölkerung in die Bereitschaft des Klägers, als Polizeibeamter jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten, bereits dadurch nachhaltigen Schaden genommen, dass der Kläger nach außen hin auch nur den Schein erweckt hat, mit Strömungen zu sympathisieren, die die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zum Ziel haben.

Durch die Neufassung des Rechts der Landesbeamten im Jahr 2009 hat sich an der disziplinarrechtlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage zur Tatzeit nichts geändert. Die hier maßgeblichen Regelungen der §§ 19 Satz 3, 43 Abs. 1 LBG a.F. stimmen im Wesentlichen mit § 1 Abs. 1 LBG n.F., §§ 34 Satz 3, 47 BeamtStG überein, so dass sich aus der Neufassung kein materiell günstigeres Recht ergibt. Dies gilt auch im Hinblick auf den geänderten Wortlaut des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2014 - 2 B 102.13 -, juris Rn. 22).

Der Kläger hat vorsätzlich und schuldhaft gehandelt.

Er konnte angesichts seiner von einem Polizeibeamten des gehobenen Dienstes ohnehin zu erwartenden staatsbürgerlichen Kenntnisse, im konkreten Fall umso mehr im Lichte der ihm von K... und K... schlüssig bescheinigten Bildung und Kenntnisse über das Dritte Reich bzw. die deutsche Geschichte, erkennen, welchen Charakter die Veranstaltungen in Halbe und Seelow haben, ferner, dass er sich wegen dieses Charakters von ihnen fernzuhalten hat.

Ein Verbotsirrtum kommt dem Kläger nicht zugute.

Erkennt der Beamte zutreffend den von ihm verursachten Geschehensablauf, der objektiv einen Dienstvergehenstatbestand erfüllt, glaubt er aber, nicht pflichtwidrig gehandelt zu haben, so beruft er sich auf einen so genannten Verbotsirrtum. Ein solcher Rechtsirrtum über das Bestehen, den Umfang oder den Inhalt dienstlicher Pflichten kann das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit (Unrechtsbewusstsein) entfallen lassen. Wenn dem Beamten nicht widerlegt werden kann, die Pflichtverletzung unter einem Verbotsirrtum begangen zu haben, schließt ein solcher Irrtum die Schuld - und damit das Dienstvergehen - nur dann aus, wenn er unvermeidbar war (vgl. § 17 Satz 1 StGB). Die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums bestimmt sich nach der von dem Beamten nach seiner Amtsstellung (Status, Dienstposten) und seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten (Vorbildung, dienstlicher Werdegang) zu fordernden Sorgfalt unter Berücksichtigung ihm zugänglicher Informationsmöglichkeiten. Das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit setzt in der Regel keine juristisch genaue Kenntnis der verletzten Rechtsvorschriften und Verwaltungsanordnungen voraus. Es genügt, wenn der Beamte Umfang und Inhalt seiner auf diesen Regelungen beruhenden Dienstpflichten im weitesten Sinne erfasst. Davon ist im Regelfall auf Grund der Ausbildung der Beamten und der Praxis dienstzeitbegleitender Belehrungen über Rechte und Pflichten im Dienstverhältnis auszugehen. Im Zweifel wird von einem Beamten - im eigenen Interesse - erwartet, dass er sich bei seiner Dienststelle rechtzeitig über Umfang und Inhalt seiner Dienstpflichten erkundigt. So kann er verhindern, dass ihm gegebenenfalls entgegengehalten wird, er habe zwar in einem Verbotsirrtum gehandelt, der jedoch vermeidbar gewesen sei; ein solcher vermeidbarer Irrtum, der die Vorsatzschuld nicht ausschließt, "kann" bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden (vgl. § 17 Satz 2 StGB) (vgl. zu allem BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 - 2 C 11.05 -, juris Rn. 29 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Oktober 2007 - OVG 80 D 7.06 -, UA S. 23).

Hiernach befand der Kläger sich nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum. Dass Polizeibeamte sich nicht durch Teilnahme an einschlägigen Veranstaltungen den Anschein geben dürfen, sich mit dem Nationalsozialismus und rechtsextremen Strömungen zu identifizieren oder auch nur mit ihm zu sympathisieren, ist selbst im Lichte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit so offensichtlich, dass es einer Erkundigung etwa bei Vorgesetzten des Klägers über Umfang und Inhalt seiner Dienstpflichten nicht bedurfte. Unabhängig hiervon hat der Kläger es versäumt, derartige Erkundigungen einzuholen. Die vor der Veranstaltung im Kollegenkreis geführte (bloße) Diskussion über die Legitimität einer Teilnahme an der Veranstaltung konnte den Kläger nicht zu der unvermeidbaren Überzeugung führen, seine Teilnahme werde nicht zu beanstanden sein. Die Äußerung von Einzelmeinungen aus dem Kollegenkreis (vgl. zu anwaltlicher Beratung BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006, a.a.O., Rn. 28 ff.) im Rahmen einer Diskussion stellt keine Erkundigung bei der Dienststelle über Umfang und Inhalt der Dienstpflichten dar. Im Übrigen bekundete K... ausweislich seiner dienstlichen Äußerung und entgegen der verkürzten Wiedergabe durch das Verwaltungsgericht nicht lediglich, die Teilnahme an der Veranstaltung am 18. November 2006 sei für jeden Normalbürger legitim. Vielmehr setzte er hinzu, er habe - was im Übrigen der Begriff „Normalbürger“ nahelegt - nicht von Beamten geredet. Dass der Kläger ferner die scherzhaft gemeinte Frage des K... bejahte, ob er an der Versammlung am 18. November 2006 teilnehmen wolle, und K... dies nicht ernst nahm, besagt nicht, K... habe die Teilnahme des Klägers für dienstrechtlich unbedenklich gehalten.

Die von dem Verwaltungsgericht gesehene Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung, die es dem Kläger zugute gehalten hat, besteht nicht. Das Verwaltungsgericht meint, während die Teilnahme an rechtsradikalen Veranstaltungen aus Sicht des VG München in dessen Urteil vom 29. November 2006 (M 9 K 05.3308, juris) einen Verstoß gegen die Pflicht zum außerdienstlichen Wohlverhalten darstelle, habe das Bundesverwaltungsgericht einen derartigen Verstoß in seinem Beschluss vom 17. Mai 2001 (a.a.O.) für die bloße Teilnahme an Skinhead-Konzerten verneint. Das Bundesverwaltungsgericht ist indes nur im konkreten Einzelfall zu dem Ergebnis gekommen, die Zugehörigkeit des dortigen Klägers zur Skinhead-Szene sei nicht mit einem Bekenntnis zum Rechtsextremismus gleichzusetzen. Die Szene sei von ihrem Ursprung her keine rechtsorientierte oder rassistische Bewegung. Die so genannten Sharpskins, denen der dortige Kläger sich zugehörig fühlte, seien als Gruppe gegen Rechte und gegen Ausländerfeindlichkeit anzusehen (BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2001, a.a.O., Rn. 19, 22, 26). Nichtsdestoweniger hat das Bundesverwaltungsgericht die Unvereinbarkeit des bloßen Anscheins der Identifizierung oder auch nur Sympathie mit dem Nationalsozialismus und rechtsextremen Strömungen im Rahmen außerdienstlichen Verhaltens mit den Pflichten eines Polizeibeamten festgestellt.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG). Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 -, juris Rn. 10 ff., sowie Beschluss vom 28. Juni 2010 - 2 B 84.09 -, juris Rn. 13 ff. jeweils m.w.N.). Das festgestellte Dienstvergehen ist nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Dabei können die von der Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012, 2 A 11.10., juris Rn. 73 m.w.N).

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten (z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung), Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale), danach, welches Gewicht diesen Gründen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (noch) zukommt, sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverletzung für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Das weitere Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 LDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung haben die Verwaltungsgerichte die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Insbesondere bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens dürfen nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. September 2012 - 2 B 31.12 -, juris Rn. 13 ff.).

An diesen Vorgaben gemessen, ist der gegenüber dem Kläger ausgesprochene Verweis (§ 6 LDG) angemessen. Der mit ihm angestrebte Zweck einer Pflichtenmahnung ist noch nicht erreicht.

Hat der Beamte mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen, bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung. Eine derartige Abstufung kann im Falle des Klägers nicht vorgenommen werden, weil er zwei Pflichtenverstöße vergleichbarer Schwere begangen hat. Die Veranstaltungen in den Jahren 2005 und 2006 hatten einen vergleichbaren Charakter.

Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten haben angesichts der mit der Betroffenheit der Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verbundenen Kernpflichtverletzung einiges Gewicht.

Der Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens der Allgemeinheit ist im Hinblick auf die Stellung des Klägers als Polizeibeamter hoch. Polizeibeamte treten der Öffentlichkeit besonders augenfällig als Vertreter des Staates und seiner Grundordnung gegenüber. Der von dem Kläger gesetzte Schein der Sympathie mit den bei den Veranstaltungen vertretenen Auffassungen wiegt in diesem Lichte schwer.

Bei den Pflichtenverstößen handelt es sich nicht um eine einmalige Verfehlung. Vielmehr nahm der Kläger zweimal im Abstand von etwa einem Jahr an gleichartigen Veranstaltungen teil.

Unmittelbare Folgen seines Handelns für den dienstlichen Bereich und für Dritte sind nicht konkret bekannt geworden.

Was das Persönlichkeitsbild des Klägers angeht, so ergeben die von dem Beklagten eingeholten dienstlichen Äußerungen von Polizeibeamten keinen greifbaren Hinweis auf eine rechte oder rechtsextreme Gesinnung. So führte K... aus, der Kläger vertrete liberale bis rechtskonservative politische Meinungen, die nicht auf eine aktive oder organisierte Zugehörigkeit zur rechtsextremen Szene hindeuteten. In einer Reihe dienstlicher Äußerungen von Polizeibeamten über den Kläger kommt jedoch deutlich zum Ausdruck, dass er zu Provokationen neigt. K..., K... bekundeten übereinstimmend, der Kläger äußere sich provokant und diskutiere gern kontrovers bzw. sei streitbar. In diesem Lichte ist es ihm nicht persönlichkeitsfremd, bis an die Grenzen seiner Handlungsmöglichkeiten zu gehen beziehungsweise sie gegebenenfalls zu überschreiten. Dass zudem seine Teilnahme jedenfalls an der Veranstaltung in Seelow einem überlegten Entschluss geschuldet war, ergibt sich aus der Teilnahme schon an der Veranstaltung in Halbe im Jahre 2005 sowie der plausiblen Darstellung des K..., er habe in der Woche vor der Veranstaltung in Seelow ein Gespräch mit dem Kläger geführt, der Kläger habe die scherzhaft gemeinte Frage bejaht, ob er an der Versammlung in Seelow teilnehmen wolle.

Zu Gunsten des Klägers ist anzuführen, dass er disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist.

Seine dienstlichen Leistungen waren bis 2007 überdurchschnittlich, spätere Beurteilungen bescheinigen nur noch durchschnittliche Leistungen.

Was das Verhalten des Klägers im Nachgang zu den Pflichtverletzungen angeht, sind seit November 2006 und damit seit über sieben Jahren keine weiteren Teilnahmen an einschlägigen Veranstaltungen bekanntgeworden. Der Senat ist indes zu der Überzeugung gekommen, dass dies maßgeblich auf den Druck des laufenden Disziplinarverfahrens zurückgeht. Die Äußerungen des Klägers im gerichtlichen Verfahren belegen, dass das Disziplinarverfahren noch nicht positiv auf ihn eingewirkt hat. Seine Einstellung zu der Teilnahme an den beiden Veranstaltungen ist bis heute von fehlender Einsicht in die klar zutage tretende Verletzung elementarer Dienstpflichten gekennzeichnet.

Dem Hinweis im zweitinstanzlichen Verfahren, er habe sich sehr deutlich von der Teilnahme an derartigen Veranstaltungen distanziert, steht die ebenfalls vor dem Senat vertretene Auffassung entgegen, er habe in Ausübung eines Grundrechts gehandelt, so dass eine Distanzierung widersinnig wäre. Der Hinweis auf die vermeintliche Distanzierung bleibt zudem vage. Weder wird nachvollziehbar, aufgrund welcher Erkenntnisse sie eingetreten sei, noch erschließt sich, welchen Umfang sie habe. inweis hhHVon dem Hinweis vom 26. April 2007 „außerhalb des Protokolls“ gegenüber der Untersuchungsführerin, er werde keine Erklärung dahingehend abgeben, an Veranstaltungen der in Rede stehenden Art nicht mehr teilnehmen zu wollen, ist der Kläger im weiteren Verfahren nicht glaubhaft abgerückt. Seine schriftsätzlichen Äußerungen nehmen immer wieder die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in den Blick, ohne sich substanziiert damit auseinanderzusetzen, welchen aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums folgenden Einschränkungen ein Polizeibeamter durch seine Stellung unterliegt. Das in dem angefochtenen Urteil erwähnte Bedauern des Klägers - er habe sein Fehlverhalten eingesehen und erklärt, durch den Lauf des Disziplinarverfahrens erkannt zu haben, dass die Teilnahme an Veranstaltungen der in Rede stehenden Art nicht angezeigt sei - hat das Verwaltungsgericht nicht in die Sitzungsniederschrift aufgenommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu dem seinerzeitigen Erklärungsverhalten befragt, hat seine Prozessbevollmächtigte ausgeführt, er, der Kläger, habe vor dem Verwaltungsgericht bekundet, es tue ihm persönlich leid, an den Veranstaltungen teilgenommen zu haben und welchen Eindruck er erweckt habe. Er gehe aber davon aus, dass er nicht widerrechtlich gehandelt habe, darauf lege er Wert. Er würde heute nicht mehr an derartigen Veranstaltungen teilnehmen, wolle aber klären lassen, ob seine damalige Teilnahme in rechtlicher Hinsicht falsch oder richtig gewesen sei. Auch diese Erklärung bleibt pauschal und lässt einen Erkenntnisprozess des als provokant auftretend beschriebenen Klägers nicht hinreichend nachvollziehbar werden. Es wird insbesondere nicht substanziiert erkennbar, dass der Kläger seine beamtenrechtlichen Pflichten zur Kenntnis genommen und die begangene Dienstpflichtverletzung eingesehen hat.

In dieser Würdigung liegt keine unzulässige Berücksichtigung von Verteidigungsverhalten im Disziplinarverfahren. Ein Beamter darf, wenn er von seinem Recht Gebrauch macht, Beschwerden vorzubringen oder Rechtsschutz zu beantragen, erst dann benachteiligt werden, wenn er im Disziplinarverfahren wider besseres Wissen Dritte diffamiert oder sonst vorsätzlich gegen Strafbestimmungen verstößt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013, a.a.O., Rn. 49 ff. m.w.N.). Ansonsten darf er das vorgeworfene Verhalten leugnen, einen unzutreffenden Geschehensverlauf schildern und die Pflichtverletzung beschönigen. Ein solches Vorgehen steht in Bezug auf den Kläger nicht in Rede. Es geht in seinem Fall weder um die Überschreitung der dienstrechtlichen Wahrheitspflicht noch um eine ungenügende Bereitschaft zur Aufklärung des gegen ihn gerichteten Verdachts. Der Kläger räumt den ihm zur Last gelegten Sachverhalt ein und bestätigt ausdrücklich seine Teilnahme an den beiden Veranstaltungen. Er beruft sich jedoch in rechtlicher Hinsicht darauf, sein Verhalten sei nicht verboten gewesen. Zu seinem Nachteil ist in dem Zusammenhang die Beharrlichkeit zu werten, mit der er bis heute die ihn treffenden beamtenrechtlichen Pflichten nicht nachvollziehbar in den Blick nimmt, obwohl seine Pflichtverletzungen einen elementaren Bereich der Dienstpflichten betreffen und offensichtlich sind.

Dass das Verwaltungsgericht in erster Instanz zu Gunsten des Klägers entschieden hat, ändert hieran nichts, da das Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht nicht haltbar ist.

In tatsächlicher Hinsicht ist die - ohnehin nicht mit einer Begründung versehene - Annahme des Verwaltungsgerichts auf S. 8 des Urteilsabdrucks, die Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung in Halbe sei nicht erwiesen, unverständlich. Der Kläger hat sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren unumwunden eingeräumt, er habe an der Veranstaltung teilgenommen. Auf S. 6 des Urteilsabdrucks scheint das Verwaltungsgericht hiervon auch auszugehen. Im Berufungszulassungsverfahren hat der Kläger die auf S. 8 des Urteilsabdrucks vertretene Auffassung des Verwaltungsgerichts selbst als „wohl versehentlich“ bezeichnet.

Es kann ferner keine Rede davon sein, die Teilnahme an der Veranstaltung in Seelow sei, wie von dem Verwaltungsgericht angenommen, innerhalb des Kollegenkreises des Klägers für unbedenklich gehalten worden. Das Verwaltungsgericht führt die dienstliche Äußerung des K... an und meint, Ergebnis der kollegialen Diskussion sei gewesen, dass die Teilnahme für jeden Normalbürger legitim sei. Im Rahmen der dienstlichen Äußerung, die dem Verwaltungsgericht vorgelegen hat, hat K... jedoch ausdrücklich hinzugesetzt, er rede „jetzt nicht von Beamten“.

Ersichtlich auf eine nicht zutreffende Tatsachengrundlage gestützt ist schließlich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, eine Pflichtenmahnung sei in Bezug auf den Kläger nicht mehr erforderlich. Das Verwaltungsgerichts hat hierzu unter anderem ausgeführt, aus der letzten dienstlichen Beurteilung ergebe sich, der Kläger sei sehr engagiert, übernehme jederzeit anfallende Mehrarbeit, habe sein Fachwissen und seine praktischen Fähigkeiten stetig gesteigert, werde deshalb vom Kommissionsleiter als Beförderungskandidat vorgeschlagen und sei einer der wichtigsten Leistungsträger in der Ermittlungskommission. Diese Ausführungen entstammen der dienstlichen Beurteilung vom 27. Februar 2007, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht mehr aktuell gewesen ist. Der Beklagte hat noch vor der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, nämlich am 24. April 2009, eine dienstliche Beurteilung erstellt, die nur noch durchschnittliche Leistungen bescheinigt. Die Beurteilung hat das Verwaltungsgericht nur deswegen nicht herangezogen, da es den Beklagten vor der mündlichen Verhandlung nicht zur Aktualisierung der Verwaltungsvorgänge angehalten hat. Im Übrigen hatte die dienstliche Beurteilung auch angesichts der fehlenden Einsicht des Klägers nicht das ihr erstinstanzlich beigemessene Gewicht.

In rechtlicher Hinsicht ist nicht nachvollziehbar, wie das Verwaltungsgericht aus dem Verständnis des K..., die Ankündigung des Klägers zur Teilnahme an der Veranstaltung in Seelow sei scherzhaft gemeint gewesen, auf eine Einschätzung des Kollegenkreises hat schließen können, die Teilnahme sei rechtlich unbedenklich.

Ferner berücksichtigt das angefochtene Urteil erkennbar nicht, dass das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 17. Mai 2001, a.a.O.) zwar, wie erstinstanzlich in den Mittelpunkt gerückt, die bloße Teilnahme an Skinhead-Konzerten als dienstrechtlich unbedenklich erachtete, dies jedoch nur auf den Einzelfall des dortigen Klägers unter besonderer Berücksichtigung seiner Persönlichkeit und der Skinhead-Gruppierung, der er sich zugehörig fühlte, bezogen war. Im Übrigen fand das Bundesverwaltungsgericht - wie oben dargelegt, von dem Verwaltungsgericht jedoch nicht berücksichtigt - eindeutige Worte für das vorhersehbare Setzen des Anscheins durch einen Polizeibeamten, sich mit dem Nationalsozialismus zu identifizieren oder auch nur mit ihm zu sympathisieren.

Angesichts all dessen ist der erzieherische Zweck der mit dem Verweis beabsichtigten Pflichtenmahnung weiterhin nicht erreicht und es ist derzeit nicht substanziell erkennbar, dass eine Verhaltenskorrektur zu erwarten steht.

Auch die Verfahrensdauer führt nicht zu dem Schluss, der gegen den Kläger verhängte Verweis sei zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unverhältnismäßig.

Eine überlange Dauer des Disziplinarverfahrens kann und muss sich bei solchen Disziplinarmaßnahmen als Milderungsgrund auswirken, die wie der Verweis der Pflichtenmahnung dienen. Hierbei steht die Überlegung im Vordergrund, dass das Disziplinarverfahren als solches belastend ist und der von ihm ausgehende andauernde Leidensdruck und die mit ihm verbundenen Nachteile bereits pflichtenmahnende Wirkung haben. Deswegen kann eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden, wenn das Disziplinarverfahren unverhältnismäßig lange dauert. Bei Fortbestand des Beamtenverhältnisses kann das durch ein Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis gemindert werden oder sogar entfallen, weil die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -, juris Rn. 54 m.w.N.). Allerdings lassen sich insoweit feste Zeitgrenzen nicht aufstellen.

Der Beklagte führte das behördliche Disziplinarverfahren in angemessener Zeit durch. Auf die Einleitung mit Verfügung vom 8. Januar 2007 folgte am 26. Juli 2007 die Disziplinarverfügung und am 24. Oktober 2007 der Widerspruchsbescheid. Das durch die Klageerhebung am 29. November 2007 in Gang gesetzte gerichtliche Verfahren erster und zweiter Instanz hat 6 Jahre und 4 Monate gedauert. Angesichts des verhältnismäßig übersichtlichen Sachverhalts und des nicht überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrades der sich stellenden Rechtsfragen wäre es deutlich früher abzuschließen gewesen. Zwar hat der Kläger im zweitinstanzlichen Verfahren wiederholt um Verlängerung gerichtlicher Stellungnahmefristen gebeten. Es überwiegt jedoch bei weitem der gerichtliche Verantwortungsbeitrag zu der Gesamtlaufzeit des Verfahrens.

Wie oben dargelegt, ist indes eine positive Einwirkung der mit dem Disziplinarverfahren verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile auf den Kläger nicht hinreichend erkennbar. Hinzu tritt, dass der ausgesprochene Verweis, gemessen an der von dem Kläger begangenen klaren Verletzung einer elementaren Dienstpflicht, eine ausgesprochen milde Maßnahme darstellt. In diesem Lichte lässt die Verfahrensdauer das Sanktionsbedürfnis nicht entfallen.

Soweit der Kläger sich gegen seine Versetzung wendet, macht der Beklagte zu Recht darauf aufmerksam, dass es sich dabei nicht um eine Disziplinarmaßnahme handelt. Die Versetzung, die in sachlichem Zusammenhang zu dem Dienstvergehen ausgesprochen wurde, ist zwar angesichts der mit ihr für den Kläger verbundenen Folgen grundsätzlich (auch) zur Pflichtenmahnung geeignet. Aus den vorgenannten Gründen ist aber von einer positiven Wirkung auf den Kläger auch insoweit noch nicht auszugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs. 4 LDG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 LDG in Verbindung mit § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 70 LDG in Verbindung mit § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 1 BRRG liegen nicht vor.