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Immissionsschutzrecht


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 28.11.2014
Aktenzeichen VG 5 KE 82/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

2. Die Erinnerungsführerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

Gründe

I.

Die Erinnerungsführerin wendet sich mit ihrer Erinnerung gegen den Ansatz einer Sachverständigenentschädigung für ein immissionsschutzrechtliches Gutachten in der Kostenrechnung der Landesjustizkasse vom 09. Oktober 2013.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 17. Januar 2013 (Az. 5 K 449/09) wies die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts die Klage der Erinnerungsführerin zurück, mit der sie die Schließung eines öffentlichen Bolzplatzes in xxx wegen angeblich unzumutbarer Lärmbelästigungen begehrte. Das Gericht hatte in diesem Verfahren mit Beschluss vom 26. August 2011 Beweis erhoben über die auf das Grundstück der Klägerin einwirkenden Geräuschimmissionen.

Bereits mit Verfügung vom 14. Februar 2011 hatte der Berichterstatter der Kammer den Beteiligten mitgeteilt, dass über die von dem Bolzplatz ausgehenden Emissionen und die auf das Grundstück der Klägerin einwirkenden Immissionen Beweis erhoben werden soll, in dem die Geräuschimmissionen entsprechend Nr. 3 des Anhangs zur 18. Bundesimmissionsschutzverordnung gemessen werden sollten. Hierbei sei von Kosten für ein zu beauftragendes Akustik - Ingenieurbüro in Höhe von ca. 2500 € auszugehen, die bei streitiger Erledigung der Sache als weitere Verfahrenskosten vom unterlegenen Beteiligten zu tragen seien. Die angegebenen ca. Kosten hatte der Berichterstatter zuvor (fernmündlich) bei der später mit der Messung beauftragten Akustik und Ingenieur xxx abgefragt. Nachdem der Berichterstatter zunächst mit weiterer Verfügung vom 29. April 2011 eine Mediation angeregt hatte, für die die Beklagte keinen Raum sah, teilte der Berichterstatter mit Verfügung vom 6. Juni 2011 den Beteiligten mit, dass nunmehr beabsichtigt sei, zeitnah ein Akustik – Ingenieurbüro mit der Messung der von dem Bolzplatz ausgehenden Emissionen und auf das Grundstück der Klägerin einwirkenden Immissionen zu beauftragen. In einem Vermerk vom 26. August 2011 hielt der Berichterstatter sodann fest, dass der Sachverständige von Kosten für ein Sachverständigengutachten in Höhe von ca. 2000-3000 € ausging. In einem direkt anschließenden Telefonat mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gab dieser zu verstehen, dass die Klägerin an der Messung mitwirken werde.

Der Messbericht vom 23. Juli 2012 „Geräuschimmissionen aus Sportanlagenbetrieb" basierte auf Messergebnissen, die aus Messungen am 27. April 2012, 28. April 2012, 30. April 2012 und 17. Mai 2012 resultierten. Der beauftragte Gutachter kam zum Ergebnis, dass durch den Sportanlagenbetrieb sich keine Überschreitungen von Immissionsrichtwerten ergeben würden. Gemäß dem Gutachten war eine Auswertung der an insgesamt vier Tagen durchgeführten Geräuschimmissionsmessungen nur mit erhöhtem Aufwand möglich gewesen. Für das Gutachten erstellte die beauftragte Akustik und Ingenieur xxx eine Rechnung in Höhe von brutto 3748,50 € (netto 3150,00 €). Die Rechnung basierte auf Messungen am 27. April 2012, 28. April 2012, 30. April 2012, 01. Mai 2012, 17. Mai 2012, 19. Mai 2012 und 20. Mai 2012. Zu dieser Rechnung hat der Gutachter mit Schreiben vom 18. September 2012 ausführlich Stellung genommen und zusammengefasst festgestellt, dass die Ergebnisse auf der während der Messzeit beobachteten Auslastung der Freizeitsportanlage sowie einer ausschließlichen sportlichen Nutzung beruhen würden; sie dokumentierten nicht eine von der Klägerin und anderen Anwohnern der Landstraße bisweilen auch beobachtete zweckentfremdete Nutzung der Sportanlage als Treffpunkt verschiedener sozialer Gruppen oder Netzwerke für private Anliegen ohne öffentliches Interesse.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2013 am 23. Oktober 2013 persönlich Erinnerung gegen den Kostenansatz erhoben und wendet sich - sinngemäß verstanden - gegen die Sachverständigenauslagen i.H.v. 3748,50 €. Hierzu trägt sie vor, dass es für die „enorme" Kostenüberschreitung keine Erklärung gebe. Sie sei über diese Kostenüberschreitung vor Beginn der Messungen nicht in Kenntnis gesetzt worden; die Rechnung sei ihres Erachtens völlig überhöht. Zudem hätte das Verwaltungsgericht die Klägerin vor der Beauftragung auf die außergewöhnlich hohen Kosten aufmerksam machen müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, ihre Vorgehensweise im Prozess kostengünstiger zu gestalten. Die erste Messung habe sie auch erst am 28. April 2012 ausgelöst; die Messgeräte hätten zudem nicht ordnungsgemäß funktioniert.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG zulässige Erinnerung, über die gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 GKG das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind, durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet, ist nicht begründet, weil die Einholung des Sachverständigengutachtens zum einen keine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG darstellt und zum anderen die Kosten hierfür auch nicht überhöht sind.

1.

Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG ist erst dann gegeben, wenn ein offensichtlich schwerer Verfahrensfehler vorliegt oder das Gericht das materielle Recht offensichtlich und eindeutig verkannt hat (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 6 E 742/13 –, juris). Die von der Klägerin geführten Angriffe gegen den Kostenansatz verfangen hier nicht. Ein Fehler des Gerichts liegt insoweit nicht vor. Zunächst war die Erhebung des Sachverständigenbeweises mit Blick auf die vorliegenden Nachbarbeschwerden über vom Bolzplatz ausgehende Lärmbelästigungen hier sachgerecht. Das Gericht hat das Gutachten auch erst nach Anhörung der Beteiligten eingeholt.

Die Kostenrechnung des Sachverständigen erscheint des Weiteren nicht überhöht. Bei der vom Gericht vor dem Beweisbeschluss eingeholten Kostenschätzung handelt es sich um eine „ca“ Angabe, da die tatsächlichen Kosten vom nicht vorhersehbaren, konkreten Aufwand für die Messungen abhängig waren. Schließlich erfolgten alle Messungen mit Einverständnis sowie Einbeziehung und Beteiligung der Klägerin. Der Mehraufwand resultierte u.a. daraus, dass ursprünglich eine von der Klägerin aktiv organisierte Nutzung des Bolzplatzes für die Messungen hätte stattfinden sollen. Allein dies hätte zufolge den Angaben des Sachverständigen den Aufwand für die messtechnische Erfassung sowie Auswertung der Ergebnisse erheblich verringert und damit auch die Kosten deutlich reduziert. Aufgrund des klägerischen Arguments, sie wolle sich nicht einer Manipulation der von dem Bolzplatz ausgehenden Geräuschemissionen aussetzen, erfolgten die Ermittlungen der vom Bolzplatz ausgehenden Geräuschemissionen mit Willen der Klägerin durch ereignisbezogene Messungen abhängig von einer eher zufälligen Nutzung des Bolzplatzes (Schreiben der Akustik und Ingenieur xxx vom 23. Januar 2012 und 18. September 2012).

Hinzuweisen ist weiter auch darauf, dass es nicht unüblich ist, wenn Angaben für voraussichtliche Aufwendungen eines Sachverständigen „netto“ erfolgen und die Mehrwertsteuer hinzugerechnet werden muss. Von daher hätte die im Übrigen stets anwaltlich vertretene Klägerin von vornherein mit höheren Auslagen (2500,00€ zuzügl. 19% Mehrwertsteuer = 2975,00€) rechnen müssen und sich im Zweifelsfall durch eine Nachfrage beim Gericht oder dem Sachverständigen Klarheit verschaffen können, ob die Angaben zu den voraussichtlichen Aufwendungen des Sachverständigen auch die anfallende Mehrwertsteuer umfassen. Überhöht sind die Aufwendungen des Sachverständigen schließlich auch nicht insoweit, als das Gutachten vom 23. Juli 2012 Messungen vom 01. Mai 2012, 19. Mai 2012 und 20. Mai 2012 nicht widerspiegelt. Diesen Umstand hat der Gutachter in seiner Stellungnahme vom 28. Februar 2014 nachvollziehbar dahin erläutert, dass Aufzeichnungen für die genannten Tage vorliegen, die dort ermittelten Geräuschimmissionen sich dem zu beobachtenden Sportanlagenbetrieb indes nicht eindeutig zuordnen ließen und für diese Messtage deshalb keine (anlagenbezogenen) Messergebnisse erscheinen. Dass entgegen der Behauptung der Klägerin auch am 27. April 2012 eine Messung stattgefunden hatte, ergibt sich schon aus den handschriftlichen Aufzeichnungen der Klägerin (Bl. 14 GA) und Bl. 10 des Gutachtens, worin die exakten Startzeiten für die Immissionsmessungen dezidiert aufgeführt werden.

2.

Auch hat die Klägerin Umstände, die zum Erlöschen des Vergütungsanspruchs des gerichtlich beauftragten Sachverständigen (vgl. § 8 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz) führen könnten, weder hinreichend substantiiert dargelegt noch sind solche für das Verwaltungsgericht sonst ersichtlich. Eine zum Erlöschen des Vergütungsanspruchs des Sachverständigen führende Unverwertbarkeit des Gutachtens liegt nur dann vor, wenn das Sachverständigengutachten selbst aufgrund objektiv feststellbarer, schwerwiegender inhaltlicher Mängel nicht verwertbar ist und deshalb vom Gericht nicht als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden kann (vgl. m.w.N. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof - BayVGH, Beschluss vom 22. November 2007 – 8 C 07.1535 –, juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. August 2012 – 2 S 1538/12 –, juris ). Ein derartiger Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Im Übrigen würde selbst die Unvollständigkeit bzw. die Notwendigkeit der Korrektur und Ergänzung eines Gutachtens (noch) nicht ausreichen, um den Vergütungsanspruch zu verwirken (vgl. BayVGH a.a.O.).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das Sachverständigengutachten nicht etwa deshalb unverwertbar gewesen, weil dessen Ergebnisse nicht nachvollziehbar und damit nachprüfbar wären. Denn das Gutachten hat die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26. August 2011 gestellten Beweisfragen in vollem Umfang beantwortet. Dabei wurde nicht lediglich apodiktisch das Ergebnis der Untersuchung mitgeteilt, sondern auch die methodische Vorgehensweise (S. 8f. des Messberichts vom 23. Juli 2012) nachvollziehbar dargelegt. Die für die immissionsschutzrechtliche Beurteilung letztlich maßgeblichen Messergebnisse werden offen gelegt (vgl. S. 10f des Messberichts). Damit wurde dem Gericht in hinreichender Weise ermöglicht, den Gedankengängen des Sachverständigen nachzugehen, sie zu prüfen und sich ihnen anzuschließen oder sie abzulehnen (vgl. BayVGH a.a.O.). Unerheblich ist dagegen, wenn eine Partei mit aus der Laiensphäre vorgebrachten Gründen das Gutachten für nicht nachvollziehbar und damit unbrauchbar hält. Schließlich hatte der Gutachter auf die Einwendungen der Klägerin (Anlage zum Anwaltsschriftsatz vom 27. August 2012) ausführlich und nachvollziehbar Stellung bezogen (Schreiben vom 18. September 2012). Demgemäß konnte die erkennende Kammer im o. g. rechtskräftigen Urteil vom 17. Januar 2013 zu den Messergebnissen des Sachverständigen ausführen:

„Diese in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Schlussfolgerungen des Sachverständigen sind zwar von der Klägerin - im Wesentlichen pauschal - angegriffen worden. Der Sachverständige hat allerdings in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. September 2012 noch einmal dezidiert zum „Widerspruch“ der Klägerin Stellung bezogen und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Messtermine mit der Klägerin besprochen und abgestimmt worden seien sowie Mängel der amtlich geeichten Messtechnik nicht vorgelegen hätten. Demzufolge liegen insgesamt 10 Stunden aufgezeichnetes Material vor; dass aus diesen Aufzeichnungen nur Zeitabschnitte von insgesamt 99 Minuten Dauer extrahiert werden konnten, die aus der Nutzung des Bolzplatzes stammende Geräuscheinwirkungen enthalten, liegt an den zuvor dargestellten konkreten Gegebenheiten vor Ort.“
(S. 15 des amtlichen Umdrucks)

3.

Der Kostenansatz im Übrigen ist nicht zu beanstanden (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 GKG).

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG, wonach das Erinnerungsverfahren zwar gebührenfrei, aber nicht auslagenfrei ist mit der Folge, dass bei erfolgloser Erinnerung dem Erinnerungsführer für den Fall, dass Auslagen entstanden sind, die Kosten aufzuerlegen sind.