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Schulrecht


Metadaten

Gericht VG Potsdam 12. Kammer Entscheidungsdatum 16.05.2014
Aktenzeichen VG 12 K 2304/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 5 ESchulGenV BB, Art 7 Abs 4 S 3 GG, § 121 Abs 2 Nr 2 SchulG BB, § 121 Abs 2 Nr 3 SchulG BB

Tenor

Soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Es wird festgestellt, dass Nr. 2 und Nr. 9 b des Bescheides des Beklagten vom 22. Mai 2013 rechtswidrig sind.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten zu je 1/2.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einzelne Regelungen in einem schulrechtlichen Genehmigungsbescheid des Beklagten.

Der Kläger beantragte am 25. September 2012 beim Beklagten die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer 1-zügigen Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe mit den Jahrgangsstufen 7 bis 13 am Standort ... zum Schuljahr 2013/2014. Mit Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2013 wurde diese Genehmigung mit Nebenbestimmungen versehen erteilt.

Mit der Klage vom 25. Juni 2013 hat der Kläger vier dieser Regelungen angegriffen. Zwei davon lauten wie folgt:

Ziffer 2:

„Die Staffelung des Schulgeldes der Schulträgerin darf im Durchschnitt monatlich 135 € nicht übersteigen“ und

Ziffer 9 b:

„Die Genehmigung steht unter der auflösenden Bedingung, dass entsprechend dem Aufbau der Ersatzschule bis zum Erreichen ihres Endausbaus spätestens 4 Wochen vor dem Ende des Schuljahres 2016/17 die notwendigen Lehrkräfte für die Jahrgangsstufen 11 bis 13 einschließlich der dazugehörigen Qualifikationsnachweise und unterzeichneten Arbeitsverträge gemäß § 121 Abs. 2 Nr. 2 des Brandenburgischen Schulgesetzes für die jeweils folgenden Schuljahre gegenüber der Genehmigungsbehörde nachgewiesen werden.

Bei Eintritt der auflösenden Bedingung endet der Schulbetrieb zum Ende des jeweils laufenden Schuljahres.“

Der Kläger ist der Ansicht, Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides sei rechtswidrig, weil die Begrenzung des durchschnittlichen Schulgeldes für die Einhaltung des Sonderungverbotes des Grundgesetzes nicht erforderlich sei. Nötig sei allein, dass Eltern mit unterdurchschnittlichem Einkommen nur ein sozialverträgliches Schulgeld zahlen müssten. Das Bundesverfassungsgericht habe lediglich festgestellt, dass ein allgemeines Schulgeld von 170 bis 190 DM nicht sondernd sei; die Entscheidungen befassten sich dagegen nicht mit der Frage, in welcher Höhe das durchschnittliche Schulgeld vom Schulträger festgesetzt werden dürfe. Zudem sei das vom Beklagten gewählte Mittel, mit dem dieser eine Sonderung verhindern wolle, untauglich. So werde auch bei einem einheitlichen Schulgeld von 135 € für alle Familien eine Sonderung nicht verhindert, da diese Summe für viele Eltern nicht aufzubringen sei. Wenn das Schulgeld dagegen einkommensabhängig gestaffelt würde, müsse berücksichtigt werden, dass der Durchschnitt des Schulgeldes (unvorhergesehen) über 135 € steigen könne, wenn nur wenige Eltern mit sehr hohem Einkommen ein sehr hohes Schulgeld zahlen würden. Schließlich sei unklar, ob der Durchschnitt der Schulgeldtabelle oder der Durchschnitt des tatsächlichen Schulgeldes die Summe von 135 € monatlich nicht übersteigen dürfe.

Die auflösende Bedingung unter Ziffer 9 b, wonach bei Fehlen von Nachweisen für die notwendigen Lehrkräfte für die Jahrgangsstufen 11 bis 13 einschließlich der dazugehörigen Qualifikationsnachweise und unterzeichneten Arbeitsverträge das Ende des Schulbetriebes drohe, sei unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Denn diese Bedingung betreffe die gesamte Schule einschließlich der unteren Jahrgangsstufen, während die eventuell fehlenden Lehrkräfte nur die höheren Jahrgangsstufen beträfen. Diese Regelung setze voraus, dass der Aufbau der Schule tatsächlich so erfolge, dass jährlich eine Klassenstufe hinzutrete und im Schuljahr 2017/18 erstmalig die Klassenstufe 11 eingerichtet werde. Es könnten aber im weiteren Verlauf des Ausbaus Verzögerungen eintreten, die dazu führen könnten, dass die gymnasiale Oberstufe später aufgebaut werde als zunächst geplant. Auch gebe es nach § 122 Abs. 2 des Brandenburgischen Schulgesetzes (BbgSchulG) die Möglichkeit, den Schulträger aufzufordern, einen etwaig vorliegenden Mangel bei den Genehmigungsvoraussetzungen in angemessener Frist zu beseitigen und die Genehmigung nach Ablauf dieser Frist gegebenenfalls zu widerrufen. Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber die Verfahrensweise bei Fehlen der Genehmigungsvoraussetzungen festgelegt. Die Behörde dürfe diese Festlegungen nicht durch eine Nebenbestimmung umgehen.

Der Kläger trägt weiter vor, dass auch eine Gesamtschule mit den Klassen 7 bis 10 durchaus genehmigungsfähig sei. Das Schulgesetz fordere nämlich keine vollständige Entsprechung mit Schulen des öffentlichen Schulwesens, sondern lediglich ein Mindestmaß an Übereinstimmung mit der Struktur. Eine Schule, die eine vollständige Schulstufe umfasse und den Übergang aus der Primarstufe in die Sekundarstufe II ordnungsgemäß gestalte, sei genehmigungsfähig. Die davon zu unterscheidende Frage, ob sie auch anerkannt werden könne, spiele keine Rolle.

Der Kläger hatte zunächst auch die Nebenbestimmungen Ziffer 9 a und c angefochten, mit denen die Genehmigung unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wurde, die unterzeichneten Arbeitsverträge für alle Lehrkräfte sowie die Abnahmeprotokolle für das Schulgebäude und den Nachweis der Eigenmittel bis zum 30. Juni 2013 vorzulegen. Dabei wandte er sich nicht gegen die Vorlagefrist als solche, sondern gegen die knappe Frist. Da der Kläger jedoch seine Absicht, die Schule zum Schuljahr 2013/14 zu eröffnen, nicht mehr weiter verfolgt, sondern nunmehr zum Schuljahr 2014/15 eröffnen will, haben die Beteiligten das Klageverfahren hinsichtlich der Nebenbestimmungen Ziffer 9 a und c übereinstimmend für erledigt erklärt.

Im Hinblick auf die Regelungen unter Ziffer 2 und 9 b hat der Kläger seine ursprüngliche Anfechtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt.

Der Kläger beantragt nunmehr,

festzustellen, dass die Nr. 2 und Nr. 9 b des Bescheides des Beklagten vom 22. Mai 2013 rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf Art. 7 Abs. 2 Satz 3 Grundgesetz (GG) und § 121 Abs. 2 Nr. 4 BbgSchulG, wonach eine Sonderung nach Besitzverhältnissen der Schüler und Eltern nicht gefördert werden dürfe, d.h. dass der Schulbesuch unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern zu gewährleisten sei. Dies werde in § 5 Abs. 4 der Verordnung über die Genehmigung und Anerkennung von Ersatzschulen vom 9. Mai 2008 (ESGAV) konkretisiert. So sei für das Jahr 2000 ein Schulgeld, das im Durchschnitt 120 € nicht übersteige, in der Rechtsprechung für unbedenklich erklärt worden. Für das Jahr 2013 dürfe dieser Betrag bei 135 € liegen, wobei der Bescheid nicht das durchschnittliche Schulgeld festlege, sondern nur eine obere Grenze.

Es reiche auf Seiten der zuständigen Behörde nicht aus, die notwendigen Lehrkräfte während des Betriebes einer Privatschule zu überprüfen, diese seien vielmehr im Rahmen des Genehmigungsverfahrens vor der Aufnahme des Betriebes nachzuweisen. Wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit werde dabei nicht von vornherein der vollständige Nachweis aller Genehmigungsvoraussetzungen für beide Schulstufen - Sekundarstufe I und II - gefordert, insbesondere nicht für die fachlich notwendigen Lehrkräfte der gymnasialen Oberstufe. Deshalb werde durch Ziffer 9 b des Bescheides die Möglichkeit eingeräumt, die gesetzlichen Voraussetzungen sukzessive mit dem Ausbau zu erfüllen. Der Nachweis der notwendigen Lehrkräfte für die gesamte Sekundarstufe I müsse jedoch vor Beginn der (ersten) Jahrgangsstufe 11 erbracht werden. Wenn jedoch entgegen den Planungen kein weiterer Ausbau der Jahrgangsstufen 11 bis 13 erfolge, weil notwendige Lehrkräfte nicht zur Verfügung stünden, so müsse die Genehmigung der Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe ihre Wirksamkeit verlieren, weil es sich in diesem Falle nicht mehr um eine im Schulgesetz ausgewiesene Schulform handele. § 16 Abs. 2 Nr. 2 a) BbgSchulG sehe als Gesamtschule nur die Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe vor. Zwar könne der Kläger gegebenenfalls rechtzeitig eine Schulformänderung beantragen, diese müsse sich aber auf den Schulbetrieb einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe beziehen. In diesem Fall müsse der Schulbetrieb nicht gänzlich eingestellt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den vorgelegten Verwaltungsvorgang (1 Ordner) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.

Im Übrigen ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO), weil der Kläger die Feststellung des Rechtswidrigkeit einzelner ihm mit dem Genehmigungsbescheid vom 22. Mai 2013 auferlegter Pflichten begehrt. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, sein Begehren mit einer Anfechtungsklage verfolgen zu müssen, weil er den Bescheid des Beklagten zum noch laufenden Schuljahr 2013/14 nicht mehr umsetzen will und kann. Die Anfechtungsklage hat sich daher erledigt. Gleichzeitig hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung, weil er die Eröffnung der Schule nunmehr zum Schuljahr 2014/15 anstrebt.

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die sich aus dem Tenor ergebende Feststellung.

Ziffer 2 des Bescheides des Beklagten vom 22. Mai 2013, die festlegt, dass die Staffelung des für den Besuch der beantragten und genehmigten Schule erhobenen Schulgeldes im Durchschnitt monatlich 135 € nicht übersteigen darf, ist rechtswidrig. Dabei wird diese Regelung entsprechend der Klarstellung der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung so ausgelegt, dass der Durchschnitt der tatsächlich beim Schulträger eingehenden Schulgelder 135 € je Schülerin oder Schüler nicht übersteigen darf.

Zwar ist der Beklagte gemäß § 121 Abs. 2 Nr. 3 des Brandenburgischen Schul-gesetzes (BbgSchulG) grundsätzlich berechtigt, im Hinblick auf die Höhe des Schulgeldes gegenüber einem Schulträger - etwa im Wege einer Auflage - Regelungen zu treffen, um einer Sonderung vorzubeugen. Die Festlegung einer Obergrenze für die pro Schüler durchschnittlich tatsächlich beim Schulträger eingehenden Schulgelder entbehrt jedoch einer rechtlichen Grundlage (1.). Die Festlegung auf die obere Grenze von 135 € ist auch nicht deshalb rechtlich unbedenklich, weil dieser Durchschnittsbetrag regelmäßig nicht erreicht wird und deshalb ausgeschlossen ist, dass der Kläger in seiner Privatschulfreiheit verletzt wird (2.).

1. Nach Art. 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes (GG) wird das Recht zur Errichtung von privaten Schulen gewährleistet, wobei sie der Genehmigung bedürfen und den Landesgesetzen unterstehen. Dabei umfasst dieses Grundrecht neben der Freiheit, eine Privatschule zu gründen, auch die Garantie der Privatschule als Institution (vgl. Rux/ Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. Rn 1127). Nach Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG ist die Genehmigung für eine private Schule zu erteilen, wenn sie in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und wenn eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. In § 121 Abs. 2 Nr. 3 BbgSchulG heißt es entsprechend, dass eine Genehmigung zu erteilen ist, wenn u. a. eine Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern nicht gefördert und damit der Schul-besuch unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern gewährleistet wird. Gemäß § 5 Abs. 4 der Verordnung über die Genehmigung und Anerkennung von Ersatzschulen vom 9. Mai 2008 (ESGAV) i. V. m. § 121 Abs. 10 BbgSchulG sind diese Voraussetzungen erfüllt, wenn ein sozial ausgewogenes Schulgeld erhoben wird, dass jeder Schülerin und jedem Schüler unabhängig von ihren oder seinen wirtschaftlichen Verhältnissen den freien Zugang zur Ersatzschule ermöglicht. All diese Vorschriften haben zum Ziel, dass es keinem Schüler und keiner Schülerin aus wirtschaftlichen Gründen verwehrt sein darf, eine Schule in freier Trägerschaft zu besuchen. Der Blick in die Schulgeldregelungen darf nicht dazu führen, die Aufnahme in die Privatschule aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht erst in Erwägung zu ziehen.

Um dies sicherzustellen, sind verschiedene Möglichkeiten denkbar. So kann beispielsweise für alle Familien ein einheitliches Schulgeld erhoben werden, das so niedrig bemessen ist, dass der Betrag auch von Familien mit sehr niedrigen Einkommen geleistet werden kann. Oder aber das Schulgeld kann so gestaffelt werden, dass die Beträge für Familien mit geringen Einkommen entsprechend niedrig festgesetzt werden und auch Familien mit mittleren Einkommen noch nicht an die Grenzen ihrer Belastbarkeit stoßen. Um das Ziel zu erreichen, es keinem Schüler und keiner Schülerin aus wirtschaftlichen Gründen zu verwehren, eine Schule in freier Trägerschaft zu besuchen, ist daher - ob mit oder ohne Staffelung - allein das abstrakt festgelegte Schulgeld maßgeblich.

Eine Festschreibung des tatsächlich eingehenden Schulgeldes in Form eines Durchschnittsbetrages, und sei es auch nur als obere Grenze, muss dagegen grundsätzlich ausscheiden. Denn zum einen verhindert diese Festschreibung noch nicht, dass die von einkommensschwächeren Familien geforderten Beiträge die Grenzen ihrer Belastbarkeit überschreiten und dass so einer Sonderung wirkungsvoll entgegengetreten würde. Dies zeigt sich schon daran, dass ein Schulgeld von einheitlich 135 € diese Grenzen bei vielen einkommensschwächeren Familien klar übersteigen dürfte. Dies wird noch verstärkt, wenn mehrere unterhaltsberechtigte Kinder zu versorgen sind oder wenn für mehrere Kinder der Besuch einer Privatschule in Betracht gezogen wird.

Zum anderen hätte diese Festschreibung zur Folge, dass dem freien Träger über diesen Umweg vorgeschrieben würde, welche Schüler er aufnehmen kann und welche nicht. Eine solche Vorgabe würde jedoch einen unzulässigen Eingriff in die Privatschulfreiheit bedeuten, da für Privatschulen grundsätzlich kein Kontrahierungs-zwang besteht, d.h. dass sie in ihrer Entscheidung, wen sie aufnehmen, absolut frei sind (vgl. Niehues, a. a. O., Rn 1211). Ein Schulträger, der sich im Hinblick auf das von ihm durchschnittlich erhobene Schulgeld um die vom Beklagten festgesetzte Obergrenze herum bewegen würde, müsste die Aufnahme von (weiteren) Schülern von den wirtschaftlichen Verhältnissen ihrer Eltern und nicht mehr von eigenen Kriterien oder z. B. dem Schulprofil abhängig machen. Auch das von einigen Schulträgern angewandte Prinzip, „sozial blind“ aufzunehmen, d.h. zunächst allein über die Aufnahme eines Schülers zu entscheiden und erst zu einem späteren Zeitpunkt von der Familie Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen zu verlangen, wäre bei der Festschreibung einer Obergrenze für das durchschnittliche Schulgeld ausgeschlossen.

Hinzu kommt, dass das tatsächlich eingenommene Schulgeld von einem Schuljahr zum anderen oder sogar innerhalb eines Schuljahres Änderungen und Schwankungen unterworfen ist. Ein Schulträger, der knapp an der festgesetzten Obergrenze kalkuliert, müsste seine Regelungen zum Schulgeld bzw. die Schulgeldtabelle von Jahr zu Jahr ändern, was für alle Eltern der jeweiligen Schule unkalkulierbare Auswirkungen haben würde.

Der Beklagte kann sich bei der Festlegung einer Obergrenze für die tatsächlich beim Schulträger eingehenden Schulgelder nicht auf die Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichts und anderer Obergerichte berufen. Die vom Beklagten gezogene Schlussfolgerung, das durchschnittliche Schulgeld festsetzen zu können, um die Einhaltung des Sonderungsverbotes zu gewährleisten, wird der Intention dieser Entscheidungen nicht gerecht.

Zwar wurde im Jahr 1994 durch das Bundesverfassungsgericht für ein Schulgeld von 170 bis 190 DM festgestellt, dass dieser Betrag nicht von allen Eltern gezahlt werden könne (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 - 1 BvR 682/88 -, - 1 BvR 712/88 -, BVerfGE 90,107-127), und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg kam für das Jahr 2000 zu dem Schluss, dass ein Schulgeld von durchschnittlich 120 € im Hinblick auf das Sonderungsverbot verfassungsrechtlich noch unbedenklich sei (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2005 - 9 S 47/03 - m. w. N., juris Rn 45). Doch waren die Gerichte in diesen Verfahren lediglich aufgerufen, die Höhe der notwendigen staatlichen Förderung von Schulen in freier Trägerschaft zu klären. In keinem dieser Fälle ging es um die Genehmigung privater Schulen. Ausgehend von einem feststehenden Kostendeckungssatz pro Schüler wurde jeweils geprüft, wie hoch die staatliche Förderung (pro Schüler) sein musste, damit das Schulgeld (pro Schüler) für Familien in den verschiedenen wirtschaftlichen Situationen (noch) leistbar sei. Das heißt, diesen Entscheidungen liegt die Überlegung zu Grunde, dass das Schulgeld eine rechnerische Größe ist, deren Feststellung unabdingbar ist, um die für die Gewährleistung der Grundrechtsgarantie notwendige staatliche Förderung ermitteln zu können. Dabei wird davon ausgegangen, dass einerseits die Kosten pro Schüler und Monat feststehen, der sogenannte Kostendeckungssatz. Diese Kosten müssen auf der anderen Seite durch die eingenommenen Schulgelder und die staatliche Förderung abgedeckt werden. Um bei dieser Gegenüberstellung für die Frage der notwendigen staatlichen Förderung überhaupt zu einem Ergebnis kommen zu können, ist es zwingend erforderlich, die Höhe des durchschnittlichen Schulgeldes zu ermitteln und ebenfalls als feste Größe in die Rechnung mit einzubeziehen. Nur so kann die (gesuchte) Höhe der notwendigen staatlichen Förderung festgestellt werden.

Gänzlich anders ist die Situation in den Fällen wie dem hier vorliegenden, d. h. bei der Genehmigung von Schulen in freier Trägerschaft. Hier sind die Schülerkosten und die staatlichen Fördermittel die feststehenden Größen, die Variable ist allein das durchschnittliche Schulgeld. Würde das Schulgeld im Rahmen der Genehmigung vorgeschrieben und reichte es zusammen mit den ebenfalls feststehenden staatlichen Fördermitteln nicht aus, um die Schülerkosten zu decken, so wäre die Schule in ihrer Existenz gefährdet und die Garantie des Grundgesetzes liefe leer. Dabei ist es für diese Schlussfolgerung unerheblich, ob bzw. inwieweit über die Erhebung des Schulgeldes hinaus eine gewisse Eigenbeteiligung eines Schulträgers verlangt werden kann (zum Streit: Niehues, a. a. O., Rn 1417 ff.).

2. Die Festlegung einer Obergrenze von durchschnittlich 135 € monatlich für die tatsächlich beim Schulträger eingehenden Schulgelder ist auch nicht deshalb rechtlich unbedenklich, weil dies ein Betrag wäre, der bei Schulen in freier Trägerschaft regelmäßig nicht erreicht würde und den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten verletzen kann. Die im Zuständigkeitsbereich des Beklagten erhobenen Schulgelder dürften im Durchschnitt eher deutlich über als unter dieser Grenze liegen.

Die Bandbreite der geforderten Schulgelder bei weiterführenden Schulen in freier Trägerschaft ist sehr groß. Sie liegt bei den hier zu Grunde gelegten Stichproben zwischen 27 € und ca. 500 €. So erhebt das Babelsberger Filmgymnasium Potsdam einen Sockelbetrag von 160 €, der je nach Familienjahreseinkommen um bis zu 20 € reduziert oder aber um bis zu 120 € erhöht wird (vgl. www.babelsberger-filmgymnasium.de/die_schule/unser_angebot.html). Damit ergibt sich eine Spanne von 140 bis 280 €. Das Schiller-Gymnasium Potsdam verlangt pauschal 285 € monatlich, wobei soziale Härtefälle berücksichtigt werden können (vgl. www.schillergymnasium.de/assets/files/mitteilungen/2013-2014/Schulgeld% 202014-2015.pdf). Für die Gymnasien der Hoffbauer gGmbH werden je nach Ein-kommensverhältnissen zwischen 45 € und 491 € Schulgeld monatlich erhoben (vgl. www.hoffbauer-bildung.de/sites/default/files/einr/Schulgeld_Gymnasien hoffbauer.pdf) und die Freie Waldorfschule Kleinmachnow verweist auf ihrer Homepage mit Stand 2008 darauf, dass der durchschnittliche Kostendeckungssatz für ihre Schule bei monatlich ca. 190 € liege (www.waldorfschule-kleinmachnow.de/ website_01/Schulgeld.html).

Diese - wenn auch unvollständige - Aufzählung macht deutlich, dass Schulen in freier Trägerschaft im Zuständigkeitsbereich des Beklagten in vielen Fällen Schulgelder erheben, die im Durchschnitt deutlich bzw. weit oberhalb des Betrages von 135 € monatlich liegen. Damit läuft diese vom Beklagten festgeschriebene Obergrenze in Ziffer 2 des angegriffenen Bescheides eben nicht leer, sondern hat eine reale Bedeutung und stellt daher - wie ober dargestellt - einen unzulässigen Eingriff in die Privatschulfreiheit des Klägers dar.

Auch Ziffer 9 b des Bescheides vom 22. Mai 2013, mit der dem Kläger auflösend bedingt aufgegeben worden war, entsprechend dem Aufbau der Schule bis zum Erreichen ihres Endausbaus spätestens vier Wochen vor dem Ende des Schuljahres 2016/17 die notwendigen Lehrkräfte für die Jahrgangsstufen 11 bis 13 einschließlich der dazugehörigen Qualifikationsnachweise und unterzeichneten Arbeitsverträge für die jeweils folgenden Schuljahre nachzuweisen und die den Automatismus enthält, dass der Schulbetrieb andernfalls zum Ende des jeweils laufenden Schuljahres einzustellen ist, ist rechtswidrig.

Zwar hat die Kammer in einem früheren Verfahren eine ähnlich lautende Bestimmung, mit der einem Schulträger aufgegeben worden war, jeweils spätestens vier Wochen vor dem letzten Unterrichtstag eines Schuljahres die notwendigen Lehrkräfte für das jeweils folgende Schuljahr nachzuweisen, für rechtmäßig erachtet, weil damit der reibungslose und kontinuierliche Aufbau des Schulbetriebes im Hinblick auf die Personalsituation in zulässiger Weise sichergestellt werden sollte (Urteil vom 8. April 2011 - 12 K 1360/09 -). Doch geht die hier angefochtene Bestimmung weit über die damals zu überprüfende Regelung hinaus. Im vorliegenden Fall fordert der Beklagte eben nicht (nur), dass vier Wochen vor dem letzten Unterrichtstag eines Schuljahres die notwendigen Lehrkräfte für das jeweils folgende Schuljahr benannt und nachgewiesen werden. Er verlangt vielmehr, dass vor Ablauf der erstmals aufgebauten 10. Klasse der vollständige Nachweis für die Lehrkräfte für die dann folgende 11. Jahrgangsstufe, die ein Jahr später einzurichtende 12. Jahrgangsstufe sowie die zwei Jahre später einzurichtende 13. Jahrgangsstufe erbracht wird, also für zwei Jahre im Voraus.

Der Forderung des Beklagten liegt die Auffassung zu Grunde, dass sich diese Anforderung aus § 121 BbgSchulG ergebe, wonach der Schulträger grundsätzlich verpflichtet sei, schon während des Antragsverfahrens sämtliche Genehmigungs-voraussetzungen für die beantragte Ersatzschule einschließlich der vollständigen Nachweise für den kompletten Ausbau einschließlich der gymnasialen Oberstufe - also für sieben Schuljahre - nachzuweisen, und er den privaten Schulträgern allein wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit insoweit entgegenkomme, dass sie zunächst lediglich die Nachweise für die Sekundarstufe I - also für vier Schuljahre - erbringen müssten. Diese Auffassung vermag jedoch nicht zu überzeugen.

Zwar ist dem Beklagten zuzustimmen, dass die vielfältigen Genehmigungs-voraussetzungen für die Eröffnung und den Betrieb einer privaten Ersatzschule grundsätzlich durch den Antragsteller im Genehmigungsverfahren nachzuweisen und vom Beklagten zu überprüfen sind. Doch muss der Grundsatz der Verhältnis-mäßigkeit gewahrt werden und diese Voraussetzungen dürfen nicht überspannt werden. Zu beachten ist stets, dass auch die Möglichkeit besteht, die Genehmigung zu widerrufen, wenn sich herausstellen sollte, dass der private Schulträger die Gleichwertigkeit nicht gewährleisten kann (vgl. Rux/ Niehues, a. a. O., Rn 1145). Es dürfen weder Anforderungen gestellt werden, deren Erfüllung nicht möglich ist bzw. die die Grenzen der Zumutbarkeit überschreiten, noch solche, die das Ziel, die personelle Unterrichtsabsicherung nachzuweisen, lediglich auf dem Papier nachweisen, indem sie eine Situation darstellen, die nach der Lebenserfahrung realistischer Weise nicht eintreten wird.

So liegt der Fall hier. Die Forderung des Beklagten an den Kläger, vier Wochen vor dem letzten Unterrichtstag des Schuljahres, in dem erstmals eine 10. Klasse der beantragten Gesamtschule unterrichtet wird, die notwendigen Lehrkräfte für die komplette Oberstufe einschließlich Arbeitsverträgen nachzuweisen, bedeutet, dass der Kläger Lehrkräfte zu benennen hat, die ihre Arbeit an der genehmigten Schule gegebenenfalls erst ein oder gar zwei Jahre später aufnehmen werden. Dass diese Bedingung nur äußerst schwer zu erfüllen ist, liegt auf der Hand. Der Schulträger ist nämlich aufgerufen, Lehrkräfte zu finden, die bereit sind, sich mit einem Vorlauf von ein oder zwei Jahren an ihn zu binden, und das in einer Arbeitsmarktsituation, in der es in Brandenburg einen erheblichen Mangel an qualifizierten Lehrkräften gibt. Dies mag für solche Schulträger noch vorstellbar sein, die mehrere Schulen betreiben und somit auf einen gewissen Pool von Lehrkräften zurückgreifen können; es dürfte aber für einen „neuen“ Schulträger, dem diese Möglichkeit nicht zur Verfügung steht, kaum umsetzbar sein.

Hinzu kommt, dass der Beklagte nicht nur die Benennung von Lehrkräften unter Vorlage von Arbeitsverträgen, sondern gemäß § 121 Abs. 2 Ziff. 2 BbgSchulG auch die Vorlage von Qualifikationsnachweisen fordert. Das bedeutet, dass diese Möglichkeit auch solchen Schulträgern abgeschnitten wird, denen es unter Überwindung aller Schwierigkeiten gelingt, in der Ausbildung befindende Lehrkräfte zu einem solch frühen Zeitpunkt bereits an sich als zukünftigen Arbeitgeber zu binden. Denn die Vorlage von Qualifikationsnachweisen ist (noch) nicht möglich. Das gleiche gilt selbst für solche Schulträger, die bereits Schulen betreiben und „eigene“ Referendare ausbilden. Auch diese Referendare erfüllen die vom Beklagten geforderten gesteigerten Voraussetzungen nicht und scheiden damit schon von Vornherein für den Nachweis der notwendigen Lehrkräfte aus.

Diese Anforderungen gehen auch am Ziel der personellen Unterrichtsabsicherung vorbei, da Schulträger, wie der Kammer aus anderen schulrechtlichen Verfahren bekannt ist, diese vom Beklagten regelmäßig in Genehmigungsverfahren geforderten Nachweise - jeweils für eine gesamte Schulstufe - zwar einreichen. Doch dann, wenn die benannten Lehrkräfte ein, zwei oder (im Fall der Sekundarstufe I) sogar drei Jahre später tatsächlich zum Einsatz kommen sollen, steht ein erheblicher Teil von ihnen nicht mehr zur Verfügung, sondern es werden andere Lehrkräfte benannt und für diese werden Nachweise erbracht. Diese Vorgehensweise bedeutet, dass die (zu) frühzeitige Benennung der Lehrkräfte zu einem „pro-forma-Nachweis“ degradiert wird, der dem Sinn der entsprechenden Vorschriften des Schulgesetzes nicht gerecht wird.

Hinzu kommt, dass der Beklagte diese Forderungen nicht in Form einer Auflage festgelegt hat, sondern in Form einer auflösenden Bedingung. Damit hat er sich für die schärfste Alternative entschieden, die mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht (mehr) vereinbar ist.

Allerdings ist der Kläger entgegen seiner schriftsätzlich geäußerten Auffassung gehalten, den Ausbau seiner beantragten und genehmigten Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe entsprechend den Planungen vorzunehmen und beim Ausbau Verzögerungen jeglicher Art zu verhindern. Ein Ausbau lediglich der Jahrgangsstufen 7 bis 10 ohne die folgenden Jahrgangsstufen 11 bis 13 ist wegen der Vorschrift des § 16 Abs. 2 Nr. 2 a) BbgSchulG, der allein eine Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe vorsieht, ebenso ausgeschlossen wie ein lückenhafter Ausbau, bei dem einige Jahrgangsstufen „ausgelassen“ werden. Dies würde der nach § 120 Abs. 1 BbgSchulG notwendigen Entsprechung mit Schulen des öffentlichen Schulwesens nicht gerecht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO, wobei die Kosten im Hinblick auf den erledigten Teil des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen sind, da er insoweit unterlegen wäre. Die in den Nebenbestimmungen Nr. 9 a und c, deren Rechtmäßigkeit auch die Klägerin im Grundsatz nicht in Zweifel zieht, gesetzte Frist ist im Hinblick auf den damals bevorstehenden Unterrichtsbeginn nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO.

B e s c h l u s s:

Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.

G r ü n d e :

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes.