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Rente wegen Erwerbsminderung; chronische Schmerzerkrankung; Beweiswürdigung; versicherungsrechtliche Voraussetzungen


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 16. Senat Entscheidungsdatum 26.10.2010
Aktenzeichen L 16 R 1383/08 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 43 SGB 6

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. August 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, für die Zeit ab 01. August 2004.

Der 1960 in der früheren Deutschen Demokratischen Republik geborene Kläger hatte eine Ausbildung „in einem Teilgebiet eines Berufes“ als Teil-Betonfacharbeiter absolviert (Abschlusszeugnis vom 14. Dezember 1977). Er arbeitete anschließend als Betonierer, Landwirt, Melker, Transportarbeiter, Möbelträger und Kraftfahrer. Zuletzt war der Kläger ab 17. Juli 2001 als Gartenhelfer bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (AU) am 17. August 2001 (Unfall mit knöchernem Flexions-Distraktionsbruch des 1. Lendenwirbelkörpers und Thoraxkontusion aufgrund eines Sturzes vom Dach des eigenen Hauses) versicherungspflichtig bei der Garten- und Landschaftsbau K. F GmbH in S versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung bezog der Kläger Krankengeld vom 29. September 2001 bis 13. Februar 2003, unterbrochen durch eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit Übergangsgeldgewährung vom 09. Oktober 2001 bis 06. November 2001. Die Bundesanstalt bzw. Bundesagentur für Arbeit bewilligte Arbeitslosengeld (Alg) vom 17. Mai 2003 bis 10. Mai 2004 (Anspruchserschöpfung) und Anschluss-Arbeitslosenhilfe vom 11. Mai 2004 bis 31. Dezember 2004. Vom 01. Januar 2005 bis 31. Oktober 2007 erhielt der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Auf den Versicherungsverlauf vom 23. Juli 2008 wird Bezug genommen.

Bei dem Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 anerkannt aufgrund folgender Leiden: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Versteifung von Wirbelsäulenabschnitten, Nervenwurzelreizerscheinungen (Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung P vom 16. April 2002).

Einen ersten Antrag auf EM-Rente vom August 2002 hatte die Beklagte nach Beiziehung des Entlassungsberichts der Fachklinik B F (Anschlussheilbehandlung vom 09. Oktober bis 06. November 2001) und Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens von Dr. M vom 25. September 2002 abgelehnt (Bescheid vom 9. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2003).

Auf den erneuten EM-Rentenantrag vom August 2004 ließ die Beklagte den Kläger durch den Arzt D fachorthopädisch untersuchen und begutachten. Dieser Arzt bescheinigte dem Kläger auf seinem Fachgebiet noch ein regelmäßiges mehr als sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten (Gutachten vom 27. Oktober 2004; pseudoradikuläre Lumboischialgiebeschwerden linksseitig nach Fraktur des 1. Lendenwirbelkörpers mit nachfolgender Osteosynthese und Spondylodese, beginnende degenerative Veränderungen des linken Kniegelenkes, Adipositas im Stammbereich, spondylarthritische Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule). Mit Bescheid vom 19. November 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Im Widerspruchsverfahren ließ die Beklagte einen Befundbericht von dem den Kläger behandelnden Chirurgen D erstatten und veranlasste noch die Erstattung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Die Fachärztin Dr. F stellte auf ihrem Fachgebiet keine weitergehenden Leistungseinschränkungen fest (Gutachten vom 15. April 2005; Anpassungsstörung, impulsiver Typ bei einfach strukturierter, emotional instabiler Persönlichkeit). Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Volle EM, teilweise EM bzw. teilweise EM bei Berufsunfähigkeit (BU) würden nicht vorliegen.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Potsdam den Entlassungsbericht der Brandenburg-Klinik B vom 14. September 2005 (stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 9. August 2005 bis 13. September 2005) beigezogen, aus der der Kläger mit einem nach Auffassung der Klinik vollschichtigen Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen entlassen worden war, sowie Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers erstatten lassen, und zwar von der Allgemeinmedizinerin Dr. D vom 5. Dezember 2005 und von dem Arzt D vom 19. Dezember 2005. Das SG hat den Psychologen G als Sachverständigen eingesetzt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 15. Juni 2006 (Untersuchung am 13. Juni 2006) auf seinem Fachgebiet eine somatoforme Schmerzstörung und leichte Depressivität des Klägers in Gestalt einer somatisierten Depression festgestellt. Der Kläger könne noch täglich regelmäßig im Umfang von sechs Stunden körperlich leichte Arbeiten unter Beachtung der in dem orthopädischen Vorgutachten aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen sowie leichte geistige Arbeiten unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Einschränkungen ausführen. Auf die zu diesem Gutachten von dem Kläger vorgelegte Stellungnahme des behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F vom 14. Dezember 2006 hat sich der Psychologe G ergänzend geäußert; auf seine Stellungnahme vom 22. Februar 2007 wird Bezug genommen.

Das SG hat mit Urteil vom 23. August 2007 die auf die Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit ab 01. August 2004 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen voller EM, teilweiser EM bzw. teilweiser EM bei BU gemäß den §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme verfüge der Kläger noch über ein tägliches Leistungsvermögen im Umfang von sechs Stunden und mehr für körperlich leichte Arbeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Er sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Auch BU liege nicht vor, da der Kläger keinen Berufsschutz genieße und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren unter Verzicht der Geltendmachung eines Anspruchs auf Rente wegen teilweiser EM bei BU weiter. Er trägt vor: Entgegen den Feststellungen des SG und der Beklagten sei er nicht mehr in der Lage, auch nur körperlich leichte sowie einfache geistige Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Das SG habe es insbesondere unterlassen, entsprechend der Anregung von Dr. F ein schmerztherapeutisches Sachverständigengutachten einzuholen. Der Kläger legt einen MRT-Befund der Lendenwirbelsäule vom 4. September 2008 (Radiologe C) vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. August 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 19. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 01. August 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme für zutreffend.

Der Senat hat im Berufungsverfahren Befundberichte von Dr. F vom 22. Oktober 2008 und von dem behandelnden Neurochirurgen Dr. C vom 1. Dezember 2008 erstatten lassen und sodann den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Rheumatologie, Handchirurgie und physikalische Medizin Prof. Dr. S als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 24. Februar 2009 (Untersuchung am 06. Februar 2009) folgende Gesundheitsstörungen des Klägers mitgeteilt: Gering- bis mittelgradige Nervenwurzelreizerscheinungen der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach Versteifungsoperation L1–L3 mit konsekutiver Arthrose der verbliebenen Bewegungssegmente, endgradige Bewegungseinschränkungen in beiden Schultern iS einer partiellen Schultersteife, Spreizfuß, Übergewicht, beginnende degenerative Veränderungen am linken Kniegelenk. Der Kläger könne unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Einschränkungen täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten ausüben.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In ihrem Gutachten vom 18. Dezember 2009 (Untersuchung am 08. Dezember 2009) nebst ergänzenden Äußerungen vom 12. Januar 2010 und 13. April 2010 hat diese Ärztin folgende Diagnosen mitgeteilt: Somatoforme Schmerzstörung mit einem Chronifizierungsgrad Stadium III nach Gerbershagen, depressiv-narzisstisch strukturierte Persönlichkeit, Intelligenzminderung, leichte depressive Verstimmung, Lese-Rechtschreibschwäche. Der Kläger könne täglich regelmäßig sechs Stunden körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten ohne erhöhte Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionvermögen, an die Lese- und Schreibfertigkeiten sowie die Aufmerksamkeit verrichten. Dem Kläger sei die Möglichkeit einzuräumen, zwei Stunden nach Arbeitsbeginn eine erste Pause von 15 Minuten und nach weiteren zwei Stunden eine weitere Pause von 15 Minuten einzulegen. Die Beklagte hat zu diesem Gutachten eine Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes vom 09. März 2010 (Fachärztin für Nervenheilkunde W) vorgelegt.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befund – und Entlassungsberichte sowie die Sachverständigengutachten des Psychologen G, von Prof. Dr. S und von Dr. W nebst deren ergänzenden Stellungnahmen Bezug genommen.

Die Leistungsakte der Agentur für Arbeit Potsdam, die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes Potsdam, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers, mit der dieser nur noch einen Anspruch auf Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, unter Verzicht auf die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rente wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit ab 01. August 2004 weiter verfolgt, ist nicht begründet.

Der Kläger hat für die Zeit ab 01. August 2004 weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI. Er war und ist ab 01. August 2004 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Die Vorschrift des § 43 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (vgl § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle oder teilweise EM vorliegen (vgl § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).

Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl § 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Kläger war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 01. August 2004 nicht voll bzw. teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Denn er verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperliche und leichte geistige Arbeiten, mit dem er regelmäßig einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass der Kläger über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den vorliegenden Gutachten der Gerichtssachverständigen G, Prof. Dr. S und – mit den noch darzulegenden Einschränkungen - Dr. W. Diese Ärzte haben dem Kläger übereinstimmend – und insoweit auch im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren gehörten Sachverständigen D und Dr. F sowie der Leistungsbeurteilung in dem Rehabilitations-Entlassungsbericht der Brandenburg-Klinik vom 14. September 2005 - ein derartiges vollschichtiges (Prof. Dr. S) bzw. mindestens sechsstündiges (Psychologe G, Dr. W) Restleistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 01. August 2004.

Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen des Klägers war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde (vgl § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Kläger kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen seiner Leiden jedenfalls nur noch körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten mit ständigem Sitzen oder Stehen, unter Zeitdruck, in Nachtschicht, auf Leitern und Gerüsten, in Zwangshaltungen, im häufigen Knien oder Hocken sowie Arbeiten unter Einfluss von Ganzkörpervibrationen. Auszuschließen sind zudem Arbeiten, die ein erhöhtes Konzentrations- und Reaktionsvermögen, erhöhte Lese- und Schreibfertigkeiten sowie erhöhte kognitive, emotionale und soziale Beanspruchungen voraussetzen.

Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5/4 RA 58/97 R - juris), was die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordert hätte. Es lagen und liegen zwar bei dem Kläger Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinaus gehen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Arbeiten umfasst wird. Die bei dem Kläger festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen, wie der Ausschluss von Arbeiten in Zwangshaltungen und mit einseitiger körperlicher Belastung, unter Zeitdruck, auf Leitern und Gerüsten, in Nachtschicht und unter Ganzkörpervibrationen, zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1-4/95 – GS 2/95 = SozR 3 - 2600 § 44 Nr 8; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 – B 5 RJ 48/03 R - juris). Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten der Klägers, die keine besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen - dem geringen Ausbildungsniveau des Klägers entsprechenden – Arbeitsplatz mit einfachen geistigen Tätigkeiten erkennen lassen; nur eine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, die vorliegend nicht erkennbar ist, könnte aber eine spezifische schwere Leistungsbehinderung darstellen (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 104, 117). Für dem Kläger ohnehin nur zumutbare leichte geistige Tätigkeiten ist die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit aber nicht wesentlich eingeschränkt (Pychologe G). Auch die Beschränkung auf Lastgewichte bis zu 10 kg erscheint nicht als geeignet, das Feld leichter körperlicher Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die Beschränkung auf 10 kg zählt regelmäßig zum Bereich leichter Arbeiten (vgl BSG, Urteil vom 19. August 1997 - B 13 RJ 87/96 - juris).

Aus dem von Dr. W darüber hinausgehend aufgestellten Erfordernis zusätzlicher Arbeitspausen ergibt sich ebenfalls keine spezifische schwere Leistungsbehinderung des Klägers mit entsprechender Benennungspflicht, und zwar schon deshalb nicht, weil die entsprechende und auf Nachfrage des Gerichts präzisierte Einschätzung dieser Sachverständigen, wonach der Kläger nach zwei Stunden eine erste Pause von 15 Minuten und nach weiteren zwei Stunden Arbeit eine weitere Pause von 15 Minuten benötige, nicht nachvollziehbar aus den erhobenen objektivierbaren Befunden hergeleitet werden kann. Dahinstehen kann deshalb, ob iS der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Voraussetzungen einer Benennungspflicht überhaupt erfüllt wären, was (nur) dann der Fall ist, wenn der auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Versicherte iVm weiteren Einschränkungen zusätzliche Arbeitspausen von zweimal 15 Minuten einlegen muss (vgl BSG, Urteil vom 6. Juni 1986 – 5b RJ 42/85 = SozR 2200 § 1246 Nr 136; BSG Urteil vom 10. Dezember 2003 – B 5 RJ 64/02 R = SozR 4-2600 § 44 Nr 1; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 – B 5 RJ 48/03 R -). Allerdings ist hierbei zu beachten, dass für eine sechsstündige Arbeitszeit noch kein gesetzlicher Pausenanspruch besteht. § 4 Satz 3 Arbeitszeitgesetz sieht einen derartigen Anspruch erst bei einer mehr als sechsstündigen Beschäftigung vor. Der Kläger benötigt aber keine im vorgenannten Sinne zusätzlichen Arbeitspausen. Der Senat folgt diesbezüglich der schlüssigen Beurteilung der Sachverständigen G und Prof. Dr. S, die anhand der erhobenen Befunde, aus denen sich eine gravierende Schmerzsymptomatik auch in Ansehung des bei den Sachverständigen geschilderten Tagesablaufs und der Medikation des Klägers nicht entnehmen lässt, kein Bedürfnis für zusätzliche Arbeitspausen hinsichtlich der noch als zumutbar angesehenen Tätigkeiten gesehen haben. Dr. W hat ihrer Leistungsbeurteilung keine ergänzenden Befunde zugrunde gelegt. Auch sie geht - wie der Psychologe G (vgl dessen ergänzende Äußerung vom 22. Februar 2007) – von einer somatoformen Schmerzstörung aus, deren Schweregrad dem Stadium III nach Gerbershagen entspreche, sowie von einer „leichten“ depressiven Stimmung des Klägers. Der Sachverständige G hat diesbezüglich aber überzeugend darauf verwiesen, dass für die Beurteilung des Restleistungsvermögens das Krankheitsverhalten, die schmerzbedingten Auswirkungen und das emotionale und kognitive Schmerzverarbeitungsverhalten ausschlaggebend sind, und er hat diesbezüglich anhand einer ausführlich dokumentierten Exploration im Einzelnen schlüssig dargelegt, dass bei erhaltener emotionaler Stabilität der Kläger über ein erhaltenes Konzentrations- und Kooperationsvermögen und auch „Durchhaltevermögen“ bei der Bewältigung leichter körperlicher und geistiger Arbeiten verfügte und verfügt. Eine wesentliche Befundverschlechterung seit dem Untersuchungstag bei dem Sachverständigen G (13. Juni 2006) bis zur Untersuchung bei Dr. W (8. Dezember 2009) ergibt sich insoweit weder aus den im Berufungsverfahren ergänzend eingeholten Befundberichten noch aus dem zwischenzeitlich veranlassten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. S, und sie lässt sich auch dem Sachverständigengutachten von Dr. W selbst nicht entnehmen. Diese beschreibt vielmehr eine lediglich leichte depressive Verstimmung und räumt ein, dass die neurologischen Defizite nicht „in vollem Maße“ den Leidensdruck erklären. Auch ein sozialer Rückzug, den die Sachverständige beschreibt, erhellt aus dem von ihr referierten und durchaus strukturierten Tagesablauf des Klägers nicht plausibel. Selbst wenn aber davon auszugehen wäre, dass die von Dr. W postulierte Pausenregelung überzeugend hergeleitet und daher von einer entsprechenden schweren Leistungsbehinderung bzw. einem Summierungsfall auszugehen wäre, ergäbe sich – das Fehlen einer konkreten Verweisungstätigkeit unterstellt - für einen entsprechenden, mangels anders lautender tatsächlicher Anhaltspunkte auf den Untersuchungstag (8. Dezember 2009) zu datierenden „Versicherungsfall“ voller bzw teilweiser EM kein entsprechender Rentenanspruch des Klägers. Denn die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der sog. Drei-Fünftel-Belegung iSv § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GB VI wäre dann ausgehend davon, dass der Kläger seit 1. November 2007 (Ende des Alg II-Bezugs mit dem 31. Oktober 2007) keine rentenrechtlichen Zeiten mehr zurückgelegt hat, nicht (mehr) erfüllt. Der Kläger hat seit dem 1. Januar 1984 auch nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten iSv § 241 Abs. 2 GB VI zurückgelegt. Die im Versicherungsverlauf dokumentierte Lücke vom 14. Februar 2003 bis 16. Mai 2003 könnte auch nicht (vollständig) durch eine Anrechnungszeit wegen krankheitsbedingter AU gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 SGB VI geschlossen werden, die grundsätzlich bis zum Ablauf von drei Jahren nach Beginn der krankheitsbedingten Unterbrechung der Beschäftigung – hier durch den Unfall vom 17. August 2001 - in Betracht kommt (vgl BSG, Urteil vom 25. Februar 2004 – B 5 RJ 30/02 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 2; BSG, Urteil vom 25. Februar 2010 – B 13 R 116/08 R – juris). Denn eine AU des Klägers lag längstens bis 11. April 2003 vor (vgl Mitteilung der G Ersatzkasse an die Beklagte vom 16. November 2004; in der Leistungsakte der Bundesagentur für Arbeit befindliche AU-Bescheinigung des Arztes D vom 24. Februar 2003). Da der Kläger zuletzt aber in einer allenfalls angelernten Beschäftigung als Gartenhelfer tätig und damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar war und ist, wäre die AU schon zu dem Zeitpunkt entfallen, zu dem der Kläger wieder über ein Leistungsvermögen für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verfügte (vgl hierzu BSG, Urteil vom 25. Februar 2004 – B 5 RJ 30/02 R -). Dies war aber nach dem Unfall bereits am 14. September 2002 wieder der Fall (Tag der Begutachtung durch Dr. M mit dem Ergebnis eines mehr als sechsstündigen Leistungsvermögens für körperlich leichte Arbeiten).

Die bei dem Kläger im erforderlichen Vollbeweis festgestellten – vorstehend im Einzelnen dargelegten - qualitativen Leistungseinschränkungen betreffen lediglich einen kleineren Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt. So könnte und kann der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für Sortier- und Verpackungstätigkeiten oder die Tätigkeit eines – einfachen – Pförtners (vgl auch die eigene Angabe des Klägers im Gutachten von Dr. W S 6). Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen jedenfalls für derart leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Entschluss-, Verantwortungs- und Konzentrationsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestanden und bestehen, konnte und kann der Kläger auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.

Durchgreifende Einwendungen gegen die den Feststellungen des Senats zugrunde liegenden gerichtlichen Sachverständigengutachten hat der Kläger nicht erhoben. Soweit er eine inhaltliche Stellungnahme seines (seinerzeit) behandelnden Nervenarztes Dr. F zu dem Gutachten des Psychologen G vorgelegt hat, hat dieser Sachverständige in seiner ergänzenden Äußerung vom 22. Februar 2007 überzeugend dargelegt, dass Dr. F weder neue, bislang nicht berücksichtigte Befunde noch sonstige Gesichtspunkte vorgebracht hat, die eine andere Leistungsbeurteilung zuließen. Im Übrigen ist das von Dr. F angeregte „schmerztherapeutische“ Gutachten auf Antrag des Klägers durch die Sachverständige Dr. W erstellt worden, die eine im Ergebnis gleich lautende quantitative Leistungsbeurteilung abgegeben und ebenfalls ein Restleistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Arbeiten im Umfang von sechs Stunden täglich festgestellt hat. Zu dem im Berufungsverfahren erstellten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. S hat sich der Kläger schließlich gar nicht geäußert. Anlass zu weiteren medizinischen Amtsermittlungen bestand nicht. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist geklärt.

Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens somit eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische schwere Leistungsbehinderung nicht vorlagen und auch nicht vorliegen, war die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit nicht erforderlich. Für den Kläger in Betracht kommende Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.

Darauf, ob der Kläger einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten hätte oder erhalten kann, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer wie den Kläger derzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von EM, wie der Gesetzgeber klargestellt hat, unerheblich (vgl § 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.