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Berufung; falsche Adressierung; Einlegung beim Oberverwaltungsgericht; Abgabe an das Verwaltungsgericht; Abgabemöglichkeit; Abgabepflicht; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Anwaltsverschulden; Büroversehen; Anwaltsgehilfe; Gerichtsfach in der Amtsmeisterei


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 12.10.2016
Aktenzeichen OVG 1 B 10.16 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 60 Abs 1 VwGO, § 124 Abs 2 VwGO, § 125 Abs 2 VwGO

Leitsatz

1. Hat der Rechtsanwalt eine Berufung an das falsche Gericht unterschrieben, scheidet eine Wiedereinsetzung aus wegen weiterer Fehler des Anwaltspersonals, bei deren Vermeidung der Anwaltsfehler noch rechtzeitig hätte bemerkt und korrigiert werden können.

2. Die falsch beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegte Berufung ist dem zuständigen Verwaltungsgericht nicht schon mit der Einlage des Schriftsatzes in das diesbezügliche Gerichtsfach im Oberverwaltungsgericht zugegangen.

Tenor

Die Berufung der Beklagten zu 2 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Januar 2016 wird verworfen.

Die Beklagte zu 2 trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1, die diese selbst trägt.

Der Beschluss ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Januar 2016 ist für die Beteiligten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung aus dem Beschluss und aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Beschlusses oder des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 17.909,96 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht als Unterhaltspflichtiger für den Kirchhainer Damm in Berlin-Lichtenrade Kostenerstattungsansprüche nach dem Telekommunikationsgesetz geltend gegen die Beklagte zu 2 als Eigentümerin von Telekommunikationslinien, die unter der Straße verlaufen. Er hat die Klage gegen die Beklagte zu 1 noch vor dem Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin zurückgenommen. Dieses hat die Beklagte (zu 2) zur Zahlung von 17.909,96 Euro an den Kläger nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Juli 2013 verurteilt und die Berufung zugelassen. Das mit Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil ist den Beklagten am 1. Februar 2016 zugestellt worden.

Die Beklagte zu 2 hat am 1. März 2016 beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg – abweichend von der auf das Verwaltungsgericht Berlin verweisenden Belehrung im Urteil – Berufung eingelegt. Sie hat zunächst ein Telefax gesandt, das um 11:36 Uhr eingetroffen ist, und noch am selben Tag das Schriftsatzoriginal in den Nachtbriefkasten eingeworfen. Im Adressfeld ist das Oberverwaltungsgericht mit dessen Anschrift angeführt. Das Oberverwaltungsgericht hat das Verwaltungsgericht am 2. März 2016 telefonisch um Zusendung der Akten gebeten. Die Akten sind am 4. März 2016 im Oberverwaltungsgericht eingetroffen. Der Vorsitzende hat der Beteiligten unter dem 7. März 2016 mitgeteilt, dass die Berufung beim falschen Gericht eingelegt worden und deswegen unzulässig sei. Von einer Weiterleitung an das Verwaltungsgericht im ordentlichen Geschäftsgang sei abgesehen worden, weil der am letzten Tag der Berufungsfrist eingegangene Schriftsatz das Verwaltungsgericht nicht mehr rechtzeitig erreicht hätte.

Die Beklagte zu 2 hat erneut am 14. März 2016 Berufung eingelegt, nunmehr beim Verwaltungsgericht Berlin, und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Sie hält das Fristversäumnis für unverschuldet und beruft sich auf das Gebot des fairen Verfahrens. Daraus folge die Pflicht, offenbar fristgebundene und fehlgeleitete Schriftsätze noch am selben Tag weiterzuleiten. Die bei den Berliner Gerichten bestehenden Gerichtspostfächer anderer Gerichte gehörten zu deren Empfangsbereich; die Zustellung werde mit dem Einlegen in das Fach vollendet. So hätte dem Verwaltungsgericht noch am 1. März 2016 problemlos zugestellt werden können. Außerdem hätten in den Gerichten verkehrende Kurierdienste die Berufungsschrift noch am selben Tag dem Verwaltungsgericht zustellen können.

Die Beklagte trägt des Weiteren vor, dass die Rechtsanwaltsgehilfin S... versehentlich weisungswidrig die Adressdaten des Oberverwaltungsgerichts statt des Verwaltungsgerichts in die Berufungsschrift eingefügt habe und dass der den Schriftsatz unterzeichnende Rechtsanwalt den Fehler übersehen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 15. März 2016 sowie die eidesstattliche Versicherung der Frau S... Bezug genommen.

Die Beklagte zu 2 hat die Berufung am 1. April 2016 begründet und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Januar 2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

den Wiedereinsetzungsantrag und die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Abläufe bei der Bearbeitung von Schriftsatzeingängen im Schreiben an die Beteiligten vom 15. August 2016 dargestellt; darauf wird Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten zu 2 ist unzulässig und daher gemäß § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu verwerfen. Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 125 Abs. 2 Sätze 2 und 3 VwGO durch Beschluss.

Die Berufung hätte innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils, mithin spätestens am 1. März 2016 beim Verwaltungsgericht Berlin eingelegt sein müssen (§ 124 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Die Frist ist nicht gemäß § 58 Abs. 2 VwGO verlängert gewesen, da die Beklagte zu 2 im Urteil ordnungsgemäß über das Rechtsmittel belehrt worden ist.

Der Beklagten zu 2 ist nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mit dem gemäß § 60 Abs. 2 VwGO fristgemäß gestellten Wiedereinsetzungsantrag ist nicht dargetan, dass die Beklagte zu 2 ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten (§ 60 Abs. 1 VwGO). Bei Einlegung eines Rechtsmittels bei dem falschen Gericht liegt Verschulden vor, wenn über das zutreffende Gericht ordnungsgemäß – wie hier – belehrt worden ist (Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 60 Rn. 95).

Die Beklagte zu 2 kann insoweit nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Angestellte S... den Berufungsschriftsatz fehlerhaft vorbereitet habe und dieser Fehler dem Rechtsanwalt nicht zurechenbar sei. Denn die Berufungsschrift ist mit ihrer Adressierung an das Oberverwaltungsgericht vom Rechtsanwalt selbst unterzeichnet worden. Der Rechtsanwalt hätte im vorliegenden Fall erkennen müssen, dass die Adressierung an das Oberverwaltungsgericht falsch ist.

Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch, dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift gehört zu den Aufgaben, die der Rechtsanwalt seinem angestellten Büropersonal nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis selbst sorgfältig zu überprüfen. Die Aufgabe darf in einem so gewichtigen Teil wie der Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts auch gut geschultem und erfahrenem Büropersonal eines Rechtsanwalts nicht eigenverantwortlich überlassen werden. Der Prozessbevollmächtigte einer Partei muss die Rechtsmittelschrift deswegen vor der Unterzeichnung auf die Vollständigkeit, darunter auch auf die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts, überprüfen (BGH, Beschluss vom 5. Juni 2013 – XII ZB 47/10 – juris Rn. 9, 12 mit weiteren Nachweisen).

Das weitere Vorbringen, die Angestellte S... hätte es entgegen den Bürovorgaben und einer langjährig zuverlässigen Übung ausnahmsweise versäumt, bei Gericht telefonisch nachzufragen, ob das Rechtsmittel per Telefax eingetroffen sei, reicht nicht zur Glaubhaftmachung hin, dass noch zu Bürozeiten des 1. März 2016 der Fehler aufgefallen und behoben worden wäre. Denn die Berufungsschrift ist, wie adressiert und vom Rechtsanwalt unterzeichnet, an das Oberverwaltungsgericht nicht nur gefaxt, sondern zudem „von einer anderen Kollegin“ Frau S... für den „Postversand“ „fertig gemacht“ worden und im Nachtbriefkasten des Oberverwaltungsgerichts eingetroffen. War danach weder dem Rechtsanwalt noch Frau S... noch deren Kollegin bei der Beschäftigung mit der Berufungsschrift aufgefallen, dass diese falsch adressiert war, ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass Frau S... in dem Moment, in dem sie sich ihrer – so der Vortrag – ständigen Aufgabe besonnen hätte, beim Gericht anzurufen, um sich den Faxeingang bestätigen zu lassen, darüber nachgedacht hätte, ob im Schriftsatz das zutreffende Gericht benannt wurde. Das ist auch deswegen unwahrscheinlich, weil Frau S... die fehlerhafte Berufungsschrift bereits am 29. Februar vorbereitet hatte und ihren Fehler einen Tag später, beim Faxvorgang, immer noch nicht bemerkte, obwohl ihr nach dem Vorbringen sogar das anzuschreibende Gericht eindeutig genannt worden sei. Angesichts der erneuten Befassung mit dem Vorgang nach einem Tag, ohne dass der Angestellten der Fehler auffiel, liegt es fern, dass Frau S... sich nur einen entscheidenden Augenblick lang – aus Hektik, Ablenkung oder Ähnlichem – geirrt haben könnte und den Fehler beim nächsten Mal bemerkt hätte. Hätte Frau S... aber beim vermeintlich zutreffenden Oberverwaltungsgericht angerufen und wäre ihr der dortige Eingang des Schriftsatzes bestätigt worden, hätte sie keinen Argwohn geschöpft.

Abgesehen davon trifft die Ansicht der Beklagten zu 2 nicht zu, dass sich „letztlich nicht anwaltliches Verschulden, sondern das Versäumnis der Büroangestellten S... realisiert“ habe. Berufungen werden durch aktives Tun, nicht durch Unterlassen eingelegt. Die Berufungsschrift ist, wie vom Rechtsanwalt unterzeichnet, an das Oberverwaltungsgericht gesandt worden. Dieser durch aktives Tun verwirklichte und vom Rechtsanwalt verschuldete Kausalverlauf wäre durch die von Frau S... erhoffte Kontrollmaßnahme nicht unterbrochen worden. Vielmehr wäre nach einer Entdeckung des Fehlers – wie die Beklagte zu 2 denn auch vorträgt – der Berufungsschriftsatz „noch einmal“, nunmehr an das Verwaltungsgericht geschickt worden. Damit wäre eine zweite Kausalkette in Gang gesetzt worden. Auch wäre in einer wertenden Gesamtbetrachtung (vgl. dazu Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 60 Rn. 102) angesichts der hervorragenden Pflicht des Rechtsanwalts bei der Rechtsmitteleinlegung (siehe die oben wiedergegebene Rechtsprechung des BGH) der Fehler Frau S... als nachrangig einzustufen. Denn der Fehler des Rechtsanwalts wiegt schwerer als der Fehler des Anwaltspersonals in Bezug auf Weisungen, welche der Eindämmung von Anwaltsfehlern dienen. Das betrifft ebenso das angeblich Bürovorgaben missachtende Versäumnis Frau S..., die am 29. Februar 2016 gefertigte und unterschriebene Berufungsschrift nicht mehr an diesem Vortag des Fristablaufs, sondern erst am letzten Tag der Frist gefaxt zu haben. Dann wäre zwar mit einer Abgabe des Schriftsatzes an das vom Rechtsanwalt verkannte Verwaltungsgericht der tatsächlich vom Rechtsanwalt verschuldete Kausalverlauf seitens des Oberverwaltungsgerichts abgeändert worden. Der angebliche Fehler des Personals wäre aber ohne den Fehler des Rechtsanwalts folgenlos geblieben.

Der Beklagten zu 2 ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schließlich nicht aufgrund der Vorhaltung zu gewähren, dass das Oberverwaltungsgericht die Abgabe der Berufungsschrift an das Verwaltungsgericht unterlassen habe. Dabei kann der Senat offenlassen, ob überhaupt die Pflicht des Oberverwaltungsgerichts besteht, die zu Unrecht bei ihm eingelegte Berufung an das Verwaltungsgericht, dessen Urteil angefochten wird, weiterzuleiten (bejahend: Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 60 Rn. 77, 78, 96; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 60 Rn. 17; verneinend: BVerwG, Urteil vom 25. November 1977 – 5 C 12.77 – BVerwGE 55, 61 <65 f.>; OVG Greifswald, Beschluss vom 29. Oktober 1998 – 3 M 118/98 – NVwZ 1999, 201 <201>; für die vorliegende Konstellation offengelassen: BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 1995 – 1 BvR 166/93 – BVerfGE 93, 99 <114>, mit Nachweisen zum Streitstand <113 f.>, siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. Januar 2006 – 1 BvR 258/05 – NJW 2006, 1579 <1579 f.>). Denn eine Pflicht zur Weiterleitung unterstellt, käme es auf die Bearbeitung und Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang an (BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 1995 – 1 BvR 166/93 – BVerfGE 93, 99 <115>; BGH, Beschluss vom 3. Juli 2006 – II ZB 24/05 – NJW 2006, 3499 <3499>; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 60 Rn. 77; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 146 Rn. 61; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 60 Rn. 17). Eine davon abweichende eilige Sonderbehandlung der Fehlzuschrift ist nicht geboten.

Nach diesen Maßstäben wäre die Berufungsschrift am 1. März 2016 nicht mehr zum Verwaltungsgericht Berlin gelangt. Die Amtsmeisterei nimmt üblicherweise einen Akten- und Posttransport zu und von den Richterzimmern und Geschäftsstellen morgens und mittags, nicht mehr des Nachmittags vor. Die vor 12 Uhr in der Amtsmeisterei eintreffenden und ohne Schwierigkeiten einem Senat zuzuordnenden Telefaxschreiben werden zumeist noch am selben Mittag der Geschäftsstelle des jeweiligen Senats zur Gegenprüfung und danach dem Vorsitzenden vorgelegt. Die Vorlage erfolgt zugleich mit dem Abtrag aus dem Vorsitzendenzimmer. Prüft der Vorsitzende nach dem Mittagessen, das mangels einer Kantine im Oberverwaltungsgericht außerhalb eingenommen wird, alsbald den Posteingang, erfolgt am selben Tag kein weiterer Abtrag mehr. Die vom Vorsitzenden gemusterte Mittagspostmappe wird von den Amtsmeistern erst am nächsten Morgen weitergeleitet. Bringt der Vorsitzende die Postmappe nach seinem Mittagessen selbst zur Geschäftsstelle, was nur gelegentlich vorkommt, und hätte er die Abgabe der fehladressierten Berufungsschrift an das Verwaltungsgericht verfügt, erfolgt auch von dort ein Abtrag durch die Amtsmeister erst am nächsten Morgen. Die Beschäftigten der Geschäftsstellen transportieren Akten und Schriftstücke nur in seltenen Ausnahmefällen. Hätte eine Geschäftsstellenkraft die Berufungsschrift alsbald zur Amtsmeisterei gebracht, wäre sie in das Fach, das auf das Verwaltungsgericht Berlin ausgezeichnet ist, gelegt worden. Das wäre nach dem Mittagessen des Vorsitzenden und den weiteren Zwischenschritten nicht mehr bis zur Abholung der Post geschehen. Denn die Post wird vom Fahrdienst des Landesverwaltungsamts Berlin bereits zwischen 13.30 und 14.30 Uhr abgeholt und über dieses Amt, ggfl. unter Einschaltung eines Postdienstleisters, weiter an die angeschlossenen Ämter und Gerichte verteilt. Vor diesem Hintergrund darf der Zugang einer weitergeleiteten Berufungsschrift beim Verwaltungsgericht Berlin nicht vor dem nächsten Werktag erwartet werden.

Die Ansicht der Beklagten zu 2, die Berufungsschrift wäre dem Verwaltungsgericht Berlin schon bei der Einlage in dessen Gerichtsfach im Oberverwaltungsgericht zugegangen, trifft nicht zu. Nach den vorstehend dargestellten Arbeits- und Zeitabläufen war eine Einlage in das Fach schon am 1. März 2016 nicht zu erwarten gewesen. Davon abgesehen steht im Oberverwaltungsgericht kein Fach in der Verfügungsgewalt des Verwaltungsgerichts Berlin. Dessen Verfügungsgewalt müsste gegeben sein, um von einem Zugang im Verwaltungsgericht ausgehen zu können. Es wäre dazu ein verschlossenes und von Bediensteten des Verwaltungsgerichts zu leerendes Gerichtsfach zu verlangen (vgl. näher BVerfG, Beschluss vom 29. August 2005 – 1 BvR 2138/03 – juris Rn. 9 f.; BAG, Beschluss vom 29. April 1986 – 7 AZB 6/85 – juris Rn. 13). Das mit dem Ziel Verwaltungsgericht Berlin beschriftete offene Fach in der Amtsmeisterei steht hingegen in der Verfügungsgewalt des Oberverwaltungsgerichts und wird keinesfalls durch Personal des Verwaltungsgerichts geleert. Der Abtransport wird von Beschäftigten des Landesverwaltungsamts Berlin besorgt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 Satz 1 (Beschluss des Senats) und Satz 2 (Urteil des Verwaltungsgerichts), § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 GKG und ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).