Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 33. Senat | Entscheidungsdatum | 18.04.2013 | |
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Aktenzeichen | L 33 R 609/12 WA | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 236 Abs 1 SGB 6, § 236 Abs 2 Nr 1 SGB 6, § 77 Abs 2 S 1 Nr 2a SGB 6, § 34 Abs 1 S 1 SGB 10, § 14 SGB 1 |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. November 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist die Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 01. Januar 2005.
Der 1940 geborene, in Frankreich wohnhafte Kläger beantragte am 06. September 2004 im Rahmen einer Vorsprache in der Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherungsträger (Beklagte, Landesversicherungsanstalt Saarland <LVA> und Bundesknappschaft) in Saarbrücken die Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 01. Januar 2005. Auf dem „Fragebogen zur Prüfung der Vertrauensschutzregelungen“ fand sich ein handschriftlicher Vermerk der Mitarbeiterin der Auskunfts- und Beratungsstelle, Verwaltungsinspektorin C P: „540 KM liegen vor!“ Auf der Seite 1 des Fragebogens stand unter „A“ u. a. folgender Hinweis: „ Für Versicherte, die vor 1942 geboren sind, werden die Vertrauensschutzregelungen auch dann angewendet, wenn 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden sind. Dabei zählen Pflichtbeiträge, die wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe gezahlt sind, nicht mit. Ob 45 Jahre mit entsprechenden Pflichtbeiträgen vorhanden sind, wird von Amts wegen durch den Rentenversicherungsträger geprüft.“ Laut dem Versicherungskonto war eine letzte Kontenklärung im Jahr 1997 durchgeführt worden. Zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung war der Kläger bei der Universität des S beschäftigt.
Nachdem bei der Beklagten am 16. November 2004 die Bescheinigung des französischen Versicherungsträgers CRAV vom 05. November 2004 eingegangen war, aus der sich ergab, dass der Kläger in Frankreich vom 25. März 1991 bis zum 07. Februar 2000 lediglich Zeiten der Arbeitslosigkeit zurückgelegt hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 07. Dezember 2004 mit, dass ihm entgegen der Auskunft der LVA ab dem 01. Januar 2005 nur eine Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Abschlag von 3,6% zustehe. Er verfüge leider nicht über 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, sondern nur über 478 Monate. In Frankreich seien lediglich Zeiträume der Arbeitslosigkeit zurückgelegt worden. Pflichtbeiträge, die wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe gezahlt worden seien, sowie im Ausland zurückgelegte Zeiten der Arbeitslosigkeit könnten für den 45-Jahres-Zeitraum keine Berücksichtigung finden. Der Kläger möge mitteilen, ob es dennoch beim Rentenbeginn am 01. Januar 2005 bleiben solle. Bei einem Telefonat am 13. Dezember 2004 teilte der Kläger mit, es solle beim bisherigen Rentenbeginn bleiben, da er sein Arbeitsverhältnis bereits zum 31. Dezember 2004 gekündigt habe und eine Rücknahme der Kündigung nicht möglich sei.
Daraufhin gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 ab dem 01. Januar 2005 Altersrente für langjährig Versicherte mit einem monatlichen Zahlbetrag i. H. v. 704,81 Euro. Der Berechnung war laut Seite 1 der Anlage 6 u. a. ein Zugangsfaktor von 0,964 (12 Kalendermonate x 0,003) zugrunde gelegt worden. Mit Bescheid vom 13. Januar 2005 wurde die Rente ab dem 01. Januar 2005 neu berechnet wegen Änderung des Kranken- bzw. Pflegeversicherungsverhältnisses. Der Zahlbetrag belief sich nunmehr auf 775,79 Euro monatlich.
Mit seinem Widerspruch vom 07. Januar 2005 wandte sich der Kläger gegen den Abschlag i. H. v. 3,6%. Bei der Beratung durch die LVA am 06. September 2004 sei ihm gesagt worden, er könne ab dem 01. Januar 2005 abschlagsfrei Altersrente beanspruchen. Erst mit Schreiben vom 07. Dezember 2004 sei er darauf hingewiesen worden, dass dies nicht möglich sei. Zu diesem Zeitpunkt habe er sein Beschäftigungsverhältnis bereits gekündigt gehabt und der Nachfolger sei schon eingestellt gewesen. Das Arbeitsverhältnis habe er nur wegen der angeblich abschlagsfrei zu zahlenden Rente gekündigt. Da er auf die Richtigkeit der Beratung durch die LVA vertraut habe, sei ihm Rente ohne Kürzung zu zahlen. Er mache außerdem einen Vermögensschaden geltend. Bei einer mündlichen Vorsprache in der Auskunfts- und Beratungsstelle am 01. Februar 2005 erhielt der Kläger auch nach Erhalt des Bescheides vom 13. Januar 2005 seinen Widerspruch aufrecht.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2005 zurück. Dem Kläger stehe aufgrund der fehlerhaften Auskunft anlässlich der Rentenantragstellung kein Anspruch auf Zahlung der gewährten Altersrente ohne die Abschläge für die vorzeitige Inanspruchnahme zu. Obwohl ihm bei Rentenantragstellung eine falsche Auskunft gegeben worden sei, die Beklagte sich dieses Fehlverhalten zurechnen lassen müsse und ihm aus dem Fehlverhalten auch ein Schaden entstehe, könne auch ein so genannter Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch (SHA) keine Abhilfe verschaffen. Durch den SHA solle letztlich nur der Zustand hergestellt werden, der bei pflichtgemäßem Verhalten des Versicherungsträgers eingetreten wäre. Ein Versicherter könne also im Wege des SHA keine Leistung erhalten, auf die auch bei richtiger Beratung und Auskunft kein Anspruch bestanden hätte. So liege der Fall hier, denn aufgrund der Tatsache, dass beim Kläger lediglich 478 Kalendermonate an Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung vorlägen, hätte er auch bei richtiger Beratung und Auskunft nicht die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in Anspruch nehmen können. Vielmehr hätte ihm auch bei richtiger Auskunft ab dem 01. Januar 2005 die Altersrente für langjährig Versicherte nur mit dem bekannten Abschlag gewährt werden können.
Hiergegen hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und einen Vermögensschaden von ca. 8.500,00 Euro geltend gemacht.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 10. November 2005 abgewiesen. Ein Anspruch auf Zahlung der Altersrente ohne Abschlag stehe ihm auch nicht deshalb zu, weil durch Mitarbeiter der LVA bei der Rentenantragstellung die Auskunft erteilt worden sei, es lägen 540 Kalendermonate Versicherungszeiten vor. Eine solche Verpflichtung könnte sich nur dann ergeben, wenn die Behörde dem Kläger den Erlass eines bestimmten Verwaltungsaktes in Form einer Zusicherung i. S. d. § 34 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zugesagt hätte. Bei der Auskunft handele es sich jedoch nicht um eine Zusicherung in diesem Sinne, sondern nur um eine Auskunft über die Sach- und Rechtslage im Einzelfall. Ein Anspruch auf Zahlung einer abschlagsfreien Rente ergebe sich ferner auch nicht mit Hilfe des SHA. Insoweit werde nach § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid verwiesen, denen sich die Kammer anschließe. Soweit der Kläger von der Beklagten den Ausgleich eines Vermögensschadens beanspruche, sei die Klage unzulässig, weil für einen solchen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung nicht die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, sondern die ordentlichen Gerichte zuständig seien.
Gegen das am 03. Dezember 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 19. Dezember 2005 beim SG eingegangene und zunächst unter dem Aktenzeichen L 3 R 1982/05 registrierte Berufung des Klägers, mit welcher er sein erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt.
Durch Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (LSG) vom 04. September 2006 ist das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängige Verfahren zum Aktenzeichen 1 BvL 5/06, das die Verfassungsgemäßheit der Regelungen über die Anhebung der Altersgrenzen und Minderung des Zugangsfaktors bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente für langjährig Versicherte nach § 236 Abs. 1 SGB VI betraf, angeordnet worden.
Auf Antrag der Beklagten vom 04. Juli 2012 ist das Verfahren wieder aufgenommen worden und wird seither unter dem Aktenzeichen L 3 R 609/12 WA bzw. L 33 R 609/12 WA geführt.
Der Kläger trägt vor, er sei bei Antragstellung falsch beraten worden. Erst drei Wochen vor der Verrentung sei ihm mitgeteilt worden, dass es zu einem Rentenabschlag kommen werde. Zu diesem Zeitpunkt habe er seine Kündigung nicht widerrufen können, da sein Nachfolger schon bestimmt gewesen sei. Bei richtiger Information hätte er ein Jahr länger gearbeitet und ein Abzug hätte nicht stattgefunden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. November 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 14. März 2005 zu verurteilen, ihm ab dem 01. Januar 2005 Altersrente für langjährig Versicherte ohne Abschlag unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Hinsichtlich der Anhebung der Altersgrenzen bei Altersrenten und Minderung des Zugangsfaktors hätten das BVerfG am 11. November 2008 – 1 BvL 3/05 u. a. – sowie das Bundessozialgericht (BSG) am 19. November 2009 – B 13 R 5/09 R – und am 25. Februar 2010 – B 13 R 41/09 R – die Verfassungsgemäßheit der geltenden Regelungen bestätigt.
Zum übrigen Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Rentenakte der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Das Gericht konnte trotz Nichterscheinens des nicht persönlich geladenen Klägers nach Lage der Akten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 1, 126 SGG entscheiden, denn die an den Kläger zugestellte Terminsmitteilung enthielt einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des Nichterscheinens.
Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, ab dem 01. Januar 2005 keine abschlagsfreie Altersrente für langjährig Versicherte zu.
Rechtsgrundlage für die gewährte Altersrente für langjährig Versicherte ist § 236 SGB VI in der Fassung des 5. Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch vom 04. Dezember 2004 (BGBl. I 2004, S. 3183 f.).
Nach § 236 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 01. Januar 1948 geboren sind Anspruch auf eine Altersrente, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Die Altersgrenze von 63 Jahren wird für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind – wie der 1940 geborene Kläger -, angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ist möglich. Die Anhebung der Altersgrenze und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente bestimmen sich nach Anlage 21.
Nach § 236 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI wird die Altersgrenze für Versicherte, die – wie der Kläger - vor dem 01. Januar 1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, entsprechend einer nachfolgend abgedruckten Tabelle angehoben. Bezogen auf den Kläger würde aus dieser Tabelle eine Anhebung der Altersgrenze auf 63 Jahre und 9 Monate folgen.
Zwar hat der Kläger im Dezember 2004 das 64. Lebensjahr vollendet, dennoch kann er nicht die Regelung des § 236 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI in Anspruch nehmen, denn sein Versicherungskonto weist keine 45 Jahre (d. h. 540 Kalendermonate) mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aus, sondern lediglich 478 Kalendermonate, da Zeiten, in denen Versicherungspflicht wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bestand, sowie ausländische Versicherungszeiten, in denen tatsächlich keine Beschäftigung ausgeübt wurde, nicht zu den Zeiten mit Pflichtbeiträgen i. S. d. § 236 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI zählen (§ 236 Abs. 2 Satz 2; s. auch Kommentierung von Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 68. Ergänzungslieferung 2010, Randnr. 13 zu § 55 SGB VI).
Der Kläger hat daher zum 01. Januar 2005 lediglich einen Anspruch auf eine Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 236 Abs. 1 SGB VI. Aus der Anlage 21 zum SGB VI ergibt sich eine Anhebung der Altersgrenze für im Dezember 1940 geborene Versicherte auf 65 Jahre bei Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme ab Vollendung des 63. Lebensjahres.
Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) SGB VI war der Zugangsfaktor für die Rente wegen Alters von 1,0 für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten waren, aufgrund der 12 Monate früheren Inanspruchnahme um 12 x 0,003, d. h. 0,036 zu mindern, woraus sich der von der Beklagten im Bescheid vom 16. Dezember 2004 der Rentenberechnung zugrunde gelegte Zugangsfaktor i. H. v. 0,964 errechnet.
Diese Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. den Beschluss des BVerfG vom 1. November 2008 – 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05 – in juris sowie Urteil des BSG vom 19. November 2009 – B 13 R 5/09 R – ebenfalls in juris).
Einen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte ohne Abschlag ab dem 01. Januar 2005 kann der Kläger weder aus einer Zusicherung (§ 34 SGB X) noch aus einem so genannten SHA ableiten.
Vorliegend hat die Mitarbeitern der Auskunfts- und Beratungsstelle nach Angaben des Klägers und nach dem Inhalt der Akte zwar eine falsche Auskunft hinsichtlich des Erfüllung der Voraussetzungen des § 236 Abs. 2 SGB VI erteilt, es ist jedoch keine schriftliche Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt, d. h. hier einen Bescheid über die Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte ohne Abschlag ab dem 01. Januar 2005, später zu erlassen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X) von der LVA oder der Beklagten gegeben worden. Eine Zusicherung ist in die Zukunft gerichtet und muss den Verpflichtungswillen der Behörde enthalten. Deshalb besteht grundsätzlich bei einer wirksamen Zusicherung ein Rechtsanspruch auf die zugesagte Regelung. Eine wohlwollende Prüfung in Aussicht zu stellen, ist hingegen noch keine Zusicherung. Die Zusicherung unterscheidet sich insbesondere von der Aufklärung, Beratung und Auskunft, die kein Verwaltungshandeln verpflichtend zusichern, sondern als Wissensmitteilungen sich in der Mitteilung des Wissens erschöpfen (vgl. Krasney in Kasseler Kommentar, 42. Ergänzungslieferung Dezember 2003, Randnr. 4 zu § 34 SGB X).
Auch im Wege des SHA kann die Klage nicht zum Erfolg geführt werden. Der von der Rechtsprechung entwickelte Herstellungsanspruch ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aus dem Versicherungsverhältnis erwachsenden Pflichten, insbesondere zur Beratung und Betreuung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. die ständige Rechtsprechung des BSG, z. B. BSG in SozR 1200 § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch <SGB I> Nr. 9). Voraussetzung ist ein rechtswidriges, nicht aber schuldhaftes Verhalten (Handeln oder Unterlassen) des zur Beratung nach § 14 SGB I verpflichteten Leistungsträgers (§ 12 SGB I) oder der zur Beratung verpflichteten Behörde (§ 15 Abs. 1 SGB I). Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Gegenstand des Herstellungsanspruchs ist eine – ihrer Art nach zulässige Amtshandlung des zuständiges Leistungsträgers – hier also der Beklagten -, mit der der durch das rechtswidrige Verhaltens entstandene sozialversicherungsrechtliche Schaden beseitigt wird. Ziel des Anspruchs ist die Herstellung eines materiellrechtlich rechtmäßigen Zustandes. Grundlage für die Beratungspflicht ist § 14 SGB I, wonach jeder Anspruch auf Beratung und Belehrung über seine Rechten und Pflichten nach diesem Gesetz hat. Regelmäßig wird diese Beratungspflicht durch ein entsprechendes Begehren des Versicherten ausgelöst. Auch wenn jedoch kein solches Beratungsbegehren vorliegt, ist der Versicherungsträger gehalten, den Versicherten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zutage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offenbar als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werden (§ 115 Abs. 6 SGB VI; vgl. auch BSG-Urteil vom 27. September 1983 - 12 RK 44/82 -, in SozR 1200 § 14 SGB I Nr. 15; BSG-Urteil vom 8. April 1987 - 1 RA 55/85 -, in SozR 1200 § 14 SGB I Nr. 25).
Ein konkreter Anlass kann sich beispielsweise aus einem laufenden Rentenfeststel-lungsverfahren bzw. einem Rechtsstreit über die beanspruchte Rente ergeben. Weiterhin kann sich für den Versicherungsträger auch nach dem erfolglosen Abschluss eines Rechtsstreits über eine Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente ein derartiger Anlass stellen (vgl. etwa BSG-Urteil vom 25. August 1993 - 13 RJ 43/92 -, SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr. 7). Ein derartiger konkreter Anlass war hier gegeben, denn der Kläger hat sich am 06. September 2004 mit einem konkreten Rentenbegehren bei der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten, der LVA und der Bundesknappschaft in Saarbrücken vorgestellt.
Ein SHA gegenüber der Beklagten kommt auch dann in Frage, wenn ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln einer anderen Behörde festzustellen ist und dies der Beklagten zugerechnet werden kann. Dies macht der Kläger letztlich hinsichtlich der von der Verwaltungsoberinspektorin Porten erteilten Auskunft über die Erfüllung der Vertrauensschutzregelung geltend. Ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln, das der Beklagten zuzurechnen ist, wird von dieser eingeräumt, kann jedoch letztlich dahin stehen.
Denn bei der fehlenden Erfüllung der spezifischen Voraussetzungen für die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (keine 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit) handelt es sich um eine tatsächliche Gegebenheit, die nicht durch eine rechtmäßige Amtshandlung der Beklagten verändert werden kann und die deshalb nicht unberücksichtigt bleiben darf; die Beklagte darf nicht zu einer Handlung verpflichtet werden, die gesetzeswidrig wäre (vgl. u. a. die Urteile des BSG vom 22. März 1989 -7 RAr 80/87 -, vom 14. Februar 1989 - 7 RAr 18/87 – sowie vom 29. August 2012 - B 12 R 7/10 R – alle in juris). Auch bei einer richtigen Auskunft hätte der Kläger ab dem 01. Januar 2005 keine abschlagsfreie Rente für langjährig Versicherte beanspruchen können. Soweit der Kläger vorträgt, er hätte bei Erhalt der richtigen Auskunft seine Arbeitsstelle nicht aufgegeben und ein Jahr länger gearbeitet, gibt es kein zulässiges Verwaltungshandeln der Beklagten, das ihm den Arbeitsplatz hätte wieder beschaffen können. Ein reiner Vermögensschaden – der dem Kläger durchaus erwachsen sein dürfte – kann über den SHA nicht kompensiert werden. Insofern könnte der Kläger tatsächlich nur auf eine zivilrechtliche Amtshaftungsklage verwiesen werden. Die Prüfung eines Amtshaftungsanspruchs ist im Übrigen von der Beklagten laut Inhalt der Verwaltungsakte in die Wege geleitet worden – mit unbekanntem Ausgang.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.