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Gewerbesteuermessbetrag 2012


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 8. Senat Entscheidungsdatum 29.10.2019
Aktenzeichen 8 K 8045/19 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2019:1029.8K8045.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für den Veranlagungszeitraum 2012.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks B…-straße 5, 7 und 9 in C….

Ursprünglich firmierte die Klägerin unter D… GmbH, bis die Firma am 20.02.2015 in A… GmbH geändert wurde.

Durch Vertrag vom 24.11.2011 veräußerte die Klägerin Grundstücke, die unmittelbar an das in ihrem Eigentum stehende Grundstück B…-straße 9 angrenzen. Auf dem Grundstück B…-straße 9 befand sich eine Übergabe-/Verteilerstation für Fernwärme, die der Versorgung des eigenen Grundstücks der Klägerin im B…-straße 5-9 (ungerade) und der Versorgung der angrenzenden Grundstücke im Eigentum der E… GmbH diente. Die Fernwärme wurde zur Heizung und Warmwasserversorgung von Wohnungen der Klägerin und anderer Eigentümer eingesetzt. Von der Fernwärmestation auf dem Grundstück der Klägerin verlief eine Versorgungsleitung zu einem benachbarten Grundstück, von dem aus die Wärme über verschiedene Übergabestationen auf die Gebäude verteilt wurde. Ein von dem Fernwärmeanschluss der Klägerin unabhängiger Anschluss der Nachbargrundstücke bestand nicht. Eine technische Trennung der Fernwärmeversorgung war möglich. Jedoch wäre die Fernwärmestation der Klägerin dann weiterhin in die Versorgung der anderen Grundstücke eingebunden. Die technische Trennung würde die Bestellung einer Grunddienstbarkeit durch die Klägerin erforderlich machen sowie nach - Schätzung der Klägerin - Gesamtkosten in Höhe von 100.000 € verursachen.

Die rechtliche Grundlage für die Fernwärmeversorgung bildete die Vereinbarung mit der E… GmbH vom 5.08.2013, in der unter anderem die folgenden Regelungen enthalten waren:

Präambel

… Auf dem im Eigentum des Lieferanten stehenden Teilflurstücks („B…-straße 5,7 und 9") befindet sich eine Übergabe- / Verteilerstation für Fernwärme im B…-straße 9. Der Abnehmer bezieht seit dem 01.01.2012 von dieser Übergabe- Verteiler-station die für die Versorgung seiner Grundstücke bzw. Gebäudekomplexe benötigte Wärmemenge.

§ 1 Übergabe-Verteilerstation

Der Lieferant ist Eigentümer des Grundstücks B…-straße 5, 7 und 9 in C…. Aus der Übergabe- / Verteilerstation für Fernwärme werden folgende Gebäude mit Wärme für Raumheizung und Warmwasser versorgt: (vgl. auch beigefügten Lageplan - Anhang 1)

B…-straße 5-9 Heizfläche:

3.934,72 m²

B…-straße 13-17 Heizfläche:

1.464,16 m²

B…-straße 8-14 Heizfläche:

2.220,48 m²

B…-straße 16-20 Heizfläche:

1.464,15 m²

F…-straße 53-57 Heizfläche:

1.463,89 m²

F…-straße 61-65 Heizfläche:

1.464,15 m².

§ 2 Lieferpflicht

(1) Der Lieferant leitet während der Laufzeit dieses Vertrages (vgl. § 7) durch die in § 1 beschriebene Übergabe- / Verteilerstation Wärme für die Gebäude des Abnehmers (vgl. § 1) auf dem versorgten Grundstück zu. Die Wärmelieferung erfolgt für die eigenen Zwecke des Abnehmers, d.h. für die Eigentümer, Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten der versorgten Gebäudekomplexe und Räumlichkeiten. Die Wärme dient der Raumheizung und der Warmwasserversorgung.

§ 3 Pflichten des Abnehmers

(1) Der Abnehmer ist verpflichtet, während der Dauer dieses Vertrages Wärme nur aus der Übergabe- Verteilerstation zu beziehen, solange der Lieferant Wärme zuleiten kann. Er verzichtet ausdrücklich darauf, eigene Wärmeerzeugungsanlage zu betreiben oder von dritter Seite Wärme zu beziehen.

(2) Von dem in § 5 vereinbarten Entgelt für die Wärmelieferung sind die Teilbeträge für Gerätemiete, Messung und Abrechnung, Wartung und Immissionsmessung sowie für Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung unabhängig davon zu zahlen, ob und in welchem Umfang Wärme bezogen worden ist und auf welchen Gründen die etwaige Nichtabnahme von Wärme beruht.

§ 5 Entgelt und Zahlungsmodalitäten/ Sicherheiten

(1) Grundkosten

Der Abnehmer hat dem Lieferanten anteilig sämtliche Aufwendungen zu erstatten, die für Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung der Übergabe-Verteilerstation (Heizhaus bzw. Heizraum und Heizungsanlage), des zur Übergabe- / Verteilerstation gehörigen Schornsteins sowie Instandsetzung und Erneuerung der Versorgungsleitungen (siehe Lageplan) und für Versicherungen des Betriebes entstehen.

Der Lieferant wird über diese Aufwendungen jeweils nach Kostenanfall abrechnen; dabei werden die Gesamtaufwendungen auf den Abnehmer im Verhältnis der Heizflächen (vgl. § 1) verteilt:

…Der sich aus der Abrechnung zu Lasten des Abnehmers ergebende Betrag wird zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe des jeweils gültigen Steuersatzes innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang zur Zahlung fällig. Der Lieferant ist berechtigt, Vorauszahlungen auf die Grundkosten in angemessener Höhe festzulegen.

(2) Laufende Kosten:

Der Abnehmer hat dem Lieferanten anteilig sämtliche Aufwendungen für den Betrieb der Übergabe- / Verteilerstation (Betriebskosten) zu erstatten; hierzu gehören u.a. die Kosten

a) der verbrauchten Brennstoffes/Fernwärme sowie ihrer Lieferung und Bevorratung,

b) des Betriebsstroms,

c) der Bedienung, Überwachung, Pflege und Reinigung der Übergabe-/Verteilerstation, des Betriebsraumes und des Schornsteins,

d) der regelmäßigen Überwachung der Betriebsbereitschaft und Betriebssicherheit einschließlich der Justierung durch Fachleute,

e) der Wärmemessung und Abrechnung - vgl. § 5 Abs. (5) -,

f) der Messungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz sowie sonstiger behördlicher Prüfungen,

g) Kosten der Schornsteinreinigung,

h) der Gerätemiete der Messeinrichtungen

sowie Steuern und Abgaben, die vom Lieferanten wegen des Betriebes der Heizanlage erhoben werden. … Die monatliche Verwaltungskostenpauschale beträgt aktuell 500,00 € zzgl. USt. von derzeit 19,00 %; also insgesamt 595,00 € monatlich. …

Für die Erstellung dieser Abrechnungen steht dem Lieferanten eine pauschale Vergütung von 2.500,00 € pro Jahr zzgl. USt. in jeweils gesetzlicher Höhe zu, welche zu Beginn des Jahres fällig ist.

§ 7 Vertragslaufzeit und -beendigung


(2) Kündigt der Abnehmer diesen Vertrag, so trägt er die Kosten der Trennung des jeweils versorgten Grundstücks von der Übergabe- / Verteilerstation einschließlich der Kosten für solche Maßnahmen, die erforderlich sind, um eine etwaige weitere Versorgung der übrigen in § 1 genannten Grundstücke/Gebäudekomplexe durch die Übergabe- / Verteilerstation sicherzustellen.

Die Klägerin lieferte seit 01.01.2012 Fernwärme in die Wohngebäude der angrenzenden Grundstücke. Sie kündigte mit Schreiben vom 28.07.2013 die Wärmelieferung für die angrenzenden Grundstücke, nahm die Kündigung jedoch mit Schreiben vom 05.08.2013 zurück. Für die Energie-Lieferungen erhielt die Klägerin die vertraglich vereinbarte Vergütung. Diese belief sich im streitbefangenen Zeitraum auf 750 € zuzüglich Umsatzsteuer für Grundkosten sowie auf 9.000 € monatlich zuzüglich Umsatzsteuer für Betriebskosten. Daneben wurde eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 500 € zuzüglich Umsatzsteuer sowie eine jährliche Pauschale in Höhe von 2.500 € zuzüglich Umsatzsteuer berechnet.

Durch Bescheid vom 25.06.2016 versagte der Beklagte nach einer durchgeführten Betriebsprüfung die ursprünglich gewährte erweiterte Kürzung und hob den Nachprüfungsvorbehalt auf.

Dagegen wendete sich die Klägerin mit ihrem Einspruch vom 23.08.2016. Zur Begründung ihres Einspruchs trug sie im Wesentlichen vor, dass zwar die technische Möglichkeit bestünde, die Fernwärmestation umbauen zu lassen, dass den Kosten in Höhe von 100.000 € jedoch keine wirtschaftlichen Vorteile gegenüber stünden. Aus diesen Gründen sei kein Umbau erfolgt. Die Fernwärmelieferung sei eine unschädliche Nebenleistung im Zusammenhang mit der Betreuung von Wohnbauten, die gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) begünstigt sei. Eine gewerbliche Tätigkeit sei nicht gegeben. Die für die Gewerblichkeit erforderliche Gewinnerzielungsabsicht liege nicht vor, da mit den vereinbarten Pauschalen lediglich eine Deckung der entstandenen Kosten erreicht werde.

Durch die Einspruchsentscheidung vom 8.02.2019 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass nur solche Tätigkeiten unschädlich sein sollen, die einen engen Bezug zur eigenen Grundstücksverwaltung haben bzw. als eine sinnvolle Ergänzung der eigenen Grundstücksverwaltung angesehen werden können. Das bedeute, dass nicht sämtliche mit dem eigenen Grundbesitz zusammenhängenden Nebenleistungen unschädlich sein sollen, sondern nur solche, die für die eigene Grundstücksverwaltung zwingend notwendig sind. Der Ausnahmetatbestand aus R 9.2 Abs. 2 Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) greife nicht ein. Zuzustimmen sei der Klägerin insoweit, dass der Gesetzgeber im § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG offen gelassen habe, welche Tätigkeiten der Begriff „Betreuung" umfasst. Unter Bewirtschaftungsbetreuung solle die typische Tätigkeit eines Verwalters von Wohneigentumsanlagen fallen. Welche Aufgaben und Befugnisse ein Verwalter hat, sei in § 27 WEG geregelt. Die Klägerin führe keine der in § 27 WEG aufgeführten Tätigkeiten aus. Im Übrigen sei es unbeachtlich, ob die Wärmelieferungen mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgen oder nicht bzw. ob diese Nebentätigkeit gewerblich sei oder nicht. Denn es liege hier eine andere nicht im § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannte Nebentätigkeit vor, welche die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung ausschließen soll. Unabhängig davon könne dem Vortrag der Klägerin nicht entnommen werden, ob tatsächlich keine Gewinnerzielungsabsicht bestehe. Auch wäre der Gewinn der Klägerin aus der Veräußerung der Nachbargrundstücke, die durch die Klägerin mit Fernwärme versorgt werden, geringer ausgefallen, wenn diese Grundstücke ohne Fernwärmeanschluss über die Klägerin veräußert worden wären. Damit bilde der Verzicht auf die Trennung der Versorgung der Grundstücke mit Fernwärme einen wirtschaftlichen Vorteil für die Klägerin.

Die Klägerin verfolgt mit der Klage vom 28. Februar 2019 ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass zwar grundsätzlich die technische Möglichkeit bestehe, die Fernwärmestation umbauen zu lassen, so dass die benachbarten Gebäude darüber separat mit Fernwärme versorgt werden. Allerdings würde die Versorgung trotzdem auch dann über diese Fernwärmestation laufen. Den wirtschaftlich damit verbundenen Kosten würden keine wirtschaftlichen Vorteile gegenüberstehen. Eine technische Anpassung, die bewirken würde, dass die Fernwärmestation der Klägerin nicht mehr verwendet werden müsste, sei nicht durch die Klägerin, sondern die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke vorzunehmen. Dies sei jedoch auch für diese unwirtschaftlich.

Die Klägerin meint, dass ihr die erweiterte Kürzung zu gewähren sei, da ihre Fernwärmeleistung entweder als unschädliche Nebenleistung oder als Betreuung von Wohnungsbauten anzusehen sei. In § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei weder der Begriff „Betreuung von Wohnbauten" gesetzlich definiert noch werde dort auf die §§ 26 ff. WEG konkret Bezug genommen. Die Weiterleitung von Wärme und Warmwasser sowie die entsprechende Nebenkostenabrechnung hätten nur einen geringen Anteil an der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin. Es fehle der Klägerin außerdem an der Gewinnerzielungsabsicht, so dass keine begünstigungsschädliche Tätigkeit vorliege.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2019 aufzuheben und den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2012 vom 25. Juli 2016 dahingehend zu ändern, dass die sog. erweiterte Grundstückskürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG angewandt und der Gewerbesteuermessbetrag somit um EUR 52.290,00 auf EUR 0,00 herabgesetzt wird,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte trägt vor, dass die Klägerin gewerblich tätig sei, da sie sowohl am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehme als auch mit Gewinnerzielungsabsicht handle. Es sei nicht nachgewiesen, ob die erhobene Pauschale für den Verwaltungsaufwand und die Jahresabrechnung den tatsächlich angefallenen Kosten entspricht. Die Lieferung der Fernwärme erfolge entgegen dem Sachvortag der Klägerin nicht zwangsläufig, sondern aufgrund eigener finanzieller Erwägungen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist abzuweisen. Das zulässige Klagebegehren ist unbegründet (Art. 100 Finanzgerichtsordnung - FGO). Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig. Er verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Der Gewerbesteuermessbetrag ist rechtmäßig für den Veranlagungszeitraum 2012 festgesetzt worden. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG wurde nur die zulässige Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG vorgenommen. Eine darüber hinausgehende – sogenannte erweiterte – Kürzung im Sinne von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG konnte mangels Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen nicht gewährt werden.

2. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, an Stelle der Kürzung gemäß Satz 1 der Vorschrift (= 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes) die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Begünstigt sind nur die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. Der Anwendungsbereich der gesetzlichen Regelung ist jedoch insoweit eingeschränkt, als ein Steuerpflichtiger die begünstigte Tätigkeit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes „ausschließlich“ ausüben muss; eine Tätigkeit außerhalb des ausdrücklich angeführten „erlaubten“ Bereichs führt zum Ausschluss der Begünstigung (Finanzgericht Berlin-Brandenburg vom 13. Dezember 2011 – 6 K 6181/08 –, Rn. 15, juris). Die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen der Gewerblichkeit überschreitet (BFH vom 18.04.2000 – VIII R 68/98, BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359, unter II.3.b der Gründe).

Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wird die erweiterte Kürzung ausdrücklich nicht ausgeschlossen, wenn das ausschließlich Grundstücke verwaltende und nutzende Unternehmen neben der Verwaltungstätigkeit auch Wohnungsbauten betreut. Nach § 9 Nr. 1 Satz 4 GewStG wird für diese Betreuungstätigkeit zusätzlich vorausgesetzt, dass der Gewinn aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes gesondert ermittelt wird.

Die Versorgung der angrenzenden Grundstücke mit Fernwärme durch die Klägerin stellt eine gewerbliche und keine vermögensverwaltende Tätigkeit dar. Sie ist weder eine unschädliche Sonderleistung, die als wirtschaftlich sinnvoll gestaltete eigene Grundstücksverwaltung und –nutzung angesehen werden kann, noch erfüllt sie den Tatbestand der Betreuung von Wohnungsbauten.

a) Die Grenze zwischen privater Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung der Vermögenswerte im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (zB durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt. Bei der Abgrenzung zwischen dem Vorliegen eines Gewerbebetriebs einerseits und privater Vermögensverwaltung andererseits hat die Rechtsprechung seit Langem auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abgestellt. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (vgl. BFH GrS vom. 3.07.1995 – GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl. II 1995, 617, BFH GrS vom 10.12.2001 – GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl. II 2002, 291). Ob eine Tätigkeit noch der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen ist, lässt sich nicht für alle Bereiche nach einheitlichen Maßstäben beurteilen. Es sind die jeweiligen artspezifischen Besonderheiten zu beachten (vgl. BFH vom 22.01.2003 – X R 37/00, BFHE 201, 264, BStBl. II 2003, 464; BFH vom 31.05.2007 – IV R 17/05, BFHE 218, 183, BStBl. II 2007, 768; BFH vom 2.09.2008 – X R 14/07, BFH/NV 2008, 2012; BFH vom 14.07.2016 – IV R 34/14,DStR 2016, 2697, 2701).

Die Vermietungstätigkeit der Klägerin überschreitet allein nicht die Grenze zur Gewerblichkeit. Zur Bestimmung der Gewerblichkeit ist darauf abzustellen, ob die Klägerin im Rahmen ihrer Haupttätigkeit Geschäfte gewerblichen Charakters betrieben hat. Dies muss nach den allgemeinen Grundsätzen beurteilt werden (BFH vom 09.10.1974 – I R 23/73 –, BFHE 113, 463, BStBl II 1975, 44, Rn. 12). Die Vermietung der Wohnungen der Klägerin stellt unzweifelhaft eine ausschließlich vermögensverwaltende Tätigkeit dar. Auch die Versorgung der Wohnungen im klägerischen Eigentum mit Fernwärme stellt keine Sonderleistung dar, die die Gewerblichkeit begründen würde.

Davon ist jedoch die Versorgung der Nachbargrundstücke mit Fernwärme zu unterscheiden. Zwar werden aufgrund der Fiktion aus § 8 Gewerbesteuerdurchführungsverordnung (GewStDV) mehrere Betriebe zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb im gewerbesteuerlichen Sinne zusammengefasst. Jedoch hat dies nicht zur Folge, dass die gesetzliche Differenzierung zwischen verschiedenen Tätigkeiten hinfällig wäre (vgl. BFH vom 22.06.2011 – I R 59/10 –, Rn. 13, juris). Eine eigenständige verwaltende Tätigkeit einer Körperschaft ist daher von einer betreuenden Tätigkeit im Sinne von § 9 Nr. 1 Satz 2 und 4 GewStG zu unterscheiden, auch wenn beide im Rahmen eines einheitlichen Gewerbebetriebs im Sinne von §§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG, 8 GewStDV der Gewerbesteuer unterliegen.

Durch die Versorgung der Nachbargrundstücke wird keine gewerbliche Gesamttätigkeit der Klägerin begründet. Die Versorgung der fremden Gebäude ist nicht unlösbar mit der Versorgung der eigenen Gebäude verbunden. Die Annahme einer gemischten Tätigkeit aus Vermietung und Fernwärmeversorgung scheidet daher aus (vgl. zu gemischten Tätigkeiten Nöcker in: Lenski/Steinberg, GewStG, 127. Lieferung 05.2019, § 2 GewStG, Rn. 1457). Eine ausschließliche vermögensverwaltende Tätigkeit der Klägerin ist somit nicht ausgeschlossen, wenn die Weiterleitung der Fernwärme einen Tatbestand erfüllt, der ausnahmsweise die erweiterte Kürzung rechtfertigt.

b) Die Versorgungstätigkeit der Klägerin steht der Gewährung der erweiterten Kürzung entgegen, weil sie weder als eine unschädliche Nebenleistung noch als Betreuung von Wohnungsbauten zu qualifizieren ist.

aa) Die Fernwärmeversorgung stellt keine unschädliche Nebenleistung dar. Ausgehend vom Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sind Nebengeschäfte, die nicht in der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bestehen, nur ausnahmsweise dem Begriff der Grundstücksverwaltung zuzurechnen (FG Münster vom 6.12.2018 – 8 K 3685/17 G, EFG 2019, 373). Nebengeschäfte sind damit grundsätzlich kürzungsschädlich. Kürzungsunschädliche Nebengeschäfte liegen nur vor, wenn sie der Grundstücksnutzung und -verwaltung im engeren Sinne dienen und als „zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können“ (BFH vom 17.10.2002 I R 24/01, BFHE 200, 54, BStBl II 2003, 355). Als derartige Nebentätigkeiten werden in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs insbesondere der Betrieb notwendiger Sondereinrichtungen für die Mieter und von notwendigen Sondereinrichtungen im Rahmen der allgemeinen Wohnungsbewirtschaftung, etwa die Unterhaltung von zentralen Heizungsanlagen, Gartenanlagen und Ähnlichem, angesehen, während die Kürzung bei darüber hinausgehender Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen regelmäßig ausgeschlossen ist (BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15 –, juris; BFH vom 14.06.2005 – VIII R 3/03, BFHE 210, 38, BStBl II 2005, 778). Die zwingende Notwendigkeit ergibt sich bei der Beurteilung nicht schon daraus, dass eine Vereinbarung zweckmäßig ist und in der Praxis häufiger vorkommt (BFH vom 5.03.2008 – I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359). Die Entscheidung darüber muss anhand objektiver Merkmale erfolgen (vgl. FG Münster vom 6.12.2018 – 8 K 3685/17 G, EFG 2019, 373 mwN. der Rspr.).

Eine zwingend notwendige, wirtschaftlich sinnvoll gestaltete Nutzung des eigenen Grundstücks durch die Klägerin kann allein in der Fernwärmeversorgung der eigenen Wohnungsbauten gesehen werden. Die Tätigkeit bewegt sich im Rahmen der von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppe der Unterhaltung von zentralen Heizungsanlagen. Die Versorgung der angrenzenden Grundstücke mit Fernwärme stellt jedoch eine davon zu unterscheidende gewerbliche Tätigkeit dar, die nach dem Vortrag der Klägerin aus wirtschaftlichen Gründen durch die Klägerin vorgenommen wird. Baulich wäre eine Umrüstung der vorhandenen Anlage auch in der Weise möglich, dass eine getrennte Versorgung erfolgen könnte, so dass objektiv keine zwingende Notwendigkeit für die Versorgung anderer mit Fernwärme bestand.

bb) Die Versorgung der angrenzenden Wohnungsbauten mit Fernwärme durch die Klägerin stellt auch keine Betreuung von Wohnungsbauten im Sinne von § 9 Nr. 1 Satz 2 und 4 GewStG dar. Zwar gehören zu den Wohnungsbauten im Sinne von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch fremde Wohnungsbauten, die nicht von dem betreuenden Unternehmen errichtet worden sind (vgl. BFH, Urteil vom 17. September 2003 – I R 8/02 –, BFHE 203, 504, BStBl II 2004, 243, Rn. 9 mwN.). Jedoch stellt die Versorgung mit Fernwärme keine Betreuung im Sinne der Regelung dar.

Dabei kommt es nicht auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht an, da es bereits an einer betreuenden Tätigkeit fehlt. Die herrschende Meinung konkretisiert das gesetzlich nicht geregelte Tatbestandsmerkmal der Betreuung zwar anhand der Begriffe Baubetreuung und Bewirtschaftungsbetreuung (vgl. BFH vom 17.09.2003 – I R 8/02 –, BFHE 203, 504, BStBl II 2004, 243, Rn. 11). Beide beschreiben Tätigkeiten, die typischer Weise gewerblich sind (vgl. Blümich/Gosch, 148. EL Juli 2019, GewStG § 9 Rn. 98; Glanegger, GewStG § 9 Rn. 29aa; Roser in: Lenski/Steinberg, GewStG, 127. Lieferung 05.2019, § 9 Nr. 1 GewStG, Rn. 175; Schnitter in: Frotscher/Drüen, KStG/GewStG, § 9 GewStG Rn. 70) und mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen werden. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Annahme einer betreuenden Tätigkeit mit der Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht anzunehmen oder abzulehnen wäre. Vielmehr kommt es allein darauf an, ob die Tätigkeit bau- oder bewirtschaftungsbetreuenden Charakter hat, da nach der gesetzgeberischen Intention der Regelung (vgl. zum Gesetzeszweck Reg-Entw. 3/260, S. 64 f.; BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16 –, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rn. 43; Blümich/Gosch, 148. EL Juli 2019, GewStG § 9 Rn. 98; Glanegger, GewStG § 9 Rn. 29aa; Hofbauer, DStR 1964, 10 (11 f.); derselbe,DStR 1983, 598 (602); Roser in: Lenski/Steinberg, GewStG, 127. Lieferung 05.2019, § 9 Nr. 1 GewStG, Rn. 175) nicht die Begünstigung der Gewinnerzielung, sondern die Begünstigung des Wohnungsbaus bezweckt wurde.

Unter Betreuung in diesem Sinne ist die Baubetreuung bei der Errichtung von Wohngebäuden, aber auch die Bewirtschaftungsbetreuung des bereits fertig gestellten Gebäudes, also die Tätigkeit des Grundstücksunternehmens als Verwalter von Wohnungseigentumsanlagen i.S. der §§ 26 ff. des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht –Wohnungseigentumsgesetz (WEG)-- zu verstehen (BFH vom 17.09.2003 – I R 8/02 –, BFHE 203, 504, BStBl II 2004, 243, Rn. 11). Die Auslegung, die Bewirtschaftungsbetreuung inhaltlich an den Befugnissen des Verwalters im Sinne von § 27 Abs. 1 bis Abs. 3 WEG zu orientieren, deckt sich mit dem frühen Verständnis zum Begriff der Betreuung. Danach sollte unter Betreuung von Wohnungsbauten eine Tätigkeit für andere in der Wohnungswirtschaft in fremden Namen und für fremde Rechnung gegen Entgelt verstanden werden, wobei sich die Betreuung Dritter auf beide wohnungswirtschaftlichen Grundfunktionen, d.h. sowohl auf die Errichtung als auch auf die Bewirtschaftung von Wohngebäuden erstrecken können sollte (vgl. Hofbauer, DStR 1964, 10 (13)). Die aktuelle Literatur konkretisiert den Begriff der Bewirtschaftungsbetreuung ebenfalls in diesem Sinne und hält an dieser Bedeutung fest, wenn unter Betreuung die Verwaltung und (sonstige) Betreuung, zum Beispiel die Tätigkeit als Property Manager oder Facility Manager verstanden werden (vgl. Wagner in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 1. Aufl. 2019, § 9 Nr. 1 GewStG, Rn. 107). Betreuung von Wohnungsbauten meint damit ein rechtsgeschäftliches oder administratives Handeln für andere in der Wohnungswirtschaft, jedoch keine versorgende Tätigkeit, die typischer Weise nicht selbst durch Immobilienverwaltungsunternehmen vorgenommen werden. Die Versorgung von anderen mit Fernwärme stellt damit keine betreuende Tätigkeit eines Wohnungsunternehmens dar.

Diese Auslegung berücksichtigt den Zweck der Ausnahmevorschrift, die Wohnungswirtschaft zu fördern (vgl. BFH vom 25.09. 2018 – GrS 2/16 –, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rn. 92 – 93). Ursprünglich diente die Norm dazu, Wohnungsunternehmen davor zu schützen, durch Nebentätigkeiten insgesamt ausschließlich gewerbliche Erträge zu erzielen (vgl. Meyer-Scharenberg in: Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, Gewerbesteuerkommentar, 1989, § 9 GewStG Rn. 31). Auch nach Änderung der Rechtsfolge, dass die betreuende Nebentätigkeit zwar weiterhin für die erweiterte Kürzung unschädlich ist, der Gewerbeertrag aber nur um den Teil zu kürzen ist, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, besteht keine Rechtfertigung dafür, unter Betreuung auch versorgende Tätigkeiten zu verstehen. Denn die Versorgung mit Fernwärme ist keine Tätigkeit, die einen besonderen Bezug allein zur Wohnungswirtschaft aufweist. Sie stellt eine typische gewerbliche Tätigkeit dar, für deren Begünstigung sich im Vergleich mit anderen gewerblichen Tätigkeiten, die die erweiterte Kürzung ausschließen, keine sachliche Rechtfertigung finden lässt. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als dass die Klägerin mit der E… GmbH in § 3 Abs. 1 vereinbarte, dass diese keine Fernwärme von anderen beziehen durfte.

II. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts erforderlich, wenn über eine bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfrage zu entscheiden ist, insbesondere wenn der Streitfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Grundsätze und Leitlinien für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (vgl. Gräber/Ratschow, 9. Aufl. 2019, FGO § 115 Rn. 162 mwN.). Der Rechtsstreit gibt Anlass, die Auslegung des Begriffs der Betreuung aus § 9 Nr. 1 Satz 2 und 4 GewStG auszuformen und typische gewerbliche Tätigkeiten davon abzugrenzen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.