Gericht | SG Neuruppin 25. Kammer | Entscheidungsdatum | 18.12.2013 | |
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Aktenzeichen | S 25 KR 84/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Gerichtsbescheid | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Frage, ob zwischen Angehörigen eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegt oder ggf eine nichtversicherungspflichtige Mitarbeit auf familienrechtlicher Basis (familienhafte Mithilfe) erfolgt - beurteilt sich nach den gleichen Grundsätzen, wie sie allgemein für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend sind.
2. Für die Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit ist maßgeblich auf die Rechtsmacht abzustellen, die Geschicke des Unternehmens zu beeinflussen.
3. Eine von Anfang an latent vorhandene alleinige Rechtsmacht des Unternehmensinhabers, an den rechtlichen Verhältnissen der Firma Änderungen vorzunehmen oder den Familienangehörigen von seinen Aufgaben wieder zu entbinden, spricht für eine abhängige Beschäftigung des Familienangehörigen, auch wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht worden ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses seit dem 01. Juli 2007.
Die am 19. Januar 1968 geborene Klägerin ist seit dem 01. Dezember 2002 Mitglied der Beklagten und hat im Jahre 1996 eine Ausbildung zur Diplom-Kauffrau abgeschlossen. Sie ist mit dem Beigeladenen zu 1) verheiratet, der seit dem Jahre 2003 als Franchisenehmer der F. in Wittenberge ein Schnellrestaurant als Einzelfirma betreibt. In dem Betrieb des Beigeladenen zu 1) ist die Klägerin seit dem 01. Juli 2007 aufgrund eines Vertrages, den sie mit dem Beigeladenen zu 1) am 09. Juli 2007 schloss, beschäftigt.
Dieser Vertrag enthält dabei folgende Regelungen:
§ 1 Tätigkeit
(1) Die Tätigkeit beginnt am 1. Juli 2007.
(2) Frau A. übernimmt eigenverantwortlich die kaufmännische Leitung des Unternehmens einschließlich der Ausbildungskoordination und tritt damit in die Geschäftsleitung ein.
(3) Frau A. hat uneingeschränkte Handlungsvollmacht und Vergütungsvollmacht über das Betriebskonto. Sie nimmt alle Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der Arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften wahr.
(4) Aufgrund der ausgeübten Tätigkeit und ihrer Stellung in der Praxis erklärt sich Frau A. bereit, das Unternehmen wirtschaftlich zu unterstützen, bspw. durch Übernahme von Bürgschaften, Einzelheiten bedürfen jeweils einer gesonderten Absprache.
(5) Sie entscheidet selbst unter Wahrung der Interessen des Unternehmens über die Aufnahme etwaiger (selbständiger) Nebentätigkeiten oder Ehrenämter.
§ 2 Vergütung
(1) Das monatliche Entgelt beträgt zunächst brutto 3.000,- Euro.
(2) Zusätzlich erhält Frau A. eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 10 % des Jahresüberschusses entsprechend der anzustellenden Gewinn- und Verlustrechnung nach Abzug der Tantieme selbst. Sie ist mit Feststellung des Jahresüberschusses fällig.
(3) Sie erklärt sich bereit, die Gewinnbeteiligung dem Unternehmen mit Fälligkeit als Darlehen zur Verfügung zu stellen, das sodann mit 2,00 % p. a. verzinst wird. Wird im Vorjahr ein Unternehmensverlust erwirtschaftet, kann ein bestehender Darlehensvertrag entsprechend der anrechenbaren Gewinnbeteiligung gekürzt werden. Einzelheiten bedürfen einer gesonderten Absprache.
§ 3 Arbeitszeit
Frau A. bestimmt die Arbeitszeit, den Arbeitsort und die Ausgestaltung ihrer Tätigkeit selbständig unter Berücksichtigung der Interessen des Unternehmens. Im Hinblick auf die vereinbarte Vergütung gehen die Vertragsschließenden von einer Vollzeittätigkeit aus.
§ 4 Schlussbestimmungen
(1) Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein, bleiben die übrigen Regelungen hiervon unberührt. Die unwirksame Bestimmung ist durch eine wirksame zu ersetzen, die dem ursprünglich gewollten auch wirtschaftlich am nächsten kommt, als dies rechtlich zulässig ist. Entsprechendes gilt, wenn bei Durchführung dieses Vertrages ergänzungsbedürftige Lücken offenbar werden.
(2) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
Mit Schreiben vom 24. Juli 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überprüfung der Sozialversicherungspflicht ihres Beschäftigungsverhältnisses unter Beifügung des Arbeitsvertrages sowie eines Feststellungsbogens, der unter dem Datum des 09. Juli 2007 die Unterschriften der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) unter der folgenden Erklärung enthält:
„Wir versichern, die vorstehenden Fragen wahrheitsgemäß und den Tatsachen entsprechend beantwortet zu haben. Ich habe davon Kenntnis genommen, dass Änderungen in Anstellungsverhältnissen zu einer anderen versicherungsrechtlichen Beurteilung führen können und es deshalb erforderlich ist, solche Änderungen umgehend mitzuteilen.“
Ausweislich der Angaben in diesem Feststellungsbogen sei die Klägerin nach Bedarf seit dem 01. Juli 2007 in der Geschäftsleitung des Betriebes mit der kaufmännischen Leitung des Unternehmens und der Ausbildungskoordination befasst und erhalte ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt iHv 3.000,00 Euro brutto, das nicht dem tariflichen bzw. ortsüblichen Lohn/Gehalt entspreche, weil das Gehalt immer nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Firma ausgerichtet sei. Das Gehalt werde jeweils auf ein eigenes Girokonto überwiesen. Von dem Arbeitsentgelt werde Lohnsteuer entrichtet und es werde als Betriebsausgabe gebucht. Nach den weiteren Angaben im Feststellungsbogen sei ein Urlaubsanspruch oder eine Kündigungsfrist nicht vereinbart, ferner werde bei Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsentgelt nicht fortgezahlt, der mitarbeitende Angehörige sei nicht in den Betrieb wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert, ohne die Mitarbeit des Angehörigen sei eine andere Arbeitskraft auch nicht eingestellt worden, der mitarbeitende Angehörige sei an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführungen der Arbeit nicht gebunden und das Weisungsrecht werde tatsächlich auch nicht ausgeübt. Der mitarbeitende Angehörige könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten, er wirke bei der Führung des Betriebes mit und die Mitarbeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Eine Gewinnbeteiligung werde entsprechend der arbeitsvertraglichen Regelungen gewährt. Schließlich habe der mitarbeitende Angehörige dem Betrieb/Betriebsinhaber eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft i. H. v. 15.000,- Euro übernommen (vgl Bürgschaftsurkunde vom 19. September 2003).
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 20. Oktober 2007 die Sozialversicherungspflichtigkeit des Beschäftigungsverhältnisses von Beginn an fest. Die Klägerin sei – entgegen der Angaben im Feststellungsbogen – anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt, da die anfallenden Arbeiten gerade im kaufmännischen Bereich bzw der Ausbildungskoordination durchaus zu erledigen seien und einem möglichen Wegfall der Arbeitskraft der Klägerin diese Arbeiten auf eine andere Person verteilt werden oder eine neue Arbeitskraft eingestellt werden müsse. Entgegen der Angaben im Feststellungsbogen stehe der Klägerin auch ein Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu, da ein Arbeitsvertrag existiere. Eine monatliche Vergütung von 3.000,- Euro brutto sei auch durchaus angemessen und für eine leitende Position im kaufmännischen Bereich üblich. Im Übrigen spreche auch die Entrichtung von Lohnsteuer für das Vorliegen einer Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Die Übernahme der selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaft sei zwischen Ehegatten durchaus üblich. Im Übrigen übe die Klägerin ihre Tätigkeit funktionsgerecht dienend aus. Aufgrund der umfassenden Betrachtung dieser Beschäftigung ergebe sich, dass die Klägerin seit dem 01. Juli 2007 der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie der Beitragspflicht zur Arbeitsförderung unterliege.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 14. November 2007 Widerspruch erhoben, den sie im Wesentlichen wie folgt begründete: Sie sei nicht wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert, könne ihre Tätigkeit frei bestimmen und gestalten und sei nicht an Weisungen des Betriebsinhabers gebunden. Sie wirke zudem aufgrund besonderer Fachkenntnisse bei der Führung des Unternehmens mit. Ihr sei die eigenverantwortliche kaufmännische Leitung des Unternehmens einschließlich der Ausbildungskoordination übertragen worden. Sie habe uneingeschränkte Handlungsvollmacht und Verfügungsgewalt über die Betriebskonten und nehme alle Rechte und Pflichten eines Arbeitgebers wahr. Sie habe sich ferner bereit erklärt, das Unternehmen ua durch Bürgschaften weiterhin finanziell zu unterstützen und sei am Gewinn beteiligt. Die Dienstleistung der Klägerin gehe auch insbesondere nicht in einer von dritter Seite vorgegebenen Ordnung auf, die insbesondere nicht der Beigeladene zu 1) einseitig vorgebe. Für dessen Gestaltung sei vielmehr die Klägerin zumindest in demselben Maße verantwortlich wie ihr Ehemann auch. Die anfallenden Arbeiten im kaufmännischen Bereich bzw. die Ausbildungskoordination seien durch keine fremde Arbeitskraft in diesem Familienbetrieb zu ersetzen. Das Fehlen einer Vereinbarung über einen Urlaubsanspruch oder einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sei untypisch für Beschäftigungen, ob sich ein Anspruch aus dem Gesetz ergebe, sei unerheblich. Für eine selbstständige Tätigkeit der Klägerin sei neben der weisungsfreien Ausübung der Tätigkeit und der mangelnden Eingliederung in den Betrieb wie eine fremde Arbeitskraft im Übrigen die Tatsache, dass die Klägerin bereits eine Höchstbetragsbürgschaft iHv 15.000,- Euro geleistet habe und sich ausweislich der vertraglichen Vereinbarung dazu bereit erklärt habe, das Unternehmen auch weiterhin wirtschaftlich zu unterstützen. Hinzu komme, dass auch die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung ganz erheblich von der normalerweise zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung abweiche und so untypisch sei, dass sie für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit spräche.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Klägerin sei in den Betrieb des Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Durch ihre Verantwortung in leitender Stellung im kaufmännischen Bereich nehme sie zwar eine Sonderstellung im Unternehmen ein, sei aber trotzdem weisungsgebunden. Hiermit werde die Eingliederung in den Betrieb begründet, da die Klägerin Beschlüsse auszuführen habe, oder nur in bestimmten Rahmenbedingungen handeln darf. Ohne die Tätigkeit der Klägerin müsse eine fremde Arbeitskraft für diese Aufgaben eingestellt werden, die dann auch aufgrund der alleinigen Branchenkenntnis keinen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausüben könnte. Die geringfügige Bürgschaft von der Klägerin könne die wirtschaftlichen Entscheidungen des Ehegatten nicht beeinflussen. Die Beschäftigung der Klägerin werde nach einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung, wegen Arbeitsentgelt mit Zahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld tatsächlich ausgeübt. Das branchenübliche, angemessene Entgelt werde als Betriebsausgabe mit Lohnsteuerentrichtung gebucht und auf ein privates Bankkonto gezahlt. Die Klägerin erhalte den üblichen Erholungsurlaub und werde anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt. Ebenfalls sei sie in ihrer leitenden Tätigkeit im kaufmännischen Bereich mit abgewandelter Weisungsgebundenheit in dem Betrieb des Ehemannes eingegliedert.
Hiergegen hat die Klägerin am 26. März 2008 bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben und zur Begründung auf ihre Ausführungen im Widerspruchsschreiben, im Antrag auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nebst dem Feststellungsbogen und den weiteren Anlagen Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 20. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2008 festzustellen, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Firma des Beigeladenen zu 1) seit dem 01. Juli 2007 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 08. Juli 2008 den Ehemann der Klägerin <Beigeladener zu 1)>, die Deutsche Rentenversicherung Bund <Beigeladene zu 2)>, die Agentur für Arbeit <Beigeladene zu 3)> und die Pflegekasse <Beigeladene zu 4)> zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladenen haben keine Anträge angekündigt, der Beigeladene zu 1) hat sich der Auffassung der Klägerin angeschlossen, die übrigen Beigeladenen haben sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.
Die Beteiligten wurden nach – erneut – erfolgtem Wechsel im Kammervorsitz mit Verfügung vom 25. Oktober 2013 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen lagen vor und waren – soweit wesentlich – Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2008, mit dem die Beklagte über die Versicherungspflicht der Klägerin zur Kranken-, Sozialen Pflege-, Renten- und dem Recht der Arbeitsförderung ab dem 01. Juli 2007 entschieden hat.
2. Die gemäß § 54 Abs 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklagen statthaften und auch im Übrigen zulässigen Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 1 und S 2 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden kann, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidungsform mit gerichtlicher Verfügung vom 25. Oktober 2013 ordnungsgemäß angehört worden sind, ist unbegründet.
3. Die mit dem Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2008 verlautbarte Verfügung ist rechtmäßig; die Klägerin ist durch die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten nicht beschwert (§ 54 Abs 2 S 1 SGG). Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Tätigkeit der Klägerin für den Beigeladenen zu 1) im Zeitraum ab dem 01. Juli 2007 der Versicherungspflicht zur Kranken-, Sozialen Pflege-, Renten- und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Dementsprechend besteht ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte – entgegen gesetzte – Feststellung nicht.
4. Die Beklagte ist bei der Entscheidung über die Versicherungspflicht in dem von der Klägerin eingeleiteten Verfahren gemäß § 28h Abs 2 S 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin seit deren Eintritt in die Firma des Beigeladenen zu 1) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu diesem steht und der Versicherungspflicht unterliegt.
a) Für eine solche Entscheidung war die Beklagte gemäß § 28h Abs 2 S 1 SGB IV als Einzugsstelle zuständig. Einzugsstelle ist jeweils die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten durchgeführt wird (vgl § 28i SGB IV). Gemäß § 28h Abs 2 S 1 Hs 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Sozialen Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid (Halbsatz 2). Das Gesetz trägt mit dieser umfassenden Zuständigkeitszuweisung an die Einzugsstelle dem Umstand Rechnung, dass in den genannten Versicherungszweigen die Versicherungspflicht mit der Anknüpfung an die abhängige Beschäftigung weithin gleichen Grundsätzen folgt und die Beiträge für alle Versicherungszweige einheitlich berechnet und als Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt werden. Diese Zuständigkeit gemäß § 28h Abs 2 S 1 SGB IV ist nicht auf Entscheidungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe gegenüber dem Arbeitgeber als dem Schuldner der Beiträge beschränkt. Sie besteht vielmehr auch, wenn entsprechende Fragen, wie vorliegend, vom Beschäftigten aufgeworfen werden und entschieden werden müssen (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 23. September 2003, - B 12 RA 3/02 R, zitiert nach juris). Die Beklagte ist hier die nach § 28 i Satz 1 SGB IV zuständige Einzugsstelle, weil diese bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum die Krankenversicherung durchführte. Das daneben bestehende Recht, ein Anfrageverfahren gemäß § 7a Abs 1 S 1 SGB IV durchzuführen, für das die Beigeladene zu 2) zuständig wäre, lässt eine Zuständigkeit der hier zuerst angegangenen Beklagten gemäß § 28h Abs 2 SGB IV schon deshalb nicht entfallen, weil für die Abgrenzung das Kriterium der zeitlichen Vorrangigkeit maßgeblich ist (vgl hierzu BSG, Urteil vom 04. Juni 2009 – B 12 KR 31/07 R).
b) Hinsichtlich der materiell-rechtlichen Vorgaben gilt dabei Folgendes: Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen, wie die Beklagte zutreffend dargestellt hat, in der Kranken-, Sozialen Pflege- und der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – <SGB V>; § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – <SGB XI>; § 1 S 1 Nr 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – <SGB VI> sowie § 25 Abs 1 S 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – <SGB III>). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung als Grundlage für die Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung ist dabei die Vorschrift des § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Nach § 7 Abs 1 S 2 SGB IV (eingefügt erst mit Wirkung vom 01. Januar 1999 durch Art 1 Nr 1 Buchst a, Art 3 Abs 1 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.Dezember 1999, BGBl I 2000 S 2) sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 sowie aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Abgrenzung zwischen abhängiger und selbständiger Tätigkeit: Urteil vom 11. März 2009, B 12 KR 21/07 R; Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R und Urteil vom 04. Juli 2007, B 11a AL 5/06, jeweils zitiert nach juris).
Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine in Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich daraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl BSG, SozR 3-2400, § 7 Nr 4; SozR 3-4100, § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Dabei ist die praktizierte Beziehung aber nur insoweit maßgeblich, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu: BSG, SozR 4-2400, § 7 Nr 7).
Die Frage, ob zwischen Angehörigen eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegt oder ggf eine nichtversicherungspflichtige Mitarbeit auf familienrechtlicher Basis (familienhafte Mithilfe) erfolgt – beurteilt sich nach den gleichen Grundsätzen, wie sie allgemein für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend sind. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen kann nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen angenommen werden, wenn der Angehörige in den Betrieb des Arbeitgebers wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert ist und die Beschäftigung tatsächlich ausübt, der Angehörige dem Weisungsrecht des Arbeitgebers – wenn auch in abgeschwächter Form – unterliegt, der Angehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt wird, ein der Arbeitsleistung angemessenes (d. h. im Regelfall ein tarifliches oder ortsübliches) Arbeitsentgelt vereinbart ist und auch regelmäßig gezahlt wird, von dem Arbeitsentgelt regelmäßig Lohnsteuer entrichtet wird und das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht wird. Beim Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung eines Familienangehörigen ist von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgeltes lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich übertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 – B 11 AL 34/02 R). Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht es grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist als zwischen nicht verwandten Personen und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (vgl hierzu etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2002, - B 7 AL 34/02 R sowie Urteil vom 10. Mai 2007, - B 7a AL 8/06 R, jeweils zitiert nach juris).
Im Übrigen kann das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht bereits dann verneint werden, wenn nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles der als Arbeitnehmer geführte (leitende) Angestellte oder Fremdgeschäftsführer faktisch vollkommen freie Hand in der Führung der Geschicke des Unternehmens hat und wie ein Alleininhaber "frei schalten und walten kann". Diese Sichtweise stellt vor allem auf die Praxis bei sog Familiengesellschaften ab, bei denen der Geschäftsführer oder leitende Angestellte mit den Geschäftsinhabern familiär verbunden ist und aufgrund seiner Stellung in der Familie die Geschäfte der Firma nach eigenem Gutdünken führt und die Ordnung des Betriebes gestaltet. Dabei wird aber vernachlässigt, dass diese Gestaltungsmacht nur in "ruhigen Zeiten" Bestand hat. Latent weiter existiert jedoch die Rechtsmacht der Firmeninhaber oder Gesellschafter. Sie entfällt nicht dadurch, dass rechtliche Vereinbarungen in Anstellungs- und Geschäftsführerverträgen "in guten Zeiten" so behandelt werden, als würden sie "nur auf dem Papier stehen" und von ihnen faktisch kein Gebrauch gemacht wird. Im Konfliktfall, zB wenn es zu einer familiären Trennung kommt und die familiären Rücksichtnahmen ein Ende haben, kann auf die vertraglich niedergelegten Befugnissen jederzeit wieder zurückgegriffen werden, so etwa auch auf ein Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann als ein für abhängige Beschäftigung sprechendes Kriterium zu berücksichtigen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht wird. Ob bei dazu bestehender Rechtsmacht tatsächlich von ihr Gebrauch gemacht wurde und damit auf die Tätigkeit eines Geschäftsführers oder leitenden Angestellten tatsächlich Einfluss genommen wurde, ist auch deshalb unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung dann wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht der Rechtsmachtinhaber beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Dies kann jedoch kein rechtlich entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein (vgl mwN Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 27. Oktober 2011 – L 8 KR 338/09 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 27. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R, juris RdNr 20)
bb) Nach diesen Grundsätzen, die auch die Kammer ihrer Beurteilung zugrunde legt, ergibt sich, dass die von der Beklagten getroffene Feststellung, die Klägerin habe im Zeitraum ab dem 01. Juli 2007 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Firma des Beigeladenen zu 1) gestanden, rechtlich nicht zu beanstanden ist. Insoweit schließt sich die Kammer der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Merkmale durch die Beklagte – insbesondere in ihrem Bescheid vom 20. Oktober 2007 – nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage ausdrücklich an und verweist zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die dortigen Erwägungen (§ 136 Abs 3 SGG).
Hervorzuheben und zu ergänzen ist, dass ein maßgebliches Indiz für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ist, dass die Tätigkeit der Klägerin in der Firma des Beigeladenen zu 1) als ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis behandelt und klassifiziert wird. Hieraus hat die Beklagte zutreffend abgeleitet, dass die praktizierte Verfahrensweise typisch für ein Beschäftigungsverhältnis und damit für eine abhängige Beschäftigung sei. Insbesondere wurde das gezahlte Entgelt als betriebsbedingter Aufwand im Rahmen der Firma des Beigeladenen zu 1) erfasst. Gerade die Verbuchung der Vergütung an Ehegatten als Betriebsausgaben und die tatsächliche zeitnahe Entrichtung von Lohnsteuer ist ein starkes Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Lohnsteuerpflicht und Beitragspflicht in der Sozialversicherung beruhen auf dem gleichen Rechtsbegriff des "entgeltlichen" Beschäftigungsverhältnisses. Wesentlich für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses ist deshalb die Art der Verbuchung und Versteuerung der Bezüge der Verwandten. Werden die Bezüge nicht als Privatentnahmen, sondern als Betriebsausgaben verbucht und lohnversteuert, so haben die Beteiligten damit für den Bereich des Steuerrechts eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre Beziehungen auf die Grundlage eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses gestellt haben. Wird steuerrechtlich von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen, so wird regelmäßig auch für den Bereich der Sozialversicherung von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden können (vgl BSG, Urteil vom 21. April 1993 – B 11 RAr 67/92 – USK 9335).
Daneben hält es die Kammer für besonders bedeutsam, dass der Klägerin bis zum heutigen Tage keine formale Rechtsposition einer Betriebsinhaberin bzw -mitinhaberin innerhalb des Betriebes eingeräumt worden. Rechtlich hätte daher nur der Beigeladene zu 1) von etwaigen Gläubigern der Firma in Anspruch genommen werden können. Dass die Klägerin uneingeschränkte Handlungsvollmacht und Kontovollmacht zu dem Betriebskonto hat und gegebenenfalls Verträge unterzeichnet, ist lediglich auf eine interne Bevollmächtigung zurückzuführen und für sich gesehen bezüglich der hier zu entscheidenden Frage, ob Versicherungspflicht besteht, nicht aussagekräftig. Der Beigeladene zu 1) hat seiner Frau in keiner Weise weitergehende rechtliche Befugnisse eingeräumt, sei es durch zB Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder anderen Personengesellschaften, was aber rechtlich ohne weiteres möglich gewesen wäre. Im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit hätten die Klägerin und der Beigeladene zu 1) ohne weiteres eine andere Betriebsform als eine Einzelfirma wählen können. Dies haben sie jedoch bis zum heutigen Tage gerade nicht getan, sondern an der gewählten Form - abhängige Beschäftigung der Klägerin in der Einzelfirma des Beigeladenen zu 1) - festgehalten. Ausschließlich der Beigeladene zu 1) hat im Übrigen die Rechtsmacht, an den rechtlichen Verhältnissen der Firma Änderungen vorzunehmen oder die Klägerin von ihren Aufgaben wieder zu entbinden. Damit ist die Klägerin in ihrer Betätigung bei dem Beigeladenen zu 1) in jeglicher Hinsicht rechtlich von diesem abhängig.
Dass die Klägerin in ihrem Aufgabenbereich, der kaufmännischen Leitung des Betriebes einschließlich der Ausbildungskoordination, sicherlich keiner ständigen Aufsicht und Kontrolle unterliegt, sondern, wie bei Diensten höherer Art üblich, weitgehend weisungsfrei ist und entsprechend § 1 Abs 2 des maßgeblichen Vertrages zwischen ihr und dem Beigeladenen zu 1) „in die Geschäftsleitung eingetreten“ ist, spricht ebenfalls nicht für eine selbständige Tätigkeit. Das Weisungsrecht kann, vornehmlich bei sog Diensten höherer Art, sogar stark eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Januar 2006, - B 12 KR 12/05 R mwN, zitiert nach juris), ohne dass dies gegen eine abhängige Tätigkeit spräche. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen, wie der eigenständigen Einstellung von Personal (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R, zitiert nach juris). In diesem Zusammenhang hebt die Kammer ausdrücklich hervor, dass - wie bei der Klägerin in Folge ihrer Ausbildung zur Diplomkauffrau - der eigentlich Weisungsbefugte häufig aufgrund seiner fachlichen Unterlegenheit überhaupt nicht dazu in der Lage ist, Weisungen zu erteilen. Hinzu kommt bei Familienunternehmen im Übrigen eine besondere familienhafte Rücksichtnahme, die ebenfalls die Erteilung von Weisungen einschränkt. Ein eingeschränktes oder im Einzelfall überhaupt nicht ausgeübtes Weisungsrecht ändert nach Auffassung der Kammer aber nichts daran, dass eine rechtliche Weisungsunterworfenheit der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen zu 1) vorliegt, die aus dessen Stellung als Betriebsinhaber herrührt. Zu beachten ist insoweit auch, dass die Nichtausübung eines Weisungsrechts solange unbeachtlich ist, wie diese Rechtsposition nicht wirksam abgedungen worden ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 15. Januar 2006, - B 12 KR 30/04 R, zitiert nach juris); letztlich bleibt der Beigeladene zu 1) rechtlich verantwortlich. Dagegen hat eine Eingliederung der Klägerin in den Betrieb durchgehend vorgelegen, und zwar nicht nur räumlich durch einen eigenen Arbeitsplatz in den Betriebsräumen, sondern auch funktionell bis hin zu einer für Arbeitnehmer bezüglich Lage und Verteilung sowie Umfang üblichen Arbeitszeit, wobei sich die Klägerin, wie aber bei leitenden Angestellten ebenfalls nicht unüblich, gewisse Freiheiten, nehmen durfte; Im Übrigen verfügte die Klägerin auch nicht etwa über eine eigene Betriebsstätte, was Indiz für die Qualifizierung einer selbständigen Tätigkeit wäre (vgl hierzu: Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Mai 2008, - B 12 KR 13/07 R, zitiert nach juris).
Tatsächlich betreute die Klägerin seit ihrem Eintritt in das Unternehmen am 01. Juli 2007 eigenverantwortlich die kaufmännische Leitung des Unternehmens einschließlich der Ausbildungskoordination. Auch wenn sie insoweit möglicherweise als leitende Angestellte mit Personalbefugnissen und besonderen Fachkenntnissen tätig war, ist nichts dafür ersichtlich, dass sie die wesentlichen Entscheidungen für das Unternehmen wie zB Erweiterung der Geschäftsbereiche, Verkauf, Beteiligung an anderen Unternehmen, Umzug des Unternehmens usw hätte allein bestimmen, noch entscheidend mitbestimmen hätte können. Unternehmensinhaber war vielmehr allein der Beigeladene zu 1), wie sich auch aus sämtlichen aktenkundigen Geschäftspapieren ergibt. Dass die Klägerin aufgrund ihrer familiären Bindung zum Unternehmensinhaber einen größeren Einfluss auf das Unternehmen gehabt haben mag als ein familienfremder Arbeitnehmer, liegt – zumindest bei intakten ehelichen Verhältnissen - in der Natur derartiger familiärer Beschäftigungsverhältnisse, erlaubt jedoch keinerlei Rückschlüsse auf eine selbständige Tätigkeit.
Soweit auch damit argumentiert wird, dass die Klägerin keine regelmäßige Arbeitszeit zu verrichten hatte und an keine festen Arbeitszeiten gebunden war und auch weisungsunabhängig tätig wurde, handelt es dabei um Gegebenheiten, die auch für abhängig Beschäftigte in leitender Position typisch sind. Dies macht im Ergebnis auch deutlich, dass etwaige vorübergehende, nur wenige Wochen umfassende Abwesenheiten den Vergütungsanspruch nicht berühren. Nach der vertraglichen Gestaltung kann die Klägerin daher auch in Krankheits- und Urlaubszeiten diese Vergütung beanspruchen. Sie läuft damit nicht Gefahr, ihre Arbeitsleistung ohne Gegenleistung erbringen zu müssen.
Unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Beigeladenen zu 1) erhält die Klägerin seit ihrem Eintritt in die Firma ein festes Gehalt als Gegenleistung für den Einsatz ihrer Arbeitskraft, Dass sie einen Verzicht auf Weihnachts- und/oder Urlaubsgeld in wirtschaftlich schlechten Zeiten geübt und ihre vollständigen Urlaubsansprüche nicht realisiert haben mag, ist zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inzwischen durchaus geübte Praxis von Arbeitnehmern. Dass sich die Vergütung der Klägerin nach den persönlichen Erfordernissen unter Berücksichtigung der Ertragslage des Unternehmens richtet, spricht ebenfalls nicht für eine Selbständigkeit. Dem ist schon entgegen zu halten, dass selbst ein stark am Umsatz orientiertes Entgelt die Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht ausschließt, sondern erst dann zum echten Unternehmerrisiko wird, wenn trotz fehlender Einnahmen Betriebsausgaben zu tragen sind (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. November 2005, - L 13 R 112/05, zitiert nach juris), was hier nicht der Fall war.
Auch die vertraglichen Absichtserklärungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Unterstützung des Unternehmens (vgl § 1 Abs 4 des Vertrages) und hinsichtlich der Gewährung eines Darlehens an das Unternehmen (vgl § 2 Abs 3 des Vertrages), die im Übrigen ohnehin jeweils einer gesonderten Absprache bedürfen bzw bedurft hätten, sowie die Übernahme von selbstschuldnerischen Bürgschaften kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Diese Umstände sind zwar für das Verhältnis Arbeitnehmer / Arbeitgeber untypisch, sind aber nicht mit der Befugnis verbunden, die Geschicke eines Betriebes maßgeblich zu beeinflussen. Die Gewährung von Darlehen bzw Sicherheiten unter Familienangehörigen ist mit der Gewährung durch einen fremden Arbeitnehmer, der Nichtangehöriger des Unternehmensinhabers ist, nicht zu vergleichen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. April 2012 – L 11 KR 312/10, RdNr 65 mwN, zitiert nach juris). Hieraus entsteht auch kein echtes Unternehmerrisiko, denn die Tragung dieser Risiken findet ihre Rechtfertigung vielmehr in den eherechtlichen Beziehungen. Außerdem werden derartige Sicherheiten üblicherweise von Kreditinstituten bei Kreditgewährung an verheiratete Schuldner verlangt (vgl hierzu etwa: Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 07. August 2008, - L 4 KR 85/07, zitiert nach juris). Darüber hinaus haben Familienmitglieder in der Regel ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Hieraus folgt aber kein wesentliches Unternehmerrisiko.
Bei der Klägerin handelt es sich schließlich auch nicht lediglich um eine so genannte mithelfende Familienangehörige. Dies sind Personen, die nicht auf der Grundlage eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses, sondern aufgrund familiärer bzw. unterhaltsrechtlicher Verpflichtung tätig werden und deshalb nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen (vgl. hierzu im Einzelnen: Seewald in Kasseler Kommentar, § 7 SGB IV, RdNr 101ff mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dagegen widmete die Klägerin ihre gesamte Arbeitskraft für das Unternehmen des Beigeladenen zu 1) und sie bestritt ihren gesamten Lebensunterhalt aus dem hierfür gezahlten Entgelt. Selbst bei unterstellter Untertariflichkeit überstieg das erzielte monatliche Bruttoentgelt in Höhe eines Betrages von 3.000,00 € die bei einer familiären Mitarbeit typische Gegenleistung (Kost und Logis nebst Taschengeld). Gegen eine familiäre Mithilfe und für ein reguläres Beschäftigungsverhältnis spricht schließlich auch das Verhalten der Klägerin und des Beigeladenen zu 1), die das gezahlte Entgelt – wie von der Beklagten bereits zutreffend hervorgehoben – durchaus als Arbeitsentgelt angesehen und dementsprechend Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt haben.
cc) Zusammenfassend überwiegen somit – offenbar anders als in den von der Klägerin zitierten Entscheidungen des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26. September 2012 (L 1 KR 222/07 und L 4 KR 125/09) und vom 23. Oktober 2013 (L 4 KR 379/12) – die von der Beklagten in den angegriffenen sozialverwaltungsbehördlichen Entscheidungen und von der Kammer soeben in den Mittelpunkt gerückten Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
5. Wenn die Klägerin nach alledem mit ihrem Begehren auf Feststellung der Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung nicht durchzudringen vermochte, war die Klage auch hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens abzuweisen. Denn die Klägerin war in dem zur Beurteilung gestellten Zeitraum ab dem 01. Juli 2007 mehr als nur geringfügig abhängig beschäftigt war und unterlag daher nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 1 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 20 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB XI sowie § 25 Abs 1 S 1 SGB III der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der Sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Schließlich hat die Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden nach deren Auslegung und ihrem Gesamtzusammenhang nicht nur über die Versicherungspflicht dem Grunde nach entschieden, sondern eine umfassende Entscheidung herbeigeführt, so dass es sich nicht lediglich um eine rechtswidrige Elementenfeststellung handelt (vgl zu diesem Aspekt eingehend: Bundessozialgericht, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R, zitiert nach juris).
6. Angesichts des Verfahrensausgangs besteht kein Anlass, der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§ 193 SGG). Auch hält es die Kammer nicht für geboten, der unterlegenen Klägerin eventuelle Kosten des Beigeladenen zu 1) aufzuerlegen.