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(Widerruf der staatlichen Anerkennung von Ergänzungsschulen)


Metadaten

Gericht VG Potsdam 12. Kammer Entscheidungsdatum 22.01.2010
Aktenzeichen 12 K 1565/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 126 SchulG BB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf der staatlichen Anerkennungen von Ergänzungsschulen in … und …., die der Akademie des Brandenburgischen Bildungswerks GmbH (BBW GmbH) erteilt worden waren. Ursprüngliche Klägerin des Verfahrens war deren Rechtsnachfolgerin, die … GmbH. Inzwischen ist die Klägerin, die … GmbH, Trägerin der streitgegenständlichen Ergänzungsschulen. Der Trägerwechsel wurde dem Beklagten am 7. Dezember 2009 angezeigt.

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2000 zeigte die … GmbH gegenüber dem Beklagten die Errichtung von drei Ergänzungsschulen an und beantragte die staatliche Anerkennung für die Bildungsgänge Programmierer/in für Kommunikationssysteme, Netzwerkadministrator/in. Da dafür eine externe Kammerprüfung zum Erwerb des Abschlusses nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) vorgesehen war, die durch die jeweiligen Industrie- und Handelskammern in … und … erfolgen sollte, kam es zu Gesprächen zwischen der … GmbH und den betroffenen Kammern. Gegenstand dieser Gespräche war ausweislich des vorliegenden Schriftverkehrs eine Einigung auf einen fünfjährigen Modellversuch. Bestandteil des Modellversuchs sollten regelmäßige Treffen und Erfahrungsaustausche zwischen der … GmbH und den Kammern sein. Nach Ablauf der fünf Jahre sollte gemeinsam eine weitere Vorgehensweise abgestimmt werden. Daraufhin erklärte sich die Industrie- und Handelskammer Potsdam bereit, den fünfjährigen Modellversuch mitzutragen und die Kammerprüfung in den Berufsbildern IT-System-Elektroniker/-in und Fachinformatiker/-in im Sinne des § 40 Abs. 3 BBiG abzunehmen. Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen und das Ministerium für Wirtschaft erklärten, dass gegen die staatliche Anerkennung keine Einwände bestünden bzw. ein öffentliches Interesse bestehe. Daraufhin bestätigte der Beklagte mit Bescheid vom 14. Januar 2002 (…) und vom 16. Januar 2002 (….) die Anzeige zur Eröffnung der Ergänzungsschule „Private Fachschule für Information und Telekommunikation der Akademie des …. GmbH“ in ... bzw. … mit den Bildungsgängen: Programmierer/in für Kommunikationssysteme und Netzwerkadministrator/in. Unter dem 22. Januar 2002 erging ein gleichlautender Bescheid für die Ergänzungsschule für Information und Telekommunikation in …., die hier mit einer staatlichen Anerkennung verbunden war. In diesem Bescheid wurde das öffentliche Interesse an den vorgesehenen Ausbildungen – ohne nähere Erläuterung – anerkannt.

Nachdem sich auch die IHK Cottbus bereit erklärt hatte, die Abschlussprüfung für die im September 2002 mit der Ausbildung beginnenden Schülerinnen und Schüler abzunehmen, erteilte der Beklagte mit Bescheiden vom 11. Juli 2002 (….) und 15. Juli 2002 (…..) den betreffenden Ergänzungsschulen die staatliche Anerkennung für die Bildungsgänge Programmierer/in für System- und Kommunikationstechnik und Netzwerk- und Datenadministrator/in mit Wirkung zum 1. August 2002. Auch in diesen Bescheiden wurde - ohne weitere Begründung - das öffentliche Interesse an der Ausbildung anerkannt. Mit einem weiteren Bescheid vom 17. Juli 2002 wurde dem Antrag der Rechtsvorgängerin der ursprünglichen Klägerin auf Erweiterung der Ergänzungsschule in …. um einen einjährigen Bildungsgang für den Berufsabschluss „Programmierer/in für System- und Kommunikationstechnik“ und „Netzwerk- und Datenadministrator/in“ entsprochen.

Im Zusammenhang mit einem Antrag des Schulträgers auf Erweiterung der Schulen um einen weiteren Ausbildungsgang prüfte der Beklagte, ob weiterhin ein öffentliches Interesse an den staatlich anerkannten Ausbildungsgängen bestehe. Dazu teilte die IHK Cottbus mit Schreiben vom 30. März 2007 mit, ein solches öffentliches Interesse bestehe nicht mehr. Es werde davon ausgegangen, dass der Fachkräftebedarf durch die Ausbildung im dualen System gedeckt werde und ergänzende Bildungsgänge nicht erforderlich seien. Es sei auch festzustellen, dass nach der staatlichen Anerkennung der Ergänzungsschule insgesamt nur 9 Teilnehmer zur Abschlussprüfung bei der IHK Cottbus angemeldet worden seien. Die IHK Potsdam teilte mit Schreiben vom 4. April 2007 mit, ein öffentliches Interesse bestehe nicht mehr. Es sei kein hervorzuhebender Fachkräftebedarf zu erkennen, der außerhalb der betrieblichen Erstausbildung abgedeckt werden müsse. Im Rahmen des Modellversuches seien bislang lediglich 27 Prüfungen abgenommen worden. Mit Schreiben vom 18. April 2007 teilte das Ministerium für Wirtschaft mit, aus seiner Sicht gebe es keinen unversorgten Bedarf für die Qualifizierung von staatlich anerkannten Ausbildungsberufen der IT-Branche im Land Brandenburg. Der Modellversuch habe nicht überzeugt. Ein öffentliches Interesse an seinem Fortbestand bestehe aus Sicht des Ministeriums für Wirtschaft nicht. In gleicher Weise äußerte sich das Ministerium für Arbeit, Soziales Gesundheit und Familie unter dem 27. April 2007. Die außer- und überbetrieblichen Angebote reichten gegenwärtig und in naher Zukunft aus, um den Fachkräftebedarf in der IT-Branche zu decken. Dies lasse sich auch an der relativ geringen Schülerzahl der Ergänzungsschule ablesen.

Der Beklagte hörte daraufhin die ursprüngliche Klägerin am 14. Mai 2007 zu einem beabsichtigten Widerruf der Anerkennung an. Dabei wurde ihr Gelegenheit gegeben, sich zum gegenwärtigen tatsächlichen Entwicklungsstand der Schulen zu äußern und geeignete Nachweise zu den Ergebnissen der regelmäßigen Konsultationen mit den Industrie- und Handelskammern vorzulegen. Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2007 äußerte sich die ursprüngliche Klägerin und bestritt zunächst, dass es sich bei den Ausbildungsgängen um einen „Modellversuch“ gehandelt habe. Des Weiteren legte sie aus ihrer Sicht dar, dass ein öffentliches Interesse an der von ihr betriebenen Ausbildung bestehe und verwies auf zahlreiche Untersuchungen, die aus ihrer Sicht einen Bedarf an Ausbildungsplätzen in der IT-Branche begründeten, der durch eine Ausbildung im dualen System nicht befriedigt werden könne.

Mit Bescheid vom 8. August 2007 widerrief der Beklagte gemäß § 126 Abs. 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes (BbgSchulG) die staatliche Anerkennung für Ergänzungsschulen für Information und Telekommunikation in …., …. und ….. mit Wirkung zum 1. Oktober 2007 für alle nach dem 1. Oktober 2007 aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler und dann aufwachsend bis zum endgültigen Auslaufen der anerkannten Berufsausbildung bis spätestens 31. August 2010. Der Schulbetrieb könne ab dem 1. Oktober 2007 parallel dazu aufwachsend zur jeweils auslaufenden anerkannten Ergänzungsschule nur in einer jeweils angezeigten Ergänzungsschule fortgeführt werden.

Ein öffentliches Interesse an der Ausbildung bestehe nicht mehr. Dies komme auch in den Stellungnahmen der Industrie- und Handelskammern und des Ministeriums für Wirtschaft und des Ministeriums für Arbeit zum Ausdruck. Die Anzahl der Ausbildungsplätze in den IT-Berufen nach BBiG habe sich seit 2001 auf ein hohes stabiles Niveau entwickelt. Der Fachkräftebedarf in dieser Qualifikationsebene, das heißt der dreijährigen dualen Berufsausbildung, sei daher gegenwärtig und vor allen Dingen in Zukunft im dualen System gedeckt. Ergänzende vollzeitschulische Bildungsgänge seien nicht mehr erforderlich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass zwar ein erheblicher Fachkräftebedarf im IT-Bereich bestehe, aber hauptsächlich bei Absolventinnen und Absolventen der Fachhochschulen, Hochschulen und Universitäten. Im Übrigen stehe das gestiegene Ausbildungsplatzangebot einer sehr stark zurückgehenden Anzahl von Schulabgängern gegenüber. Spätestens ab dem Schuljahr 2009/2010 würden daher die Ausbildungsbetriebe weit mehr Ausbildungsplätze im dualen System zur Verfügung stellen, als ausbildungsgeeignete Schülerinnen und Schüler vorhanden seien. Weiter sei die für die Fortsetzung des Modellversuchs verabredete Evaluation mit Hilfe der IHK Potsdam offensichtlich nicht durchgeführt worden. Schulverträge seien nicht vorgelegt worden, sodass keine Rückschlüsse zum Umfang der gegenwärtig praktizierten Ausbildung möglich gewesen seien. Dem Schulträger werde aber Gelegenheit gegeben, gegebenenfalls vorhandene Schulverträge noch zu erfüllen und die Ausbildung auslaufen zu lassen. Damit werde das mildeste Mittel für den Widerruf der Anerkennung gewählt.

Hiergegen richtet sich die am 14. August 2007 von der …. GmbH erhobene Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, dass weiterhin ein öffentliches Interesse an der Ausbildung in den anerkannten Ausbildungsberufen im vollschulischen Bereich bestehe. Sie verweist dazu auf die schon eingereichten Untersuchungen aus den Jahren 2006 und 2007, die einen erheblichen Bedarf an Auszubildenden in der IT-Branche belegten. Das Interesse an der Ausbildung zeige sich auch daran, dass Schüler bereit seien, für ein Schulgeld von inzwischen ca. 400,00 € /Monat die von ihr angebotenen Ausbildungen aufzunehmen, was nicht der Fall wäre, wenn im dualen System genügend Ausbildungsplätze, für die eine Ausbildungsvergütung gezahlt werde, vorhanden wären. Im Übrigen habe sich der „Modellversuch“ auf die Durchführung der Prüfung bei den Industrie- und Handelskammern bezogen, was dort zunächst auf erhebliche organisatorische Schwierigkeiten gestoßen sei. Die Klägerin legt schließlich - bezogen auf 2008 - dar, dass die Schule in Cottbus in der Jahrgangsstufe 2006 14 Schüler, in der Jahrgangsstufe 2007 9 und in der Jahrgangsstufe 2008 5 Schüler umfasse. In Potsdam seien für die Jahrgangsstufe 2006 21 (17) Schüler, in der Jahrgangsstufe 2007 16 und in der Jahrgangsstufe 2008 10 Schüler verzeichnet. Die Zahlen des Beklagten über die Schulabgänger berücksichtigten nur 16-jährige, aber keine älteren Schulabgänger, Selbstzahler und Umschüler, die ebenfalls bei ihr ausgebildet würden. Auch die Aussage, dass kein Interesse in der Wirtschaft nach weiteren BBiG-Berufen bestehe, können nichts hergeleitet werden, denn sie bilde in anderen, auf die Bedürfnisse der Wirtschaft zugeschnittenen Berufen aus. Sie weist ergänzend darauf hin, dass eine „Externenprüfung“ bei den Industrie- und Handelskammern nicht von der ursprünglichen Vereinbarung mit diesen abhängig sei, sondern jederzeit individuell von den Schülern beantragt werden könne.

Sie beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 8. August 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt und vertieft die Begründung des angefochtenen Bescheides. Ein öffentliches Interesse an einer staatlichen Anerkennung der Ergänzungsschulen für Informatik und Telekommunikation in …, … und … bestehe nicht mehr. Deswegen habe der Beklagte von seinem Widerrufsrecht nach § 126 Abs. 3 BbgSchulG Gebrauch gemacht. Die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen zum Fachkräftebedarf seien nicht aussagekräftig. Diese beträfen in der Hauptsache Absolventen von Fachhochschulen und Hochschulen. Im Übrigen werde in Brandenburg der Bedarf im dualen System gedeckt. Dabei sei auch der erhebliche Rückgang an Schulabgängern zu berücksichtigen. Die für eine Fortsetzung des Modellversuchs zu treffende Prognose falle zu Lasten der Klägerin aus.

Im Jahre 2002 habe das öffentliche Interesse an der Ergänzungsschule für das Ministerium und die beteiligten Fachministerien darin bestanden, unversorgten Ausbildungswilligen ein qualifiziertes Ausbildungsangebot machen zu können. Im Rahmen dieser Qualifizierung sei es wesentlich gewesen, dass die Schüler eine externe Prüfung vor den Industrie- und Handelskammern hätten ablegen können. Die Zusage der Kammern sei aber zeitlich befristet gewesen.

Die …. GmbH ist in der mündlichen Verhandlung in die von der … erhobene Klage im Wege des Klägerwechsels eingetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Ordner) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Klägerin des Verfahrens ist nach Klageänderung die … GmbH. Die Änderung auf Klägerseite ist gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da das Gericht sie für sachdienlich hält. Auch haben die Beteiligten eingewilligt.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 8. August 2007 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung ist § 126 Abs. 3 BbgSchulG in der Fassung vom 8. Januar 2007. Nach § 126 Abs. 1 BbgSchulG kann das für Schule zuständige Ministerium auf Antrag des Schulträgers einer Ergänzungsschule die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ergänzungsschule verleihen, wenn an der von ihr vermittelten Ausbildung ein öffentliches Interesse besteht, wenn der Unterricht nach einem von dem für Schule zuständigen Ministerium im Benehmen mit den fachlich zuständigen Ministerien genehmigten Rahmenlehrplan erteilt wird und die Abschlussprüfung nach einer von dem für Schule zuständigen Ministerium genehmigten Prüfungsordnung stattfindet. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn nach Umfang und Anforderungen die Ausbildung mit einer öffentlich getragenen schulischen Ausbildung vergleichbar ist, wenn die Qualifikation der Lehrkräfte den Anforderungen des § 121 Abs. 2 Nr. 2 BbgSchulG entspricht und die Möglichkeit der Anwesenheit einer oder eines Beauftragten des für Schule zuständigen Ministeriums bei der Abschlussprüfung sichergestellt ist. Die Eigenschaft als staatlich anerkannte Ergänzungsschule ist nach § 126 Abs. 3 BbgSchulG von dem für Schule zuständigen Ministerium zu widerrufen, wenn diese genannten Voraussetzungen nicht erfüllt werden. Seinem Inhalt nach unterscheidet sich die Norm nicht von § 126 BbgSchulG in der Fassung, die zum Zeitpunkt der Erteilung der staatlichen Anerkennung im Jahre 2002 (Gesetz vom 12. April 1996, zuletzt geändert am 18. Dezember 2001) wirksam war. Soweit zwischen den beiden Fassungen Abweichungen im Wortlaut bestehen, sind sie für diese Entscheidung, die sich allein auf das öffentliche Interesse an der vermittelten Ausbildung bezieht, ohne Relevanz.

Der Beklagte hat für alle drei Ergänzungsschulen die staatliche Anerkennung widerrufen, weil ein öffentliches Interesse an der von der Klägerin vermittelten Ausbildung nicht mehr bestehe. Das „öffentliche Interesse" stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar. Als solcher unterliegt seine Auslegung durch den Beklagten grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfung (vgl. VG Berlin, Urteil vom 21. Juni 2004 - 3 A 749.03 -, zit. nach juris; und OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Februar 2007 - 3 N 1.07 -, zit. nach juris). Ein Ermessen bei der Feststellung des öffentlichen Interesses ist schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht eingeräumt. Die engen Voraussetzungen, unter denen für die Behörde ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum eröffnet ist, liegen hier – wie bei der Feststellung des „besonderen pädagogischen Interesses“ im Sinne von Artikel 7 Abs. 5 GG – gleichfalls nicht vor (vgl. dazu im einzelnen Beschluss des BVerfG vom 16. Dezember 1992 – 1 BvR 167/87 –, zit. nach juris).

Wie bei dem besonderen pädagogischen Interesse spricht allerdings vieles dafür, dass die Feststellung des öffentlichen Interesses – genauso wie seine Verneinung – keine uneingeschränkt rechtsgebundene, auf einer rein fachlichen Beurteilung beruhende Entscheidung ist. Vielmehr schließt sie Elemente wertender Erkenntnis ein, deren Ergebnisse nicht vollständig auf eine Anwendung der einschlägigen (Verfassungs-) Norm zurückzuführen sind. Die Entscheidung der Behörde nach § 126 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BbgSchulG verlangt eine Gewichtung unterschiedlicher Belange, für die die Norm keine vollständige rechtliche Bindung vorgibt. Den dadurch begründeten Handlungsspielraum muss die Verwaltung Kraft ihrer eigenen verfassungsrechtlichen Legitimation ausfüllen. Sie unterliegt insoweit der parlamentarischen, nicht aber einer gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG, a. a. O. zum „besonderen pädagogischen Interesse“).

Der Widerruf einer staatlichen Anerkennung ist nach § 126 Abs. 3 BbgSchulG nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht (mehr) erfüllt werden. Maßgeblich für die Anerkennung war ein öffentliches Interesse. Nach § 126 Abs. 1 Satz 1 BbgSchulG bezieht sich dieses öffentliche Interesse auf die an der von den Schulen vermittelten Ausbildung. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erfordert also einen Vergleich zwischen dem öffentlichen Interesse, das nach den Feststellungen des Beklagten für die Anerkennung maßgeblich war, und dem öffentlichen Interesse zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung. Der Widerruf erweist sich dann als rechtmäßig, wenn zum Zeitpunkt des Widerrufs das öffentliche Interesse, das zur Anerkennung angenommen wurde, nicht mehr besteht und auch kein sonstiges öffentliches Interesse an der vermittelten Ausbildung vorhanden ist.

Nach den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestand das maßgebliche öffentliche Interesse für die Anerkennung der Ergänzungsschulen in Cottbus, Finsterwalde und Potsdam darin, unversorgten Ausbildungswilligen ein qualifiziertes Ausbildungsangebot machen zu können. Für die Qualifizierung war es wesentlich, dass die Schüler eine externe Prüfung vor den Industrie- und Handelskammern ablegen konnten. Maßgeblich war also, dass der Beklagte im Jahre 2002 zum einen von einem erheblichen Bedarf an Ausbildungsplätzen im IT-Bereich ausging, und dass dieser zum anderen - damit verbunden - durch vollzeitschulische Ausbildungen abgedeckt werden sollte, die mit einem qualifizierten Abschluss durch eine Prüfung der Industrie- und Handelskammern abgeschlossen werden sollten.

Das Gericht vermag der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht darin zu folgen, dass ein öffentliches Interesse an den anerkannten Ausbildungsgängen bereits deswegen entfallen sei, weil die Industrie- und Handelskammern in Cottbus und Potsdam den mit der … GmbH vereinbarten fünfjährigen Modellversuch zur Durchführung einer „Externenprüfung“ im Sinne von § 40 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz (BBiG) alter Fassung, jetzt § 43 Abs. 2 BBiG, nicht mehr fortführen. Diese Vereinbarung mag es zwar Schülerinnen und Schülern der Ersatzschulen der … GmbH bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin erleichtert haben, die Zulassung zur Prüfung durch die zuständigen Stellen zu erlangen, unabhängig davon wäre aber jede Schülerin und jeder Schüler der Ersatzschulen zur Abschlussprüfung gemäß § 43 Abs. 2 BBiG zuzulassen, wenn der absolvierte Bildungsgang der Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf entspricht (vgl. Hergenröder in Benecke/Hergenröder, Berufsbildungsgesetz § 43 Rdnr. 21). Schülerinnen und Schüler der Ersatzschulen haben also auch nach Beendigung des "Modellversuchs“ die Möglichkeit, im Anschluss an ihre vollzeitschulische Ausbildung einen qualifizierten Abschluss durch die Prüfung vor den Industrie- und Handelskammern zu erlangen.

Der Beklagte hat aber zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass der besondere Bedarf an Ausbildungsplätzen im IT-Bereich, der noch im Jahre 2002 angenommen wurde, zum Zeitpunkt des Widerrufs der Anerkennungen nicht mehr vorhanden war. Die Ursache dafür ist im Wesentlichen in dem erheblichen Rückgang der Schülerzahlen im maßgeblichen Zeitraum zu sehen. Nach der von der Beklagten überreichten Modellrechnung Stand Februar 2007 sollte sich die Gesamtschülerzahl an Brandenburger Schulen von 370.198 im Schuljahr 2002/2003 auf 300.040 im Schuljahr 2007/2008 und weiter auf 275.630 zum Schuljahr 2009/2010, dem vorgesehenen Auslaufen der anerkannten Ergänzungsschulen, reduzieren. Dem entsprechen die Zahlen für berufliche Schulen, die sich bezogen auf die zuvor dargestellten Schuljahre von 80.806 auf 75.490 und schließlich auf 59.410 verringern sollten. Noch deutlicher ist die in dem angefochtenen Bescheid wiedergegebene Zahl von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I, die im Schuljahr 2001/02 noch 146.432 betrug und sich im Schuljahr 2006/07 auf nur noch 79.160 nahezu halbierte.

Der Beklagte hat zur Begründung des Wegfalls eines öffentlichen Interesses auf die Stellungnahmen der Industrie- und Handelskammern in Cottbus und Potsdam sowie der Ministerien für Wirtschaft und für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie verwiesen. Dies ist nicht zu beanstanden. Insbesondere die Industrie- und Handelskammern gingen davon aus, dass der noch bestehende Ausbildungsbedarf in den IT-Berufen im dualen System abgedeckt werden könne. Dies nicht zuletzt deswegen, weil ab 1. August 2007 ein neuer Ausbildungsberuf im dualen System im Bereich „Mathematisch-Technischer Softwareentwickler/-in“ eingeführt werde, der zwar mit der an den Ergänzungsschulen der Klägerin angebotenen Ausbildung nicht vollständig identisch sei, jedoch erhebliche Überschneidungen im Ausbildungsinhalt aufweise.

Die Klägerin hat zwar eine Reihe von Unterlagen vorgelegt, die bezogen auf das Jahr 2007 einen Bedarf an Ausbildungsplätzen für IT-Berufe belegen sollen, diese vermögen die Annahme des Beklagten aber nicht zu erschüttern. Soweit darin allgemeine Äußerungen von Unternehmen und Verbänden zum Arbeitskräftemangel in der IT-Branche wiedergegeben werden, enthalten diese keine Differenzierung danach, welche Anforderungen an die Qualifikation der betreffenden Personen gestellt werden. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass ein erheblicher Teil der offenen Arbeitsplätze auf höher qualifizierte Bewerber zugeschnitten ist, nämlich solche mit Fachhochschul- oder Hochschulabschlüssen. Der von der Klägerin angestellte Vergleich zwischen der von ihr ermittelten Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die bezogen auf das Jahr 2006 im Bereich Berlin-Brandenburg einen Ausbildungsplatz gesucht haben, und den angebotenen Ausbildungsstellen ist gleichfalls nicht geeignet, einen Bedarf an Ausbildungsplätzen in IT-Berufen zu belegen, da es insoweit an der erforderlichen Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Qualifizierungen fehlt. Außerdem erscheint es als fraglich, ob offene Angebote in Lehrstellenbörsen das tatsächliche Angebot widerspiegeln. Die aufgezeigten Zahlen aus dem Jahre 2006 berücksichtigen zudem nicht, dass die Entscheidung des Beklagten auch eine prognostische Einschätzung bezogen auf die Entwicklung der Schülerzahlen in den nachfolgenden Jahren enthält. Auf die Entwicklung der Schülerzahlen nach 2007 geht die Klägerin nicht ein.

Vor allem aber spricht die tatsächliche Entwicklung an den von der Klägerin bzw. ihren Vorgängern getragenen Ersatzschulen für den Wegfall des öffentlichen Interesses an den angebotenen Ausbildungsgängen. Wie bereits dargestellt war für die Annahme des öffentlichen Interesses maßgeblich, dass unversorgten Ausbildungswilligen ein qualifizierter Abschluss durch Externenprüfungen vor den Industrie- und Handelskammern angeboten wurde. Bis zum Jahr 2007 haben diese Möglichkeit aber nur 9 Schülerinnen und Schüler in … und 27 Schülerinnen und Schüler in …. genutzt. Da sich aber nur eine so geringe Zahl dieser Prüfung unterzogen hat, kann angenommen werden, dass das Interesse des Arbeitsmarktes an in dieser Weise geprüften, aber vollzeitschulisch Ausgebildeten nur gering ist. Auch die von der Klägerin bezogen auf das Jahr 2008 wiedergegebenen Schülerzahlen ihrer Ergänzungsschulen können als Indiz für dieses geringe Interesse herangezogen werden. Den Ursachen für dieses fehlende Interesse braucht nicht weiter nachgegangen zu werden, weil allein der Umstand der wenigen Prüflinge die Annahme des Beklagten rechtfertigt, ein im Jahre 2002 angenommener Bedarf an in dieser Weise qualifiziert ausgebildeten und geprüften Schülerinnen und Schüler bestehe nicht mehr. Dahingehend haben sich auch die beteiligten öffentlichen Stellen im Verfahren geäußert.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein anderes öffentliches Interesse die Aufrechterhaltung der staatlichen Anerkennung gebieten würde. Ein solches lässt sich nicht aus dem privaten Interesse der Klägerin am Fortbestand der staatlichen Anerkennungen herleiten. Ein öffentliches Interesse kann auch nicht originär durch das Gericht festgestellt werden. Seine Feststellung obliegt vielmehr ausschließlich dem Beklagten als zuständiger Behörde innerhalb des ihm zustehenden Handlungsspielraums. Ein anderes öffentliches Interesse hat der Beklagte unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der öffentlichen Stellen aber nicht festgestellt.

Wegen des Wegfalls des öffentlichen Interesses ist die staatliche Anerkennung für alle drei Ergänzungsschulen gemäß § 126 Abs. 3 BbgSchulG zu widerrufen.

Schließlich stellt ein – rechtmäßiger – Widerruf keinen unzulässigen Eingriff in eine durch Art. 12 oder Art. 14 GG geschützte Rechtsstellung der Klägerin dar. Beide Grundrechte gewähren kein Recht auf Erhalt eines bestimmten Geschäftsumfanges. Die Klägerin wird durch den Widerruf nicht daran gehindert, den Betrieb ihrer Schule und damit ihre Berufstätigkeit in Form einer Ergänzungsschule oder gegebenenfalls in Form einer – noch zu genehmigenden – Ersatzschule, fortzuführen. Genommen wird ihr lediglich der Status staatlicher Anerkennung, was die Existenz der Privatschule als solche jedoch nicht berührt. Gleiches gilt für die durch Artikel 7 Abs. 4 GG gewährte Privatschulfreiheit (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Februar 2007 – 3 N 1.07 –, zit. nach juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2007 – 6 BN 3/06 –, NVwZ 2007, 958).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 45.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes. Das Gericht hat sich an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit angelehnt (vgl. NVwZ 2004, 1327) und den dort vorgesehen Streitwert für die Genehmigung einer Ersatzschule halbiert, jedoch wegen der betroffenen drei Ersatzschulen verdreifacht.