Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 05.12.2013 | |
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Aktenzeichen | L 11 VE 57/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 29 BVG, § 30 Abs 2 BVG, § 30 Abs 3 BVG, § 30 Abs 4 BVG, § 30 Abs 5 BVG, § 32 BVG, § 60 BVG, § 21 Abs 1 S 1 StrRehaG, §§ 2ff BSchAV Fassung bis 30.06.2011 |
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. März 2009 und der Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2006 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Versorgungsrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit/ einem Grad der Schädigungsfolgen von 60 (v. H.) unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit gemäß § 30 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes ab dem 1. Juni 2000 sowie jeweils in gesetzlicher Höhe einen Berufsschadensausgleich entsprechend einem Vergleichseinkommen des Durchschnittsgehalts der Besoldungsgruppe A 14 ab dem 1. Juni 2000 und entsprechend einem Vergleichseinkommen des Durchschnittsgehalts der Besoldungsgruppe A 15 ab dem 1. Mai 2001 und eine Ausgleichsrente ab dem 1. Juni 2000 zu gewähren.
Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt Leistungen nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1954 geborene Kläger besuchte in der ehemaligen DDR die Polytechnische Oberschule und beendete diese am 2. Juli 1971. Am 1. September 1971 nahm er bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) Schiffsanlagenbau B die Berufsausbildung zum Maschinen- und Anlagenmonteur (Spezialisierung Maschinenbau) auf und legte hier am 14. Juli 1973 die Facharbeiterprüfung ab. Den gelernten Beruf übte er bei dem VEB Schiffsanlagenbau B aus. Zwischen dem 1. November 1973 und dem 30. April 1975 leistete er seinen Grundwehrdienst. Nachdem im Anschluss daran eine Bewerbung um eine Stelle bei dem VEB Deutsche Seereederei R abgelehnt worden war, nahm er am 9. Juni 1975 bei dem Wohnungsbaukombinat B eine Tätigkeit als Zellenverbinder auf. Nach Beendigung dieser Tätigkeit am 17. November 1975 übte er bis Juni 1976 Tätigkeiten als Hilfspfleger und Heizer in verschiedenen Einrichtungen der Kirche in Berlin und Umgebung aus. Nach einer beschäftigungslosen Zeit von Juli bis Oktober 1976 nahm er zum 22. November 1976 eine befristete Tätigkeit als Packer bei der B Buchhandels-Gesellschaft auf.
Der Kläger wurde am 18. Dezember 1976 inhaftiert und durch Urteil des 1. Strafsenates des Bezirksgerichts S vom 8. März 1977 (Az.: ) wegen staatsfeindlicher Verbindungsaufnahme, versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts im schweren Fall und Vergehens gegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Am 8. Juni 1978 wurde er aus der Haft in die Bundesrepublik Deutschland entlassen. Die 1. Rehabilitierungskammer des Landgerichts S erklärte mit Beschluss vom 15. Juni 1994 (Az.: ) das genannte Urteil vom 8. März 1977 für rechtsstaatswidrig und hob es auf. Als Dauer des zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzuges wurde der Zeitraum vom 18. Dezember 1976 bis zum 8. Juni 1978 festgestellt.
Nach seiner Auslieferung in die Bundesrepublik Deutschland beantragte der Kläger bei dem Beklagten eine Beschädigtenversorgung nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG). Unter dem 19. September 1978 wurde ihm eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG erteilt. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 2. Juli 1979 lehnte der Beklagte den Antrag nach dem HHG ab, weil der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei, namentlich nicht erklärt habe, wegen welcher Gesundheitsstörungen der Antrag gestellt worden sei. Vom 8. Juni 1978 bis zum 23. Februar 1979 war der Kläger wegen eines psychosomatischen Syndroms arbeitsunfähig.
Der Kläger erwarb zwischen September 1979 und Dezember 1982 die allgemeine Hochschulreife an der Volkshochschule B (Durchschnittsnote 2,8). Zum Oktober 1984 nahm er an der Technischen Universität B ein Studium auf, das er am 8. Oktober 1992 mit einem Abschluss als Diplom-Ingenieur im Studiengang Verkehrswesen in der Studienrichtung Luft- und Raumfahrttechnik mit der Gesamtnote „gut“ abschloss. Vom 24. bis 28. Februar 1997 erwarb er an der TÜV-Akademie B GmbH ein Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme und bestandene Prüfung des Lehrganges für Sachkundige von Flurförderzeugen, Kranen, Hebebühnen, Baumaschinen, Lastaufnahmeeinrichtungen und Winden. Vom 23. Februar 1998 bis zum 28. Februar 1999 war der Kläger bei der C GmbH als Personaldisponent mit dem Schwerpunkt luftfahrttechnisches Personal tätig. Ab dem 10. Mai 1999 bezog er für sechs Monate Arbeitslosengeld (Alg). Im Anschluss daran war der Kläger als freiberuflicher Honorardozent selbständig tätig. Diesbezüglich nimmt er über Dozentenbörsen im Internet Aufträge an. Insbesondere hält er Vorträge bei T im Rahmen einer Fachpersonalausbildung für Mechaniker bei der L. Vom 30. September bis 1. Oktober 2002 absolvierte der Kläger ein zweitägiges „Instructor Training“ bei der L GmbH. Mit Bescheinigung vom 8. Juli 2007 wurde er von T zum „Examiner“ ernannt. Von T wurde er für den Zeitraum vom 2. Mai 2008 bis 2. Mai 2010 zum Einsatz als „Freelance Instructor“ im Trainingsbereich „Technical Training“ freigegeben. Er erzielte ausweislich der aktenkundigen Einkommensteuerbescheide Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in folgender Höhe:
- 1999: 20.960,- DM (daneben Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von brutto 10.348,- DM),
- 2000: 12.800,- DM,
- 2001: 13.760,- DM,
- 2002: 4.228,- Euro,
- 2003: 800,- Euro,
- 2004: 3.360,- Euro,
- 2005: 6.911,- Euro,
- 2006: 11.320,- Euro,
- 2007: 10.893,- Euro,
- 2008: 12.939,- Euro,
- 2009: 14.218,- Euro,
- 2010: 10.974,- Euro,
- 2011: 3.190,- Euro,
- 2012: 4496,- Euro.
In Zeiten, in denen der Kläger keine Honorartätigkeit ausübte, meldete er sich arbeitslos und bezog dann Arbeitslosenhilfe (Alhi). Seit dem 1. Januar 2005 beziehen der Kläger, seine Frau und teilweise deren gemeinsamer Sohn verschiedentlich Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Für Januar 2013 bezog der Kläger Leistungen unter Anrechnung eines Gewinns von 863,- Euro (endgültige Leistungsfestsetzung mit Bescheid vom 15. Juli 2013). Mit Bescheid vom 29. Januar 2013 wurden dem Kläger vorläufige Leistungen für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli 2013 unter Berücksichtigung eines monatlichen Gewinns in Höhe von 1.060,- Euro bewilligt. Aktuell bezieht der Kläger Leistungen nach dem SGB II aufgrund Bescheides vom 15. Juli 2013 (Bewilligungszeitraum 1. August 2013 bis 31. Januar 2014). Diese Bewilligung erfolgt vorläufig unter Berücksichtigung eines monatlichen Gewinns des Klägers in Höhe von 1.026,67 Euro.
Mit Bescheid des Amts für Rehabilitierung und Wiedergutmachung beim Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Mai 2000 (Gz.: ) wurde festgestellt, dass der Kläger Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 1 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes sei; die Verfolgungszeit habe vom 18. Dezember 1976 bis zum 8. Juni 1978 gedauert. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid, der Kläger habe infolge der Inhaftierung weder seinen erlernten Beruf als Maschinen- und Anlagenmonteur (Spezialisierung Maschinenbau) noch einen sozial gleichwertigen Beruf ausüben können. Es werde davon ausgegangen, dass das Arbeitsrechtsverhältnis als Packer bei der B Buchhandels-Gesellschaft bis unmittelbar vor der Inhaftierung noch bestanden habe; es habe sich aber nur um einen befristeten Vertrag gehandelt, so dass davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger eine für ihn geeignetere Tätigkeit insbesondere in seinem erlernten Beruf angestrebt und ohne die Inhaftierung auch hätte ausüben können.
Am 30. Juni 2000 beantragte der Kläger formlos die Anerkennung eines gesundheitlichen Haftschadens bei dem Beklagten. Der Beklagte holte einen ärztlichen Befundbericht bei dem Arzt Dr. F vom 19. Januar 2001 ein. Die Justizvollzugsanstalt B übermittelte mit Schreiben vom 2. Februar 2001 dem Beklagten auf dessen Anforderung die Kopie einer offenbar von der Untersuchungshaftanstalt (UHA) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) S ausgestellten Haftkarte, der sich neben der Inhaftierung am 18. Dezember 1976 auch die Verlegung in die UHA S am 15. März 1977 entnehmen ließ. Die Justizvollzugsanstalten Ch und Co erklärten mit Schreiben vom 11. und 15. Januar 2001 auf Anforderung des Beklagten, dass Unterlagen über die Inhaftierung des Klägers nicht vorlägen. Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (nachfolgend: Bundesbeauftragte) erklärte mit Schreiben vom 5. September 2001, dass sich aus den vorhandenen Unterlagen keine Hinweise auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit des Klägers bei der Staatssicherheit ergäben. Die Bundesbeauftragte übermittelte weiter Kopien von Gesundheitsunterlagen aus der Haftzeit, die sich in der Vollzugsakte () befunden hätten.
Der Beklagte holte bei dem Facharzt für Neurologie/Psychiatrie Dr. D ein nervenfachärztliches Gutachten vom 26./27. März 2002 ein, das dieser nach Untersuchung des Klägers erstellte. Dr. D gelangte zu der Einschätzung, bei dem Kläger sei schädigungsbedingt der Grad einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v. H. festzustellen. Dabei sei zunächst eine posttraumatische Belastungsstörung mit ausgeprägten situativen Ängsten mit dem Grad einer MdE von 40 v. H. zu bewerten. Als weitere Schädigungsfolge sei mit dem Grad einer MdE von 30 v. H. ein depressives Syndrom zu berücksichtigen. Insoweit spiele kausal besonders ein in der Haft erlittenes Vergewaltigungstrauma durch kriminelle Mithäftlinge eine Rolle, das über ein verletztes Selbstwertgefühl, das Gefühl von hilflosem Ausgeliefertsein, dem Ekel- und Schamgefühl zu einer depressiven Symptomatik unter Einschluss einer Potenzstörung geführt habe. Dr. D empfahl die Einleitung einer fachärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung. Nervenärztlich sei auch die Durchführung eines ortsgebundenen Heilverfahrens zu befürworten. Eine nervenärztliche Nachuntersuchung in drei Jahren werde empfohlen.
Mit „Teil-Bescheid“ vom 24. Mai 2002 erkannte der Beklagte als Schädigungsfolgen ein posttraumatisches Belastungssyndrom mit ausgeprägten situativen Ängsten sowie ein depressives Syndrom mit dem Grad einer MdE von 50 v. H. an und gewährte dem Kläger hieraus eine Versorgungsrente rückwirkend ab dem 1. Juni 2000. Der Beklagte erklärte in dem Bescheid, ob eine Höherbewertung des Grades der MdE nach Maßgabe des § 30 Abs. 2 BVG wegen besonderer beruflicher Betroffenheit erfolgen könne, werde ebenso geprüft wie unter anderem der Anspruch auf eine Ausgleichsrente nach § 32 BVG und auf einen Berufsschadensausgleich (BSA) nach § 30 Abs. 3 BVG. Insoweit erklärte der Beklagte weiter, dass unter anderem über die Ausgleichsrente sowie den BSA erst nach Rücklauf beigefügter Vordrucke entschieden werden könne. Hinsichtlich unter anderem der Ansprüche nach § 30 Abs. 2 und 3 sowie § 32 BVG könne eine Entscheidung gemäß § 29 BVG erst nach Abschluss der dem Kläger empfohlenen Kur und Psychotherapie erfolgen.
Seinen Antrag auf Gewährung eines BSA begründete der Kläger mit Schreiben an den Beklagten vom 3. Juli 2002 damit, dass er durch die Schädigung an einem Aufstieg in dem nach der Schädigung ausgeübten Beruf als Diplom-Ingenieur (TU) der Luft- und Raumfahrttechnik zur mehrsprachigen Führungskraft mit Managementkompetenz in einem international agierenden Konzern verhindert gewesen sei, weil durch die Belastungsstörungen und die situativen Ängste die von ihm geforderten Leistungen nicht hätten erbracht werden können. Wegen der Schädigungsfolgen habe er am 28. Februar 1998 (Schreibfehler: gemeint 1999) vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden müssen, weil infolge seines Gesundheitszustandes eine Tätigkeit als Personalberater für luft- und raumfahrttechnische Berufe nicht mehr in vollem Umfang möglich gewesen sei. Im Februar 1998 sei auch eine Minderung seines Einkommens eingetreten, weil ihm zu diesem Zeitpunkt gekündigt worden sei, da er die ihm anvertrauten Aufgaben nicht mehr in vollem Umfang haben lösen können.
Am 15. Juli 2002 übermittelte der Kläger dem Beklagten eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ab dem 1. Juni 2000. Er erklärte, Alg erhalten zu haben. Der Kläger fügte mehrere Einkommensteuerbescheide bei. Aus dem Steuerbescheid des Finanzamts K vom 19. August 1999 für 1998 ergibt sich ein Bruttoarbeitslohn von 56.794,- DM. Der Kläger fügte weiter einen Bewilligungsbescheid des Arbeitsamts vom 3. Mai 2002 über die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 16. März 2002 bis zum 5. Januar 2003 in Höhe von wöchentlich 245,56 Euro bei. Auf eine schriftliche Anfrage des Beklagten führte der Kläger unter dem 5. August 2002 ergänzend aus, seit dem Jahr 2000 unregelmäßig als Honorardozent zu einem Stundenhonorar von 40,- DM/20,50 Euro tätig zu sein. Während seiner Honorartätigkeit melde er sich beim Arbeitsamt ab und erhalte insoweit keine Alhi. Seit dem 1. Juni 2000 beziehe er Alhi in Höhe von 245,56 Euro in der Woche.
Am 13. Dezember 2002 übermittelte die Bundesanstalt für Arbeit – – dem Beklagten anforderungsgemäß eine Aufstellung über Zeiträume und Höhe des Bezuges von Alhi durch den Kläger zwischen dem 20. Mai 2000 und dem 30. November 2002. Der Kläger übermittelte unter anderem Steuerbescheide des Finanzamts S. Am 3. Juli 2003 übermittelte die Bundesanstalt für Arbeit – – eine Aufstellung von Zeiträumen und Höhe der dem Kläger gezahlten Alhi zwischen dem 1. Dezember 2002 und dem 30. Juni 2003.
Mit Schreiben vom 9. April 2004 erklärte der Kläger, außer Honorareinkünften in Höhe von 800,- Euro keine weiteren Einkünfte im Jahr 2003 erzielt zu haben. Mit Schreiben vom 26. April 2004 erklärte der Kläger über seinen Bevollmächtigten, dass die im Bescheid vom 24. Mai 2002 angesprochene Rehabilitationsmaßnahme bereits vom 16. September bis 14. Oktober 2003 stattgefunden habe, ohne dass eine wesentliche Besserung habe erreicht werden können. Dem Schreiben beigefügt war ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin und des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin Dr. K vom 10. Februar 2004.
Der Beklagte holte bei dem Facharzt für Neurologie/Psychiatrie Dr. D eine nervenfachärztliche Stellungnahme vom 18. Juni 2004 ein, der unter Bezugnahme auf das Attest von Dr. K vom 10. Februar 2004 und einen „Kurabschlussbericht“ vom 20. November 2003 empfahl, die von ihm in seinem Gutachten vom 26./27. März 2002 empfohlene Nachuntersuchung vorzuziehen und zuvor einen Befundbericht bei Dr. K anzufordern. Nach Eingang eines ärztlichen Befundberichts von Dr. K vom 9. Juli 2004, einer Erklärung des Klägers vom 9. Juli 2004, nach der er sich nach Abschluss seines Studiums 1992 hauptsächlich um die Erziehung seines 1987 geborenen Sohnes gekümmert habe, nebenbei freiberuflich tätig gewesen sei auf den Gebieten Arbeitssicherheit, berufsgenossenschaftliche Grundsätze, Unfallverhütung und neben der Arbeitslosigkeit verschiedene Nebentätigkeiten in unterschiedlichen Unternehmen im Gebiet Berlin/Brandenburg je nach Angebot ausübe (beratende Tätigkeiten und Referate auf dem Gebiet Arbeitssicherheit in Flurförder-, Hebe- und Transportbereichen, Werkstofftechnik), einer eingehenden Stellungnahme der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 7. Juli 2005 sowie eines ärztlichen Attests von Dr. K vom 17. Juni 2005 holte der Beklagte ein psychiatrisches Gutachten bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S vom 18. Oktober 2005 ein, das aufgrund ambulanter Untersuchung vom 5. September 2005 erstellt worden war. Dr. S bestätigte die bereits festgestellten Schädigungsfolgen und den Grad der MdE, da es im Vergleich zur Vorbegutachtung durch Dr. D zu keiner wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes gekommen sei. Es sei deutlich geworden, dass der Kläger aufgrund der Schädigungsfolgen nicht in der Lage sei, in Bewerbungsgesprächen adäquat zu reagieren. Es sei weiter erwähnenswert, dass die Beendigung der Tätigkeit im Jahr 1998 erfolgt sei, nachdem das Unternehmen, für das der Kläger tätig gewesen sei, sein Geschäftsfeld ins Umland erweitert habe und der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, auf den Gebieten der ehemaligen DDR zu arbeiten. Der Kläger habe weiter beschrieben, aktuell eine freie Dozententätigkeit durchzuführen, die es ihm ermögliche, unter weitgehender Vermeidung von Kontakten und ohne die Notwendigkeit von Bewerbungsgesprächen Vorträge zu halten. Im Gesundheitszustand des Klägers sei ein Dauerzustand eingetreten. Es könne zumindest davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Kurmaßnahme, das heißt ab September 2003, medizinische Rehabilitationsmaßnahmen nicht mehr erfolgversprechend gewesen seien. Über die Honorardozententätigkeit hinaus könnten keine weiteren Fähigkeiten zur Ausübung etwaiger anderer Erwerbstätigkeiten erreicht werden. Aus psychiatrischer Sicht könne der Kläger seinen angestrebten Beruf als Diplomingenieur nicht mehr adäquat ausüben. Es werde eingeschätzt, dass eine besondere berufliche Betroffenheit vorliege.
Unter Vorlage eines internen Vermerks vom 9. November 2005 holte der Beklagte eine ergänzende psychiatrisch-neurologische Stellungnahme bei Dr. S vom 12. Dezember 2005 ein. Dieser verneinte nunmehr das Vorliegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit, weil sich die Funktionsbeeinträchtigungen auch in anderen Berufen als dem des Diplomingenieurs gleichermaßen auswirken dürften.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2006 lehnte der Beklagte eine Höherbewertung nach § 30 Abs. 2 BVG und die Gewährung eines BSA sowie einer Ausgleichsrente ab. Eine besondere berufliche Betroffenheit liege nicht vor, weil der Kläger durch die anerkannten Schädigungsfolgen in jedem Beruf gleichermaßen betroffen sei und es seit der Wende in jedem Beruf Kontakte zu ehemaligen DDR-Bürgern gebe. Ein BSA sei abzulehnen, weil ein schädigungsbedingter Einkommensverlust nicht vorliege. Denn der Kläger habe gegenüber dem vor der Haft erlernten und ausgeübten Beruf in den letzten Jahren eine höherwertige Stellung erworben. Die nach Abschluss des Studiums aufgenommene freiberufliche Tätigkeit habe private Gründe gehabt und habe nicht im ursächlichen Zusammenhang mit den Schädigungsfolgen gestanden. Auch eine Ausgleichsrente sei abzulehnen. Denn der Kläger habe sich nach der Haft beruflich weiterentwickelt. Der sich anschließende Berufsweg mit seinen Höhen und Tiefen sei nicht mehr der Haft anzulasten.
Am 10. Februar 2006 erhob der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2006 Widerspruch.
Durch Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2006 (Tag der Einlieferung zur Post war der 7. November 2006) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 19. Januar 2006 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 8. Dezember 2006 Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Nach Haftentlassung und Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland habe er sich zwischen Juni 1978 und Januar 1979 in neurologisch-psychiatrischer Behandlung befunden. Nach einer erneuten Einreise in die DDR, in der er seinen todkranken Vater habe wiedersehen wollen, sei er erneut verhaftet und ausgewiesen worden, ohne seinen Vater sehen zu dürfen. Diese Ereignisse des Frühjahres 1989 und das Miterleben der Ereignisse im Herbst 1989 hätten zu einer deutlichen Verschlechterung seiner psychischen Syndrome geführt, welche auch die Fortsetzung des Studiums zunächst unmöglich gemacht habe. Nach intensiver therapeutischer Behandlung habe er sein Studium fortsetzen, aufgrund seiner haftbedingten Beeinträchtigungen aber nur unter deutlicher Überschreitung der Regelstudienzeit beenden können. Sein Studienfach sei bereits in der DDR sein Wunschstudienfach gewesen, das ihm aber aufgrund seiner familiären Umstände und seines Engagements in der Kirche seitens des Staates verwehrt worden sei. Nur durch ganz erhebliche Kraftanstrengungen und intensive therapeutische Behandlung sei es ihm überhaupt möglich gewesen, sein Studium abzuschließen. Zu einer erneuten Verschlechterung sei es 1992/1993 – bei Studienende und in der Bewerbungsphase – gekommen. Genau in der Bewerbungssituation sei es zu einem erneuten Zusammenbruch gekommen, als er Einblick in seine Stasi-Akten erhalten habe und habe feststellen müssen, in welchem Umfang und mit welcher Intensität er – auch von Personen des näheren Umfeldes – ausgeforscht und bespitzelt worden sei. Eine kurzzeitig ausgeübte Tätigkeit im Angestelltenverhältnis, die er überhaupt nur über persönliche Beziehungen zu einem Studienfreund erhalten habe, habe er schädigungsbedingt aufgeben müssen. 1998 habe er zudem erfahren, dass auch sein Klassen- und Vertrauenslehrer an der Volkshochschule S als Agent für die Stasi gearbeitet und ihn intensiv und regelmäßig ausgeforscht habe. Nach Kenntnisnahme von diesem Umstand sei es zu einem erneuten Zusammenbruch gekommen. In der Folgezeit sei er seiner über die Jahre 1997 und 1998 ausgeübten Tätigkeit als Personaldisponent nicht mehr gewachsen gewesen. Er könne aufgrund seiner phobischen Symptomatik seinen bisherigen Beruf als Diplomingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik nicht mehr ausüben, denn es handele sich dabei um einen sicherheitsrelevanten Bereich, der hohe Anforderungen an die psychische Gesundheit und Stabilität stelle. Dass er in allen Berufen gleichermaßen betroffen sei, sei unzutreffend, weil er durchaus eine Tätigkeit ausüben könne, die in einer geringeren Entscheidungs- und Verantwortungsebene angesiedelt sei. Eine solche Tätigkeit sei ihm indes verwehrt, weil er dafür überqualifiziert sei. Infolgedessen habe er seine selbständige Tätigkeit aufgenommen, dies nicht nur aus materiellen Gründen, sondern auch, um nicht isoliert zu sein. Seine nunmehr durchgeführte selbständige Tätigkeit entspreche nicht seiner Qualifikation und seinem Potential. Als angestellter Luft- und Raumfahrtingenieur könnte er in gesicherten Strukturen und zu wesentlich höheren Einkünften arbeiten. Aufgrund seiner Schädigungen könne er nur 80 Stunden im Monat arbeiten. Ungeachtet seiner Selbständigkeit sei er ergänzend auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen. Er sei nicht einmal in der Lage, Bewerbungsgespräche zu führen. Selbst ein kurzzeitiger Umgang mit anderen Personen in vorstrukturierten Bereichen, wie dies bei abhängiger Beschäftigung stets der Fall sei, habe für ihn eine erhebliche Intensivierung seines Angstleidens zur Folge. Den im Bereich des Flugzeugingenieurswesens üblichen Belastbarkeitstests könne er sich schädigungsbedingt nicht unterziehen. Schädigungsbedingt habe er auch erhebliche finanzielle Einbußen, denn die Tätigkeit als Luft- und Raumfahrtingenieur sei hochbezahlt. Schließlich stehe ihm auch eine Ausgleichsrente zu. Dass er nach der Haft ein Studium habe aufnehmen können, stehe seinem Anspruch nicht entgegen, weil entscheidend nicht der Abschluss an sich, sondern dessen Verwertbarkeit sei.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2008 hat der Beklagte dem Kläger ab dem 1. September 2007 eine besondere Zuwendung für Haftopfer gemäß § 17a StrRehaG in Höhe von monatlich 250,- Euro bewilligt.
Auf Anforderung des Sozialgerichts hat der Kläger einen unter dem 20. März 2009 verfassten Lebenslauf zu den Gerichtsakten gereicht. Zu seiner Zeit in der DDR hat er im Wesentlichen ausgeführt, er habe sich nach vierjähriger Betreuung in einem christlichen Kindergarten und anschließendem Schulbesuch bei der Deutschen Seereederei R um eine Ausbildung zum Schiffsbetriebsschlosser mit Abitur beworben zu haben; sein Berufsziel sei ein Studium als Schiffbauingenieur gewesen. Die Bewerbung zum Abitur sei aus kaderpolitischen Gründen abgelehnt worden, da er nicht zur Arbeiterklasse gehört und der sozialistischen DDR nicht positiv gegenübergestanden habe. Man habe ihm jedoch Gelegenheit geben wollen, sich zu bewähren, indem er die Facharbeiterausbildung ohne Abitur beim VEB Schiffsanlagenbau B antrete und sich dort zu einem sozialistischen Menschen entwickele und sich anschließend zur Nationalen Volksarmee für längere Zeit verpflichte. Da seine Eltern in einer evangelischen Gemeinde aktiv gewesen seien, die Familie aufgrund der Herkunft der Mutter noch enge Kontakte nach Hamburg gehabt habe und sich sein Vater stets geweigert habe, seinen 1950 nach dem Krieg aufgebauten Meisterbetrieb mit mehreren Gesellen und Lehrlingen in eine sozialistische „Produktionsgenossenschaft des Handwerks“ zu überführen, sei seine Familie insgesamt stigmatisiert gewesen. Nach Beendigung seiner Lehre sei er von einem Vertreter der SED gefragt worden, ob er bereit sei, sich bei der Nationalen Volksarmee als Unteroffizier zu mindestens drei Jahren bei den Grenztruppen (inklusive Schießbefehl) zu verpflichten, was er aus Gewissensgründen und wegen seiner christlichen Einstellung abgelehnt habe. Eine erneute Bewerbung als Matrose bei der Deutschen Seereederei R im Anschluss an die Grundwehrdienstzeit sei abermals aus kaderpolitischen Gründen abgelehnt worden. Er sei dann als Schlosser im Wohnungsbaukombinat B tätig gewesen und habe Zuflucht bei der Kirche in B gesucht, für die er als Heizer im Christlichen Hospiz tätig gewesen sei. Da deutlich gewesen sei, dass er in der DDR seine beruflichen Ziele nicht habe erreichen können, habe er begonnen, seine Flucht in die Bundesrepublik zu planen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 31. März 2009 hat der Kläger unter anderem Folgendes erklärt: Er habe das Abitur an der Abendschule absolviert. Es sei ihm gesundheitlich entgegengekommen, tagsüber Therapien und erst am Abend den Unterricht zu absolvieren. Ursprünglich habe er den Schwerpunkt seines Studiums auf den Schiffbau legen wollen, dies aufgrund der Werftenkrise aber verworfen. Nach Abschluss des Studiums habe er sehr viele Bewerbungen geschrieben. In drei Fällen sei es zu Vorstellungsgesprächen gekommen, die aber aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht erfolgreich verlaufen seien; er sei jeweils vollkommen zusammengebrochen. In den Folgejahren sei er auf seine Bewerbungen hin nicht mehr zu Vorstellungsgesprächen geladen worden, weil der zeitliche Abstand zum Studium immer größer geworden sei. Schon in der DDR habe er immer ein technisches Fach studieren wollen, was ihm aber verweigert worden sei. Einen Rentenantrag habe er nicht gestellt, er wolle arbeiten.
Die auf Bewertung der Schädigungsfolgen mit einem höheren Grad einer MdE/ einem höheren Grad der Schädigungsfolgen (GdS) als 50 (v. H.) aufgrund besonderer beruflicher Betroffenheit und auf Gewährung eines BSA sowie einer Ausgleichsrente gerichtete Klage hat das Sozialgericht durch Urteil vom 31. März 2009 abgewiesen. Der Kläger sei nicht aufgrund einer Schädigung an der Ausübung der Tätigkeit eines Luft- und Raumfahrtingenieurs oder an einem weiteren Aufstieg zu dieser Tätigkeit gehindert. Er habe trotz der Haft sein Abitur nachholen können. Soweit er durch die Ereignisse des Jahres 1989 eine gesundheitliche Verschlechterung erlitten haben wolle, stellten diese Ereignisse keinen zu entschädigenden Tatbestand dar. Spätestens nach Verschlechterung seines Gesundheitszustandes habe er nicht mehr die für die Berufsausübung notwendige psychische Belastbarkeit gehabt. Dass der Kläger ausgerechnet einen Beruf gewählt habe, der allerhöchste Ansprüche an Psyche und Physis stelle, stelle sich bei rückblickender Betrachtung als falsche Berufswahl dar. Das Fehlen der hohen physischen Belastbarkeit sei nicht haftbedingt. Im Übrigen sei dem Beklagten zuzustimmen, dass sich die Beeinträchtigungen des Klägers in allen abhängigen Beschäftigungsverhältnissen auswirken würden. Dem Anspruch auf Gewährung eines BSA stehe entgegen, dass die Schädigungsfolgen nicht wesentlich zu einer Einkommensminderung beigetragen hätten. Vor 1989 sei der Kläger aber durchaus fähig gewesen, Einkommen in verschiedenen Tätigkeiten zu erzielen. Dem Anspruch auf Gewährung einer Ausgleichsrente stehe entgegen, dass der Kläger die ihm zumutbare Tätigkeit eines Dozenten, die es ihm ermögliche, Einkommen in nicht nur geringfügiger Höhe zu erzielen, ausüben könne.
Gegen das ihm am 16. Juni 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25. Juni 2009 Berufung eingelegt. Er hat unter anderem ausgeführt, die 1997 aufgenommene Tätigkeit als Personalreferent für luftfahrttechnische Berufe – eine Ingenieurstätigkeit - aufgegeben zu haben, weil er geschäftlich auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zu tun gehabt habe, was ihn immer wieder an seine Haft erinnert habe. Dass er schädigungsbedingt seinen erlernten Beruf als Diplom-Ingenieur nicht mehr ausüben könne, hätten bereits die Versorgungsärzte Dr. D und Dr. S festgestellt. Zumindest bis 1989 habe der Ausübung des Berufs als Luft- und Raumfahrtingenieur nichts entgegen gestanden. Durch die persönlichen und allgemeinen politischen Ereignisse des Jahres 1989 sei es bei ihm zu einer Retraumatisierung gekommen. Soweit das Sozialgericht ausgeführt habe, diese Ereignisse stellten keinen zu entschädigenden Tatbestand dar, habe es unter anderem die bindenden Feststellungen des Beklagten, wonach der Grad der MdE/GdS 50 (v. H.) betrage, außer Acht gelassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. März 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 19. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2006 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 1. Juni 2000 eine Versorgungsrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit/ einem Grad der Schädigungsfolgen von 60 (v. H.) unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit gemäß § 30 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes, einen Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 des Bundesversorgungsgesetzes sowie eine Ausgleichsrente nach § 32 des Bundesversorgungsgesetzes zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf einen rechtlichen Hinweis des Berichterstatters vom 8. Juli 2011 hat der Beklagte einen umfangreichen Vermerk vom 10. Dezember 2011 sowie einen weitern Vermerk vom 13. Juli 2012 zu den Akten gereicht, die er zum Gegenstand seines Sachvortrages gemacht hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, den Verwaltungsvorgang des Beklagten und die Leistungsakten des Jobcenters (BG-Nummer: ) Bezug genommen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist unzutreffend. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 19. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dem Kläger steht ab dem 1. Juni 2000 wegen besonderer beruflicher Betroffenheit im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG eine Beschädigtenversorgung nach einem Grad der MdE/ einem GdS von 60 (v. H.) zu. Auch stehen ihm ein BSA nach § 30 Abs. 3 BVG sowie eine Ausgleichsrente nach § 32 BVG zu.
Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG erhält ein Betroffener, der infolge einer Freiheitsentziehung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG. Der Kläger hat unstreitig eine Freiheitsentziehung vom 18. Dezember 1976 bis zum 8. Juni 1978 im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG erlitten.
Der Kläger hat auch infolge der Freiheitsentziehung eine gesundheitliche Schädigung erlitten. Dabei ist hier zu beachten, dass bei der Beurteilung des Grades der MdE/des GdS die von dem Versorgungsträger als Schädigungsfolgen bestandskräftig anerkannten Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen sind; an diese rechtlich selbständigen Feststellungen (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 15. Dezember 1999 – B 9 VS 2/98 R – juris) ist der Beklagte ebenso gebunden wie der Senat; auf deren Rechtmäßigkeit kommt es insoweit nicht an (vgl. dazu u. a. BSG, Urteile vom 29. August 1990 – 9a/9 RV 32/88 – und vom 15. Dezember 1999 – B 9 V 26/98 R –; jeweils juris). Hier ist mit Bescheid vom 24. Mai 2002 verbindlich festgestellt worden, dass der Kläger infolge einer Freiheitsentziehung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG als Schädigungsfolgen ein posttraumatisches Belastungssyndrom mit ausgeprägten situativen Ängsten sowie ein depressives Syndrom mit dem Grad einer MdE/ dem GdS von 50 (v. H.) erlitten hat.
Dem Kläger steht die Beschädigtenversorgung nach einem höheren Grad einer MdE/ einem höheren GdS nach § 30 Abs. 2 BVG wegen besonderer beruflicher Betroffenheit zu. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Anspruch auf Berücksichtigung des besonderen beruflichen Betroffenseins nicht als selbständiger Anspruch ausgestaltet worden ist, das Gesetz das berufliche Betroffensein also lediglich als einen Umstand behandelt, der wie Bemessungsfaktoren für den Grad der MdE/ des GdS in Betracht kommen soll (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 9 RV 56/78 – juris). Inwieweit der Beklagte diesem Umstand durch die Teilbescheidung mit Bescheid vom 24. Mai 2002 nach § 30 Abs. 1 BVG einerseits und durch Bescheid vom 19. Januar 2006 nach § 30 Abs. 2 BVG andererseits hinreichend Rechnung getragen hat, kann der Senat hier offen lassen. Denn auch wenn § 30 Abs. 1 und 2 BVG rechtlich nicht voneinander zu trennen sind, so steht doch hier tatsächlich durch die medizinischen Ermittlungen des Beklagten nachvollziehbar und zwischen den Beteiligten unstreitig fest, dass der Kläger durch die Inhaftierung die mit Bescheid vom 24. Mai 2002 verfügten Schädigungsfolgen mit dem Grad einer MdE/ dem GdS von 50 (v. H.) nach § 30 Abs. 1 BVG erlitten hat. Die Berücksichtigung weiterer Schädigungsfolgen und die Höherbewertung der anerkannten Schädigungsfolgen gemäß § 30 Abs. 1 BVG stehen zwischen den Beteiligten nicht in Rede. Dieser Umstand rechtfertigt es, vorliegend nähere Ausführungen nur zu § 30 Abs. 2 BVG zu machen (vgl. hierzu im Übrigen auch das Urteil des Senats vom 10. Mai 2012 - L 11 VE 47/09 – juris).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit – seit dem 21. Dezember 2007 der Grad der Schädigungsfolgen - ist nach § 30 Abs. 2 Satz 1 BVG höher zu bewerten, wenn der Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen in seinem vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, in seinem nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen ist, den er nach Eintritt der Schädigung ausgeübt hat oder noch ausübt. Das ist nach § 30 Abs. 2 Satz 2 BVG besonders der Fall, wenn er
a) infolge der Schädigung weder seinen bisher ausgeübten, begonnenen oder den nachweisbar angestrebten noch einen sozial gleichwertigen Beruf ausüben kann,
b) zwar seinen vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf weiter ausübt oder den nachweisbar angestrebten Beruf erreicht hat, in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen aber in einem wesentlich höheren Grad als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert ist, oder
c) infolge der Schädigung nachweisbar am weiteren Aufstieg in seinem Beruf gehindert ist.
Durch das Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Gesetze des sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) ist auch § 30 Abs. 2 Satz 2 BVG mit Wirkung zum 21. Dezember 2007 - ohne dass sich daraus inhaltliche Änderungen ergeben haben - neu gefasst worden und lautet:
Das ist insbesondere der Fall, wenn
1. auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2. zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3. die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, sind die Tatbestände des § 30 Abs. 2 Satz 2 BVG nur beispielhaft aufgeführt und stellen Erläuterungen für den in § 30 Abs. 2 Satz 1 BVG allgemein zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers dar, eine Höherbewertung des Grades der MdE/ des GdS vorzunehmen, wenn der Beschädigte in seinem Beruf besonders betroffen ist. In sämtlichen in Satz 2 genannten Fällen steht dem Beschädigten eine Erhöhung des Grades der MdE und des GdS daher nur zu, wenn die in diesen Tatbeständen beschriebenen beruflichen Nachteile ihn subjektiv „besonders“ treffen, weil sie in sozialer oder wirtschaftlicher Hinsicht das Maß der Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben erheblich übersteigen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1969 - 10 RV 561/66 - juris). Ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil als Ausdruck einer besonderen Berufsbetroffenheit liegt im Regelfall nur dann vor, wenn der (schädigungsbedingte) Minderverdienst etwa 20 Prozent erreicht oder wenn wegen der geringen Höhe des Einkommens dennoch der Minderverdienst von erheblicher Bedeutung für den Betroffenen ist (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 15. Dezember 1977 - 10 RV 19/77 - juris). Insgesamt kommt ein Zuschlag um mehr als 10 (v. H.) nur in Betracht, wenn die berufliche Schädigung „außergewöhnlich groß“ ist. Dabei verbietet sich aber eine rein prozentuale, am Verdienstausfall orientierte Betrachtung, weil ein besonderes berufliches Betroffensein auch dann vorliegen kann, wenn der Beschädigte zwar seinen früheren Beruf trotz der Schädigung weiterhin ausübt und dabei keinen Minderverdienst gegenüber gesunden Angehörigen dieses Berufes hat, seine Arbeit jedoch nur unter außergewöhnlicher Energie und/oder Gefährdung seiner Gesundheit weiterverrichten kann.
Im Rahmen des § 30 Abs. 2 BVG und auch bei der Erhöhung des Grades der MdE/ des GdS um mehr als 10 (v. H.) ist daher eine rein schematische Erhöhung nicht zulässig. Vielmehr ist die Frage, ob die berufliche Schädigung außergewöhnlich groß ist und der Beschädigte besonders hart betroffen wird, unter Würdigung aller Umstände zu beurteilen, wobei der Gesetzgeber durch die Regelung des § 30 Abs. 2 BVG die Voraussetzungen für eine höchst individuelle Behandlung des einzelnen Beschädigten geschaffen hat. Bei dieser Gesamtschau sind die wirtschaftlichen und sonstigen Nachteile des Beschädigten, das Ausmaß der Schädigungsfolgen, der Zwang zum Berufswechsel oder zur Aufgabe jeder Erwerbstätigkeit, der berufliche Werdegang und eine etwaige Verhinderung eines weiteren Aufstiegs im Beruf, der vor der Schädigung ausgeübte und der derzeitige Beruf, die schädigungsbedingte Verdiensteinbuße in ihrem betragsmäßigen und prozentualen Wert, aber auch die Höhe des Grades des (rein medizinischen) Grades der MdE/ des GdS nach § 30 Abs. 1 BVG zu berücksichtigen. Auch sind neben dem Alter und den persönlichen und beruflichen Verhältnissen des Betroffenen insbesondere seine Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 1975 - 10 RV 189/74 - juris).
Der von dem Beklagten auch in diesem Verfahren als maßgeblich erachtete Gesichtspunkt, dass der Betroffene in jedem Beruf gleichermaßen betroffen wäre, findet demnach weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung des BSG eine Stütze und wäre im Übrigen auch weder sinnvoll noch verständlich (vgl. schon Urteil des Senats vom 10. Mai 2012 - L 11 VE 47/09 – juris). Auch die im Vermerk des Beklagten vom 10. Dezember 2011 dargelegten Erwägungen mögen rechtshistorisch erhellend sein, sind aber für die konkrete Lösung des hier zu entscheidenden Falles nicht zielführend. Namentlich vermag der Senat ihnen nicht zu entnehmen, ob der Beklagte mit ihnen zum Ausdruck bringen möchte, die Rechtsprechung des BSG – insbesondere sein Urteil vom 14. März 1975 - sei infolge aktueller Entwicklungen nicht oder nur noch eingeschränkt einschlägig. Sollte der Vermerk so zu verstehen sein, würde der Senat dieser Einschätzung aber nicht folgen. Denn es gibt keine Anhaltspunkte für Änderungen der zitierten Rechtsprechung des BSG zur besonderen beruflichen Betroffenheit. Sie ergeben sich namentlich nicht aus den vom Beklagten zitierten Entscheidungen vom 28. April 2005 (B 9a/9 VJ 1/04 R – juris) und vom 18. Mai 2006 (B 9a V 6/05 R – juris). In letztgenannter Entscheidung ging es vor allem um die vorliegend nicht einschlägige Rechtsfrage, inwieweit ein schädigungsbedingtes Ende beruflicher Tätigkeit nach Erreichen des 60. Lebensjahres nachgewiesen werden kann. In der erstgenannten Entscheidung ging es ausschließlich um den Anspruch auf BSA; das besondere berufliche Betroffensein war nur insoweit entscheidungserheblich, als es um die Frage ging, inwieweit der BSA in Höhe des durch die Anerkennung eines besonderen beruflichen Betroffensein bedingten Mehrbetrages ruhte.
Der Anspruch des Klägers ergibt sich hier aus § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a BVG a. F. und § 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BVG. Denn es liegt hier ein Fall vor, in dem auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann.
Maßgeblicher Beruf ist hier der eines Diplom-Ingenieurs im Studiengang Verkehrswesen in der Studienrichtung Luft- und Raumfahrttechnik. In diesem Beruf war der Kläger vom 23. Februar 1998 bis zum 28. Februar 1999 tätig, als er bei der C GmbH als Personaldisponent beschäftigt war. Insoweit liegt hier der Fall eines bisher ausgeübten oder auch begonnenen Berufes vor. Dass der Kläger diesen Beruf lange nach der erlittenen Schädigung erstmals ergriffen hat, steht der Anwendung des § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a BVG a. F. und des § 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BVG nicht entgegen.Denn durch die Fassung des § 30 Abs. 2 Satz 1 BVG, nach der bei der Prüfung eines besonderen Berufsbetroffenseins auch ein Beruf herangezogen werden kann, den der Betroffene – mitunter lange Zeit – nach der Schädigung erstmals ergriffen hat, wird deutlich, dass der Zeitpunkt des Eintritts der Schädigung für die Frage, ob eine besondere Berufsbetroffenheit anzuerkennen ist, nicht stets Bedeutung hat, weil das Gesetz selbst davon ausgeht, dass auch später eingetretene Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 1973 - 10 RV 617/72 – juris). Dass der Kläger den genannten Beruf im Übrigen auch nachweisbar angestrebt hat, was seinen Niederschlag in der Vita und in dem erfolgreichen Studienabschluss findet, ist demnach unmaßgeblich, aber gleichwohl zu bejahen. Dass der Kläger nach und trotz Eintritt der Schädigung den angestrebten Beruf auch tatsächlich erreicht und in ihm sogar kurz gearbeitet hat, steht der Annahme einer besonderen beruflichen Betroffenheit im Übrigen auch vor dem Hintergrund des § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe b BVG a. F. und § 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BVG nicht entgegen, weil danach eine besondere berufliche Betroffenheit sogar ohne sozialen Abstieg und ohne Einkommensverlust vorliegt, wenn der Beschädigte seinen Beruf nach der Schädigung weiter ausübt oder den zuvor angestrebten Beruf trotz der Schädigung erreicht, aber beruflich trotzdem besonders betroffen ist, weil er außergewöhnliche Tatkraft aufwenden und außergewöhnliche Anstrengungen machen muss, um einen wirtschaftlichen Schaden und ein Abgleiten in seinem Beruf zu verhindern (vgl. Dau in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 30 BVG, Rn. 19).
Den nachweisbar angestrebten wie auch tatsächlich ausgeübten Beruf kann der Kläger ebenso wenig ausüben wie einen sozial gleichwertigen Beruf. Der hauptsächliche Einwand des Beklagten, wie er insbesondere im Vermerk vom 10. Dezember 2011 dargelegt worden ist, dürfte darin bestehen, dass es nicht schlüssig sei, wenn der Kläger einerseits in der Lage gewesen sei, sein Studium ungeachtet der damit verbundenen Prüfungssituationen erfolgreich zu beenden, er andererseits kurz darauf aber nicht in der Lage gewesen sein wolle, Bewerbungssituationen zu überstehen. Dieser Einwand greift aber nicht durch, denn er widerspricht den schlüssigen und nachvollziehbaren medizinischen Feststellungen der Versorgungsärzte Dr. D (Gutachten vom 26./27. März 2002) und Dr. S (Gutachten vom 18. Oktober 2005), die beide zu dem Ergebnis gelangt sind, der Kläger könne seinen Beruf schädigungsbedingt nicht mehr ausüben. Die im Vermerk vom 10. Dezember 2011 zum Ausdruck kommende Einschätzung beruht auf einem eher laienhaften – medizinisch also nicht untermauerten - Vergleich von Prüfungs- und Bewerbungssituationen, der schon vor dem Hintergrund nicht tunlich sein dürfte, als in Prüfungen regelmäßig ausschließlich fachliche Fragen gestellt werden, demgegenüber in Bewerbungsgesprächen auch biographische Angaben wesentlich sein können. Letztlich kann dies aber auf sich beruhen, weil der Beklagte seine medizinisch durch Fachärzte getroffenen eindeutigen Feststellungen nicht durch einen nicht-medizinischen Verwaltungsvermerk zu erschüttern vermag. Der Kläger ist aus schädigungsbedingten Gründen auch nicht in der Lage, einen sozial gleichwertigen Beruf auszuüben. Wie Dr. S dargelegt hat, kann der Kläger über die Honorardozententätigkeit hinaus keine weiteren Fähigkeiten zur Ausübung etwaiger anderer Erwerbstätigkeiten erreichen. Eine sozial gleichwertige Tätigkeit übt der Kläger aber auch nicht in Gestalt seiner Honorartätigkeit aus. Ob zwei Berufe als gleichwertig anzusehen sind, bestimmt sich unter anderem nach dem Einkommen, das für beide Tätigkeiten erzielt wird. Maßgeblich ist mithin, ob der tatsächlich ausgeübte, aber schädigungsbedingt aufgegebene Beruf oder der angestrebte Beruf solche wirtschaftlichen und finanziellen Vorteile mit sich gebracht hätte, dass sie sich in der Lebensführung des Betroffenen erheblich auswirken (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1969 - 10 RV 561/66 – juris). Der rechtserhebliche Minderverdienst muss in der Regel wenigstens 20 Prozent betragen. Unabhängig von einem Einkommensvergleich hat ein Beruf dann nicht den gleichen sozialen Rang wie ein anderer, wenn er eine erheblich geringere Stellung in der Gesellschaft, wie sie die allgemeine Auffassung bewertet, einnimmt (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 1978 - 9 RV 61/77 – juris). Hier übt der Kläger seine Honorartätigkeit nur unregelmäßig aus; die daraus erzielten Einkünfte reichen häufig nicht aus, um seinen Lebensunterhalt und den seiner Frau bestreiten zu können. Dass der Kläger aus einer abhängigen Beschäftigung als Diplom-Ingenieur ein bedarfsdeckendes und um 20 Prozent höheres Einkommen erzielen würde als er derzeit erzielt, steht aber außer Frage.
Aus dem Gesagten ergibt sich schließlich auch, dass der Beklagte mit seinem Hinweis, es bestehe eine Parallele zu einer nach Schädigung erfolgten Umschulung, nicht durchdringen kann. Insoweit hat das BSG zwar dargelegt, wer erfolgreich umgeschult worden sei, könne nicht geltend machen, der Umschulungsberuf sei nicht sozial gleichwertig im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a – jetzt Nr. 1 - BVG, was auch dann gelte, wenn der Beschädigte im Umschulungsberuf keine Beschäftigung finde oder dieser Beruf aus tatsächlichen Gründen nicht zumutbar sei (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1995 - 9 RV 18/94 – juris). Abgesehen davon, dass hier im Rechtssinne keine Umschulung vorliegt, weil das Studium des Klägers von keinem Rehabilitationsträger veranlasst worden ist, scheitert der rechtliche Ansatz des Beklagten auch bereits daran, dass der Kläger den vermeintlichen „Umschulungsberuf“ aus schädigungsbedingten Gründen gerade nicht ausüben kann.
Nach der skizzierten individuellen Betrachtungsweise ist der Kläger besonders beruflich betroffen, weil die beruflichen Nachteile in sozialer oder wirtschaftlicher Hinsicht das Maß der Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben erheblich übersteigen. Dabei ist bei einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalles die – ohnehin auch nur beantragte - Erhöhung des Grades der MdE/GdS um 10 (v. H.) rechtlich geboten, aber auch ausreichend. Für eine Erhöhung in diesem Rahmen spricht neben dem sich im wiederholten Bezug von Sozialleistungen (Alhi; Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II) niederschlagenden Einkommensverlust der relativ hohe – allein eine Schwerbehinderung nach § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch begründende – medizinische Grad der MdE/GdS.
Der Kläger hat ab dem 1. Juni 2000 auch einen Anspruch auf Gewährung eines BSA. Anspruchsgrundlage insoweit ist § 30 Abs. 3 BVG in seinen jeweiligen bis zum 20. Dezember 2007 und ab dem 21. Dezember 2007 geltenden Fassungen. Danach erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Deutsche Mark nach oben abgerundeten <ab dem 21. Dezember 2007: auf volle Euro aufgerundeten> Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6. Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen (§ 30 Abs. 4 Satz 1 BVG). Das Vergleichseinkommen errechnet sich gemäß § 30 Abs. 5 Satz 1 BVG nach § 30 Abs. 5 Satz 2 bis 6 BVG aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der die Beschädigten ohne die Schädigung nach ihren Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätten. Der BSA wird hier nicht gemäß § 30 Abs. 10 BVG ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, weil der Antrag des Klägers deutlich vor dem in dieser Vorschrift genannten Stichtag (21. Dezember 2007) gestellt worden ist. Aufgrund dieser frühen Antragstellung durch den Kläger sind auch die grundlegenden Änderungen des BSA mit Wirkung zum 1. Juli 2011 (vgl. § 30 Abs. 5 BVG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 20. Juni 2011 <BGBl. I S. 1114> und die Verordnung zur Durchführung des § 30 Absatz 3 bis 12 und des § 40 a Absatz 1 und 5 des Bundesversorgungsgesetzes vom 28. Juni 2011 <BGBl. I S. 1273>) gemäß der Übergangsvorschrift des § 87 Abs. 1 BVG für den vorliegenden Fall unmaßgeblich (vgl. Dau in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 30, Rn. 26).
Somit ist nach § 30 Abs. 3 BVG nicht individuell festzustellen, wie sich das Einkommen eines Beschädigten wahrscheinlich gestaltet hätte, und es ist nicht dieses wahrscheinliche Einkommen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit (zuzüglich der Ausgleichsrente) gegenüberzustellen; vielmehr ist von der generalisierenden (pauschalen) Betrachtungsweise auszugehen, die in § 30 Abs. 4 BVG für die Ermittlung des Vergleichseinkommens vorgesehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. Juli 1971 - 9 RV 514/68 - juris).
Welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, hat die vom Gesetzgeber in § 30 Abs. 14 BVG ermächtigte Bundesregierung in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden und hier maßgeblichen Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 bis 12 und des § 40a Abs. 1 bis 5 des Bundesversorgungsgesetzes - Berufsschadensausgleichsverordnung - (BSchAV) bestimmt. Das Durchschnittseinkommen nach § 30 Abs. 5 BVG wird gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BSchAV ermittelt, wenn der Beschädigte
1. unselbständig in der privaten Wirtschaft tätig wäre, nach § 3 BSchAV;
2. im öffentlichen Dienst tätig wäre, nach § 4 BSchAV;
3. selbständig tätig wäre, nach § 5 BSchAV.
Ist die Schädigung vor Abschluss der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung eingetreten, wird das Durchschnittseinkommen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BSchAV nach § 7 ermittelt. Nach § 2 Abs. 3 BSchAV gelten die Absätze 1 und 2 auch, wenn der Beschädigte die nach diesen Vorschriften in Betracht kommende Tätigkeit ausübt (Satz 1). Ein durch die Schädigung verhinderter Aufstieg im Beruf ist zu berücksichtigen (Satz 2).
Maßgeblich ist also die Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte. Allerdings muss zur Ermittlung des Einkommensverlustes und Feststellung des Vergleichsberufes der schädigende Vorgang insgesamt weggedacht und der wahrscheinliche Berufsweg des Beschädigten von der Zeit an nachgezeichnet werden, in der die Schädigung stattgefunden hat (vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Dezember 1996 - L 4 V 16/96 - juris). Festzustellen ist danach unter Berücksichtigung aller den Beschädigten betreffenden Lebensumstände, ob mehr für als gegen den hypothetischen, geltend gemachten Berufserfolg spricht. Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass so viel mehr für als gegen die behauptete berufliche Entwicklung spricht, dass sich hierauf die Überzeugung des Senats gründen kann. Unter Berücksichtigung aller den Beschädigten betreffenden Lebensumstände ist somit zu beurteilen, ob mehr für als gegen den hypothetischen, geltend gemachten Berufserfolg spricht. Zu prüfen ist also, welchen Beruf der Kläger ohne die Schädigungsfolgen ausüben würde und ob er infolge seiner anerkannten Schädigung seit dem Zeitpunkt der Antragstellung einen Einkommensverlust hat (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 8. Juli 1970 - 10 RV 189/68 – juris). Wie bei einem Schadensersatzanspruch kann dieser wirtschaftliche Schaden allein aus der Gegenüberstellung desjenigen Zustandes, der ohne die Schädigung vorhanden wäre, mit demjenigen ermittelt werden, der durch die Schädigung vorhanden ist. Diesen Grundsatz bringt auch § 30 Abs. 4 BVG zum Ausdruck, wenn er vorsieht, dass bei der Ermittlung des Einkommensverlustes das derzeitige Einkommen des Beschädigten - zuzüglich der Ausgleichsrente - dem Durchschnittseinkommen der Berufsgruppe gegenüberzustellen ist, das der Beschädigte „ohne die Schädigung […] voraussichtlich erhalten würde“. Damit scheiden bei der Betrachtung diejenigen Berufe aus, die ein Beschädigter ohne die Schädigung nicht ergriffen hätte; hierzu zählen aber gerade diejenigen Berufe, die ein Beschädigter unter normalen Umständen und Lebensverhältnissen nicht ergriffen hätte, denen er sich gerade wegen seiner Schädigung zugewandt hat.
Hier hätte der Kläger (auch) ohne die Schädigung mindestens wahrscheinlich eine Hochschulausbildung mit dem Abschluss eines Diplom-Ingenieurs absolviert, wobei es letztlich offen bleiben kann, ob insoweit auf den tatsächlich erworbenen Hochschulabschluss als Diplom-Ingenieur im Studiengang Verkehrswesen in der Studienrichtung Luft- und Raumfahrttechnik oder auf den ausweislich der Darstellung des Lebenslaufes des Klägers vom 20. März 2009 von ihm noch in der DDR angestrebten Abschluss als Schiffbauingenieur abzustellen ist. In diesem Beruf wäre er unselbständig tätig gewesen, weil Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger ohne Schädigungsfolgen als selbständiger Diplom-Ingenieur tätig gewesen wäre, nicht bestehen.
Hier liegt kein Fall vor, in dem sich der Kläger dem Beruf eines Diplom-Ingenieurs gerade wegen der Schädigung zugewandt hat. Denn anders als im vom BSG am 8. Juli 1970 entschiedenen Fall hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine Ausbildung zum Diplom-Ingenieur erst aufgrund von Umschulungsmaßnahmen wegen seiner Schädigung ergriffen hat, was an anderer Stelle schon erörtert worden ist. Dass der Kläger (auch) ohne die Schädigung einen den Anforderungen des § 3 Abs. 5 Satz 2 BSchAV entsprechenden Hochschulabschluss erworben hätte, ist unter Berücksichtigung aller den Kläger betreffenden Lebensumstände jedenfalls wahrscheinlich. Der Kläger hat in der Darstellung seines Lebenslaufes vom 20. März 2009 schlüssig, nachvollziehbar und von dem Beklagten unwidersprochen dargelegt, dass er schon in der DDR sein Abitur machen und anschließend ein Studium als Schiffbauingenieur aufnehmen wollte, er aber aus politischen Gründen, die ihren Ursprung auch in den familiären Verhältnissen des Klägers hatten - die Eltern waren in der Kirche aktiv, der Vater weigerte sich als Selbständiger, seinen Meisterbetrieb in die „Produktionsgenossenschaft des Handwerks“ zu überführen -, an einem solchen Ausbildungsweg gehindert war. Dass der Kläger in der DDR auch ohne das schädigende Ereignis aus politischen Gründen Abitur und Studium aller Voraussicht nach nicht hätte absolvieren können, kann ihm vorliegend nicht entgegengehalten werden (vgl. zu diesem Aspekt Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 27. September 2006 - L 4 V 22/04 – juris). Denn der Kläger hatte – wie er ebenfalls nachvollziehbar in seinem Lebenslauf dargelegt hat – seine Flucht in die Bundesrepublik Deutschland geplant, was auch vor dem Hintergrund des tatsächlich vollzogenen – wenn auch gescheiterten – Fluchtversuchs als wahrscheinlicher Geschehensablauf in den hypothetischen Kausalverlauf einzustellen ist. Unter Außerachtlassung des schädigenden Ereignisses ist mithin wahrscheinlich, dass der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland geflüchtet wäre. Dass Kenntnisse, Fähigkeiten und Ausbildungswille des Klägers den Abschluss eines Hochschulstudiums auch ohne Schädigung als wahrscheinlich erscheinen lassen, erhellt auch der Umstand, dass der Kläger trotz der einschneidenden Hafterfahrungen mit schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen tatsächlich in der Lage gewesen ist, sein Abitur zu machen und ein Hochschulstudium mit Erfolg abzuschließen.
Dass der Kläger schädigungsbedingt den „Hätte-Beruf“ eines Diplom-Ingenieurs nicht ausüben kann und konnte, ergibt sich aus obigen Ausführungen zur besonderen beruflichen Betroffenheit des Klägers, denen sich entnehmen lässt, dass der Kläger nach den nachvollziehbaren medizinischen Feststellungen der Versorgungsärzte Dr. D (Gutachten vom 26./27. März 2002) und Dr. S (Gutachten vom 18. Oktober 2005) einen Beruf als Diplom-Ingenieur schädigungsbedingt nicht mehr ausüben kann.
Die Berechnung des Durchschnittseinkommens aus unselbständiger Tätigkeit in der freien Wirtschaft ist in § 3 BSchAV geregelt. Nach dessen Absatz 5 Satz 1 gilt abweichend von den Absätzen 1 bis 4 bei unselbständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulausbildung das in § 4 Abs. 1 BSchAV für Beamte des höheren Dienstes bestimmte Durchschnittseinkommen, es sei denn, dass diese unselbständig Tätigen eine der Hochschulausbildung entsprechende Tätigkeit auch ohne die Schädigung nicht ausgeübt hätten. Als Hochschulausbildung gilt gemäß § 3 Abs. 5 Satz 2 BSchAV nur die Ausbildung an einer Hochschule, deren Abschluss eine Voraussetzung für die Einstellung in den höheren Dienst im Sinne des Beamtenrechts ist. Das Durchschnittseinkommen für Beamte des höheren Dienstes ist in § 4 Abs. 1 BSchAV geregelt und hängt im Einzelnen vom Lebensalter des zu Entschädigenden ab (Besoldungsgruppen A 13 bis A 15).
Der Kläger ist im Sinne des § 3 Abs. 5 Satz 1 BSchAV unselbständig Tätiger mit abgeschlossener Hochschulausbildung, so dass für ihn das in § 4 Abs. 1 BSchAV für Beamte des höheren Dienstes bestimmte Durchschnittseinkommen maßgeblich ist. Anhaltspunkte dafür, dass hier ein Fall des § 3 Abs. 5 Satz 1 letzter Teilsatz BSchAV vorliegt, wonach das in § 4 Abs. 1 BSchAV für Beamte des höheren Dienstes bestimmte Durchschnittseinkommen nicht maßgeblich ist, wenn diese unselbständig Tätigen eine der Hochschulausbildung entsprechende Tätigkeit auch ohne die Schädigung nicht ausgeübt hätten, hat der Senat nicht.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BSchAV ist zugunsten des Klägers als Vergleichseinkommen ab dem 1. Juni 2000 die Besoldungsgruppe A 14 (Dienstaltersstufe 11) und, da der Kläger im Mai 2001 sein 47. Lebensjahr vollendet hat, ab dem 1. Mai 2001 die Besoldungsgruppe A 15 (Dienstaltersstufe 15; Stufe 12 nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BSchAV in der seit dem 21. Dezember 2007 geltenden Fassung) heranzuziehen.
Der Kläger hat auch den für die Gewährung eines BSA erforderlichen Einkommensverlust. Denn sein derzeitiges Einkommen zuzüglich der Ausgleichsrente ist geringer als das oben beschriebene Vergleichseinkommen. Allerdings verkennt der Senat nicht, dass das derzeitige Einkommen in diesem Sinne bei (tatsächlich) selbständig Tätigen regelmäßig nicht das tatsächliche – etwa nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts ermittelte – Einkommen ist. Der BSA für einen selbständig Tätigen bemisst sich nicht nach der Differenz zwischen dem, was er als gesunder Selbständiger wahrscheinlich verdienen würde und dem, was er als beschädigter Selbständiger tatsächlich verdient. Maßgebend ist vielmehr, wie er seine berufliche Arbeitskraft als Unselbständiger auf dem Arbeitsmarkt verwerten könnte - einerseits als Gesunder, andererseits als Geschädigter. Das folgt aus § 5 und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BSchAV (vgl. BSG, Urteil vom 15. Februar 1989 - 9/4b RV 47/87 – juris). Nach letztgenannter Vorschrift gelten als derzeitiges Bruttoeinkommen der Wert der eigenen Arbeitsleistung in einer gegenwärtigen selbständigen Tätigkeit und Einnahmen aus einer früheren selbständigen Tätigkeit, soweit in § 30 Abs. 11 Satz 1 und § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 des Bundesversorgungsgesetzes sowie in § 10 nichts anderes bestimmt ist; als Wert der eigenen Arbeitsleistung ist das Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das einem Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung zu zahlen wäre.
Das BSG hat in dem genannten Urteil vom 15. Februar 1989 eingehend seine Erwägungen für die Berücksichtigung von Einkommen bei Selbständigen dargelegt. Diese Erwägungen, denen sich der Senat anschließt, sind wie folgt zusammenzufassen: Das - mit Hilfe des Steuerrechts ermittelte - tatsächliche Einkommen eines Beschädigten sei nicht unbesehen immer der Betrag, den sich ein Beschädigter anrechnen lassen müsse. Weil nur der schädigungsbedingte Einkommensverlust Grundlage des BSA sein könne, müsse dem Beschädigten unter Umständen mehr angerechnet werden, nämlich das, was er mit den verbliebenen Kräften noch verdienen könne. Bei Unselbständigen unterstelle allerdings das Gesetz im Allgemeinen, dass ihr tatsächliches Einkommen auch dem entspreche, was sie verdienen können. Das Gesetz gehe davon aus, dass grundsätzlich jeder Beschädigte seine noch vorhandene Arbeitskraft voll einzusetzen bereit sei und dass der Arbeitsmarkt, das Tarifrecht und das Beamtenbesoldungsrecht dafür sorgten, dass das, was er tatsächlich verdiene, der Betrag sei, den er noch verdienen könne. Anders sei das bei Selbständigen. Ihr tatsächliches Einkommen hänge nicht nur von der Bereitschaft ab, ihre verbleibende Arbeitskraft voll einzusetzen. Das tatsächliche Einkommen Selbständiger sei von zahlreichen Faktoren abhängig, wie Risikobereitschaft, Arbeits- und Kapitaleinsatz, Konjunktur, strukturelle und regionale Wirtschaftsbedingungen. Das tatsächliche Einkommen eines beschädigten Selbständigen besage deshalb nichts Entscheidendes darüber, inwieweit die Schädigungsfolgen dafür ursächlich seien, dass er nicht das Vergleichseinkommen erreiche. Aussagekräftig sei vielmehr der verbliebene Wert der Arbeitskraft. Die Verordnung, die vom Wert der eigenen Arbeitsleistung des Selbständigen spreche, meine daher den Wert des Leistungsvermögens. Es sei damit keine grundsätzlich andere Bewertung gemeint als diejenige, die § 5 BSchAV für die Festlegung des Vergleichseinkommens verlange. Auch das derzeitige Einkommen eines Selbständigen sei eine Vergleichsgröße. Es sei das Einkommen, das der individuelle Beschädigte als Bewerber um eine unselbständige Berufsstellung wahrscheinlich erzielen würde. Erst diese nach gleichen Kriterien ermittelten Vergleichsgrößen nach § 5 BSchAV und nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BSchAV erlaubten es, zu einer vertretbaren Einschätzung der durch die Schädigung verursachten Einbuße an wirtschaftlich nutzbarer Arbeitskraft zu gelangen. Diese Betrachtungsweise verbiete zwar, dem Beschädigten eine bestimmte Tätigkeit mit der entsprechenden Besoldungsgruppe zuzuordnen, ohne nähere Feststellungen über die geistigen und körperlichen Anforderungen der Tätigkeit zu treffen, und davon - eventuell entsprechend dem Grad seiner MdE/ dem GdS - einen prozentualen Abschlag vorzunehmen, der im Arbeitsleben nicht vorkomme. Der Verwaltung und auch den Tatsachengerichten sei es aber erlaubt, in freier Würdigung aller Umstände, unabhängig von dem abstrakten Grad der MdE/GdS, das trotz Schädigung verbliebene Leistungsvermögen für eine bestimmte Tätigkeit einzuschätzen.
Es ist mithin zu ermitteln, welche Tätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in der privaten Wirtschaft der Kläger trotz der Schädigung noch ausüben kann und welches Durchschnittseinkommen, das wie das Vergleichseinkommen gemäß den §§ 3 und 4 BSchAV aus den Besoldungsgesetzen oder den Tabellen des Statistischen Bundesamtes zu entnehmen ist, zu erzielen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 9a/9 RV 3/89 – juris).
Gemessen an den skizzierten Maßstäben hätte der Kläger aus unselbständiger Tätigkeit kein Einkommen erzielen können. Dass er nach den eindeutigen medizinischen Feststellungen eine Tätigkeit als Diplom-Ingenieur nicht ausüben konnte und kann, was nicht zuletzt auch nach dem Gutachten von Dr. S vom 18. Oktober 2005 gerade auch für abhängige Beschäftigungen in diesem Berufsfeld gilt, ist bereits ausgeführt worden. Dr. S hat aber auch schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger über die derzeit ausgeübte Dozententätigkeit hinaus über keine Fähigkeiten zur Ausübung etwaiger anderer Erwerbstätigkeiten verfügt. Die Ausführungen in dem genannten Gutachten ergeben, dass der Kläger schädigungsbedingt bereits nicht in der Lage ist, in Bewerbungsgesprächen adäquat zu reagieren. Die derzeitige Dozententätigkeit übt er dergestalt aus, dass er eine Minute vor Beginn erscheint, seinen Vortrag hält und dann rasch wieder geht, so dass er Kontakte weitgehend vermeiden kann. Bei dieser Sachlage sind Tätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in der privaten Wirtschaft, die der Kläger trotz seiner Schädigung noch ausüben kann, nicht vorhanden. Bei dieser Sachlage markieren die tatsächlichen Einkünfte des Klägers zugleich das höchstens erzielbare Einkommen. Da dieses derzeitige Einkommen des Klägers seit dem 1. Juni 2000 unter dem Vergleichseinkommen liegt, steht dem Kläger BSA zu. Den sich nach Durchführung der notwendigen Einzel-Ermittlungen ergebenden Zahlbetrag muss der Senat nicht im Einzelnen ausrechnen (vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Dezember 1996 - L 4 V 16/96 - juris).
Bei der Berechnung des BSA wird der Beklagte zu beachten haben, dass gemäß § 30 Abs. 13 Satz 1 BVG bei Erhöhung der Grundrente wegen besonderer beruflicher Betroffenheit der Anspruch auf BSA in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags ruht.
Des Weiteren wird der Beklagte bei der Berechnung des derzeitigen – tatsächlichen - Bruttoeinkommens auch die dem Kläger nach Maßgabe der folgenden Ausführungen zustehende Ausgleichsrente zu berücksichtigen haben (§ 30 Abs. 4 Satz 1 BVG).
Der Kläger hat auch einen Anspruch auf eine Ausgleichsrente. Schwerbeschädigte erhalten gemäß § 32 Abs. 1 BVG eine Ausgleichsrente, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustands oder hohen Alters oder aus einem von ihnen nicht zu vertretenden sonstigen Grund eine ihnen zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur in beschränktem Umfang oder nur mit überdurchschnittlichem Kräfteaufwand ausüben können. In § 32 Abs. 2 BVG ist die Höhe der Ausgleichsrente in Abhängigkeit vom jeweiligen Grad der MdE/GdS geregelt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVG liegen hier vor. Der Kläger ist nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 BVG schwerbeschädigt. Er kann infolge seines Gesundheitszustandes eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur in beschränktem Umfang ausüben. Zwar übt der Kläger eine freiberufliche Dozententätigkeit aus. Er kann sie indes nur in zeitlich beschränktem Umfang – ca. 80 Stunden monatlich – verrichten und erzielt aus ihr nur gelegentlich ein bedarfsdeckendes Einkommen. Wie vom Gutachter Dr. S dargelegt, ist dem Kläger eine über die tatsächlich ausgeübte Dozententätigkeit hinausgehende Erwerbstätigkeit nicht möglich. Da sich der Kläger ungeachtet dessen arbeitsuchend gemeldet hat (vgl. Nr. 4 der Verwaltungsvorschrift zu § 32, abgedruckt bei Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht), bestehen Zweifel am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen hier nicht. Der Beklagte wird nach Maßgabe des § 33 BVG und der gemäß § 33 Abs. 5 BVG erlassenen Ausgleichsrentenverordnung die Höhe der Ausgleichsrente im Einzelnen auszurechnen haben.
Die Leistungen waren dem Kläger gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 BVG ab dem Antragsmonat, hier also ab dem 1. Juni 2000 zu gewähren. Eine spätere Anspruchsentstehung gemäß § 29 BVG etwa mit Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme vom 16. September bis 14. Oktober 2003 kommt hier nicht in Betracht. Gibt es für den Beschädigten Erfolg versprechende und zumutbare Maßnahmen zur Rehabilitation (seit 1. Juli 2001: Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben), so entstehen gemäß § 29 BVG Ansprüche auf Höherbewertung des Grades der MdE/des GdS, auf BSA und auf Ausgleichsrente frühestens in dem Monat, in dem solche Maßnahmen abgeschlossen sind.Indes genügt nicht die bloße Rehabilitationsaussicht, um die anspruchsaufschiebende (und gegebenenfalls - ausschließende) Wirkung des § 29 BVG bejahen zu können. Ein Beschädigter, für den es Erfolg versprechende und zumutbare Rehabilitationsmaßnahmen gibt, muss vorab über die leistungsrechtliche Bedeutung der Aussicht auf Rehabilitation und die Folgen fehlender Mitwirkung belehrt werden (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 2008 - B 9/9a VS 1/06 R – juris). Daran fehlt es hier. Namentlich reicht der in dem „Teil-Bescheid“ vom 24. Mai 2002 enthaltene Hinweis, eine Entscheidung über Ansprüche nach § 30 Abs. 2 und 3 sowie § 32 BVG könne gemäß § 29 BVG erst nach Abschluss der dem Kläger empfohlenen Kur und Psychotherapie erfolgen, ersichtlich nicht aus, weil ihm nicht zu entnehmen ist, dass gegebenenfalls der Anspruch auf die genannten Leistungen erst später entsteht.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil Gründe hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.