Gericht | OLG Brandenburg 6. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 16.04.2019 | |
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Aktenzeichen | 6 U 89/17 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2019:0416.6U89.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 14.07.2017 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 11 O 416/15 - wird zurückgewiesen unter Neufassung des Tenors zu 2) wie folgt:
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, 315.759,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2016 an die … GmbH, …, als Rechtsnachfolgerin der Beklagten zu zahlen.
2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
I.
Die … GmbH & Co. KG (im Folgenden Zedentin) war Betreiberin eines Holzheizkraftwerks in F… mit einer installierten Leistung von 5.000 kW. Das Kraftwerk erzeugte seit Dezember 2010 Strom und Wärme durch Verfeuerung von Holzhackschnitzeln.
Die Beklagte ist die Betreiberin des Netzes, in das die Zedentin den im Holzheizkraftwerk erzeugten Strom bis März 2014 einspeiste.
Die Klägerin ist eine bundesweit tätige Dienstleisterin, die den Betreibern von EEG-Anlagen anbietet, sich dienstleistend für die geförderte Direktvermarktung von erneuerbaren Energien im Sinne von §§ 33a ff EEG 2012, §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 34 ff. EEG 2014 zu betätigen.
Vor diesem Hintergrund schlossen die Zedentin und die Klägerin im November 2011 einen Vertrag über die Direktvermarktung von EEG-Strom (Anlage K 2). Die Klägerin verpflichtete sich danach, die gesamte von der Zedentin angebotene Energiemenge anzukaufen, direkt zu vermarkten und an die Zedentin zu vergüten (Ziff. 2.2 und 4.1 des Vertrags), wobei die Höhe der monatlich zu zahlenden Vergütung (Grundvergütung) der jeweils gesetzlich festgelegten EEG-Vergütung nach §§ 16 ff EEG i.V.m. §§ 23 – 33 EEG entsprechen sollte (Ziff. 7.1 des Vertrags). Darüber hinaus war eine Basisprämie in Höhe von 0,171 Ct/kWh geschuldet. Für den Zeitraum der Direktvermarktung sollte die erzeugte elektrische Energie physisch in das allgemeine Versorgungsnetz eingespeist, jedoch vollständig in den Bilanzkreis der Klägerin gebucht werden. Eine Ankaufspflicht der Klägerin betreffend den angebotenen Strom sollte indessen nicht bestehen, wenn die Direktvermarktung für die Klägerin jeweils nicht wirtschaftlich sein sollte (Ziff. 4.1 des Vertrags).
Die Zedentin verpflichtete sich zur EEG-konformen Betreibung des Holzheizkraftwerks und zur Erfüllung der Vergütungsvoraussetzungen nach §§ 16 ff EEG (Ziff. 6.2 des Vertrags). Die Zedentin trat der Klägerin die gegen den Netzbetreiber bestehenden und künftigen Ansprüche auf Zahlung der Marktprämie gemäß §§ 33g-i EEG ab (Ziff. 6.3 des Vertrags) und erteilte der Klägerin Vollmacht, die Erzeugungsanlage bei der Netzbetreiberin von der Direktvermarktung an- und abzumelden, zwischen verschiedenen Formen der Direkt-vermarktung zu wechseln sowie die Prämienzahlungen des Netzbetreibers entgegenzunehmen. Die Zedentin übernahm die Haftung für jegliche Schäden, die der Klägerin aus einer Verletzung der in Ziffer 6.2 genannten Pflichten entstehen sollten (Ziff. 9.1 des Vertrags).
Die Klägerin legte der Beklagten mit Email vom 28.11.2011 die schriftliche Vollmacht der Zedentin nebst Abtretungsanzeige vor. Aufgrund dessen zahlte die Beklagte die Marktprämie von Beginn der Direktvermarktung an die Klägerin aus.
In 2014 stornierte die Beklagte ihre Abrechnungen für den Zeitraum Januar 2012 bis Februar 2013 und erstellte Korrekturabrechnungen im Hinblick auf geschuldete NawaRo- und Holz-Boni in verminderter Höhe. Für die Zeit ab März 2013 zahlte die Beklagte verminderte Boni aus. Die Anlage der Zedentin speiste Energie in das Netz der Beklagten bis zum 12.03.2014 ein, danach wurde das Holzheizkraftwerk stillgelegt und demontiert.
Über das Vermögen der Zedentin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 01.05.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Klägerin hat mit der Klage die Beklagte aus abgetretenem Recht der Zedentin auf Auszahlung der EEG-Marktprämie für den Zeitraum März 2013 bis April 2014 in Höhe von 556.159,32 € nebst Zinsen in Anspruch genommen, die Beklagte hat sich auf Rückforderung überzahlter Boni in den Jahren 2012 bis 2013 berufen und insoweit die Aufrechnung erklärt.
Die Beklagte hat Widerklage erhoben wegen überzahlter Marktprämien für das Jahr 2014 in Höhe von 315.759,56 € nebst Zinsen. Den Berechnungen der Beklagten in Bezug auf die Höhe dieser Überzahlungen ist die Klägerin nicht entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte 315.759,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2016 zu zahlen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klageforderung habe lediglich in Höhe von 463.665,22 € bestanden. Insoweit sei sie jedoch durch Aufrechnung der Beklagten erloschen. Der Beklagten stehe gegen die Klägerin im Hinblick auf die überzahlten Beträge für das Jahr 2012 in Höhe von 456.362,13 € sowie für das Jahr 2014 in Höhe von 7.303,09 € ein Rückzahlungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt BGB zu, der zur Aufrechnung gestellt werden konnte. Es habe wegen des Mischeinsatzes von Verbrennungsmaterial in der Anlage der Zedentin für 2012 nur ein geringerer NawaRo-Bonus und für 2014 wegen fehlender Nachweise für eingesetztes Material kein NawaRo-Bonus und kein KWK-Bonus ausgezahlt werden dürfen.
Für das Jahr 2014 habe die Klägerin eine überhöhte Marktprämie in Höhe der Widerklageforderung erhalten, insoweit lägen rechtsgrundlose Zahlungen der Beklagten vor.
Die Klägerin sei Bereicherungsschuldnerin, sie sei passiv legitimiert für die Widerklageforderung der Beklagten. Auf gesetzliche Schuldverhältnisse sei der allgemeine Grundsatz der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung im Dreiecksverhältnis nach jeweiliger Leistungskette nur dann übertragbar, wenn dem Schuldner die Auswahl der Person des Gläubigers bei Vornahme seiner Leistung zuzurechnen sei, denn nur dann sei es auch gerechtfertigt, den Bereicherungsgläubiger mit dem Insolvenzrisiko des von ihm ausgewählten Schuldners zu belasten. So lägen die Dinge im Streitfall nicht. Die Beklagte als Netzbetreiberin habe weder Einfluss auf die Auswahl des Anlagenbetreibers gehabt, noch sei sie an der Übertragung des Anspruchs des Anlagenbetreibers aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis an die Direktvermarkterin beteiligt gewesen.
Im vorliegenden Fall verbiete sich daher eine schematische bereicherungsrechtliche Lösung. Es bestehe kein Anlass, die Beklagte mit dem Insolvenzrisiko des Anlagenbetreibers zu belasten. Es gelte bei Direktvermarktung und Abtretung von tatsächlich nicht bestehenden Ansprüchen auf EEG-Vergütung seitens des Anlagenbetreibers der Grundsatz, dass der Direktvermarkter (Zessionar) „vollständig an die Stelle des Anlagenbetreibers (Zedenten)“ trete und daher die Klägerin Leistungsempfängerin/Bereicherungsschuldnerin sei. Wollte man dies anders sehen, wäre dem Direktvermarkter jegliches Risiko für den Bestand der Forderung und die Insolvenz seines Vertragspartners abgenommen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass sich die Klägerin in ihrem Geschäftsbereich mittels der abgetretenen Forderungen refinanziere. Es entspreche daher der Billigkeit, dass der bereicherungsrechtliche Rückforderungsanspruch direkt gegen den Zessionar gegeben sei.
Gegen das ihr am 20.07.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit beim Brandenburgischen Oberlandesgericht am 18.08.2017 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 20.09.2017 begründet. Mit ihrer Berufung greift die Klägerin das landgerichtliche Urteil nur noch hinsichtlich ihrer Verurteilung auf die Widerklage an.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, das Landgericht habe die Grundsätze zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung im Dreiecksverhältnis fehlerhaft angewendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (insbesondere Urteil v. 06.07.2012 – V ZR 268/11) sei anerkannt, dass dann, wenn Zahlungen auf abgetretene Forderungen kondiziert werden sollen, der Bereicherungsanspruch grundsätzlich gegenüber dem Zedenten gegeben sei. Dieser Grundsatz gelte auch für gesetzliche Schuldverhältnisse.
Es lägen keine überzeugenden Gründe für eine Abweichung von diesem Grundsatz vor, das Landgericht habe bei seiner Betrachtung den maßgeblichen „Leistungszweck“ der hier in Rede stehenden Überzahlungen vernachlässigt. Der Leistungszweck beruhe maßgeblich auf den übergeordneten Vertrags- bzw. Gesetzeszwecken, welche mit der Erfüllung des jeweiligen Zahlungsanspruchs bedient werden sollten und welche den eigentlichen Beweggrund für die Leistungserbringung durch den späteren Kondiktionsgläubiger bildeten. Hier wäre es geboten gewesen, für die Identifizierung der relevanten Leistungsbeziehung auch die den Zahlungsvorgängen zugrundeliegende wirtschaftliche Motivation in den Blick zu nehmen und die gesetzlichen Förderungszwecke des EEG zu hinterfragen. Diese bestünden hier in der alleinigen Zielsetzung, die gesetzlich angeordnete Förderung des EEG-Stroms zu vollziehen. Eine förderungswürdige und anspruchsbegründende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien habe hier aber alleine die Zedentin erbracht und nicht die Klägerin, die zu keinem Zeitpunkt in den Betrieb des Holzheizkraftwerks involviert gewesen sei. Dies habe das Landgericht in seiner Argumentation nicht hinreichend berücksichtigt.
Diese Betrachtung führe zur Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend Rückabwicklung bei Leistungsketten, bei denen ein Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenkonstellationen grundsätzlich innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehung zu erfolgen habe. Ein direkter Durchgriff gegen den Zahlungsempfänger scheide regelmäßig aus, weil dieser in keinerlei Beziehung zum Zahlenden stehe. Hätten die Zedentin und die Zessionarin eine geringfügig anderslautende Regelung getroffen, wonach die Zedentin die EEG-Förderbeträge zunächst selbst vereinnahmen und sodann an die Klägerin weiterreichen sollte, bestünde kein Zweifel daran, dass eine Rückzahlung hier nur von der Zedentin hätte verlangt werden können. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, bei der hier gewählten Zahlungsabwicklung eine andere Wertung hinsichtlich der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung vorzunehmen, zumal die Klägerin bei beiden Zahlungs-varianten mit der Beklagten keinerlei eigene Geschäftsbeziehung unterhalte.
Zudem sei in der Entscheidung des Landgerichts auch das vom Bundesgerichtshof stets angeführte Insolvenzrisiko nicht sachgerecht verteilt worden. Es sei anerkannt, dass der Kondiktionsgläubiger das Risiko einer Insolvenz seines Vertragspartners, des Zedenten, zu tragen habe, mit dem er sich bei Eingehung des Vertrages in privatautonomer Weise eingelassen habe. Der Kondiktionsgläubiger habe dementsprechend nicht das Insolvenzrisiko des Zessionars zu tragen, mit dem er in keinerlei Bindungen stehe. Insoweit sei kein Grund ersichtlich, die hiesige Beklagte mit dem Insolvenzrisiko der Zessionarin zu belasten, was als logische Konsequenz aus der Entscheidung des Landgerichts letztlich folge. Diese Argumentation sei auch auf gesetzliche Schuldverhältnisse zu übertragen, denn insoweit werde die schuldrechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Kondiktionsgläubiger und dem Zedenten bereits durch das Gesetz begründet.
Es liege auch kein vom Bundesgerichtshof anerkannter Ausnahmefall aufgrund besonderer Sachverhaltskonstellation vor. Derartiges sei nur anzunehmen, wenn ein zusätzliches, seinerseits zur Zahlung Anlass gebendes Kausalverhältnis zwischen dem Kondiktionsgläubiger und dem Zessionar bestehe oder aber die zu kondizierende Zuwendung an den Zessionar in erster Linie durch dessen besonders nachdrückliches Drängen gleichsam „erzwungen“ worden sei. Solche Anhaltspunkte bestünden hier jedoch nicht.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil zur Widerklage und meint, das Landgericht habe hier zu Recht eine Ausnahme von der von der Rechtsprechung aufgestellten Grundregel zur Rückabwicklung im Dreiecksverhältnis angenommen.
Wegen der zwischenzeitlich erfolgten Ausgliederung ihres Netzbetriebs aus regulatorischen Gründen auf die … GmbH mit Wirkung zum … 2017 hat die Beklagte vorsorglich Anschlussberufung eingelegt und unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils insoweit nunmehr Zahlung an die … GmbH begehrt.
Die Klägerin, die dem Antrag auf Zahlung an die … GmbH nicht entgegengetreten ist, meint, dass es einer Anschlussberufung insoweit aus prozessualen Gründen nicht bedürfe.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils sowie der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) ist unbegründet. Die auf die Widerklage erfolgte Verurteilung der Klägerin zur Rückzahlung überhöhter EEG-Vergütung in der tenorierten Höhe ist nicht zu beanstanden.
1) Die Widerklage ist auch in der Fassung des im Berufungsverfahren geänderten Antrags zulässig, wonach die Beklagte nunmehr Zahlung allein an die … GmbH begehrt. Dass die Beklagte ihren Netzbetrieb auf die … GmbH mit den zugehörigen Ansprüchen ausgegliedert hat (§ 123 Abs. 3 UmwG), ist gerichtsbekannt und wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Dieser nach Rechtshängigkeit eingetretene Umstand lässt den Rechtsstreit grundsätzlich unberührt (§ 265 Abs. 2 ZPO). Die Beklagte ist insoweit prozessführungsbefugt und muss ihren Antrag, wie geschehen, auf Zahlung an die Rechtsnachfolgerin umstellen (vgl. Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 265 Rn 10). Soll - wie hier - im Falle einer Abtretung der streitbefangenen Forderung der Antrag dergestalt modifiziert werden, dass nunmehr Leistung an den Zessionar begehrt werde, bleibt die vom Schuldner zu erbringende Leistung dennoch dieselbe (vgl. BGH, Urt. v. 04.11.1977 – VII ZR 160/76). Einer Anschlussberufung bedarf es in einem solchen Fall nicht.
2) Die Beklagte kann von der Klägerin Zahlung von 315.759,56 € nebst geltend gemachter Zinsen an ihre Rechtsnachfolgerin, die … GmbH, verlangen. Der Anspruch folgt aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB und ist gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf Zahlung an die Rechtsnachfolgerin der Beklagten gerichtet. Die Voraussetzungen einer Leistungskondiktion im Verhältnis zur Klägerin sind hier erfüllt.
a) § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB setzt voraus, dass durch den (vermeintlichen) Schuldner eine Leistung ohne Rechtsgrund erbracht wurde und der Gläubiger (und Bereicherungsschuldner) hierdurch etwas erlangt hat. Leistet der (vermeintliche) Schuldner auf eine in Wahrheit nicht bestehende Forderung, kann er das Geleistete vom Gläubiger kondizieren, wenn er die Leistung nicht in Kenntnis der wahren Sachlage erbracht hätte (§ 814 BGB).
b) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte an die Klägerin ohne Rechtsgrund EEG-Marktprämien in Höhe von insgesamt 315.759,56 € gezahlt hat, weil die hierfür vorgesehenen Fördervoraussetzungen des EEG 2012 und des EEG 2014 nicht vorgelegen haben. Hierbei handelt es sich, worauf das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend abgestellt hat, um Leistungen an die Klägerin, die diese rechtsgrundlos im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB erlangt hat.
aa) Für die Beurteilung, wer bei Vorgängen, an denen mehrere Personen beteiligt sind, als Leistender und wer als Leistungsempfänger zu gelten hat, sind die Besonderheiten des Einzelfalls für die sachgerechte bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu beachten (vgl. BGH, Urt. v. 02.11.1988 – IVb ZR 102/87 Rn 11, zit. nach juris m.w.N.). Maßgeblich kommt es für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung auf die mit der Leistung verbundene Zweckbestimmung an. Denn unter Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB ist eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen, wobei sich die jeweilige Zweckrichtung nach dem Parteiwillen bestimmt. Dabei ist eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zahlungsempfängers geboten, falls dessen und des Zuwendenden Zweckvorstellungen nicht übereinstimmen. Decken sich hingegen die Vorstellungen der Beteiligten, so wird damit die Zweckrichtung einer Zuwendung - die Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinn - bestimmt (BGH, a.a.O, Rn 13). Darüber hinaus sind in die Wertung Gesichtspunkte der Risikoverteilung und des Vertrauensschutzes sowie das bestehende Insolvenzrisiko einzubeziehen. Schließlich ist zu untersuchen, ob das Ergebnis interessengerecht ist (BGH, a.a.O., Rn 15 und 19).
Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei vertraglichen Schuldverhältnissen, in denen der Schuldner/ Kondiktionsgläubiger nach Abtretung des Anspruchs durch den Zedenten an den Zessionar leistete, für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung angenommen wird, dass diese nicht direkt in dem Verhältnis dieser Personen stattzufinden habe, sondern zum einen zwischen dem Zessionar und dem Zedenten und zum anderen zwischen diesem und dem Schuldner, also zum einen im sog. Valutaverhältnis, zum anderen im sog. Deckungsverhältnis (Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 812 Rn 57; BGH, Urt. v. 06.07.2012 – V ZR 268/11 Rn 7, zit. nach juris). Maßgeblicher Grund sei die in solchen Fällen sachgerechte Verteilung der Insolvenzrisiken, die in der Regel nur gewährleistet werden könne, wenn die Rückabwicklung innerhalb der jeweiligen Kausalverhältnisse erfolge, wobei dieser Gesichtspunkt auch bei einem gesetzlichen Schuldverhältnis seine Berechtigung habe (BGH, a.a.O.).
Allerdings verbietet sich bei der bereicherungsrechtlichen Behandlung von Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind, jede schematische Lösung (BGH, Urt. v. 02.11.1988 – IVb ZR 102/87 Rn 11, zit. nach juris).
bb) Die Besonderheiten des hier zu entscheidenden Falls rechtfertigen eine Abweichung von der vorstehend zitierten Grundregel der Bereicherungsabwicklung nach Leistungsketten.
(1) Der von der Klägerin herangezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt überwiegend eine andere Sachverhaltskonstellation zugrunde nämlich dergestalt, dass der Zedent einen Anspruch auf Zahlung gegen den Leistenden/Kondiktionsgläubiger hat (sog. Deckungsverhältnis) und sich einer Forderung des Zessionars auf Zahlung ausgesetzt sieht (sog. Valutaverhältnis), die er dadurch befriedigt, dass er seine Forderung aus dem Deckungsverhältnis gegen den Schuldner/Kondiktionsgläubiger an den Zessionar abtritt und daraufhin der Schuldner/Kondiktionsgläubiger direkt an den Zessionar leistet.
Die vorliegende Fallgestaltung weicht von dieser „klassischen“ Konstellation ab.
Zwischen der Zessionarin (Klägerin) und der Zedentin (Anlagenbetreiberin) bestand kein Valutaverhältnis dergestalt, dass der Zessionarin ein Anspruch auf Zahlung gegen die Zedentin zustand, die durch Abtretung der Forderung aus dem Deckungsverhältnis erfüllt werden sollte. Vielmehr stand der Zedentin gegen die Zessionarin ein Anspruch auf Vergütung für an diese veräußerte Energie zu, mithin ein Kaufpreisanspruch in Höhe der gesetzlichen EEG-Vergütung. Durch Abtretung des gesetzlichen, der Anlagenbetreiberin (Zedentin) gegen die Beklagte zustehenden Anspruchs auf EEG-Vergütung ist die Klägerin zur Gläubigerin der Beklagten geworden.
Diese Konstellation folgt aus der gesetzlich zulässigen Direktvermarktung erneuerbarer Energien gemäß §§ 33 a Abs. 1, 33 b EEG (in der maßgeblichen Fassung vom 28.07.2011, gültig vom 01.01.2012 bis 31.07.2014, kurz EEG 2012). Danach erweitert sich das gemäß
§ 16 EEG 2012 gesetzlich angelegte Zwei-Personen-Verhältnis, wonach der Anlagenbetreiber Strom erzeugt und der Netzbetreiber eine feste Einspeisevergütung zahlt, auf drei Personen. Zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Direktvermarkter wird ein vertragliches Schuldverhältnis begründet, auf das die Vorschriften des Kaufrechts Anwendung finden. In diesem Verhältnis besteht grundsätzlich Vertragsfreiheit, so dass die Vertragspartner frei die Bestimmungen der Hauptleistung, des Preises und der Abrechnung bestimmen können. Daneben besteht das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Anlagenbetreiber und Netzbetreiber (§ 4 EEG 2012). Eine Verknüpfung dieser beiden Verhältnisse tritt dadurch ein, dass eine Abtretung des Anspruchs des Anlagenbetreibers gegen den Netzbetreiber auf EEG-Vergütung an den Direktvermarkter erfolgt, wie hier geschehen (s. hierzu im Einzelnen Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, 4. Aufl. 2013, § 33 g Rn 22 ff).
(2) Für ein Abweichen vom „klassischen“ bereicherungsrechtlichen Modell der Rückabwicklung im Mehrpersonenverhältnis spricht ferner, dass die Beklagte hier nicht eine Leistung auf eine gar nicht bestehende Forderung erbracht hat - ein Fall, den die herrschende Lehre vornehmlich im Auge hat (BGH, Urt. V. 08.06.1988 – IV b ZR 51/87) -, sondern eine Überzahlung von EEG-Vergütung durch die Beklagte vorliegt. Diese hatte angenommen, der Anlagenbetreiberin stehe neben der Grundvergütung noch ein Anspruch auf Boni, z.B. den Bonus für nachwachsende Rohstoffe zu. Da jedoch die Anlagenbetreiberin die hierfür geltenden Vorschriften des EEG nicht erfüllt hatte, wie zwischen den Parteien nicht umstritten ist, erwies sich die von der Beklagten geleistete EEG-Vergütung als überhöht, so dass die Beklagte zur Rückforderung der überhöhten Vergütung von Gesetzes wegen verpflichtet war (§ 35 Abs. 4 EEG 2012).
Für den Fall der Rückforderung irrtümlich überhöhter Leistung hat der Bundesgerichtshof es für gerechtfertigt angesehen, den Bereicherungsausgleich zwischen Bereicherungsgläubiger und Zessionar durchzuführen (BGH, Urt. v. 08.06.1988, a.a.O.).
(3) Schließlich führt die hier gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise dazu, dass die Zessionarin/Klägerin als Leistungsempfängerin und damit Bereicherungsschuldnerin anzusehen ist. Der wirtschaftliche Hintergrund der Forderungsübertragung von der Zedentin auf die Klägerin auf der Grundlage des Direktvermarktungsvertrages unterscheidet sich maßgeblich von den von der Klägerin vorgebrachten (üblichen) Fällen einer Leistung bei abgekürzter Leistungskette, in denen es lediglich um die „Durch- oder Weiterreichung“ einer abgetretenen Forderung zur Erfüllung einer bestehenden Schuld aus dem Valutaverhältnis geht.
Die Klägerin hat mit der Direktvermarktung ein Geschäftsmodell betrieben, das durch Zahlung von EEG-Vergütung „finanziert“ worden ist. Die Klägerin erwarb aufgrund Vertrages mit der Zedentin die von dieser erzeugte Energie, nach den vertraglichen Bestimmungen in Ziffer 2.3 sowie Ziffer 4 aber immer nur dann, wenn dies rentabel erschien. Die von der Klägerin erworbene Energie wurde nach Ziffer 2.2 des Direktvermarktungsvertrages bilanziell dem Unternehmen der Klägerin zugeführt. Es war demnach die Klägerin, die mit den aus dem Schuldverhältnis zwischen Anlagenbetreiber und Netzbetreiber resultierenden EEG-Vergütungen faktisch wirtschaftete. Die Klägerin zahlte an die Anlagenbetreiberin den Kaufpreis für die rein rechnerisch abgenommene Energie – physikalisch wurde die Energie in das Netz der Beklagten eingespeist - und refinanzierte sich durch die von der Beklagten zu zahlende EEG-Vergütung. Die Wirtschaftlichkeit ihres Geschäftsmodells beruhte zentral auf dem Erhalt der EEG-Vergütung durch die Beklagte und somit auf der Abtretung eben dieser Vergütungsansprüche.
Die Klägerin trug das Risiko der Refinanzierbarkeit ihres Geschäftsmodells dergestalt, dass sie von der EEG-konformen Energieproduktion der Zedentin abhing und bei Verstoßes hiergegen wegen dann nicht bzw. nicht in dem angenommenen Umfang gegebener EEG-Vergütung von ihrem Vertragspartner, also von der Zedentin, den jeweils bereits gezahlten Kaufpreis zurückfordern können sollte. Dieses Risiko der Klägerin war im Verhältnis zur Zedentin durch die Haftungsbestimmungen in Ziffer 6.2 und 9.1 abgesichert.
In diesem Zusammenhang greift die von der Klägerin angestellte Betrachtung betreffend Verteilung des Insolvenzrisikos nicht. Das dem Geschäftsmodell der Direktvermarktung innewohnende Insolvenzrisiko der Anlagenbetreiberin geht hier zu Lasten der Klägerin.
Die Klägerin hat sich ihre Vertragspartnerin privatautonom ausgesucht. Sie ist, wie bereits oben ausgeführt, vertraglich ein Risiko eingegangen dahin, dass die Vergütung, die sie an die Zedentin zahlt, ihr später kompensiert wird durch Leistungen der Beklagten. Diese Zahlungen leistete die Klägerin, was die Höhe anbelangte, auf eigenes Risiko, denn die der Zedentin geschuldete Höhe des Kaufpreises war geknüpft an die Höhe der (verdienten) EEG-Vergütung, die wiederum abhängig war von der peniblen Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Erzeugung der Energie. Auf Letzteres hatte die Klägerin faktisch keinen Einfluss.
Die vertragliche Gestaltung der Direktvermarktung führte im vorliegenden Fall dazu, dass die Klägerin in eine Art Vorleistung gegenüber der Zedentin getreten ist, indem sie den Kaufpreis in Höhe der EEG-Vergütung entrichtet hat ohne sicherstellen zu können, dass diese Vergütung durch die Anlagenbetreiberin auch tatsächlich verdient wird. Wegen der Insolvenz ihres Vertragspartners kann die Klägerin die Überzahlungen nicht mehr kompensieren. Auch die vertraglichen Haftungsansprüche gegen die Zedentin dürften nicht mehr realisierbar sein.
(4) Die Beklagte kann im Verhältnis zur Zedentin auch nicht als „sachnäher“ - bezogen auf die Klägerin - angesehen werden. Die von der Klägerin angeführten vertraglichen Schuldverhältnisse, bei denen im Rahmen der privatautonomen Entscheidung die Wahl des Vertragspartners als Argument für eine Rückabwicklung im Kausalverhältnis angeführt wurde, sind nicht mit der hier zu entscheidenden Fallkonstellation vergleichbar. Gegen einen solchen Vergleich spricht bereits, dass die Beklagte sich die Zedentin als Vertragspartnerin nicht privatautonom aussuchen konnte. Zwischen Anlagenbetreiber und Netzbetreiber besteht zwangsweise ein Schuldverhältnis. Eine Sachnähe ist vielmehr aufgrund der vertraglichen Beziehung aus der Direktvermarktung zwischen der Klägerin und der inzwischen insolventen Zedentin zu sehen. Einzig in diesem Verhältnis lassen sich hier eine privatautonome Entscheidung und eine sachlich begründete Nähebeziehung annehmen.
(5) Diese einzelfallbezogene Wertung ist auch interessen- und sachgerecht:
Die hier erfolgte Überzahlung beruht auf einer gesetzlichen Leistungspflicht der Beklagten. Diese hat im Einzelnen in tatsächlicher Hinsicht nicht die Möglichkeit, im Vorfeld der von ihr zu leistenden Marktprämien die EEG-Konformität nachzuprüfen. Sie ist in diesem Fall auf die Angaben des jeweiligen Anlagenbetreibers zu den Fördervoraussetzungen angewiesen. Wird in einem solchen Fall eine Zahlung geleistet, die - was sich erst nachträglich feststellt - aufgrund fehlender Fördervoraussetzungen nicht gerechtfertigt war, ist darin eine unberechtigte Zahlung zu sehen, die wertungsmäßig einer irrtümlichen Zahlung gleichkommt. Im Falle einer irrtümlichen Zahlung an den Zessionar muss sich der Kondiktionsgläubiger wegen seines Bereicherungsausgleichs jedoch grundsätzlich an den Zessionar halten, wie bereits ausgeführt (BGH, Urt. v. 08.06.1988 – IVb ZR 51/87).
In die Wertung ist zudem einzubeziehen, dass mit Schaffung der Direktvermarktungsmöglichkeiten im EEG 2012 der Gesetzgeber einen Anreiz zum Markteintritt des Anlagenbetreibers setzen wollte. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hierdurch die wirtschaftlichen Interessen eines sich neu bildenden Sektors von Direktvermarktungsdienstleistern bedient und geschützt werden sollten.
Das insoweit von der Klägerin letztlich angeführte Gegenargument, wonach eine Belastung der Beklagten mit dem Insolvenzrisiko der Zedentin im Streitfall auch deshalb nicht unzumutbar sei, weil sie dies im Wälzungsmechanismus kompensieren und dem vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber weiterreichen könne, greift nicht durch. Dies hätte zur Konsequenz, dass nicht die Klägerin als Vertragspartnerin der insolventen Zedentin, sondern die Verbraucher letztlich die Geschäftsrisiken der Direktvermarkter zu tragen hätten, weil diese Risikoeinpreisung zu höheren Stromentgelten führen würde. Eine solche Risikoverlagerung vom Direktvermarkter auf den Endverbraucher wäre weder sach- noch interessengerecht.
3) Die Forderung ist gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Entscheidung beruht auf einer Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls, der wiederum maßgeblich die Vertragsgestaltung aus dem Direktvermarktungsvertrag vom 25./28.11.2011 zugrunde lag.
Der Entscheidung ist auch aus anderen Gründen keine grundsätzliche Bedeutung zuzumessen. Nach den Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, denen die Klägerin nicht entgegengetreten ist, handelt es sich dabei um eine Vertragsgestaltung aus der Anfangsphase der Direktvermarktungsdienstleistungen, die gegenwärtig keinen Einzug mehr in die Vertragspraxis findet. Dem Senat sind darüber hinaus keine vergleichbaren Fälle bekannt, in denen eine solche Vertragsgestaltung Gegenstand bereicherungsrechtlicher Rückforderungsansprüche war oder ist.