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Beschwerde; vorläufiger Rechtsschutz; Anordnung der aufschiebenden Wirkung; Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung; Nutzungsuntersagung; Untersagung jeglicher Nutzung; Bezeichnung der baurechtswidrigen Nutzung; unterschiedliche Nutzungen; Duldungsanordnung; Verwaltungsgebühr


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 16.06.2011
Aktenzeichen OVG 2 S 30.10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 146 Abs 4 S 6 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 73 Abs 3 S 1 BauO BB, Art 14 Abs 1 GG

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 9. März 2011 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers wird im Hinblick auf die Nutzungsuntersagung unter Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 1. Dezember 2010 wiederhergestellt und im Hinblick auf die Gebührenfestsetzung unter Ziffer 3 der Ordnungsverfügung vom 1. Dezember 2010 angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Antragsgegner.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.550 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann aus einem vom Antragsteller fristgerecht dargelegten – und damit der Prüfung durch das Oberverwaltungsgerichts gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO unterliegenden – Grund keinen Bestand haben.

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Nutzungsuntersagung unter Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 1. Dezember 2010 ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherzustellen, weil bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung die gegenüber dem Antragsteller als Grundstückseigentümer ergangene Verfügung, die „jegliche Nutzung des Grundstücks R…, Flur 40, Flurstücke 183, 181 und 180 zwischen G… Weg und V… sowie die Nutzung der dort befindlichen Gebäude“ untersagt, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts offensichtlich rechtswidrig sein dürfte. Weil an der sofortigen Vollziehung rechtswidriger Verwaltungsakte grundsätzlich kein öffentliches Interesse besteht, überwiegt bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse des Antragsgegners.

Nach § 73 Abs. 3 Satz 1 BbgBO kann, wenn bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden, diese Nutzung untersagt werden. Damit ermächtigt die Vorschrift dazu, solche Nutzungen zu untersagen, die ohne die erforderliche Baugenehmigung ausgeübt werden oder die Variationsbreite einer erteilten Baugenehmigung überschreiten. In der Nutzungsuntersagung muss mit hinreichender Bestimmtheit bezeichnet sein, welche konkrete baurechtswidrige Nutzung der Adressat des Bescheides zu unterlassen hat. Eine Ermächtigung, den Eigentümer eines Grundstücks zu verpflichten, jegliche Nutzung seines Grundstücks zu unterlassen, enthält § 73 Abs. 3 Satz 1 BbgBO schon nach seinem Wortlaut nicht. Im Übrigen würde eine derartige Nutzungsuntersagung das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum unverhältnismäßig einschränken. Die Untersagung jeglicher Nutzung lässt außerdem unberücksichtigt, dass auf dem ca. 42.000 m2 großen Grundstück des Antragstellers unterschiedliche Nutzungen durch verschiedene Personen bzw. Firmen ausgeübt werden. Wenn der Antragsgegner mit dem angefochtenen Bescheid die durch den Antragsteller selbst ausgeübte Nutzung von auf dem Grundstück belegenen Gebäuden als Lagerhallen untersagen will, hätte es ihm zunächst oblegen zu prüfen, ob diese Nutzung einer Baugenehmigung bedarf. Insoweit eine Nutzung von Teilen des Grundstücks bzw. der darauf aufstehenden Gebäude durch Dritte erfolgt, könnte es geboten sein, den Erlass einer Duldungsanordnung gegenüber dem Antragsteller in Betracht zu ziehen, denn es erscheint jedenfalls fraglich, ob dieser im Rahmen seiner vertraglichen Bindungen überhaupt in der Lage ist, die durch Dritte ausgeübten Nutzungen zu beenden.

2. Die nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entfallende aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Ziffer 3 der Ordnungsverfügung vom 1. Dezember 2010 ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzuordnen, weil an deren Rechtmäßigkeit aus den genannten Gründen ernstliche Zweifel bestehen (vgl. zur Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsgebühr: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Februar 2009 – OVG 11 B 19.08 -, juris Rn. 32).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt insoweit der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).