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Entscheidung 7 U 32/11


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 7. Zivilsenat Entscheidungsdatum 02.05.2012
Aktenzeichen 7 U 32/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 9. Februar 2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 123.354,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2008 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 7 % und der Beklagte 93 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf aus diesem Urteil - auch vorläufig – aber erst vollstrecken, wenn dem Beklagten in dem Insolvenzverfahren des Amtsgerichts Potsdam, 35 IK 915/06, die Restschuldbefreiung versagt wurde.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB in Anspruch.

Der Beklagte war Geschäftsführer der H… GmbH (fortan: GmbH). In dieser Funktion leaste er von der Klägerin Computer und zwar durch folgende Verträge:

Vertrag vom

        

Warenwert netto

        

36 Leasingraten

        

Leasingbetrag insg

        

. Blatt

21./23.12.2004

        

 79.450,00 €

        

2.346,00 €

        

 84.456,00 €

        

 24, 28

27.1./1.2.2005

        

 43.400,00 €

        

1.326,00 €

        

 47.736,00 €

        

 17 f.

Insgesamt

        

122.850,00 €

                        

132.192,00 €

                

Die Klägerin ist Eigentümerin der geleasten Gegenstände. Sie wurden im Dezember 2004 und Januar 2005 geliefert und von dem Beklagten in Empfang genommen (Bl. 19, 29 d. A.).

Die GmbH zahlte am 19. Januar 2005 die erste Leasingrate in Höhe von netto 2.346,29 € = 2.721,70 € brutto (Bl. 93 d. A.). Ab Februar 2005 waren aus beiden Verträgen monatliche Raten in Höhe von brutto 4.260,51 € fällig. Weitere Zahlungen erfolgten nicht. Am 28. Januar 2005 wies das Konto der GmbH noch ein Guthaben von 4.712,87 € aus. Zahlungseingänge waren auf dem Konto nicht mehr zu verzeichnen. Der Beklagte entnahm ab dem 31. Januar 2005 insgesamt 3.741,63 € als Privatentnahme. Am 6. April 2005 wies das Konto einen Bestand von 0,00 € auf (Bl. 93 ff. d. A., Bl. 177 ff. d. Strafakte). Am 7. April 2005 veräußerte er seine Geschäftsanteile an der GmbH zu einem nicht genannten Kaufpreis (Bl. 37 d. A.) und wurde als Geschäftsführer abberufen.

Die Klägerin kündigte mit Schreiben vom 4. August 2005 die Verträge, forderte die GmbH vergeblich zur Herausgabe der Computer bis zum 31. August 2005 auf (Bl. 96 d. A.) und klagte schließlich vor dem Landgericht Berlin (2 O 492/05) auf Herausgabe. Bereits die Zustellung der Klage gestaltete sich schwierig, da die GmbH unter den Geschäftsanschriften (Wohnhäuser) nicht erreichbar war und sich der neue Geschäftsführer unter seiner Meldeanschrift: bei E… Y…, … Hof 19, Vorderhaus 2. Etage Mitte. …, nicht aufhielt. Am 1. August 2006 erging ein Versäumnisurteil. Die Zwangsvollstreckung am 19. August 2006 verlief erfolglos.

Die Klägerin erstattet daraufhin am 20. November 2006 Strafanzeige gegen den Beklagten wegen Betruges bzw. Unterschlagung. Der Beklagte wurde am 5. August 2008 wegen Betruges in zwei Fällen zu Lasten der Klägerin zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Klägerin erhielt am 25. August 2008 Kenntnis von dem Urteil und beanspruchte mit Schreiben vom 28. August 2008 unter Fristsetzung bis zum 11. September 2008 von dem Beklagten Schadensersatz (Bl. 49 d.A.), der ihr jedoch mit Schreiben vom 1. September 2008 mitteilte, er befinde sich im Insolvenzverfahren (Bl. 51 d. A.).

Über das Vermögen des Beklagten war auf dessen Antrag am 28. August 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Forderungen waren bis zum 2. Oktober 2006 anzumelden, Schlusstermin war auf den 17. Januar 2008 bestimmt und am 30. Januar 2008 wurde das Insolvenzverfahren nach § 200 InsO aufgehoben. Mit einer Quote können die Insolvenzschuldner nach dem Protokoll des Schlusstermins nicht rechnen. Die Wohlverhaltensphase beträgt sechs Jahre ab dem 28. August 2006. Die Restschuldbefreiung ist nach § 291 InsO angekündigt (Bl. 1, 62, 151, 170, 173 d. Insolvenzakte).

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Beklagte habe sie über die Zahlungsfähigkeit der GmbH getäuscht. Hierüber habe sie erst am 25. August 2008 durch das Strafurteil Kenntnis erlangt. Sie sei daher Neugläubigerin und die Geltendmachung ihrer Forderung durch das Insolvenzverfahren nicht ausgeschlossen. Als Schadensersatz könne sie von dem Beklagte das positive Interesse verlangen.

Ihren Schaden berechnet sie nach den offenen Leasingraten wie folgt:

Vertrag vom 21./23.12.2004

        

 84. 456,00 €

Vertrag vom 27.1./1.2.2005

        

 47.736,00 €

Kosten der Rechtsverfolgung und Zwangsvollstreckung

        

 2.850,51 €

insgesamt

        

 135.042,51 €

abzüglich Zahlung netto

        

 2.346,29 €

offen 

        

 132.696,22 €

Für ihre vorgerichtliche Aufforderung des Beklagten zur Zahlung beansprucht die Klägerin Anwaltskosten in Höhe von 1.980,40 €.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 132.696,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2008 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 1.980,40 € zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, er habe die Klägerin nicht getäuscht. Vielmehr habe er auf einen Vertragsschluss mit einer Firma P… vertraut, der monatliche Einnahmen von 5.000,00 € garantiert hätte. Im Übrigen seien Ansprüche der Klägerin nach § 301 Abs. 1 InsO durch das Insolvenzverfahren ausgeschlossen. Abgesehen davon könne die Klägerin nur das negative Interesse beanspruchen und ihre Forderung sei außerdem verjährt.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 9. Februar 2011 stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 132.696,51 € sowie vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 1.980,40 € verurteilt (Bl. 159 d. A.). Gegen das am 11. Februar 2011 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 17. Februar 2011 Berufung eingelegt und diese am 11. April 2011 begründet.

Die Parteien wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Der Beklagte beantragt,

1.unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Februar 2011 den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen,
2.im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Februar 2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Die Insolvenzakte des Amtsgerichts Potsdam, 35 IK 915/06, sowie die Strafakte der StA Berlin, 94 Js 6681/06, lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten lediglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von € 123.354,22 zu.

Der Beklagte haftet der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB für den ihr aus dem Abschluss der Leasingverträge entstandenen Schaden. Der Beklagte hat die Klägerin bei den Vertragsverhandlungen über die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit der GmbH getäuscht und sie so zum Abschluss der Verträge veranlasst. Bereits bei Vertragsschluss konnte die GmbH nur die erste Leasingrate aufbringen. Sie hatte keine Einnahmen mehr und der Beklagte hatte das letzte Guthaben auf deren Girokonto als Privatentnahme abgehoben. Der Vortrag des Beklagten, er habe auf den Abschluss eines Vertrages mit der Fa. P… und monatliche Einnahmen von 5.000,00 € vertraut, lässt dessen Vorsatz nicht entfallen. Allein die Hoffnung auf den Abschluss eines Vertrages garantiert noch keine sicheren Einnahmen. Außerdem hätte es nahe gelegen, wenn der Beklagte als Vertreter der GmbH die Klägerin nicht hätte täuschen wollen, dass er das restliche Guthaben der GmbH an die Klägerin auskehrt bzw. die finanzielle Lage der GmbH offenlegt und die Geräte zurückgibt. Stattdessen hat der Beklagte die letzte Barschaft der GmbH an sich genommen und die geleasten Computer verwertet. Nicht zuletzt spricht auch das Geständnis des Beklagten im Strafverfahren für dessen vorsätzliche Täuschung der Klägerin.

Als Schadensersatz hat der Beklagte der Klägerin das so genannte negative Interesse zu ersetzen. Da die deliktische Haftung nicht an das Bestehen einer Verbindlichkeit und deren Nicht- oder Schlechterfüllung anknüpft, stellt sich im Deliktsrecht die Frage nach dem Erfüllungsinteresse als solche nicht. Der deliktische Schadensersatzanspruch ist allein auf das Erhaltungsinteresse gerichtet, d. h. der Vermögensschaden ist nach der so genannten Differenzhypothese durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu ermitteln. Führt das deliktische Handeln zum Abschluss eines Kaufvertrages, so ist der Verkäufer so zu stellen, als wenn er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte (vgl. BGH VersR 2011, 398, 399).

Die Klägerin ist mithin so zu stellen, als ob sie die Leasingverträge nicht abgeschlossen hätte. Ohne die Leasingverträge wäre die Klägerin auf Grund der dreiseitigen Vereinbarung zwischen ihr, der D… GmbH als Verkäuferin und der H… GmbH Eigentümerin der Leasinggeräte geworden. Der Schaden durch den Verlust dieser Geräte bestimmt sich nach dem Netto-Einkaufspreis, den die Klägerin für die Geräte aufgewandt hat. Die Mehrwertsteuer kann unberücksichtigt bleiben, da die Klägerin vorsteuerabzugsberechtigt ist. Netto hat die Klägerin einen Kaufpreis von € 79.450,00 und € 43.400,00, insgesamt € 122.850,00, aufgebracht. Abzuziehen ist die geleistete Leasingrate in Höhe von netto € 2.346,29. Dazu kommen die Kosten für die Rechtsverfolgung und Zwangsvollstreckung bei der GmbH.

Der Schaden der Klägerin berechnet sich danach wie folgt:

Vertrag vom 21./23.12.2004

        

 79.450,00 €

Vertrag vom 27.1./1.2.2005

        

 43.400,00 €

abzüglich Zahlung netto

        

- 2.346,29 €

Kosten der Rechtsverfolgung und Zwangsvollstreckung

        

 2.850,51 €

insgesamt

        

 123.354,22 €

Die Schadensersatzforderung der Klägerin ist nicht verjährt.

Die Forderung verjährt nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB innerhalb von drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Bei Schadensersatzansprüchen liegt die Kenntnis von der Person des Schuldners vor, wenn die Verantwortlichkeit so weit geklärt ist, dass der Gläubiger aufgrund der ihm bekannten oder erkennbaren Tatsachen eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage, gegen den Schuldner erheben kann (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 199, Rn. 33).

Davon ist im Falle der Klägerin im Jahre 2006 auszugehen. Der erste Verdacht, sie sei betrogen worden, musste sich der Klägerin aufdrängen, als die GmbH auf den ersten Leasingvertrag nur die erste Rate und auf den zweiten Leasingvertrag keinerlei Zahlungen erbrachte. Spätestens nach dem erfolglosen Vollstreckungsversuch vom 19. August 2006 und vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten bei Klagzustellung musste die Klägerin davon ausgehen, der Beklagte habe sie bei Vertragsschluss über die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der GmbH getäuscht. Diesen Schluss hat die Klägerin auch gezogen, bestätigt durch ihre Strafanzeige vom 20. November 2006 (Bl. 1 d. Strafakte). Die Klägerin hat zwar auch eine Unterschlagung der Computer erwogen, führt aber zugleich aus: „Möglicherweise lag auch bereits bei Abschluss des Vertrages bzw. bei Abtretung der Geschäftsanteile Betrugsabsicht vor.“ Damit ist von einer Kenntnis der Klägerin im Jahr 2006 auszugehen. Die reguläre Verjährungszeit endete danach mit Ablauf des 31. Dezember 2009.

Die Verjährung wurde nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB mit Zustellung des Mahnbescheids vom 19. Januar 2009 unterbrochen. Zwar ergibt sich aus der Akte nicht, wann der Mahnbescheid zugestellt wurde, da der Zusteller das Datum nicht vermerkt hat. Etwaige Zustellungsmängel wurden jedoch nach § 189 ZPO geheilt, da der Mahnbescheid dem Beklagten jedenfalls zugegangen ist. Ansonsten hätte er nicht am 28. Januar 2009 Widerspruch einlegen können. Das Mahngericht hat die Klägerin mit Schreiben vom 29. Januar 2009 über den Widerspruch unterrichtet und zugleich die zweite Gerichtskostenhälfte angefordert. Die Klägerin hat die Klage aber erst mit Schriftsatz vom 7. Mai 2010, eingegangenen beim Mahngericht am 14. Mai 2010, begründet und zugleich Gerichtskostenmarken in erforderlicher Höhe eingereicht. Das Verfahren wurde daraufhin am 19. Mai 2010 an das Streitgericht abgegeben und die Klage am 10. Juli 2010 zugestellt.

Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so endet nach § 204 Abs. 2 S. 2 BGB die Hemmung des Verfahrens sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die letzten Verfahrenshandlungen vor dem Stillstand war die Mitteilung des Gerichts vom 29. Januar 2009, dass der Beklagte Widerspruch eingelegt hat. Die Hemmung dauerte danach von der Zustellung des Mahnbescheides bis zum 29. Januar 2009 zzgl. sechs Monate. Diese Zeit wird nach § 209 BGB nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet, so dass die Verjährung jedenfalls nicht vor dem 1. Juli 2010 endete. Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin die Klage begründet und damit das Verfahren weiterbetrieben, so dass ab diesem Zeitpunkt nach § 204 Abs. 2 S. 3 BGB die Hemmung der Verjährung neu begann.

Der gerichtlichen Geltendmachung der Klageforderung steht ferner nicht das Insolvenzverfahren des Beklagten entgegen. Wohl können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nach § 87 InsO nur noch nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.

Die Klägerin ist Insolvenzgläubigerin, obwohl sie ihre Forderung nicht zur Tabelle angemeldet hat und damit von der Verteilung ausgeschlossen ist. Insolvenzgläubiger ist nach § 38 InsO unabhängig von der Anmeldung jeder Gläubiger, der – wie die Klägerin - einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat. Ob Schadensersatzansprüche Insolvenzforderungen und damit von der Schuldbefreiung erfasst sind, hängt davon ab, ob der Schuldner die unerlaubte Handlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begangen hat, wobei es genügt, wenn der haftungsbegründende Tatbestand vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht wurde und die Schäden erst nach der Verfahrenseröffnung eintreten (vgl. MünchKomm-Stephan, InsO, 2. Aufl., § 301 Rn. 11). Vorliegend hat der Beklagte die Klägerin bereits im Dezember 2004 und Januar 2005 getäuscht und zum Abschluss der Leasingverträge veranlasst, so dass die Tathandlung sowie der Schaden durch Lieferung der Geräte noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28. August 2006 eingetreten ist.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte darüber hinaus aus § 826 BGB wegen Vollstreckungsvereitelung haftet, weil er das Leasinggut der Zwangsvollstreckung entzogen hat. Auch insoweit liegen die Tathandlung und deren Erfolg noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Allerdings wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten bereits am 20. Januar 2008 nach § 200 InsO aufgehoben. Insolvenzgläubiger können danach gemäß § 201 Abs. 1 InsO ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner grundsätzlich unbeschränkt geltend machen. Die Vorschriften über die Restschuldbefreiung bleiben nach § 201 Abs. 3 InsO dabei jedoch unberührt, d.h. mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung und Einsetzen eines Treuhänders wird die Nachhaftung des Schuldner nach § 201 Abs. 1 InsO bis zur endgültigen Entscheidung über die Restschuldbefreiung ausgesetzt (vgl. Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 201, Rn. 10). Zwangsvollsteckungen einzelner Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners sind während der Laufzeit der Abtretungserklärung nach § 294 Abs. 1 InsO unzulässig und zwar unabhängig davon, ob er seinen Vermögensanspruch angemeldet hat und er im Restschuldbefreiuungsverfahren berücksichtigt wird (vgl. BGH vom 13.07.2006, IX ZB 288/03, Juris, Rn. 7 f .; Vallender, ZIP 2000, 1288, 1290).

Ungeachtet dessen ist die Klage nicht als unbegründet abzuweisen, da dem Beklagten bisher keine Restschuldbefreiung erteilt wurde, sondern die Restschuldbefreiung nur nach § 291 Abs. 1 InsO lediglich angekündigt ist. Insolvenzgläubigern, deren Forderungen zur Tabelle angemeldet und festgestellt sind, kann deshalb schon während des Restschuldbefreiungsverfahrens ein vollstreckbarer Tabellenauszug erteilt werden, damit sie sofort nach Wegfall der Sperre des § 294 Abs. 1 InsO im Wege der Einzelzwangsvollstreckung auf das Schuldnervermögen zugreifen können (vgl. Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 201, Rn. 10). Entsprechend können Insolvenzgläubiger, die nicht an dem Insolvenzverfahren teilgenommen haben, uneingeschränkt ihre ursprüngliche Forderung gerichtlich geltend machen, um einen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner zu erlangen (vgl. Uhlenbruck a.a.O. Rn. 1, § 87, Rn. 5). Ansonsten müssten diese Gläubiger sehenden Auges ihre Forderungen verjähren lassen, obwohl noch nicht endgültig darüber entschieden, ob die Restschuldbefreiung erteilt wird.

Wird später die Restschuldbefreiung erteilt, so wirkt sie aber nach § 301 Abs. 1 InsO gegen alle Insolvenzgläubiger. Dies gilt auch für die Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, unabhängig davon, ob sie ein Verschulden hieran trifft oder sie von dem zur Begründung seines Antrages herangezogenen Fehlverhalten des Schuldners erst nach dem Schlusstermin erfahren hat (vgl. Vallender ZIP 2000, 1288, 1290; MünchKomm-Stephan, InsO, 2. Aufl., § 301, Rn. 10). Ansonsten wäre dies der mit §§ 301 Abs. 1 S. 2, 302 Nr. 1 InsO bezweckten Rechtssicherheit in hohem Maße abträglich. Eine besondere Schutzbedürftigkeit des am Insolvenzverfahren nicht teilnehmenden oder seine Forderung nicht ordnungsgemäß anmeldenden Insolvenzgläubigers ist nicht anzuerkennen, da er infolge der öffentlichen Bekanntmachung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach §§ 30 Abs. 1, 9 Abs. 1 InsO jeder Gläubiger grundsätzlich in der Lage ist, von der Insolvenz seines Schuldners Kenntnis zu nehmen (vgl. BGH v. 16.12.2010, IX ZR 24/10, Juris, Rn. 19 ff).

Ausgenommen sind nach §§ 302 Nr. 1, 174 Abs. 2 InsO Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, wenn die Forderungen mit Angabe des Rechtsgrundes zur Tabelle angemeldet wurden. Forderungen, die nicht oder ohne Angabe der Tatsachen, die einer vorsätzlichen unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegen, angemeldet sind, werden dagegen von der Restschuldbefreiung erfasst (vgl. Vallender in Uhlenbruck a.a.O., § 302, Rn. 14).

Bestehen bleiben auch von den Beschränkungen der §§ 294 Abs. 1, 301 Abs. 1 InsO unabhängige Schadensersatzansprüche wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung wegen Handlungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens. So kommt ein Ersatzanspruch aus § 826 BGB in Betracht, wenn der Schuldner vorsätzlich die Forderung eines Gläubigers im Gläubiger- und Forderungsverzeichnis sowie im Schuldenbereinigungsplan nicht aufgeführt hat (vgl. BGH v. 06.11.2008, IX ZB 34/08, Juris, Rn. 11 und v. 16.12.2010, IX ZR 24/10, Juris, Rn. 26; Vallender ZIP 2000, 1288, 1290; MünchKomm-Stephan, InsO, 2. Aufl., Rn. 10). Der Schuldner muss nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Verzeichnis seiner Gläubiger und ihrer Forderungen bei dem Insolvenzgericht einreichen. Dies kann sich jedoch nur auf den Schuldner bekannte Forderungen beziehen. So betrafen die zu § 826 BGB ergangenen Entscheidungen (BGH v. 06.11.2008, IX ZB 34/08; LG Schwerin VersR 2007, 400, 401) Forderungen, die bereits tituliert waren und die der Schuldner gleichwohl nicht in das Verzeichnis aufgenommen hat. Vorliegend hat die Klägerin ihre Schadensersatzforderung dagegen erstmals nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens am 30. Januar 2008 durch ihr Schreiben vom 28. August 2008 geltend gemacht, nachdem sie jahrelang geschwiegen hatte und der Beklagte mit keinen Forderungen mehr rechnen musste. Ihn trifft insoweit jedenfalls kein Verschulden.

Der Zinsanspruch ist aus §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Ihre vorgerichtlichen Kosten kann die Klägerin nicht nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB als Verzugsschaden ersetzt verlangen, da sie ihre Prozessbevollmächtigten bereits zur erstmaligen Geltendmachung der Forderung beauftragt hatte und deren Gebühren angefallen sind noch bevor sich der Beklagte in Verzug befand.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 726 Abs. 1 ZPO. Im Hinblick auf die Vollstreckungsbeschränkung aus §§ 201 Abs. 3, 294 Abs. 1, 299 InsO darf die Klägerin - auch vorläufig - aus dem Urteil erst vollstrecken, wenn dem Beklagten die Restschuldbefreiung versagt ist. Erlangt der Beklagte die Restschuldbefreiung nach § 300 Abs. 1 InsO, so ist die Zwangsvollsteckung auf Dauer ausgeschlossen und die Klägerin hat als Insolvenzgläubigerin den Titel in entsprechender Anwendung des § 371 BGB an den Beklagten als Schuldner herauszugeben (vgl. FK-InsO-Ahrens, 6. Aufl., § 301, Rn. 12). Nach Gewährung der Restsschuldbefreiung werden die gegen den Schuldner verbliebenen Forderungen zu „unvollkommenen Verbindlichkeiten“, die weiterhin erfüllbar, aber nicht erzwingbar sind, herabgestuft (vgl. BGH v. 16.12.2010, IX ZR 24/10, Juris, Rn. 15).

Die Revision war nicht zuzulassen, da der Sache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.