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Mammareduktionsplastik; Osteochondrose


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 14.01.2011
Aktenzeichen L 1 KR 197/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 13 Abs 3 SGB 5

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von 4 500,00 € als Kostenerstattung für die Durchführung einer Brustverkleinerung (Mammareduktionsplastik - MRP -).

Die 1985 geborene Klägerin war über ihre Mutter beim Rechtsvorgänger der Beklagten, der Schwäbisch Gmünder Ersatzkasse, familienversichert. Sie litt unter einer beidseitigen Mammahypertrophie (übergroßen Brüsten), an Beschwerden der Wirbelsäule sowie an einer Verspannung der Nackenmuskulatur. Mit diesen Diagnosen verordnete die Fachärztin für Plastische Chirurgie Dr. P am 04. Dezember 2003 eine Krankenhausbehandlung für eine MRP. Die Klägerin beantragte am 23. Dezember 2003 eine solche Operation und fügte Atteste bei. Nach dem Attest ihrer Frauenärztin K litt die Klägerin seit einiger Zeit unter einer Mastopathie (Brustdrüsenveränderungen), die mit Schmerzen verbunden sei. Die Orthopäden Dr. S und Dr. W attestierten, dass die Klägerin an einer erheblichen Verformung im mittleren bis unteren BWS-Bereich (Brustwirbelsäulenbereich) aufgrund einer juvenilen Osteochondrose mit lang anhaltenden Nervenwurzelreizerscheinungen leide. Da außerdem eine Mammahypertrophie bestünde, ergäbe die Kombination beider Befunde ein nahezu permanentes Schmerzbild. Dem Antrag war auch eine Bescheinigung der Psychotherapeutin W beigefügt, wonach die Klägerin sich bei ihr einer Behandlung unterziehe, um die für sie belastenden Probleme im Zusammenhang mit ihrer Brust zu bearbeiten.

Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung der Klägerin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg (MDK). Dessen Gutachterin Dr. R untersuchte die Klägerin am 22. März 2004 und stellte eine Brustgröße im oberen Normbereich fest (Brustumfang 101 cm, geschätztes Gewicht der einzelnen Brust zirka 700 g). Ausweislich des Attestes des Orthopäden liege eine juvenile Osteochondrose (Morbus Scheuermann) mit erheblichen Verformungen im Bereich der BWS vor, welche typischerweise zu Beschwerden führe. Bei zu erwartenden Reduktionsgewichten von unter 500 g pro Seite sei von einer Besserung der Beschwerden durch eine Brustverkleinerung nicht auszugehen. Vielmehr stünden die Rückenschmerzen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erkrankung der Wirbelsäule.

Mit Bescheid vom 06. Mai 2004 lehnte es daraufhin die Beklagte ab, die beantragte Kostenzusage zu erteilen. Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse nach § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bestehe nicht, wenn operative Eingriffe vorgenommen werden sollten, um einen im Normbereich liegenden Körperzustand zu verändern. Es fehle an einer Krankheit. Die Rückenschmerzen der Klägerin stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erkrankung der Wirbelsäule. Im Vordergrund sollten ambulante konservative Maßnahmen stehen.

Die Klägerin erhob Widerspruch und reichte weitere Atteste ein. Der Facharzt für Plastische Chirurgie P schätzte im ärztlichen Attest vom 13. August 2004 das Gewicht der einzelnen Brüste auf zirka 1 300 g, so dass von einem Reduktionsgewicht von über 500 g je Seite auszugehen sei. Der Facharzt für Orthopädie H sah im Attest vom 09. August 2004 keinen Hinweis auf einen klinisch relevanten Morbus Scheuermann.

Die Beklagte schaltete daraufhin erneut den MDK ein. Dessen Chirurg P verneinte im Gutachten vom 22. September 2004 die Indikation zur Durchführung einer MRP. Zwar bestehe ohne Zweifel eine Hyperplasie der Mammae bei Betonung der linken Seite, wobei es sich bei der Art der Ausprägung aber um eine in der gesunden Bevölkerung weit verbreitete Normvariante handele. Die Orthopädin des MDK Dr. K gelangte im sozialmedizinischen Gutachten vom 01. Oktober 2004 zum gleichen Ergebnis. Die Befunde der behandelnden Ärzte könnten nach Durchsicht der Röntgenbilder zu einer leichten Form des Morbus Scheuermann in Einklang gebracht werden. Bei diesem Krankheitsbild stimmten Röntgenbefund und geklagte Beschwerden häufig nicht überein. Beim Morbus Scheuermann handele es sich um eine Wachstumskrankheit. Sie komme mit Eintritt in das Erwachsenenalter zum Stillstand. Es blieben aber Deformitäten bestehen. Diese könnten Ursache für rezidivierende Beschwerden sein. Die Rückenbeschwerden der Klägerin seien ursächlich in der Wirbelsäule zu suchen. Die Mammahyperplasie sei zusätzlich erschwerend, sie habe jedoch alleine keinen Krankheitswert. Bei einer MRP sei zwar eine subjektive Beschwerdeerleichterung zu erwarten. Es handele sich hierbei jedoch um eine palliative, nicht um eine ursächliche Behandlung der Beschwerden. Alternativen hierzu seien eine Muskelstärkung, Physiotherapie und Sport in Eigenregie. Strukturell sei jedoch die bei der Klägerin durch einen vorliegenden Keilwirbel begründete Kyphose (Rundrücken) nicht mehr beeinflussbar. Es könne lediglich einer Verschlechterung der Symptomatik vorgebeugt werden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2005 (zurück. Die Hyperplasie selbst habe keinen Krankheitswert. Zudem sei ein Zusammenhang zwischen einer solchen und Wirbelsäulenbeschwerden wissenschaftlich nicht belegt.

Hiergegen hat sich die Klage der Klägerin vor dem Sozialgericht Berlin (SG) gerichtet. Die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V seien erfüllt. Die Brustgröße führe zu körperlichen Fehlfunktionen. Sie leide unter erheblichen und dauerhaften Beschwerden im Halswirbelsäulen-, Brust- und Lendenwirbelbereich und starken Verspannungen der Rückenmuskulatur, chronischen Myogelosen (Muskelverdickungen) der Schulter- und Nackenpartie und stetem Einschneiden der BH-Träger. Der medizinische Nutzen der MRP zur Behandlung von Wirbelsäulenbeschwerden sei durch klinische Studien belegt.

Am 21. Mai 2007 hat die Klägerin die Operation auf eigene Kosten im Poliklinikum F von der Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie Dr. F durchführen lassen. Das Resektionsgewicht hat ausweislich des OP-Berichts rechts 320 g und links 319 g betragen. Vor der Operation hatten die behandelnde Ärztin Dr. F und die Klägerin eine „Behandlungsvereinbarung“, abgeschlossen, wonach die Parteien sich darüber einig seien, dass die MRP auf privatärztlicher Basis durchgeführt werden solle.

Die Rechnung der Poliklinikum F GmbH über 4 500,00 € hat die Klägerin beglichen.

Nach den Angaben der Klägerin haben sich die Rückenbeschwerden seit Durchführung der Operation deutlich gebessert und zu einer nahezu völligen Beschwerdefreiheit geführt.

In der mündlichen Verhandlung am 27. März 2008 vor dem SG hat die Klägerin auf Befragen durch den Vorsitzenden erklärt, sie habe zirka vier bis fünf Serien Physiotherapie und eine Serie Akupunktur in Anspruch genommen. Sie habe die in der Physiotherapie erlernten Eigenübungen regelmäßig durchgeführt. Eine Beschwerdelinderung sei dadurch nicht eingetreten. Sie habe Sport wegen ihrer Beschwerden nur in geringem Umfang betreiben können.

Das SG hat die nunmehr auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides sowie auf Verurteilung zur Kostenübernahme gerichtete Klage mit Urteil vom 27. März 2008 abgewiesen. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht zu. Die Operation sei nicht - wie erforderlich - im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V unaufschiebbar gewesen. Ein Notfall habe nicht vorgelegen. Die Beklagte habe die Leistung auch nicht nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative SGB V zu Unrecht abgelehnt. Versicherte hätten Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Leistungen müssten nach § 12 Abs. 1 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürften das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Die operative Brustkorrektur sei nicht medizinisch erforderlich und damit nicht notwendig gewesen.

Die Mammahypertrophie selbst stelle keine behandlungsbedürftige Krankheit dar. Krankheit im Sinne des SGB V sei ein regelwidriger Körperzustand. Eine Regelwidrigkeit sei gegeben, wenn der Körperzustand vom Leitbild eines gesunden Menschen abweiche. Hier hätten sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass allein die Größe der Brüste eine Funktionseinschränkung zur Folge gehabt hätte oder dass die Klägerin entstellt gewesen sei. Eine Entstellung bestehe, wenn Versicherte objektiv an einer körperlichen Auffälligkeit von so beachtlicher Erheblichkeit litten, dass sie die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gefährde (Bezugnahme auf Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 19/07 R -). Ein solches Ausmaß habe diese selbst nicht vorgetragen. Soweit die Klägerin aufgrund der Größe an psychischen Beschwerden gelitten habe, rechtfertige dies nach ständiger Rechtsprechung des BSG keine Operation, weil bei einer danach psychischen Erkrankung lediglich ein Anspruch auf deren Behandlung begründet sein könne (Bezugnahme auf BSG, a. a. O.). Eine Krankheit liege bei der Klägerin vielmehr (nur) im Hinblick auf die orthopädischen Beschwerden vor. Aufgrund des Gutachtens der Dr. K des MDK sei davon auszugehen, dass die Klägerin jedenfalls unter einer leichten Form einer juvenilen Osteochondrose in Form eines Morbus Scheuermann leide und diese Erkrankung zu einer fixierten Kyphose, begründet in einem keilförmig deformierten achten Brustwirbelknochen, geführt habe. Die Gutachterin habe überzeugend dargelegt, dass die Rückenbeschwerden ursächlich auf diese Erkrankung zurückzuführen seien und sich die Mammahyperplasie lediglich erschwerend auswirke. Diese Feststellungen ließen sich mit den Attesten der behandelnden Orthopäden in Einklang bringen. Zur Behandlung dieser orthopädischen Erkrankung sei die Brustverkleinerungsoperation nicht notwendig gewesen. Es könne dabei dahingestellt bleiben, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen orthopädischen Gesundheitsstörungen und der Brustgröße wissenschaftlich belegt sei. Selbst wenn man diesen Zusammenhang unterstelle, sei zu beachten, dass die Operation hier nur mittelbar der Bekämpfung der auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Krankheit diene. Zwar könnten grundsätzlich auch derartige Maßnahmen notwendig im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V sein, wenn sie gezielt der Krankheitsbekämpfung dienten (Bezugnahme auf BSGE 85, 56, 59 ff., Urteil vom 19. Februar 2003, BSGE 90, 289). Eine solche mittelbare Behandlung bedürfe jedoch einer besonderen Rechtfertigung, in welcher eine Abwägung zwischen dem voraussichtlichen medizinischen Nutzen und dem möglichen gesundheitlichen Schaden erfolgen müsse. Werde dabei in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen, seien besonders schwere Anforderungen zu stellen, wobei Art und Schwere der Erkrankung, das Risiko und der eventuelle Nutzen der Therapie gegeneinander abzuwägen seien (BSGE 90, 289). Hier führe diese Abwägung dazu, dass vor Durchführung der MRP zunächst sämtliche Behandlungsalternativen ausgeschöpft hätten sein müssen. Ein chirurgischer Eingriff dürfe stets nur die letzte denkbare Maßnahme sein. Denn durch eine Brustverkleinerungsoperation werde im Grunde in ein gesundes Organ eingegriffen. Da hierbei das Risiko der Narkose und auch das Ergebnis der Operation zu berücksichtigen seien, stelle eine chirurgische Behandlung im Bereich der Brust nur die „Ultima ratio’“ dar (Bezugnahme auf Entscheidungen verschiedener Landes- und Sozialgerichte). Bei der Klägerin lägen erhebliche und schwerwiegende Erkrankungen bzw. Deformierungen der Wirbelsäule nicht vor. Auch habe die Klägerin die zur Verfügung stehenden konventionellen orthopädischen Behandlungsmaßnahmen unter Zuhilfenahme von Heilmitteln nicht ausgeschöpft. Nach den Angaben der Gutachterin Dr. K, die mit dem behandelnden Orthopäden Dr. S Rücksprache gehalten habe, sei die Klägerin bei diesem nur sporadisch in Behandlung, wobei ihr Krankengymnastik und balneo-physikalische Maßnahmen verschrieben worden seien.

Dadurch sei das zur Behandlung der Rückenbeschwerden zur Verfügung stehende Leistungsprogramm der gesetzlichen Krankenversicherung bei Weitem nicht ausgeschöpft gewesen. Vielmehr wären eine regelmäßig fachärztlich-orthopädische Betreuung, eine über einen längeren Zeitraum durchgeführte intensive Physiotherapie, die konsequente Stärkung der Rückenmuskulatur durch Eigenübungen und sportliche Betätigungen sowie die Inanspruchnahme von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erforderlich gewesen. Im Ergebnis hätte damit zwar die Kyphose nicht mehr beeinflusst werden können, jedoch einer weiteren Verschlechterung der Symptomatik vorgebeugt werden können. Hinsichtlich der Beschwerden der Klägerin im Nackenbereich in Form einer Myogelose seien durch die einmalige Akupunkturbehandlung die konventionellen Behandlungsmöglichkeiten ebenfalls bei Weitem nicht ausgeschöpft. Insofern kämen noch Massagen und durchblutungsfördernde Maßnahmen in Betracht. Schnürfurchen an den Schultern seien jedenfalls nicht dauerhaft und irreversibel gewesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin.

Der - früher zuständige - Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. P hat die Frage, ob vor dem 21. Mai 2007 weitere, bisher nicht genutzte ambulante Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, verneint, da es sich um ein Ungleichgewicht der Gewichtsverteilung am Brustkorb der Klägerin gehandelt habe. Mangels wesentlichem Übergewicht habe nicht die Notwendigkeit einer Gewichtsreduktion bestanden. Konservative Maßnahmen wie manuelle Therapie und Krankengymnastik hätten von orthopädischer Seite veranlasst werden müssen, jedoch nicht die Ursache der Beschwerden und der Fehlhaltung, nämlich die zunehmende Brustgröße, verändern können. Die klinische Langzeiterfahrung der plastischen Chirurgie zeige, dass die MRP unmittelbar postoperativ zu einer maximalen Beschwerdereduktion beitrage. Diese zeige auch, dass physiotherapeutische Maßnahmen in den Fällen einer beschwerdeverursachenden Mammahypertrophie keine entscheidende Besserung brächten. Der Facharzt für Orthopädie G, welchen die Klägerin einmalig am 20. Juli 2004 aufgesucht hatte, hat zu dieser Frage ausgeführt, eine manuelle Therapie sowie eine stabilisierende Trainingstherapie hätten eine Verbesserung des Beschwerdekomplexes erbringen können, seien aber nicht genutzt worden.

Der behandelnde Orthopäde S bescheinigte am 04. Dezember 2009, dass die Klägerin bei ihm nur viermal vorstellig gewesen sei und rezidivierende Blockierung der BWS sowie ein Verdacht auf rheumatoide Arthritis diagnostiziert worden seien.

Mit Beweisanordnung vom 10. Dezember 2009 hat der 24. Senat ein schriftliches Sachverständigengutachten beim Arzt für Orthopädie B in Auftrag gegeben. Dieser untersuchte die Klägerin am 03. März 2010. Im Gutachten vom 06. August 2010 diagnostizierte er als Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet eine Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule mit flachbogig rechts-konvexer Seitbiegung der LWS sowie S-förmiger, flachbogig links-rechts-konvexer Seitbiegung der BWS sowie Residuen einer juvenilen Osteochondrose (Scheuermann-Erkrankung) im Bereich der BWS, dort betont der Segmente BWK 5 bis 9. Diese krankhaften Veränderungen seien einer Behandlung nur bedingt zugänglich. Typischerweise gelangten Maßnahmen der Krankengymnastik bzw. Physiotherapie sowie Haltungs schulende Maßnahmen zur Anwendung. Deren vorrangiges Ziel sei eine Beeinflussung des subjektiven Beschwerdebildes bzw. der Prophylaxe wiederkehrender Beschwerden. Operative Maßnahmen seien in Anbetracht der nur mäßig ausgeprägten Fehlstatik bzw. der nur mäßig ausgeprägten osteochondrotischen Veränderungen nicht in Betracht zu ziehen. Es sei fern liegend, dass konservative Behandlungsmethoden gezielt und konsequent durchgeführt worden seien. Zwar sei durch die Orthopäden S und W physikalische Therapie- bzw. Krankengymnastik verordnet worden. Jedoch sei im anschließenden Zeitintervall von sechs Monaten keine Wiedervorstellung erfolgt. Die im Weiteren konsultierten Orthopäden hätten konservative Maßnahmen nur empfohlen. Zumindest nach Aktenlage ergebe sich deshalb nicht, dass im Bereich der Rumpfwirbelsäule eine gezielte Behandlung erfolgt sei. Der Gutachter stimmt den Ergebnissen der medizinischen Gutachten des MDK aus dem Jahr 2004 zu.

Die Klägerin bemängelt an dem Gutachten, dass der Gutachter nicht dazu Stellung genommen habe, welchen Einfluss die MRP auf die Beschwerdesituation gehabt habe. Er habe nicht berücksichtigt, dass diese eine deutliche Beschwerdelinderung verzeichnen konnte.

Sie habe über einen längeren Zeitraum Physiotherapiemaßnahmen durchgeführt (vier bis fünf Serien à sechs Anwendungen).

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. März 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 06. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten der am 21. Mai 2007 durchgeführten beidseitigen Mammareduktionsplastik in Höhe von 4 500,00 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Bei einem tatsächlichen Resektionsgewicht von nur 320 g je Seite erscheine es abwegig, dass die MRP geeignet für die Linderung von Rückenbeschwerden gewesen sei.

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze, die eingegangenen Befundberichte und Gutachten wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung bleibt erfolglos. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat verweist zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Das SG hat zutreffend die Frage, ob eine MRP generell geeignet ist, orthopädische Beschwerden entscheidend zu mindern, dahingestellt bleiben lassen.

Richtigerweise wäre nämlich bei der Klägerin eine solche Operation allenfalls eine als Sachleistung auszuführende Krankenbehandlung angezeigt gewesen, wenn zuvor alle Behandlungen, welche auf die Rückenbeschwerden direkt abzielen, ausgeschöpft gewesen wären (im Ergebnis ebenso: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2008 - L 9 KR 589/07 -).

Dass die Klägerin nicht alle konservativen Behandlungsmethoden erschöpfend in Anspruch genommen hat, bevor sie MRP durchführen ließ, folgt zur Überzeugung des Senats bereits aus den Befundberichten und gutachterlichen Stellungnahmen des MDK. Das in zweiter Instanz eingeholte Sachverständigengutachten hat diesen Sachverhalt bestätigt.

Die Klägerin war nur unregelmäßig in orthopädischer Behandlung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.