Gericht | OLG Brandenburg | Entscheidungsdatum | 17.05.2011 | |
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Aktenzeichen | Verg W 16/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 21.11.2010 gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 8.11.2010 - VK 51/10 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich derjenigen des Verfahrens der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde werden gegeneinander aufgehoben.
I.
Im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 11. Juni 2010 wurde das Bauvorhaben "Neubau einer Grünbrücke, A …, km 39,85, BW 15Ü2a", im Offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Varianten/Alternativangebote waren nach Ziffer II.1.9) der Bekanntmachung zugelassen. Zuschlagskriterium war gemäß Ziffer IV.2.1) der Bekanntmachung allein der niedrigste Preis. Die Bekanntmachung, Ziffer I.1), nennt den Landesbetrieb …, NL Autobahn, als Auftraggeber.
In den Verdingungsunterlagen vom 28. Mai 2010 heißt es, dass der Landesbetrieb … die Leistung im Namen und für Rechnung (Auftraggeber) der Bundesrepublik Deutschland - Bundesstraßenverwaltung -, vertreten durch das Land Brandenburg, dieses vertreten durch den Landesbetrieb …, NL Autobahn, vergibt. Die Baubeschreibung sowie das Leistungsverzeichnis weisen für die beiden Teilleistungen Straßen- und Brückenbau geringfügige Leistungsbestandteile der Ausschreibung aus, die auf Rechnung des Landes anzubieten sind. Fast alle Leistungen sind solche auf Rechnung des Bundes.
Die Gesamtbaumaßnahme gliedert sich nach der Baubeschreibung in drei Vergabeeinheiten. Neben der hier streitgegenständlichen Vergabeeinheit betreffend den Straßen- und Brückenbau sind noch zwei Vergabeeinheiten Landschaftsbau und Einfriedungen vorgesehen.
Zu den Verdingungsunterlagen gehört u. a. der Vordruck HVA B-StB-Mindestanforderungen. Die Mindestanforderungen für Nebenangebote verweisen auf Technische Regelwerke, Allgemeine Rundschreiben Straßenbau (ARS) und Erlasse. Am 1. Juli 2010 teilte der Auftraggeber den Bietern mit, dass das Erfordernis, dass Nebenangebote eine rechnerisch nachvollziehbare Mengenermittlung für alle Mengen in allen geänderten sowie neu hinzukommenden Positionen enthalten müsse, gestrichen wurde.
Neben der Antragstellerin gaben zehn weitere Bieter Angebote ab. Die Antragstellerin reichte ein Haupt- und drei Nebenangebote ein, der Submissionszweite ein Haupt- und ein Nebenangebot, der submissionsgünstigste Bieter ein Hauptangebot. Bei der Submission lag die Antragstellerin mit ihrem Hauptangebot auf Rang drei. Berücksichtigt man die Nebenangebote 1 und 3 der Antragstellerin, ist diese preisgünstigste Bieterin.
Die Hauptangebote bewegten sich preislich zwischen 4,677 Mio. € und 6,275 Mio. €/brutto, d. h. zwischen knapp 4 Mio. € und 5,27 Mio. € netto. Der Auftraggeber überprüfte daraufhin seine auf Festlegungen zum 30.10.2009 beruhende Auftragswertschätzung in Höhe von 6.773.000 €. Gemäß Vergabevermerk resultieren die Abweichungen zum geschätzten Wertumfang des Bauvorhabens aus einer Kostenschätzung mit 30 % höheren Stahlpreisen. Der drastische Preisanstieg bei vergleichbaren Brückenbaumaßnahmen habe dazu geführt, auch für die Betonarbeiten höhere Preise in die Kostenberechnung aufzunehmen. Geringere Kosten hätten sich außerdem aus den Leistungen Erdbau, Dichtungen und technische Bearbeitung der Ausführungsplanung ergeben bzw. seien einem schärferen Wettbewerb geschuldet.
Nach Prüfung und Wertung der Angebote kam der Auftraggeber zu dem Ergebnis, dass er kein Nebenangebot mit Einfluss auf die Bieterreihenfolge der Plätze 1 bis 3 werten kann.
Das Nebenangebot 1 der Antragstellerin besteht im Wesentlichen in einem alternativen konstruktiven Lösungsvorschlag mit einer Reduzierung der Trägeranzahl. Dem Nebenangebot 1 ist eine Auflistung der gegenüber dem Leistungsverzeichnis für das Hauptangebot entfallenen, geänderten und neu eingefügten Positionen beigefügt. In der Erläuterung zum Nebenangebot 1 heißt es, dass diese Positionen mit dem angebotenen Gesamtbetrag als Pauschale zu vergüten seien. Die Pauschalierung sei Grundlage der Kalkulation. Der Auftraggeber bewertete dieses Nebenangebot mit der Begründung nicht, die im Nebenangebot zusätzlich vorgenommenen Mengenreduzierungen für die Betonkubatur und den Betonstahl ließen sich nicht nachvollziehen, weil insoweit keine Veränderung gegenüber dem Bauwerksplan in der Ausschreibung vorgenommen worden sei. Die vorgenommenen Mengenreduzierungen stellten eine Änderung der Verdingungsunterlagen dar.
Das Nebenangebot 2 der Antragstellerin besteht darin, hinsichtlich des Hinterfüllungsmaterials auf die hohen Anforderungen im Leistungsverzeichnis zu verzichten und stattdessen andere Böden im Hinterfüllbereich zu verwenden. Der Auftraggeber bewertete dieses Nebenangebot ebenfalls nicht; es sei nicht gleichwertig, jedoch brauchbar.
Das Nebenangebot 3 besteht in einer Kombination der Nebenangebote 1. und 2. Dieses Nebenangebot wurde mangels Wertbarkeit der Nebenangebote 1. und 2. ebenfalls nicht gewertet.
Mit Information gemäß § 101 a GWB vom 3. September 2010 teilte der Auftraggeber der Antragstellerin per Telefax seine Absicht mit, den Zuschlag auf das Angebot des Bieters mit dem preisgünstigsten Hauptangebot zu erteilen. Die Nebenangebote der Antragstellerin hätten, wie sich aus der anliegenden Begründung ergebe, nicht gewertet werden können, so dass die Antragstellerin nach dem einzigen Wertungskriterium "Preis" nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe.
Die mit Schreiben vom 7. September 2010 gegen die Nichtwertung ihrer drei Nebenangebote erhobene Rüge der Antragstellerin wies der Auftraggeber zurück.
Mit Schriftsatz vom 10. September 2010 hat die Antragstellerin bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg einen Nachprüfungsantrag gestellt, in dem das Land Brandenburg, vertreten durch den Landesbetrieb …, als Auftraggeber bezeichnet wird.
Die Antragstellerin hat gemeint, ihr Nachprüfungsantrag sei zulässig, insbesondere werde der Schwellenwert unter Berücksichtigung der nicht in diesem Verfahren ausgeschriebenen Leistungen im Bereich der Einbindungen des Brückenbauwerkes in die Landschaft durch Dammaufschüttungen etc. erreicht. Ihre Antragsbefugnis folge aus ihrer Platzierung bei vergaberechtskonformer Wertung ihrer Nebenangebote. Ihre nach der EU-Bekanntmachung zugelassenen Nebenangebote, für die der Auftraggeber eine Vielzahl von Mindestbedingungen formuliert habe, hätten grundsätzlich gewertet werden dürfen. Sie erfüllten die Mindestbedingungen und seien auch gleichwertig gegenüber dem Amtsentwurf.
Die Antragstellerin hat zunächst beantragt,
1. dem Auftraggeber zu untersagen, den Zuschlag auf das Angebot des Bieters mit dem preisgünstigsten Hauptangebot zu erteilen,
2. für den Fall der bereits erfolgten Zuschlagserteilung festzustellen, dass der zustande gekommene Vertrag nichtig und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist,
3. die Angebotswertung nach der Rechtsauffassung der Vergabekammer, insbesondere unter Einbeziehung der Nebenangebote der Antragstellerin, zu wiederholen.
Die Vergabekammer hat einen Hinweis auf Artikel 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG erteilt. Hiernach dürfen Nebenangebote nur bei Aufträgen berücksichtigt werden, die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebotes vergeben werden.
Hierzu hat die Antragstellerin gemeint, die Wertung der eingereichten Nebenangebote müsse zugelassen werden, obwohl Zuschlagskriterium allein der niedrigste Preis sei. Kein Bieter habe gerügt, dass die Vergabestelle unter Verstoß gegen den Wortlaut des Art. 24 Abs. 1 der Vergabekoordinierungsrichtlinie Nebenangebote zugelassen habe.
Die Antragstellerin hat hilfsweise beantragt,
die Ausschreibung in den Stand vor dem Zeitpunkt der Aufforderung zur Angebotsabgabe zurückzuversetzen und dem Auftraggeber aufzugeben, die Einreichung von Nebenangeboten nicht zuzulassen, wenn der Auftrag allein nach dem Kriterium des niedrigsten Preises vergeben werden soll.
Die Antragstellerin hat gemeint, in Fallkonstellationen wie der vorliegenden müsse jedenfalls der Hilfsantrag Erfolg haben. Der Auftraggeber habe durch die ausdrückliche Zulassung vergaberechtlich unzulässiger Nebenangebote die Bieter in die Irre geführt, sodass die Ausgestaltung des Hauptangebotes beeinflusst worden sein könnte. So liege der Fall der Antragstellerin. Sie habe sich ermutigt gefühlt, Nebenangebote einzureichen, und wegen dieser Möglichkeit das Hauptangebot anders und insbesondere weniger scharf kalkuliert, weil sie darauf vertraut habe, jedenfalls mit ihren Nebenangeboten das günstigste Angebot zu unterbreiten.
Die Antragstellerin hat außerdem beantragt, das Rubrum des Nachprüfungsantrags zu berichtigen und als Auftraggeber die Bundesrepublik Deutschland zu bezeichnen.
Der Verfahrensbevollmächtigte, der sich nach Zustellung des Nachprüfungsantrages für den Auftraggeber bestellt hat, hat beantragt, das Land Brandenburg aus dem Vergabenachprüfungsverfahren zu entlassen, die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Landes Brandenburg für notwendig zu erklären und der Antragstellerin aufzuerlegen, die dem Land Brandenburg zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Auftraggeber sei, wie sich aus der Anlage zum Nachprüfungsantrag ergebe, die Bundesrepublik Deutschland.
Für den Fall, dass die Vergabekammer das Land Brandenburg für den zutreffenden Auftraggeber halten sollte, beantragte er hilfsweise
1. den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 10. September 2010 zurückzuweisen,
2. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Landes Brandenburg für notwendig zu erklären,
3. der Antragstellerin aufzuerlegen, die dem Land Brandenburg zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen zu erstatten.
Der Auftraggeber hat gemeint, die am 8. September 2010 bei der Vergabestelle eingegangene Rüge könne nicht als unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB erhoben angesehen werden. Im Übrigen seien die Nebenangebote zu Recht nicht gewertet worden.
Durch Verfügung des Vorsitzenden der Kammer vom 13. Oktober 2010 wurde die Entscheidungsfrist nach § 113 Abs. 1 GWB bis zum 10. November 2010 verlängert.
Die Vergabekammer hat durch Beschluss vom 8.11.2010 den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Nachprüfungsantrag sei zulässig, aber unbegründet.
Der Nachprüfungsantrag habe sich von Beginn an gegen den Auftraggeber gerichtet, die Vergabekammer habe deshalb das Rubrum berichtigt. Der Schwellenwert sei überschritten. Zwar übersteige die Mehrheit der abgegebenen Angebote den Schwellenwert nicht. Auch habe der Auftraggeber keine den Zeitpunkt der Auftragsvergabe berücksichtigende, ordnungsgemäße Schätzung des Auftragswertes vor der Bekanntmachung vorgenommen. Denn die Ausgangsdaten für die Schätzung des Auftragswertes seien offenbar veraltet. Da die Kosten für die beiden anderen Vergabeeinheiten nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden könnten, müsse jedoch von der Überschreitung des Schwellenwertes ausgegangen werden. Die Antragstellerin habe die Nichtwertung ihrer Nebenangebote rechtzeitig gerügt. Soweit die Antragstellerin auf den Hinweis der Vergabekammer zur mangelnden Berücksichtigungsfähigkeit ihrer Nebenangebote ihren Hilfsantrag angekündigt habe, habe keine Rügeobliegenheit bestanden.
Der Nachprüfungsantrag sei offensichtlich unbegründet. Nebenangebote könnten nicht gewertet werden, weil alleiniges Wertungskriterium der Preis sei. Soweit die Antragstellerin zur Begründung ihres Hilfsantrages behaupte, die Zulassung von Nebenangeboten durch den Auftraggeber habe ihr, der Antragstellerin, Hauptangebot beeinflusst, sei dies durch nichts belegt und rechtfertige nicht die Rückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor Angebotsabgabe unter Ausschluss der Zulassung von Nebenangeboten. Dies gelte hier auch deshalb, weil sämtliche Bieter ein Hauptangebot eingereicht hätten.
Die Kosten des Verfahrens hat die Vergabekammer dem Auftraggeber auferlegt, weil er unter Verstoß gegen die Vergabekoordinierungsrichtlinie Nebenangebote zugelassen habe, obwohl einziges Zuschlagskriterium der Preis gewesen sei. Für eine Kostenbelastung des Auftraggebers spreche auch, dass dieser pflichtwidrig den Auftragswert nicht geschätzt habe.
Gegen diesen Beschluss, ihr zugestellt am 9.11.2010, hat die Antragstellerin durch bei Gericht am 23.11.2010 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Antragstellerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen vor der Vergabekammer. Sie meint, das Nachprüfungsverfahren sei eröffnet, weil der Schwellenwert überschritten sei. Sie beanstandet, dass die Vergabekammer die VOB/A 2009 für anwendbar gehalten habe. Da die Vergabebekanntmachung noch vor dem Inkrafttreten der novellierten Vergabeverordnung versendet wurde, seien die alte Vergabeverordnung und die VOB/A 2006 anzuwenden.
Die Antragstellerin meint weiter, die Vergabekammer habe ihre Untersuchungsbefugnis verkannt. Keiner der am Vergabeverfahren beteiligten Bieter habe gerügt, dass die Vergabestelle unter Verstoß gegen Art. 24 Abs. 1 Vergabekoordinierungsrichtlinie Nebenangebote zugelassen habe. Die unterbliebene Wertung ihrer Nebenangebote sei vom Auftraggeber auch nicht hierauf gestützt worden. Wenn die Vergabekammer gleichwohl entscheide, dass eine Wertung der Nebenangebote zu unterbleiben habe, geriere sie sich als Rechtsaufsichtsbehörde, die in die Entscheidungen der Vergabestelle hineinregiere. Dies sei nicht Sinn eines Nachprüfungsverfahrens.
Soweit die Vergabekammer den auf Aufhebung der Ausschreibung gerichteten Antrag zurückgewiesen habe, weil der diesen Antrag stützende Vortrag der Antragstellerin durch nichts belegt sei, habe es an einem entsprechenden Hinweis gefehlt. Die Vergabekammer habe der Antragstellerin durch eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren auch die Möglichkeit abgeschnitten, in der mündlichen Verhandlung weiter vorzutragen. Sie, die Antragstellerin, habe bei der Kalkulation ihrer Nebenangebote die Massen des Amtsentwurfs geprüft und hier Einsparpotentiale entdeckt. Sie habe demzufolge weniger Zeit investiert, um das Hauptangebot bis ins Detail mit kalkulatorischen Mitteln auszureizen. Durch die Ermittlung eigener Mengenansätze mit pauschaler Vergütung wie beim Nebenangebot Nr. 1 könne ein für den Bauherrn sehr günstiges und für die Antragstellerin risikoärmeres Angebot unterbreitet werden.
Führe der Auftraggeber die Bieter bei einer Zulassung von Nebenangeboten unter Verstoß gegen die Vergabekoordinierungsrichtlinien in die Irre, sei das Vergabeverfahren in den Stand vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen, wenn sich ein Beteiligter des Vergabeverfahrens - wie vorliegend hilfsweise die Antragstellerin - auf diesen Verstoß berufe. Da sie auch lediglich Nebenangebote hätte einreichen können, müsse es ihr auch erlaubt sein, ein wertbares, aber nicht vollständig kalkulatorisch ausgereiztes Hauptangebot vorzulegen.
Die Antragstellerin beantragt,
1. Ziffer 1.) des Beschlusses der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 8.11.2010 – VK 51/10 - aufzuheben und den Auftraggeber zu verpflichten, den Zuschlag nur unter Berücksichtigung der Nebenangebote der Antragstellerin zu erteilen, hilfsweise, die Aufhebung des Vergabeverfahrens anzuordnen,
2. dem Auftraggeber zu untersagen, den Zuschlag auf das Angebot des Bieters mit dem preisgünstigsten Hauptangebot zu erteilen,
3. für den Fall, dass der Zuschlag bereits erteilt wurde, festzustellen, dass auf Grund dessen kein Vertrag zustande gekommen bzw. dieser nichtig ist und die Zuschlagserteilung die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt,
Der Auftraggeber beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Der Auftraggeber behauptet, der Schwellenwert sei überschritten. Er hält den Beschluss der Vergabekammer im Übrigen für richtig.
Er meint, selbst wenn die Antragstellerin mit ihrem Nebenangebot das Mengenrisiko habe übernehmen wollen, könne doch nicht festgestellt werden, dass es mit dem Amtsentwurf gleichwertig sei.
II.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß den §§ 116, 117 GWB zulässig. Sie hat das Rechtsmittel fristgerecht eingelegt und begründet.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Denn der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist jedenfalls unbegründet.
A.) Es kann nicht abschließend festgestellt werden, ob der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zulässig ist oder nicht.
1.) Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages steht allerdings nicht der Umstand entgegen, dass er sich nicht gegen den richtigen Auftraggeber gerichtet hätte. Zwar hat die Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag das Land Brandenburg als Auftraggeber benannt. Zu Recht hat jedoch die Vergabekammer das Rubrum berichtigt und den Nachprüfungsantrag als gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet angesehen. In den Vergabeunterlagen ist die Bundesrepublik Deutschland als Auftraggeber benannt. Aus dem Nachprüfungsantrag, dem die Vergabeunterlagen beigefügt waren, war deshalb ersichtlich, dass es sich bei der Benennung des Landes Brandenburg als Auftraggeber um eine Falschbezeichnung gehandelt hat.
2.) Es spricht allerdings einiges dafür, dass der Schwellenwert des § 2 Nr. 3 VgV in Höhe von 4.845.000 € netto nicht erreicht ist, so dass das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre. Weder der Auftraggeber noch die Vergabekammer haben eine ordnungsgemäße Kostenschätzung vorgenommen.
Der Auftraggeber hat den Wert des zu vergebenden Auftrages auf 6.773.000 € geschätzt. Dieser Betrag liegt oberhalb des für Bauaufträge geltenden Schwellenwertes. Bei einem derartigen Auftragswert könnten die am Vergabeverfahren teilnehmenden Bieter die Nachprüfungsinstanzen anrufen, auch wenn ihre Angebote - wie dasjenige der Antragstellerin - unterhalb der Schwellenwerte liegen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Auftraggeber eine zeitnahe, realistische, nachvollziehbare und ausreichend dokumentierte Schätzung vorgenommen hat. Das ist hier nicht der Fall. Die Schätzung des Auftragswertes durch den Auftraggeber weist verschiedene Mängel auf und ist auch nur in geringem Umfang dokumentiert.
So ist die Kostenberechnung des Auftraggebers nicht zeitnah zu dem Tag der Absendung an das Amt für amtliche Veröffentlichung der europäischen Gemeinschaften im Mai 2010 erfolgt, sondern erheblich früher. Die Vergabeakten enthalten einen Hinweis auf "Festlegungen vom 30.10.2009". Der Auftraggeber hat im Beschwerdeverfahren auf eine Auflage des Senates hin eine Kostenberechnung für Bauwerke mit Stand vom 30.10.2009 vorgelegt, die für alle drei Vergabeeinheiten mit einem Betrag von 6.876.000 € endet, für die hier in Streit stehende Vergabeeinheit 1 war ein Betrag von 6.738.000 € angegeben. Dieser Betrag errechnete sich als Differenz zwischen den Gesamtkosten, den Kosten für die Vergabeeinheiten 2 und 3 in Höhe von 130.000 € sowie den Kosten für eine Leitungsumverlegung in Höhe von 8.000 €.
Zeitnah zur Ausschreibung soll nach Darlegungen des Auftraggebers eine – nicht näher begründete – Senkung der Kosten bei den Vergabeeinheiten 2 und 3 um 35.000 € stattgefunden haben. Aus der vom Auftraggeber vorgelegten Kostenzusammenstellung ergaben sich dadurch aber, weil die Kosten der streitgegenständlichen Vergabeeinheit als Differenz zwischen Gesamtkosten, den übrigen Vergabeeinheiten und den Leitungsumverlegungskosten errechnet wurden und die Gesamtkosten rechnerisch unverändert gelassen wurden, höhere Kosten als bisher für die streitgegenständliche Vergabeeinheit 1 in Höhe von 6.773.000 €.
Diese Berechnungen sind schon in sich unstimmig, weil eine Senkung einzelner Kostenbestandteile auch zu einer Senkung der Gesamtkosten hätte führen müssen. Sie sind jedenfalls nicht nachvollziehbar, weil keinerlei Unterlagen vorgelegt worden sind, aus denen sich die ermittelten Gesamtkosten der Baumaßnahme nachvollziehen lassen.
Jedenfalls hat der Auftraggeber auch keine Belege dafür vorgelegt, dass eine Überprüfung der für den streitgegenständlichen Auftrag ermittelten geschätzten Kosten im Zeitpunkt der Absendung der Bekanntmachung im Mai 2010 stattgefunden hätte. Der bloße Umstand, dass – anders als bei den Vergabeeinheiten 2 und 3 - keine Korrekturen in der Schätzung vom 30.10.2009 vorgenommen worden sind, belegt eine entsprechende Prüfung nicht. Denn es fehlt insofern an einem Prüfvermerk. Im Übrigen ist auch bei den handschriftlichen Korrekturen bei der Kostenschätzung betreffend die Vergabeeinheiten 2 und 3 nicht ersichtlich, von wem sie an welchem Tag angebracht worden sind.
Die Schätzung weist auch inhaltliche Mängel auf, weil die darin zugrunde gelegten Stahl- und Betonpreise offenbar veraltet waren. So sollen ausweislich des Vergabevermerks die Stahlpreise 30 % zu hoch bemessen worden sein. Auch die Betonpreise seien zu hoch angesetzt worden. Für Mängel der Auftragswertschätzung spricht auch, dass zehn von elf Hauptangeboten unterhalb des Schwellenwertes liegen. Das elfte Hauptangebot, das den Schwellenwert überschreitet, weist einen Abstand von rund 1 Mio. € zum nächstgünstigeren Angebot auf, und ist gegenüber den übrigen zehn Angeboten, die maximal 600.000 € auseinander liegen, als offensichtlicher "Ausreißer" kaum als Beleg dafür geeignet, dass der in Rede stehende Auftrag den Schwellenwert übersteigt.
Auch die Vergabekammer hat in dem angefochtenen Beschluss keine ordnungsgemäße Auftragswertschätzung vorgenommen. Sie hat vielmehr wörtlich ausgeführt, "ob der Schwellenwert für die Gesamtbaumaßnahme überschritten (werde, könne) ... mangels Kenntnis der Kosten für die Vergabeeinheiten 2 und 3 der Gesamtbaumaßnahme nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden". Aus der vom Auftraggeber auf eine Auflage des Senates hin vorgelegte Unterlage ergibt sich, dass die Vergabeeinheiten 2 und 3 einen Auftragswert von 103.000 € haben, also für den Auftragswert nur eine ganz untergeordnete Bedeutung haben. Selbst wenn man diese Vergabeeinheiten zu dem streitgegenständlichen Auftrag hinzurechnen müsste, würde dies nichts daran ändern, dass weiterhin zehn von elf Angeboten unter dem Schwellenwert lägen.
Es braucht jedoch nicht abschließend geklärt zu werden, ob der Schwellenwert überschritten und das Nachprüfungsverfahren überhaupt eröffnet ist oder nicht.
B.) Denn der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist jedenfalls unbegründet.
I.) Es muss dabei nicht entschieden werden, ob die Vergabekammer unter Berufung auf die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Beschlüsse vom 7.1.2010 und 23.3.2010, Verg 61/09 sowie vom 18.10.2010, Verg 39/10, jeweils zitiert nach Juris) zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Nebenangebote der Antragstellerin schon deshalb nicht gewertet werden können, weil alleiniges Wertungskriterium der Preis ist, oder ob der gegenteiligen Auffassung des OLG Schleswig (Beschluss vom 15.4.2011, 1 Verg 10/10) zu folgen ist.
Es kann auch offen bleiben, ob die Vergabekammer berechtigt war, diesen rechtlichen Gesichtspunkt zu berücksichtigen, obwohl dies weder ein anderer Bieter beanstandet noch der Auftraggeber sich hierauf berufen hatte.
II.) Der Nachprüfungsantrag muss in seinem Hauptantrag deshalb ohne Erfolg bleiben, weil keines der Nebenangebote der Antragstellerin gewertet werden kann.
1.) Das Nebenangebot 2 der Antragstellerin kann mangels Gleichwertigkeit nicht berücksichtigt werden.
Der Senat hat bereits ausdrücklich entschieden, dass bei der Wertung von Nebenangeboten eine Gleichwertigkeitsprüfung durchzuführen ist, auch wenn ein Nebenangebot den Mindestanforderungen entspricht. Die Erfüllung der Mindestanforderungen ist kein Äquivalent der Gleichwertigkeit. Bei dieser Gleichwertigkeitsprüfung steht dem öffentlichen Auftraggeber ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu (Senat, Beschluss vom 29.7.2008, Verg W 10/08, VergabeR 2009, 222, zitiert nach Juris). Dieses Ermessen hat der Auftraggeber hier in nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgeübt, dass er das alternativ von der Antragstellerin angebotene Material als nicht gleichwertig angesehen hat.
Aus der Entscheidung des OLG München, auf die sich die Antragstellerin beruft (Beschluss vom 9.9.2010, Verg 16/10, zitiert nach Juris) ergibt sich nichts anderes. In diesem Verfahren wandte sich ein Bieter gegen die den vorzeitigen Zuschlag gestattende Entscheidung der Vergabekammer. Das OLG München hat der sofortigen Beschwerde des Bieters mit der Begründung stattgegeben, zwar habe sein Nachprüfungsantrag wenig Aussicht auf Erfolg, jedoch sei das Zuschlagsverbot wiederherzustellen, weil nur in Ausnahmefällen in Betracht komme, dem die Nachprüfung nachsuchenden Bieter den Primärrechtsschutz zu versagen und ihn auf den Sekundärrechtsschutz zu verweisen. Ein solcher Ausnahmefall liege nicht vor.
Bei einer derartigen Sachlage hat der Senat keine Veranlassung, wenn er bei seiner in der Sache Verg W 10/08 zugrunde gelegten Rechtsprechung bleibt, die Sache wegen einer Divergenz von der Entscheidung des OLG München dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Denn die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages waren für den vom OLG München entschiedenen Fall ohne Bedeutung.
Im Übrigen kann die Entscheidung des OLG München nicht in dem Sinne ausgelegt werden, wie dies die Antragstellerin tut. Das OLG München hat nicht entschieden, dass die Erfüllung von Mindestbedingungen automatisch dazu führt, dass Nebenangebote gewertet werden müssten und eine Gleichwertigkeitsprüfung nicht mehr erfolgen müsse.
Das OLG München hat ausgeführt, dass der Auftraggeber die Mindestanforderungen an die zugelassenen Nebenangebote hinreichend fixiert habe und dass einer Ausführung in Ortbeton nicht entgegengehalten werden könne, dass sie nicht gleichwertig sei, weil der Auftraggeber diese Verfahrensweise ausdrücklich zugelassen hatte. Der Auftraggeber, der ausdrücklich eine bestimmte Verfahrensweise bei Nebenangeboten zulässt, legt damit nicht Mindestbedingungen fest. Er nimmt dabei vielmehr eine Gleichwertigkeitsprüfung vorweg, indem er bekannt gibt, dass er eine konkrete Alternative zulasse. In einem solchen Fall ist in der Tat hinsichtlich dieser Verfahrensweise eine darüber hinausgreifende Gleichwertigkeitsprüfung nicht durchzuführen, weil eine solche Gleichwertigkeitsprüfung bereits – vorab - stattgefunden hat. Der Auftraggeber würde sich zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen, wenn er einerseits eine bestimmte Verfahrensweise zulassen würde, bei der Wertung diese Verfahrensweise jedoch dann als nicht gleichwertig beurteilen würde. Vor diesem Hintergrund ist auch verständlich, warum das OLG München ausgeführt hat, dass sich die Frage der Gleichwertigkeit des Nebenangebotes der dortigen Beigeladenen mit dem Amtsvorschlag nicht stelle.
Diese Argumentation steht inhaltlich mit der zitierten Entscheidung des erkennenden Senates nicht in Widerspruch.
2.) Das Nebenangebot 1 der Antragstellerin ist ebenfalls nicht wertungsfähig. Dabei muss nicht entschieden werden, ob es in technischer Hinsicht als gleichwertig anzusehen ist. Seiner Wertung steht der Umstand entgegen, dass es in Einzelpositionen eine Änderung der Verdingungsunterlagen enthält, ohne dass diese auf eine andere als nach der Leistungsbeschreibung oder dem Leistungsverzeichnis vorgesehene Art der Ausführung zurückzuführen ist. Eine solche Änderung der Verdingungsunterlagen muss – ebenso wie Änderungen der Verdingungsunterlagen in einem Hauptangebot – zum Angebotsausschluss führen, §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b), 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A 2006.
a.) Letztlich muss deshalb nicht abschließend entschieden werden, ob das Nebenangebot 1 der Antragstellerin deshalb unvollständig ist, weil es keine ausdrückliche Erklärung des Inhalts enthält, dass sie auf die Anwendung des § 2 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B verzichte oder ob diese Regelung ohnehin deshalb keine Anwendung finden kann, weil die Antragstellerin – wie sich aus den Umständen ergibt - hierfür das Mengenrisiko übernehmen wollte.
b.) Das Nebenangebot enthält jedenfalls in Einzelpositionen Veränderungen an den Vergabeunterlagen, die nicht durch ihren Alternativvorschlag technisch bedingt sind.
Auch soweit die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 5.4.2011 und in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 7.4.2011 erstmals geltend macht, ihr Nebenangebot 1 sei ein technisches Nebenangebot, die darin angegebenen abweichenden Mengen seien nahezu vollständig auf die reduzierte Anzahl der Träger zurückzuführen, verbleibt es doch auch nach ihrem neuen Vortrag dabei, dass jedenfalls in einer Position die Mengenänderung nicht durch die andere technische Konzeption des Nebenangebots gegenüber dem Amtsentwurf bedingt, sondern auf eine Korrektur der Berechnungen des Auftraggebers im Amtsentwurf zurückzuführen ist.
Bei einer derartigen Sachlage braucht die Frage nicht problematisiert zu werden, ob dieses Vorbringen, das im Gegensatz zu dem Vorbringen der Antragstellerin sowohl im Verfahren vor der Vergabekammer als auch zu demjenigen in der Beschwerdebegründung steht, überhaupt noch prozessual berücksichtigt werden kann.
Bei Ausarbeitung von Leistungsverzeichnissen werden erfahrungsgemäß oft die Mengenansätze reichlich oder überhöht gewählt, um bei unvorhergesehenen Zusatzleistungen einen Preispuffer zu haben. Sind auf solche Mengenansätzen basierende Hauptangebote preislich überhöht, so ist ein unmittelbarer preislicher Vergleich der Hauptangebote mit Pauschalpreisnebenangeboten in Frage gestellt. Dies muss bei der Zulassung eines Pauschalpreisnebenangebots berücksichtigt werden, um die Gefahr auszuschalten, dass der Zuschlag nur auf ein vermeintlich wirtschaftlich günstigeres Nebenangebot erteilt wird.
Nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin hat der Auftraggeber in seinem Leistungsverzeichnis überreichlich kalkuliert. Sie hat vorgetragen, sie habe seine überhöhten Mengenansätze nachkalkuliert, die zutreffenden Mengenansätze ermittelt und diese zu Pauschalpreisen angeboten. Ein solches Vorgehen stellt kein auf einer eigenständigen technischen Ausarbeitung beruhendes Nebenangebot dar, sondern eine nicht zulässige Änderung der Verdingungsunterlagen. Dies führt dazu, dass eine Vergleichbarkeit der Angebote nicht mehr gewährleistet ist. Eine solche Änderung der Verdingungsunterlagen zwingt den Auftraggeber zum Ausschluss des Angebots.
Die Besonderheit liegt hier darin, dass die Veränderung an den Verdingungsunterlagen nicht im Hauptangebot erfolgt ist, sondern in einem technischen Nebenangebot. Das Verbot der Änderung der Verdingungsunterlagen gilt jedoch nicht nur für Hauptangebote, sondern auch für Nebenangebote, soweit die Veränderungen nicht durch die das Nebenangebot ausmachende technische Lösung bedingt sind, sondern – wie die Antragstellerin hier ausdrücklich vorträgt – in einer Änderung von Positionen besteht, die entsprechend dem Amtsentwurf ausgeführt werden sollen. Eine nicht technisch bedingte, unzulässige Änderung von Positionen aus dem Amtsentwurf kann auch nicht ihrerseits als Nebenangebot gewertet werden. Denn begriffsnotwendig setzt ein Nebenangebot voraus, dass der Bieter eine eigenständige technische Lösung erarbeitet hat. Daran fehlt es bei der hier in Rede stehenden, nicht durch das Alternativangebot verursachten Reduzierung von Mengenansätzen (so auch Weyand, Vergaberecht, 3. Aufl. 2011, Rn 7706 m. w. N.).
Bei einer derartigen Sachlage kommt es auch nicht darauf an, ob die entsprechenden Positionen die Bieterrangfolge beeinträchtigen oder nicht. Fehlt es wegen einer Veränderung der Verdingungsunterlagen an der Vergleichbarkeit eines Angebots mit den übrigen Angeboten, ist der Auftraggeber nicht gehalten, durch Nachkalkulationen die Vergleichbarkeit der Angebote wieder herzustellen. Er muss vielmehr, ohne dass ihm ein Ermessen zustünde, das Angebot ausschließen.
III. Der auf Aufhebung des Vergabeverfahrens gerichtete Hilfsantrag der Antragstellerin ist wegen unauflösbarem Widerspruch zu ihrem Hauptantrag unzulässig. Denn der Hilfsantrag setzt die Erhebung einer Rüge voraus, deren Fehlen Voraussetzung für ihren Hauptantrag ist.
Die Antragstellerin macht auch noch im Beschwerdeverfahren zur Begründung ihres auf die Berücksichtigung ihrer Nebenangebote gerichteten Hauptantrages geltend, die neuere Rechtsprechung des OLG Düsseldorf, wonach Nebenangebote bei einer reinen Preiswertung nicht zulässig seien, könne hier deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil keiner der Bieter diesen Vergaberechtsverstoß rechtzeitig gerügt habe, weder sie selbst noch die vom Auftraggeber für den Zuschlag vorgesehene Bieterin, der diese Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bekannt gewesen sei. Der Hauptantrag der Antragstellerin kann deshalb nur dann zum Erfolg führen, wenn die Antragstellerin eine solche Rüge nicht - auch nicht im Nachprüfungsverfahren - erhoben hat. Der Hilfsantrag der Antragstellerin, der auf eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in ein früheres Stadium gerichtet ist, setzt demgegenüber eine entsprechende Rüge voraus.
Wird mithin in erster Linie die Berücksichtigung von Nebenangeboten und erst in zweiter Linie die Aufhebung der Ausschreibung wegen der Unzulässigkeit der Zulassung von Nebenangeboten begehrt – und nicht umgekehrt – schließt die Verfolgung des Hauptantrages den Erfolg des Hilfsantrages denklogisch aus.
C. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren gegeneinander aufzuheben, weil dies der Billigkeit entspricht, §§ 120 Abs. 2, 78 GWB.
Da festgestellt werden kann, dass der Nachprüfungsantrag jedenfalls in der Sache erfolglos bleibt, muss der Senat für die Kostenentscheidung nicht durch ein Gutachten klären lassen, ob der Schwellenwert überschritten und das Nachprüfungsverfahren überhaupt eröffnet war. Grundsätzlich findet bei der Kostenentscheidung bei übereinstimmend abgegebenen Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO, die ebenfalls nach billigem Ermessen zu treffen ist, keine Beweiserhebung mehr statt. Nichts anderes kann im Rahmen von § 78 GWB gelten, wenn über die Beschwerde in der Hauptsache entschieden werden kann. Etwaige, durch eine unterbliebene Beweiserhebung verbleibende Unsicherheiten können im Rahmen der Billigkeitsentscheidung berücksichtigt werden.
Es entspricht vorliegend der Billigkeit, dass der Auftraggeber seine eigenen anwaltlichen Kosten selbst trägt und die Antragstellerin nur mit der Hälfte der durch das Verfahren verursachten Gerichtsgebühren belastet wird. Denn es spricht einiges dafür, dass der Schwellenwert nicht erreicht ist. Bei Nichterreichen des Schwellenwertes und Kenntnis hiervon hätte die Antragstellerin die Nachprüfungsinstanzen nicht angerufen. Andererseits haben die Nachprüfungsinstanzen auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin die Vergabeentscheidung des Auftraggebers in der Sache geprüft und sind zu dem Ergebnis gelangt, dass sie nicht zu beanstanden ist. Bei einer derartigen Sachlage, bei der eine Sachprüfung stattgefunden hat, entspricht es der Billigkeit, dass die Antragstellerin ihre eigenen Kosten und einen Teil der Gerichtskosten trägt.
Der Senat weicht insoweit nicht von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ab, die entschieden haben, dass bei Nichterreichen des Schwellenwerts der Auftraggeber die Kosten auch dann zu tragen hat, wenn der Antragsteller entweder deswegen unterliegt oder aber aus diesem Grund den Nachprüfungsantrag zurücknimmt. Das OLG Rostock (Beschluss vom 20.9.2006, 17 Verg 8/06, zitiert nach Juris) und das OLG Schleswig (Beschluss vom 30.3.2004, 6 Verg 1/03, zitiert nach Juris) haben nur entschieden, dass der Auftraggeber die Kosten zu tragen hat, wenn der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen wird, weil sich nach Beweiserhebung herausstellt, dass der Nachprüfungsantrag mangels Überschreitung der Schwellenwerte unzulässig ist. So liegt der Fall hier nicht, weil die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages der Antragstellerin auf einer Sachprüfung beruht.
Soweit es die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer angeht, bleibt es bei der Entscheidung der Vergabekammer, weil die sofortige Beschwerde in der Sache erfolglos bleibt und der Auftraggeber gegen die ihn belastende Kostenentscheidung kein Rechtsmittel eingelegt hat.