Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat | Entscheidungsdatum | 20.07.2012 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | OVG 12 M 8.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 166 VwGO, §§ 114ff ZPO |
Die Beschwerde des Antragstellers/Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller/Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Beschwerde des Antragstellers/Klägers gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass für die erstrebte rückwirkende Bewilligung schon deshalb kein Raum mehr sei, weil der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes und die Klage zuvor zurückgenommen worden sind, ist nicht zu beanstanden. Da die Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO grundsätzlich eine noch zu treffende Sachentscheidung („beabsichtigte Rechtsverfolgung“) voraussetzt, ist eine rückwirkende Bewilligung nur ausnahmsweise zulässig. Im Falle der Antrags- und Klagerücknahme, die nach der gesetzlichen Konzeption des § 155 Abs. 2 VwGO als eigenverantwortliche Entscheidung des Antragstellers/Klägers regelmäßig dessen Kostentragung begründet, kann eine rückwirkende Bewilligung daher allenfalls dann in Betracht gezogen werden, wenn das Gericht es pflichtwidrig unterlassen hat, über die Gesuche vorab zu entscheiden, und der Antragsteller/Kläger im Rahmen der ihm obliegenden prozessualen Mitwirkung seinerseits alles Zumutbare getan hat, um eine Entscheidung darüber vor der selbst herbeigeführten Beendigung der Verfahren zu erreichen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 30. Juni 1993 – NVwZ-RR 1994, 124). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Der Antragsteller/Kläger hat zwar mit Schriftsatz vom 9. Januar 2012, mit dem er seinen Eilantrag und seine Klage zurückgenommen hat, ausdrücklich gebeten, über die Anträge auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht hat es jedoch vor den Rücknahmeerklärungen nicht pflichtwidrig versäumt, sich mit den Gesuchen vorab zu befassen. Es hatte dazu vielmehr gar keine Gelegenheit, denn die mit der Antrags- und Klageschrift gestellten Prozesskostenhilfeanträge waren bis zum 9. Januar 2012 schon deshalb nicht entscheidungsreif, weil kein formgerechter Antrag eingereicht worden war. Prozesskostenhilfe kann erst bewilligt werden, wenn die ausgefüllte Formularerklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich aller Belege vollständig vorliegt (§ 117 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 und 4 ZPO). Werden die notwendigen Unterlagen – wie hier – erst mit der Antrags- und Klagerücknahme eingereicht, kommt eine rückwirkende Bewilligung nicht mehr in Betracht. Die insoweit von dem Antragsteller/Kläger herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 18. November 2009 – XII ZB 152.09 – juris) und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 30. März 2010 – OVG 11 M 16.10 – juris) führen zu keiner abweichenden Beurteilung. Die Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss lediglich die Frage entschieden, unter welchen Voraussetzungen einem Beklagten – nicht einem Antragsteller/Kläger – nach Rücknahme der Klage vor Entscheidungsreife noch Prozesskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung gewährt werden kann. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Ebenso wenig ist dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zu entnehmen, dass einem Kläger Prozesskostenhilfe nach Klagerücknahme zu bewilligen ist, obwohl seinem Prozesskostenhilfeantrag bis zum Eingang der Rücknahmeerklärung mangels Vollständigkeit die Bewilligungsreife fehlt(e).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).