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Prozesskostenhilfe; PKH-Beschwerde; Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht; Ablehnung wegen unvollständiger Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen; Hinweispflicht; Verletzung der Fürsorgepflicht; Mängel im Abhilfeverfahren; keine Begründung des Nichtabhilfebeschlusses


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 09.03.2011
Aktenzeichen OVG 10 M 7.11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 166 VwGO, § 173 VwGO, § 114 ZPO, § 118 Abs 2 S 4 ZPO, § 572 Abs 3 ZPO

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Dezember 2010 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Beigeladenen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe an das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) zurückverwiesen.

Gründe

I.

Der Beigeladene begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der die Kläger die Erteilung einer Löschungsbewilligung für eine Baulast begehren.

Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2009 hat der Beigeladene die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit zahlreichen Belegen eingereicht. Diesen Vortrag hat er im Juli 2009 ergänzt, nachdem ihn der Berichterstatter darauf hingewiesen hatte, dass die vorgelegte Erklärung ergänzungsbedürftig sei, und um Auskünfte zum ... und zu ... gebeten hatte.

Mit Beschluss vom 21. Dezember 2010 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil nicht glaubhaft gemacht worden sei, dass die Kosten der Prozessführung aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen nicht aufgebracht werden könnten. Die vom Beigeladenen in dem vorgesehenen Formular gemachten Angaben seien offenbar unrichtig, nämlich unvollständig, was die Angaben zu ... angehe. ....

Dagegen hat der Beigeladene am 24. Januar 2011 Beschwerde eingelegt und unter Vorlage zahlreicher Unterlagen geltend gemacht, die vermissten Angaben seien lediglich irrtümlich nicht erfolgt. Das ... verändere in keiner Weise die dargestellten und dem Antrag auf Prozesskostenhilfebewilligung zugrunde gelegten und glaubhaft gemachten wirtschaftlichen Verhältnisse. Es werde darum gebeten, die ergänzenden Darlegungen in die Bewertung des Antrags einzubeziehen.

Mit nicht begründetem Beschluss vom 25. Januar 2011 hat das Verwaltungsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die gemäß § 146 Abs. 1, § 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 572 Abs. 3 ZPO, denn das Verwaltungsgericht hätte nicht über den Prozesskostenhilfeantrag entscheiden dürfen, ohne dem Beigeladenen zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; zudem hätte es sich jedenfalls im Abhilfeverfahren mit den ergänzenden Darlegungen des Beigeladenen auseinandersetzen müssen.

Die Vorschriften über die Gewährung von Prozesskostenhilfe dienen dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit und sollen es dem unbemittelten Beteiligten ermöglichen, Prozesshandlungen vorzunehmen, die mit Kosten verbunden sind. Dem Gericht obliegt in diesem Verfahren eine besondere Fürsorgepflicht (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 29. Juni 2010 - OVG 10 M 8.10 -, juris Rn. 16 m.w.N). Bevor es ein Prozesskostenhilfegesuch aufgrund von Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben zur wirtschaftlichen Situation ablehnt, muss es daher den Antragsteller auf diese Bedenken hinweisen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1999 - 2 BvR 229/98 -, NJW 2000, 275, juris Rn. 13) und ihn - in entsprechender Anwendung des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO - unter Fristsetzung zur Ergänzung seiner Angaben auffordern (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 21. Januar 2010, - OVG 5 M 27.09 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 29. Juni 2010, a.a.O., Rn. 16, jeweils m.w.N.). Dies folgt im Übrigen auch aus dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs. Das Verwaltungsgericht wäre daher vorliegend vor einer Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch gehalten gewesen, den Beigeladenen auf die Unvollständigkeit der eingereichten Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hinzuweisen. Die Ergänzungsbedürftigkeit seines Vortrags war für den Beigeladenen nicht derart offensichtlich, dass ein ausdrücklicher Hinweis darauf entbehrlich gewesen wäre. Nachdem das Gericht ihn hinsichtlich einzelner Punkte zuvor zu einer Ergänzung seines Vortrags aufgefordert hatte, durfte der Beigeladenen vielmehr davon ausgehen, dass seine Darlegung nunmehr als ausreichend angesehen oder er erneut zu weiteren Ausführungen aufgefordert werden würde. Mit der Entscheidung, dass seine Angaben als unglaubhaft, weil unvollständig eingeschätzt würden, musste er daher nicht rechnen.

Das Verwaltungsgericht wäre außerdem verpflichtet gewesen, die bereits mit der Beschwerde vorgetragenen ergänzenden Erläuterungen und eingereichten Belege ... im Abhilfeverfahren zu berücksichtigen und im Falle der Nichtabhilfe den Nichtabhilfebeschluss entsprechend zu begründen (vgl. nur OVG Saarl., Beschluss vom 28. September 2007 - 1 D 399/07 -, NVwZ-RR 2008, 215, juris Rn. 7 f. m.w.N.). Denn es entspricht dem Zweck des Abhilfeverfahrens, die kostenverursachende Befassung des Beschwerdegerichts mit der Sache zu vermeiden, wenn gebotene Korrekturen der Entscheidung durch das Erstgericht selbst vorgenommen werden können (Heßler in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 572 Rn. 7). Auch dies ist fehlerhaft unterblieben.

Der Senat macht von dem ihm nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 572 Abs. 3 ZPO eingeräumten Ermessen Gebrauch, die erneute Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch dem Verwaltungsgericht zu übertragen. Dies erscheint sachgerecht, weil sich das Verwaltungsgericht bislang weder abschließend mit der Bedürftigkeit des Beigeladenen noch mit den Erfolgsaussichten seiner Rechtsverfolgung befasst hat und dem Beigeladenen auf diese Weise die Möglichkeit einer erstinstanzlichen Entscheidung, die im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe unanfechtbar wäre, erhalten bleibt (vgl. Bader in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/ von Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 166 Rn. 57; zur Zurückverweisung in vergleichbaren Fallkonstellationen OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 21. Januar 2010, a.a.O., Rn. 6; BayVGH, Beschluss vom 26. Oktober 2007 - 24 C 07.2530 -, juris Rn. 7; VGH BW, Beschluss vom 14. Juli 2003 - 7 S 536/03 -, NVwZ-RR 2004, 230, juris Rn. 5; wegen Mängeln im Abhilfeverfahren auch OVG LSA, Beschluss vom 20. Oktober 2008 - 2 O 196/08 -, NVwZ-RR 2009, 271, juris Rn. 4; OVG Saarl., a.a.O., Rn. 12 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl. 2011, § 127 Rn. 83 und § 572 Rn. 10; Heßler, a.a.O., § 572 Rn. 7, 16).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Eine Schwärzung war wegen § 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO erforderlich.